Heilige und Feste im Monat November - Teil 2

 

Gedanken zum Fest der heiligen Erzengel Michael und Gabriel und aller himmlischen körperlosen Mächte

 

08. November

 

Diakon Thomas Zmija v. Gojan

 

Es gibt im Kosmos Wahrheiten und Erscheinungen, die sich der heute vorherrschenden materialistischen Betrachtungsweise gänzlich entziehen. Unseren, auf innerweltliche Objektivierbarkeit fixierten, modernen (Natur-)Wissenschaften sind sie weitestgehend verborgen, denn sie sind nicht durch wissenschaftliche Experimente belegbar und lassen sich nicht im Verstehenshorizont eines wiederholbaren Experimentes deuten.

 

Auch wenn die meisten unserer nichtgläubigen Zeitgenossen sie deshalb aus ihrem mechanistisch bestimmten Weltbild auszublenden suchen, so sind sie gleichwohl eine geistliche Realität. Zu dieser geistlich-geistigen Wirklichkeit gehört in erster Linie das Wirken und Handeln Gottes, dann aber auch die Seele und der Geist des Menschen und die Gegenwart und das Wirken der heiligen Engel Gottes.

 

Nach der Lehre der Heiligen Väter der Orthodoxen Kirche ist der Mensch ein Mikrokosmos, eine wahre Ikone der Schöpfung Gottes. Denn durch seinen irdischen Leib gehört der Mensch zur geschaffenen materiellen Welt der belebten und unbelebten Schöpfung. Durch seine Seele und seinen Geist ist der Mensch aber zugleich Teilhaber an der immateriellen Welt, zur der ihm der Glaube einen Zugang ermöglicht. Nach orthodoxem Verständnis ist der Mensch vor allem ein geistig-geistliches und anbetendes Lebewesen, das je nachdem wie es seine Beziehung zu Gott gestaltet lebt dann auch mit der belebten und unbelebten Schöpfung umgehen wird.

 

Von der Realität der geistig-geistlichen Dimension kündet uns das orthodoxe Glaubensbekenntnis, in dem wir Gott als den Schöpfer der „sichtbaren und der unsichtbaren Welt“ bekennen. Von dieser geistig-geistlichen Welt, von der Existenz der heiligen Engel als unseren Helfern und Beschützern, aber auch von den von Gott abgefallenen geistigen Wesen, dem Teufel und seinen Dämonen wissen aus den Heiligen Schriften des Alten und Neuen Testamentes und der Heiligen Tradition der Orthodoxen Kirche.

 

Die heiligen Engel zeigen uns schon seit den Zeiten des Alten Testament die unsichtbare Gegenwart Gottes an. So bewirtet der heilige Vorvater Abraham in Gestalt von drei heiligen Engeln den dreipersönlichen Gott Selbst. Der heilige Vorvater Jakob schaut in einem Traum die Himmelsleiter, auf der die heiligen Engel auf- und niedersteigen. Dem heilige Prophet Bileam und seiner Eselin tritt ein Engel in den Weg und der heilige Tobias wird von einem Engel in die Fremde begleitet. Die Chöre der heiligen Cherubim und Seraphim umgeben nach den Visionen der heiligen Propheten Jesaja und Ezechiel anbetend den himmlischen Thron der Göttlichen Herrlichkeit.

 

Doch wie bei der gesamten Göttlichen Offenbarung werden erst durch das Neue Testament und in der Tradition der heiligen Kirche das Wesen und die Dienste der heiligen Engel deutlicher erkennbar. Denn wie die neun Chöre der heiligen Engel den Thron der Herrlichkeit Gottes anbetend und dienend umgeben, so sind sie auch dem Heilsmysterium Christi bei der Erlösung des Menschengeschlechtes und der übrigen gefallenen Schöpfung dienstbar. So sind die heiligen Engel daher gegenwärtig bei der Geburt unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus. Sie verkünden und deuten den Hirten das Heilsmysterium der Geburt des Sohnes Gottes dem Fleische nach. Die heiligen Engel sind zugegen bei Christi Selbstoffenbarung als dem eingeborenen Sohn Gottes bei Seiner Taufe im Jordan. Sie sind anbetend gegenwärtig bei seinen heiligen Leiden und Seiner Kreuzigung. Sie verkünden der salbentragenden Frauen die Glorreiche Auferstehung. Sie sind zugegen bei Seiner Himmelfahrt und werden es auch sein bei Seiner Wiederkunft in Herrlichkeit.

 

 

Jedem Menschen, aber auch allen Völkern auf Erden ist nach dem Zeugnis der heiligen Schriften ein Schutzengel beigegeben. Dass sich die orthodoxen Gläubigen von den heiligen Engeln umgeben und begleitet wissen und dass sie ihre Gottesdienste gemeinsam mit den heiligen Engeln begehen, ist für sie ein Vorgeschmack der künftigen Seligkeit, eine Vergewisserung der göttlichen Gnade und ein geistlicher Ansporn, vor allem anderen Gütern Gottes himmlisches Reich und Seine Gerechtigkeit zu suchen.

 

Deshalb sind die heiligen Engel sind für die orthodoxen Christen auch immer ein geistliches Vorbild der wahren Hingabe an Gott. Die immerwährende himmlische Liturgie und das nie endende Gebet der heiligen Engel ist für uns Gläubige auf Erden Ansporn und Ermunterung im betenden Verharren vor Gottes Allheiliger Gegenwart. Zugleich vermittelt ihre Begleitung und ihr Schutz den Gläubigen das innige Gefühl ihre helfenden Anwesenheit und der tiefen Geborgenheit im in der Obhut Gottes.

 

Darum heißt es in den Fürbitten der Göttlichen Liturgie: „Einen Engel des Friedens, einen treuen Führer, Beschützer unserer Seelen und Leiber, laßt uns vom Herrn erflehen!“ Für uns orthodoxe Christen besagt dies, das wir uns von Engeln umgeben, bewacht und geborgen wissen dürfen als unseren geistlichen Mitgeschöpfen, Begleitern und Helfern auf dem Weg zur Vergöttlichung - der gnadenhaften Gemeinschaft mit Gott.

 

 

Zum Gedenken unseres Vaters unter den heiligen Martin des Barmherzigen, des Bischofs von Tours

 

11. November

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

 

In den griechischen Synaxarien wird des heiligen Bischofs Martin von Tours am 12. November gedacht. In den slavischen Synaxarien ist das Gedächtnis für den 12. Oktober verzeichnet. In zwischen gibt es aber auch orthodoxe Diözesen in der westlichen Diaspora, die sein Gedächtnis am 11. November begehen, denn im lateinischen Westen wurde sein Fest von alters her am 11. November gefeiert, dem Tag seines Begräbnisses.

 

 

Martin war der Sohn eines heidnischen römischen Militärtribuns. Er wurde im Jahre 316 in Sabaria in Pannonien im heutigen Ungarn geboren, wo sein Vater damals stationiert war. Doch er wuchs er in dessen Heimatstadt Pavia in Italien auf. Obwohl sein Vater noch Heide war, wurde er auf Wunsch seiner, dem wahren Glauben zugeneigten, Mutter bereits christlich erzogen und im Alter von zehn Jahren in die Gruppe der Katechumenen (Taufbewerber) aufgenommen. Mit 15 Jahren musste er auf Wunsch des Vaters in den Soldatendienst bei einer römischen Reiterabteilung in Gallien eintreten. Im Alter von 18 Jahren wurde er vom heiligen Hilarius, dem Bischof von Poitiers, getauft. Im Jahre 356 schied er vor einem neuen Feldzug gegen die Germanen aus dem Militär aus, weil sich nach der Ansicht des heiligen Martins Christsein und Militärdienst nicht miteinander vereinbaren lassen. Bevor sich der römische Reiteroffizier jedoch vom Soldatenleben endgültig verabschiedete geschah noch ein wunderbare Begegnung, die die volkstümliche Erinnerung an den späteren heiligen Bischof von Tours weit mehr prägte als sein geradezu apostolisches bischöfliches Wirken. Als Martin von einem Ausritt in seine Garnisonstadt Amiens in Gallien zurückkehrte, erblickte er am dortigen Stadttor einen nackten, frierenden Bettler. Der heilige Martin hatte Mitleid mit dem armen Menschen und teilte kurzentschlossen mit dem Schwert seinen Soldatenmantel. Dann schenkte er dem Bettler die eine Hälfte des Mantels. In der folgenden Nacht erschien dem heiligen Martin dann unser Herr und Erlöser Jesus Christus Selbst mit jenem Mantelstück bekleidet. Denn es war der Herr Selbst, der den heiligen Martin in der Gestalt des Bettlers geprüft hatte. Mit jener Mantelhälfte bekleidet sprach Christus zu den Ihn begleitenden Engeln: „Obwohl er erst Katechumene ist, hat mich Martin mit diesem Gewand bedeckt.“

 

 

Kurz nach diesem Ereignis empfing Martin, der sich zuvor aus der Armee zurückgezogen hatte, die heilige Taufe in Poitiers durch den dortigen Bischof, den heiligen Hilarius. Hilarius war in jener Zeit im Westen des gerade christlich gewordenen Römerreiches der große Verteidiger der Orthodoxie gegen die arianische Häresie, so wie es der heilige Athanasius von Alexandrien im Osten war. Durch den heiligen Hilarius wurde der heilige Martin zum Exorzisten geweiht. Als der heilige Hilarius vom arianischen Kaiser von seiner Kathedra verbannt wurde, kehrte auch der heilige Martin in seine pannonische Heimat zurück um die dortigen Menschen für den christlichen Glauben zu gewinnen. Als eine der ersten neuen Christen taufte er dort seine Mutter. Der heilige Martin war ein treuer Schüler der heiligen Hilarius und verteidigte den wahren Glauben auch in Pannonien gegen die falschen Lehren des Arianismus. Deshalb wurde der heilige Martin schließlich aus Pannonien verbannt. Daraufhin begab sich der heilige Martin über Mailand, wo er dem heiligen Ambrosius begegnete, auf die kleine Insel Gallinaria im Golf von Genua. Dort folgte er dem inneren Ruf zum Mönchtum und begann das Leben eines Eremiten zu führen. Nachdem die Verbannung des heiligen Hilarius aufgehoben worden war, rief dieser ihn dieser zu sich nach Potiers. Der heilige Martin lebte nun ab dem Jahre 360 in der Nähe von Poitiers in eine Einsiedlei bei Ligugé. Aus dieser Eremitage entwickelte sich seit dem Jahre 361 das erste Kloster in Gallien, denn es kamen weitere ernsthafte junge christliche Männer dorthin, um mit dem heiligen Martin dort zu Leben und den Weg des Mönchtums mit ihm zu teilen. In dieser Zeit wurde der heilige Martin zu einem der ersten Altväter (Geronzas/Starez) in Gallien und zu einem der Begründer des Mönchtums im heutigen Frankreich.

 

 

Schon bald verbreitete sich der Ruf der Heiligmäßigkeit der Lebensführung des heiligen Martins in ganz Gallien und so wundert es nicht, dass er im Jahre 371 gegen seinen Willen zum Bischof von Tours geweiht wurde. Damals wurde das Bischofsamt oft von Angehörigen der römischen Oberschicht ausgeübt. Gerade im zunehmend fränkisch beherrschten Gallien war dies der Fall, wo in vielen gallorömischen Städten die Angehörigen der dortigen provinzialrömischen Eliten vom Kirchenvolk in das Bischofsamt gewählt wurden. Auch nach ihrer Weihe setzten sie in der Regel ihren adeligen römischen Lebenstil fort. So war der heilige Martin Ausnahme und Vorbild als er auch nach seiner Bischofsweihe weiterhin in Armut und Demut lebte. Wie sein Biograph, Sulpicius Severus, schreibt: „Er hatte die ganze Würde eines Bischofs und bewahrte dabei die Lebensart und Tugend eines Mönches.“ Der heilige Martin wohnte nicht in der prunkvollen Bischofsresidenz, sondern in einer einfachen Zelle nebenan. Immer mehr Menschen suchten in jenen schwierigen Zeiten seinen geistlichen Rat. Als er durch den wachsenden Pilgerstrom in seinen geistlichen Leben zu sehr gestört, zog sich der Heilige in eine Einsiedelei zwei Meilen außerhalb der Stadt Tours zurück. Auch hier entstand bald eine monastische Bruderschaft aus der später das Kloster Marmoutier entstand. Der Bischof wohnte in einer kleinen, aus Holz gezimmerten Hütte, während die anderen Brüder, die bei ihm lebten, sich in den Höhlen des überhängenden Felsens niederließen. Bald war die Bruderschaft auf rund 80 Mönche angewachsen. Unter der geistlichen Leitung ihres Altvaters Martin lebte sie in vorbildlicher monastischer Ordnung, die durch das Ideal der christlichen Armut und der brüderlichen Eintracht ausgezeichnet war.

 

Doch bei aller Liebe zur monastischen Stille und zum Gebet war der Heilige sich seiner apostolischen Sendung als Bischof der Kirche im noch weitgehend heidnischen Gallien wohl bewusst. Die Botschaft des heiligen Evangeliums war zwar in die gallorömischen Städte vorgedrungen, doch auf dem Land herrschten immer noch heidnischer Götzenkult und Aberglaube. Um die bäuerliche Landbevölkerung für den christlichen Glauben zu gewinnen, gründete der heilige Martin in seiner Diözese Kirchgemeinden auf dem Land.  Auch durchwanderte er das Land und predigte, wobei er seine apostolischen Worte durch zahlreiche Wundertaten bekräftigte. So kamen die gallorömischen Landbewohner langsam zum Glauben, zerschlugen ihre Götzenbilder und begannen ein kirchliches Leben zu führen.

 

Der heilige Martin verkörperte in seiner Person vollkommen den heiligen orthodoxen Bischof. Er war Hirte seiner Herde und Wegweiser zu Christus. Wo der heilige Martin auch hinkam konnten die Menschen das Heil in Christus wirklich erfahren, denn es wurden die Kranken gesund, die Toten standen auf, die Ungläubigen fanden zum Glauben. Durch das von Heiligkeit erfüllte Leben des heiligen Martin war es so,  als wäre Christus Selbst in der Person dieses heiligen Bischofs wiederum gegenwärtig unter den Menschen.

 

 

Bei aller Orientierung auf das geistliche und kirchliche Leben war der heilige Martin als Bischof auch Beschützer und Verteidiger der ihm anvertrauten Gläubigen gegenüber den Autoritäten dieser Welt. Sein Wort hatte auch bei den Mächtigen dieser Welt Gewicht. Dreimal begab er sich nach Trier zum Kaiser des Westens, um dort Fürsprache für das ihm anvertraute Volk einzulegen.  Dabei hatte auch der heilige Martin, wie unser Herr Jesus Christus Selbst und alle Seine Junger, mancherlei Verleumdungen und ungerechte Anklagen, Verachtung und Missgunst zu erdulden. Nach dem Vorbild des Herrn  ertrug er sie mit Langmut, ohne seine Ruhe und Liebe zu verlieren.

 

Im Alter von 81 Jahren erkrankte dann der heilige Martin auf einer Missionsreise entlang der Loire. Als der heilige Bischof sein Ende herannahen fühlte, legte sich auf Asche und sagte: „Es geziemt sich nicht für einen Christen, anders zu sterben als auf Asche. Gäbe ich euch ein anderes Beispiel, versündigte ich mich.“ Als der Teufel kam, um ihn ein letztes Mal zu versuchen, sagte er zu ihm: „Du wirst in mir nichts finden, das dir gehört. Abrahams Schoß erwartet mich.“ Nach diesen Worten entschlief der heilige Martin selig im Herrn, während sein Antlitz erstrahlte wie das eines Engels. Dies geschah am 08. November des Jahres 397. Die ihn begleitenden Mönche brachten den Leib des Heiligen auf der Loire nach Tours. Auf der 40 Kilometer langen Strecke waren in dieser Nacht die Ufer zu neuem Leben erwacht sein, denn ein Meer weißer Blüten säumte den Fluss. Der heilige Bischof wurde dann drei Tage später am 11. November in Tours im Beisein einer riesigen Menge von Gläubigen aus der ganzen Region bestattet.

 

Beim gläubigen Volk war der heilige Martin beliebt als ein gerechter und treusorgender Bischof. Auch als Bischof blieb seine Lebensweise dem Mönchtum in innig gelebter Weise verbunden. So gehört der heilige Martin der Barmherzige von Tours zu den großen orthodoxen Bischöfen des Westens.

 

Sein geistlicher Schüler und bischöflicher Nachfolger auf der Kathedra von Tours errichtete über dem Grab des heiligen Martin eine Kapelle, die schon bald ein vielbesuchtes Pilgerziel. An Stelle der kleinen Grabkapelle lies dann Bischof Perpetuus von Tours eine neue, dem heiligen Martin geweihte Basilika erreichten. Neben dieser Basilika entstand dann auch das Kloster St-Martin.

 

Der heilige Cassian der Römer.
Der heilige Cassian der Römer.

 

Das orthodoxe Mönchtum entstand im 3. Jahrhundert nach Christus im christlichen Orient. Hier lebten die ersten Mönche nach ihrem großen Vorbild, dem heiligen Johannes dem Täufer, zuerst als Einsiedler oder Eremiten in den Wüsten Ägyptens, Syriens und Palästinas. Jedoch gab es das Mönchtum in gewisser Weise bereits schon zur Zeit des Alten Testamentes. Hier ist vor allem der heilige Prophet Elija zu nennen, der viele Elemente des späteren eremitischen Lebens bereits im neunten Jahrhundert vor Christus in sich verwirklicht hat. Deshalb kann man aus geistlichen Gründen sagen, dass die Begründer des Mönchsstandes bereits der alttestamentliche Prophet  Elija und sein geistlicher Schüler Elisa, die in der Einsamkeit wohnten und sich am Jordanufer Hütten erbaut haben, waren.

 

Die ersten Eremiten in Ägypten lebten nach diesem geistlich-biblischen Vorbild. Der erste unter ihnen war der heilige Antonius der Große, ein Zeitgenosse des heiligen Athanasius des Großen. Mit ihm beginnt die heutige Form des orthodoxen Mönchtums. Diese Eremiten lebten jedoch nicht völlig isoliert voneinander, sondern bildeten einfache Gemeinschaften, in denen sie in strengster Enthaltsamkeit  den Weg zur christlichen Vollkommenheit anstrebten.

 

Als geistigen Mittelpunkt gab es in diesen ersten Mönchsgemeinschaften jeweils einen erfahrenen Mönch, der aufgrund seiner menschlichen Qualitäten, aber vor allem aufgrund seiner geistlichen Reife, seine vorbildhaften Frömmigkeit und für alle sichtbaren christlichen Lebensweise zu einer geistlichen Autorität für die anderen Brüder auf ihrem asketischen Weg wurde. Diese geistliche Bindung an den Altvater (Starez/Gerontas) war frei gewählt. Hatte man den geistlichen Vater aber als Autorität anerkannt, mußte man sich ihm auch im geistlichen Gehorsam unterordnen.

 

In diesen Eremitengemeinschaften wohnte zwar jeder für sich allein in einem Kellion (Zelle), aber alle Einsiedler-Mönche trafen sich einmal in der Woche am Sonntag zur Feier der Göttlichen Liturgie.

 

Andere Mönche wiederum zogen es vor, nach dem Vorbild der Apostel in enger Gemeinschaft (griechisch: ϰοινός βίος = „koinós bíos“ = gemeinschaftliches Leben) zu leben. In ihrem durch eine Mauer nach außen abgeschlossenen Wohnraum, dem Kloster, herrschte eine einheitliche Lebensweise. Das erste solche Kloster ist vom heiligen Pachomios dem Großen gegründet worden. Alle Mitglieder dieser Mönchsgemeinschaft folgten hier der geistlichen Anweisung eines gemeinsamen geistlichen Vaters, der als Igumen (Abt) ihrer Gemeinschaft vorstand und die Regel des Klosters,  das Typikon, also die Ordnung, nach der die Gemeinschaft ihr Leben gestaltete, vorgab. Vom heiligen Pachomios aus der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts stammte das erste, ursprünglich in koptischer Sprache abgefasste Typikon (Mönchsregel), das später ins Griechische übersetzt und im Jahre 404 vom heiligen Hieronymus ins Lateinische übertragen wurde.

 

Gegen Ende des 4. Jhs. gelangten die monastische Lebensweise dann durch Heilige wie Cassianus den Römer, Vinzenz von Lerin, Hieronymus von Bethlehem uns Benedikt von Nursia vom Orient ins Abendland.  So entstanden dann auch im Westen der Christenheit  Mönchsgemeinschaften und die Eremitenkolonien.

 

 

Die Verehrung des heiligen Martin breitete sich rasch über die Grenzen der Diözese von Tours aus. Schon zu Beginn des sechsten Jahrhunderts gab es viele dem heiligen Martin geweihte Kirchen - so in Rom oder auf dem Montecassino. Heute tragen allein in Frankreich 237 Städte und Dörfer den Namen des heiligen Martin und etwa 3600 Kirchen sind seinem Patrozinium gewidmet.

 

Der fränkische König Chlodwig I. erklärte den heiligen Martin dann zum Schutzheiligen der französischen Könige und ihres Volkes. Der Mantel des heiligen Martins, die „Cappa“ wurde als fränkisches Reichsheiligtum seit 679 im Königspalast in Paris aufbewahrt und auf allen Feldzügen mitgeführt. Wohl unter Pippin dem Mittleren kam diese "cappa" dann in die Obhut der Karolinger, die die Martinsverehrung ins Rheinland brachten.

 

Die Reliquien des heiligen Martin in Tours wurden größtenteils bereits im 16. Jahrhundert von protestantischen Hugenotten zerstört. Einige Teile der Reliquien des heiligen Martin blieben jedoch erhalten und befinden sich in der im Jahre 1902 neu erbauten Martinskirche in Tours.

 

 

Die zunehmende Verbreitung des christlichen Glaubens in Germanien (dem heutigen Deutschland) wurde ebenfalls von der  Verehrung des heiligen Martin begleitet. Im Osten des fränkischen Reiches wurden die meisten neuen Kirchen seinem Patrozinium gewidmet, so dass heute Martinskirchen als die jeweils ältesten in ihrer Region gelten. Vor allem im Rheinland hat sich der Brauch der Martinsumzüge erhalten: An der Spitze des Zuges reitet "der Heilige", oft vom Bettler begleitet. Ihm folgen singende Kinder mit ihren Lampions in den Händen. Der Lichterbrauch symbolisiert das Licht Christi, das die Welt erleuchtet durch die Ausbreitung des christlichen Glaubens.

 

 

Die heilige Märtyrerin Stephanida (Corona)

von Damaskus

 

11. November

 

Diakon Thomas Zmija

 

Die Heilige Corona verbindet mit dem aktuellen Pandemie-Virus außer dem Namen noch mehr, denn die heilige frühchristliche Märtyrerin erwies sich im Laufe der vergangenen Jahrhunderte als große Fürsprecherin und Bitterin bei Gott gegen Bedrohungen durch Epidemien.

 

Die heilige Corona oder griechisch Stephanida lebte im ausgehenden 3. Jahrhundert. Noch als Teenager wurde sie die Ehegattin des römischen Soldaten Victor, der sich während der Christenverfolgungen standhaft weigerte, seinen christlichen Glauben zu verleugnen und deshalb erst geblendet und danach enthauptet wurde. Seine junge Witwe war erst 16 Jahre alt, als auch sie grausam hingerichtet wurde. Da auch sie sich standhaft weigerte, den Herrn zu verleugnen, wurde sie zwischen zwei gebeugten Palmen gebunden und beim Emporschnellen zerrissen.

 

Ihr im Westen der Christenheit gebräuchlicher Name „Corona“ bedeutete lateinisch „die (Sieg-) Gekrönte“. Auch ihr griechischer Name „Stephanida“,  weist auf die Siegeskrone der hl. Märtyrer hin. Denn auch das griechische Wort „Stephanos“ bedeutet „Kranz“ oder „Krone“. Im Buch der Apokalypse lesen wir: „Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.“ (Offenbarung 2:10b).

 

Der Ort ihres Martyriums ist höchstwahrscheinlich die syrische Hauptstadt Damaskus. Das Martyrium erlitt die heilige Stephanida wohl zur Zeit der Verfolgungen unter Kaiser Diokletian. Andere Quelle weisen auf die Regierungszeit des Kaisers Antoninus Pius hin.

 

Die Reliquien der heiligen Stepanida gelangten bereits im Frühmittelalter aus dem Orient in die Länder der westlichen Christenheit. Dort wirkte die heilige Märtyrerin Stephanida dann viele Wunder, vor allem bei den immer wiederkehrenden Krankheitswellen. Sie wird bis heute als Fürsprecherin bei Gott in Zeiten von Krankheitsepidemien verehrt.

 

Seit dem Jahre 997 werden Reliquien der heiligen Stephanida (Corona) in Aachen aufbewahrt, wohin sie der abendländische Kaiser Otto III. gebracht hatte. Die Reliquien der Heiligen befinden sich momentan in der Schatzkammer des Aachener Domes. Im Jahre 1910 wurde für sie einen neuer, goldener Reliquienschrein angefertigt, der seitdem in der Domschatzkammer aufbewahrt; gelegentlich aber auch den Gläubigen gezeigt wird.

 

 

 

Der heilige Atanasie Todoran

und seine heiligen Gefährten Vasile, Grigore und Vasile

 

Gedenktag 12. November

 

Der Heilige Atanasie Todoran (geb. 1663) aus Bichigiu und seine Gefährten Vasile Dumitru aus Mocod, Grigore Manu aus Zarga und Vasile Oichi aus Telciu waren als Zollbeamte in Siebenbürgen tätig. Sie erlitten das Martyrium im Jahr 1763 für ihren orthodoxen Glauben. Am 22. November 2007 beschloss der hl. Synod der rumänischen Kirche deren Heiligsprechung, welche am 11. Mai 2008 feierlich vollzogen wurde.

 

Als im Jahre 1687 der römisch-deutsche Kaiser Leopold I. aus dem Hause Habsburg das bisher unter osmanischer Oberhohheit stehende Großfürstentum Siebenbürgen das seinem Reich einverleibte, strebte man am Wiener Hof ebenfalls danach, die orthodoxen Christen Siebenbürgens der katholischen Kirche einzugliedern. Sofort nachdem Siebenbürgen österreichisch geworden war, setzte vom Wiener Hof und der österreichischen Militärverwaltung in Siebenbürgen ausgehend wegen teils geistlicher, teils sozial- und staatspolitischer Motive ein intensives Bemühen um eine Union der rumänischen Christen des Landes mit der römischen Kirche ein. Im Jahre 1693 begannen die Jesuiten unter den orthodoxen Christen zu missionieren. Die neuen Habsburger Autoritäten, vor allem die Autoritäten der Militärverwaltung erzwangen am Ende unter zum Teil erheblichen militärischen und administrativem Druck den gewünschten Anschluss an die römische Kirche. Die proselytischen Bemühungen um die bisher rechtlosen rumänischen Menschen in Transylvanien und vor allem die politische Verweigerung der vollen Zivilrechte für Nichtkatholiken führten am Ende dazu, dass es am 4. September 1700 zur Union eines Teil der rumänischen Christen mit der katholischen Kirche kam. Ein anderer Teil widersetzte sich aber diesem Glaubenswechsel. In dieser schwierigen Situation versuchte der heilige Atansie in den Jahren 1761-1762 zusammen mit den seinen heiligen Gefährten die Eingliederung von insgesamt 21 Gemeinden aus dem Bichigiului-, Salautei- und Somesului Mare Tal in die sogenannte Militärgrenze zu verhandeln. Am 10. Mai 1763 sollten die neuen rumänischen Wehrbauern ihren Eid vor General Bukow ablegen und zugleich ihren Glaubenswechsel zum Katholizimus bekennen. Als dann die Repräsentanten der österreichischen Militäradministration erkannten, dass sie zwar zum Eid auf den Kaiser bereit waren, nicht aber ihren orthodoxen Glauben aufzugeben und zum Katholizismus zu konvertieren, wurde er als Aufständischer zusammen mit den anderen orthodoxen Führungspersonen verhaftet.

 

Am 12. November 1763 fand am selben Ort die Hinrichtung der standhaften orthodoxen Christen statt. Der heilige Atanasie Todoran wurde grausam auf das Rad geflochten. Zusammen mit den heiligen Neo-Märtyrer Atanasie wurden ebenfalls die Heiligen Vasile Dumitru aus Mocod, Grigore Manu aus Zagra und Vasile Oichi aus Telciu zu Tode gemartert. Neunzehn andere orthodoxe Christen wurden mit Ruten solange geschlagen, bis sie verstarben. Durch diese Gewaltttaten sollten die orthodoxen Gläubigen zur Konversion zur römischen Kirche gezwungen werden. In diesen Jahren wurden unzählige orthodoxe Kirchen und Klöster von den Lateinern nieder gebrannnt, Priester, Mönche, Nonnen und Gläubige wurden bedrängt und verfolgt, um sie zur Annnahme der Unia zu Wingen.

 

Erst in Jahre 1781 wurde durch das Toleranzedikt von Kaiser Joseph II. der orthodoxe Glaube in Siebenbürgen anerkannt. Seit 1783 war das orthodoxe Bistum in Siebenbürgen jurisdiktionell der serbischen Metropolie von Karlovac unterstellt bis es im Jahre 1864 die Autonomie erlangte und zur orthodoxen Metropolie von Siebenbürgen erhoben wurde.

 

 

Zu Gedenken unseres Vaters unter den Heiligen Johannes Chrysostomos,

des Erzbischofs von Konstantinopel

 

13. November

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

Der heilige Johannes, seit dem 6. Jahrhundert Chrysostomos (griechisch: ωάννης Χρυσόστομος = Johannes der Goldmund) genannt, wurde zwischen 344 und 354 in Antiochien als Sohn einer vornehmen Familie geboren und von seiner frommen Mutter Anthusa, die mit 20 Jahren Witwe geworden war, erzogen. Seine Lehrer waren der Philosoph Andragathius und der berühmte Rhetor Libanius. Wie andere große Kirchenväter des 4. Jahrhunderts empfing auch der heilige Johannes die Taufe erst als Erwachsener im Jahre 372.

 

 

Zunächst führte er im Hause seiner Mutter ein asketisches Leben, dann weilte er vier Jahre lang unter der Leitung eines alten Eremiten und zwei Jahre lang allein als Mönch in den Bergen bei Antiochien. Schon seit seiner Taufe empfing er zusammen mit Theodor (später Bischof von Mopsuestia) durch Diodor (später Bischof von Tarsus) theologischen Unterricht. Seine geschwächte Gesundheit zwang ihn zur Rückkehr in die Stadt, wo er im Jahre 381 Diakon und 386 Presbyter wurde. Bis 397 wirkte er als Prediger an der Hauptkirche von Antiochien. Hier hielt er seine besten exegetischen Homilien und begründete seinen Ruf als Prediger. Seine Beredsamkeit zeigte sich besonders in den 21 Homilien, die er 387 anlässlich eines wegen Steuererhöhung entstandenen Aufruhrs hielt, bei dem die kaiserlichen Bildsaulen umgestürzt wurden (Säulenhomilien). In der letzten Predigt am Osterfest konnte Johannes mitteilen, dass Bischof Flavian in Konstantinopel vom Kaiser für die Stadt volle Amnestie erwirkt habe.

 

Das monastische Leben des heiligen Johannes Chrysostomus.
Das monastische Leben des heiligen Johannes Chrysostomus.

 

Im Jahre 397 wurde Johannes auf Befehl des Kaisers Arkadius durch eine List nach Konstantinopel entführt und trotz seines Sträubens zum Nachfolger des verstorbenen Patriarchen Nektarius bestimmt; Theophilus von Alexandrien musste ihn zum Bischof ordinieren (26. 2. 398). In Konstantinopel lebte der heilige Johannes sehr einfach und tat viel für die Armen und Kranken. Er versuchte allerlei kirchliche Missstände abzustellen; u. a. lies er auf einer Synode in Ephesus mehrere Bischöfe absetzen, die durch Bestechung in ihr Amt gelangt waren.

 

Durch die politischen Wirren und Intrigen, die dem Sturz des mächtigen Ministers Eutropius (399) folgten, zog er sich auch den Hass der Kaiserin Eudoxia zu. Seine Hauptgegner wurden die Bischöfe Severian von Gabala, Akacius von Beroa, Antiochus von Ptolemais, vor allem aber der machtlüsterne Theophilus von Alexandrien, der die frühere Vormachtstellung seiner Kirche im Osten retten wollte, die seit 381 durch den Bischof der Kaiserstadt gefährdet erschien.

 

Als sich Theophilus wegen verschiedener von den Mönchen der nitrischen Wüste erhobener Anklagen in Konstantinopel verantworten sollte (402), gab er dem heiligen Johannes die Schuld und holte zum Gegenschlag aus. Im August 403 hielt er auf der von 36 Bischöfen besuchten Eichensynode – so benannt nach einem Landgut bei Chalkedon – über den heiligen Johannes Gericht und lies ihn wegen seiner dreimaligen Weigerung zu erscheinen, absetzen: Der heilige Johannes wurde vom Kaiser verbannt.

 

 

Der heilige Johannes Chrysostomus ist einer der ganz großen christlichen Heiligen. Seine Verehrung vereint die gesamte Christenheit. In der orthodoxen Kirche gehört er gemeinsam mit dem heiligen Basilius dem Großen und dem heiligen Gregor von Nazianz zu den drei großen Kirchenvätern aus Kappadokien, die lateinische Kirche ehrt ihn als Kirchenlehrer. Die priesterlichen Gebete der Chrysostomus-Liturgie, die wir an den meisten Sonn- und Festtagen im Jahr feiern, wurden von ihm verfasst. Der heilige Johannes Chrysostomus  war ein eifriger Seelsorger und bischöflicher Hirte. Er war ein glänzender geistlicher Redner, so dass viele seiner Predigten noch zu seinen Lebzeiten in der Kirche während des Gottesdienstes mitstenographiert wurden. Auch viele seiner Schriftkommentare und Briefe sind uns bis heute erhalten und wurden zu allen Zeiten von den frommen Christen gelesen.

 

Da ein Unfall im Palast die Kaiserin in Schrecken versetzt hatte, wurde der heilige Johannes schon am nächsten Tage zurück gerufen. Nach zwei Monaten fühlte sich die Kaiserin durch eine Predigt des heiligen Johannes beleidigt, so dass seine Gegner von neuem gegen ihn tätig werden konnten. Mit Waffengewalt wurde in der Osternacht die Taufe verhindert und gegen den heiligen Johannes ein Mordanschlag versucht. Es misslang zwar der Versuch, den heiligen Johannes durch eine neue Synode absetzen zu lassen, aber die bischöflichen Gegner erwirkten vom Kaiser erneut ein Verbannungsdekret, dem der heilige Johannes alsbald folgte (09. 06. 404), um Ruhestörungen zu vermeiden.

 

Der erste Verbannungsort war Kukusus in Armenien; als der heilige Johannes drei Jahre später nach dem fernen Pityus am Ostufer des Schwarzen Meeres gebracht werden sollte, starb er(14. 09. 407) auf dem Wege in Komana in Pontus. Kaiser Theodosius II., der Sohn der Eudoxia, lies die Gebeine des Heiligen am 27.1.438 in der Apostelkirche zu Konstantinopel feierlich beisetzen.

 

 

 

Worte des heiligen Johannes Chrysostomus

über das heilige Kreuzzeichen:

 

„Niemand schäme sich des ehrwürdigen Zeichens unserer Erlösung, der größten aller Wohltaten, durch die wir leben, durch die wir sind. Wir wollen vielmehr das Kreuz Christi wie eine Krone tragen. Denn durch das Kreuz wird ja unser ganzes Heil vollbracht.

 

So oft jemand wiedergeboren wird, ist das Kreuz dabei, so oft er genährt wird mit jener geheimnis- vollen Speise, so oft jemand geweiht wird, so oft irgendeine andere Handlung vorgenommen wird, überall steht dieses Zeichen des Sieges uns zur Seite.

 

Deshalb zeichnen wir es voll Eifer auf die Häuser, Wände und Fenster, auf die Stirn und auf das Herz. Ist es ja doch das Sinnbild unserer Erlösung, unserer gemeinsamen Befreiung, sowie der Güte unseres Herrn.

 

So oft du dich also mit dem Kreuz bezeichnest, beherzige alles, was im Kreuz liegt, dämpfe den Zorn und alle übrigen Leidenschaften. Wenn du dich bekreuzigst, erfülle deine Stirn mit großer Zuversicht, mache deine Seele frei.

 

Man darf das Kreuz aber nicht einfach nur mit dem Finger machen, sondern zuerst mit dem Herzen, voll innigen Glaubens. Wenn du es in dieser Weise auf deine Stirn zeichnest, dann wird dir kein unreiner Geist nahen, weil er die Waffe sieht, die ihm die Wunde geschlagen hat, das Schwert, das ihm den tödlichen Streich versetzt hat.

 

Schäme dich also nicht eines so großen Gutes, damit auch Christus sich deiner nicht schäme, wenn er in seiner Herrlichkeit kommt und wenn vor ihm sein Zeichen erscheinen wird, leuchtender als die Strahlen der Sonne.

 

Präge dir diese Wahrheit tief ins Gedächtnis ein und drücke das Heil unserer Seelen an dein Herz. Denn dieses Kreuz hat die Welt erlöst und bekehrt, hat den Irrtum verscheucht, die Wahrheit gebracht, die Erde in einen Himmel verwandelt, aus Menschen Engel gemacht.“

 

 

 

 

Jeder kann Gutes tun, so  sagt uns der heilige Johannes Chrysostomus:

 

„Zu den Werken der Barmherzigkeit brauchen wir nichts anderes als nur die gute Absicht. Auch wenn du noch so arm, ja selbst ein Bettler bist, wenn du nur ein paar kleine Münzen oder etwas Brot hast und davon gibst, so bist du zum Gipfel dieser Kunst aufgestiegen. Diese Wissenschaft also wollen wir erlernen und in die Tat umsetzen, denn sie zu verstehen ist besser, als König zu sein und sich mit einem Diadem zu schmücken.“

 

 

 

 

Über das Fasten sagt uns der heilige Johannes Chrysostomus:

 

„Das Fasten ist die Speise der Seele.  Wie die körperliche Speise stärkt,   so macht das Fasten die Seele kräftiger  und verschafft ihr bewegliche Flügel,   hebt sie empor und lässt sie über himmlische Dinge nachdenken.“

 

 

 

 

Unseres Vaters unter den Heiligen Johannes Chrysostomus katechetische Rede auf die Auferstehung Christi:

 

„Wenn jemand fromm ist und Gott liebt, erquicke er sich an dieser schönen und glänzenden Feier. Wenn jemand ein wohlgesinnter Knecht ist, gehe er fröhlich ein in die Freude seines Herrn. Wenn jemand sich beim Fasten abgemüht hat, empfange er jetzt den Denar [Silbermünze].b Wenn jemand von der ersten Stunde an gearbeitet hat, empfange er heute seinen gerechten Lohn. Wenn jemand nach der dritten Stunde gekommen ist, feiere er dankend. Wenn jemand nach der sechsten Stunde angelangt ist, so zweifle er nicht, denn er wird nichts einbüßen. Wenn jemand bis in die neunte Stunde säumte, trete er unverzagt herzu, ohne sich zu fürchten. Wenn jemand erst zur elften Stunde angelangt ist, fürchte er sich nicht ob seiner Saumseligkeit. Denn der Gebieter ist freigebig und nimmt den Letzten an wie den Ersten. Er erquickt den, der um die elfte Stunde gekommen ist, ebenso wie den, der von der ersten Tagesstunde an gearbeitet hat. Zum später Kommenden ist Er gnädig und zum Ersten freundlich. Jenem gibt Er und diesen schenkt Er. Die Werke nimmt Er an und den Entschluss begrüßt Er. Die Tat ehrt Er und die Absicht lobt Er. Geht also alle ein in die Freude unseres Herrn! Die Ersten und die Letzten, empfanget den Lohn! Die Reichen und die Armen, freut euch miteinander! Die Ausdauernden und die Nachlässigen, ehret den Tag! Die ihr gefastet und die ihr nicht gefastet habt, freuet euch heute! Der Tisch ist reich gedeckt, genießet alle! Das Kalb ist gemästet, niemand gehe hungrig hinaus! Alle genießet vom Gastmahl des Glaubens! Alle genießet vom Reichtum der Güte! Niemand beklage sich über Armut, denn erschienen ist das gemeinsame Reich. Niemand betrauere Übertretungen, denn die Vergebung ist aus dem Grabe aufgestrahlt. Niemand fürchte den Tod, denn des Erlösers Tod hat uns befreit. Er hat ihn vernichtet, Der von ihm umfangen war. Er hat gefesselt den Hades, Der zum Hades hinabstieg. Er ließ Bitterkeit erfahren ihn, der gekostet hat von Seinem Fleisch. Dieses vorausschauend rief Jesaja aus: „Der Hades“, spricht er, „ward voll Bitterkeit, als er unten mit Dir zusammentraf.“ Er ward voll Bitterkeit, denn er ward hinweggerafft. Er ward voll Bitterkeit, denn er ward gestürzt. Er ward voll Bitterkeit, denn er ward gefesselt. Er nahm den Leib und traf auf Gott. Er nahm Erde und begegnete dem Himmel. Er nahm, was er sah, und fiel durch das, was er nicht sah. Wo ist, Tod, dein Stachel? Wo ist, Hades, dein Sieg? Auferstanden ist Christus und du bist gestürzt. Auferstanden ist Christus und gefallen sind die Dämonen. Auferstanden ist Christus und die Engel freuen sich. Auferstanden ist Christus und das Leben herrscht. Auferstanden ist Christus und kein Toter im Grab. Denn Christus ist von den Toten auferstanden, der Erstling der Entschlafenen geworden. Ihm sei die Ehre und die Macht in alle Ewigkeit. Amen.“

 

 

Ikone des Hl. Apostels Paulus und des hl. Johannes Chrysostomos. Dargestellt wird, wie der hl. Apostel Paulus den hl. Johannes Chrysostomos beim Abfassen seiner Kommentare zu den Schriften des Neuen Testaments unterstützt.
Ikone des Hl. Apostels Paulus und des hl. Johannes Chrysostomos. Dargestellt wird, wie der hl. Apostel Paulus den hl. Johannes Chrysostomos beim Abfassen seiner Kommentare zu den Schriften des Neuen Testaments unterstützt.

 

Der schriftliche Nachlass des heiligen Johannes Chrystostomus ist umfangreicher als der aller anderen christlichen Schriftsteller des Ostens, soweit ihre Werke erhalten sind. Im Westen ist ihm nur der selige Augustinus vergleichbar. Inhaltlich bieten die Schriften des heiligen Johannes Chrysotomus nicht nur dem Theologen, sondern auch dem Kulturhistoriker reichliches Material. Der heilige Johannes war vor allem Prediger und praktischer Seelsorger; er ist der bedeutendste Homilet der orthodoxen Kirche. Der größte Teil der Schriften besteht daher aus Predigten (Homilien) und anderen Reden, die häufig von Stenographen aufgezeichnet und danach veröffentlicht wurden. Die Predigten, die oft zwei Stunden dauerten, haben die griechischen Zuhörer infolge ihrer rednerisch wirksamen Darbietung nicht ermüdet. Sie erschienen ihnen meisterhaft belebt durch Bilder und Gleichnisse, Anknüpfungen an Zeitumstande und interessante Erläuterungen.

 

Zusammengestellt unter Verwendung von Altaner-Stuiber,

Patrologie, Leben, Schriften und Lehre der Kirchenvater, Freiburg 1978.

 

 

Der heilige Apostel Philippus

 

14. November

 

Der heilige Philippus stammte wie die Apostel Petrus und Andreas aus Bethsaida in Galilaa. Er war so eingenommen vom Studium des Gesetzes und der Propheten, dass er allen Angelegenheiten dieser Welt fremd blieb und sein ganzes Leben lang die Jungfraulichkeit bewahrte. Nachdem unser Herr Jesus Christus vom heiligen Johannes dem Taufer und Vorlaufer im Jordan getauft worden war und als ersten Andreas zum Junger berufen hatte, traf Er Philippus und sagte zu ihm: „Folge mir!“ Dieser gehorchte sogleich und ging zu Nathanael, um ihm zu sagen: „Von dem Moses schreibt im Gesetz und die Propheten, Ihn haben wir gefunden, Jesus, den Sohn Josephs von Nazareth“ (Johannes 1:45).

 

Er diente dem Herrn während der ganzen Zeit Seines öffentlichen Wirkens, und als die Junger zum letzten Mal mit Ihm zusammen waren, bat er Ihn: „Herr, zeige uns den Vater, und es genügt uns. Da sagte Jesus zu ihm: So lange Zeit bin Ich bei euch, Philippus, und du hast mich nicht erkannt? Wer mich sah, hat den Vater gesehen“ (Johannes 14:9).

 

 

Nach der Auffahrt des Herrn und der Herabkunft des Heiligen Geistes wurde Philippus durch das Los zur Evangelisierung der Provinz Asia (westlicher Teil Kleinasiens) bestimmt. In Begleitung des Apostels Bartholomäus und seiner leiblichen Schwester Mariamne durchzog er Lydien und Mysien und verkündete dort das Evangelium zum Preis vieler Drangsale. Die heiligen Jünger Christi ertrugen Schlage, Auspeitschungen, Kerkerhaft und Steinigungen durch die Heiden, ohne dass dies ihre Freude und ihre Hoffnung in Christus zu schmälern vermochte, denn der Herr stärkte sie. Sie heilten Kranke und erlosten Besessene, und viele kamen zum Glauben und baten um die Taufe. In Hierapolis bekehrten sie sogar die Frau des Prokonsuls Nikanor von Asien. Dieser wurde sehr zornig darüber und lies die Apostel ergreifen. Man schleppte sie auf den Hauptplatz der Stadt und kreuzigte sie, mit dem Kopf nach unten. Als der  heilige Philippus den Geist aufgab, öffnete sich plötzlich die Erde und verschlang eine große Anzahl Heiden, deren Priester und selbst den Prokonsul. Von Schrecken gepackt, stürzten die anderen zu Bartholomäus und Mariamne, die noch lebten, nahmen sie herab vom Kreuz und baten, in die Kirche aufgenommen zu werden.

 

Bartholomäus bestattete Philippus, setzte Stachys als Bischof von Hieropolis ein und zog dann mit Mariamne weiter, um in Lykaonien zu predigen.

 

Quelle Synaxarion; Die Leben der Heiligen der Orthodoxen Kirche, 1. Band.

 

 

Heiliger Apostel und Evangelist Matthäus

 

16. November

 

Der heilige Apostel Matthaus hieß ursprünglich mit jüdischem Namen Levi. Er war Sohn des Alphäus und der Bruder des heiligen Apostels Jakobus. Zunächst übte er den Beruf des Zolleinnehmers aus. Da die Zöllner eng mit der römischen Besatzungsmacht zusammenarbeiten, aber auch weil sie oft mehr Abgaben als festgesetzt waren einforderten, waren die Zöllner im jüdischen Volk besonders verachtet, ja sogar verhasst.

 

Als Levi eines Tages in seinem Zollhaus saß, kam Jesus vorbei. Der HERR wurde dabei von einer großen Menschenmenge, die Seine Lehren hören wollte, begleitet. Als der HERR zur Zollstation des Levi kam, wandte er sich zu Levi um und sagte: „Folge mir nach!“ Der Zöllner lies daraufhin alles stehen und liegen und folgte Christus nach. Hieran erkennen wir, dass wir dann aus unserer Sündenverstrickung gerettet werden, wenn wir uns trotz unserer Sündhaftigkeit und Gottesferne vom Wort Gottes ansprechen lassen. Ohne einen Gedanken daran zu verlieren, was er hinter sich lies, lies sich Levi vom Ruf Christi ansprechen: „Komm, folge mir nach!“ In dem Wort des Heilandes war für Levi auch zu hören: Habe keine Angst, Dein Leben zu verändern! Bevor Levi nun als Jünger Christi in Seiner Gefolgschaft ins Land hinaus zog, gab er in seinem Haus noch ein großes Festmahl, an dem auch unser HERR Jesus Christus mit seinen Jüngern, aber auch zahlreiche andere Zöllner und öffentliche Sünder teilnahmen. Da die frommen Pharisäer am Handeln Christi Anstoß nahmen, sagte ihnen der Herr: „Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern die Sünder zur Umkehr. (Lukas 5: 31-32; Matthäus 9: 12& 13; Markus 3: 17).

 

Der Apostel Matthaus folgte CHRISTUS nun auf allen Seinen Wanderungen durch das Heilige Land und wurde dabei zum Zeugen Seiner Lehren und der vom HERRN gewirkten Wunder vor und nach Seiner Heiligen Auferstehung.

 

Nachdem er am Pfingstfest mit den anderen heiligen Aposteln von der Gnade des Heiligen Geistes erfüllt worden war, erhielt er vom HERRN den Auftrag, als Apostel seiner jüdischen  Brüder diesen das heilige Evangelium zu verkünden.

 

Zu diesem Zweck verfasste er acht Jahre nach der Himmelfahrt des HERRN in aramäischer Sprache, der damaligen Alltagssprache der Juden und anderer semitischer Völker der Vorderen Orients das erste Evangelium, das einen ersten Bericht über die Taten und Lehren des Erlösers enthielt.

 

Dieses erste Evangelium (des heiligen Apostels und Evangelisten Matthäus) wurde dann einige Jahre später durch den heiligen Apostel Jakobus, den Herrenbruder und ersten Bischof von Jerusalem in die griechische Sprache übertragen und daraufhin dann  vom heiligen Apostel Bartholomaus abgeschrieben. Die griechische Fassung ersetzte bald das aramaische Original ganz, so dass uns bis heute keine Abschrift davon erhalten geblieben ist. Die heutigen syro-aramäischen Übersetzungen sind erst später entstandene Rückübersetzungen aus dem griechischen Text.

 

Später begab sich der heilige Apostel Matthäus ins persische Partherreich. Dort verkündete er mit dem heiligen Apostel Bartholomäus in Mesopotamien die Frohe Botschaft. So wurde der heilige Apostel Matthäus, neben den beiden anderen Apostel Bartholomäus und Thomas, zum Apostel der Christengemeinden im heutigen Irak.

 

Viele bis zur islamistischen Gewaltherrschaft des IS bestehenden Kirchengemeinden in Mosul konnten sich deshalb bis auf das Wirken des heiligen Apostels Matthäus  und seiner Schüler Addai und Mari zurückführen. Vor allem an den Ufern des Flusses Euphrat nahmen viele Heiden durch die Predigt des heiligen Apostels und Evangelisten Matthäus den Glauben an.

 

Im späteren Alter zog sich der Apostel auf einen hohen Berg zurück, wo er sich der Askese und dem Gebet widmete. Das Martyrium erlitt der heilige Apostel Matthias unter einem König der Parther mit Namen Fulvian. Der heilige Apostel wurde zuerst vielfachen, grausamen Torturen unterworfen und am Ende schließlich bei lebendigem Leibe verbrannt.

 

Aber durch die vielen Wunder, die seine heiligen Reliquien bewirkten, wurde noch vor der Zeit des heiligen apostelgleichen Kaisers Konstantin ein großer Teil der Bevölkerung im irakischen Bergland zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris Christen. Durch das Beispiel des heiligen Apostels Matthäus erblühte dort auch das frühe syrische Mönchtum.

 

Jedoch wandten sich die Christengemeinden im Irak in der späteren Zeit zuerst dem Nestorianismus oder dem Monophysitismus und ab dem 17.Jahrhundert dann der Union mit der römischen Kirche zu, so dass es im heutige Irak nur noch sehr wenige orthodoxe Christen gibt.

 

Zusammengestellt von Diakon Thomas Zmija v. Gojan

 

 

Gebet des heiligen Metropoliten Philaret von Moskau

 

Herr, ich weiß nicht, worum ich Dich bitten soll! Du allein weißt, was ich nötig habe. Du liebst mich mehr, als ich mich selber zu lieben vermag Vater! Gib mir, deinem Knecht, worum ich selbst nicht bitten kann. Ich habe den Freimut, weder das Kreuz zu begehren noch den Trost. Ich stehe allein vor Dir mit offenem Herzen. Du siehst, was mir Not tut, wovon ich selbst nichts weiß. Sieh! – und verfahre mit mir nach Deiner Barmherzigkeit. Besiege und heile mich, erniedrige und erhöhe mich. In Ehrfurcht verstumme ich vor Deinem heiligen Willen und Deinen für mich unerforschlichen Ratschlüssen. Ich bringe mich Dir selbst zum Opfer dar. Dir allein ergebe ich mich ganz und gar. Ich habe keinen anderen Wunsch, als Deinen Willen zu erfüllen. Lehre Du mich beten – ja bete Du selbst in mir. Amen.

 

Heiliger Metropolit Philaret von Moskau (1782 - 1867) war von 1826 bis 1867 Metropolit von Moskau. Er war einer der größten orthodoxen Theologen des 19. Jahrhunderts. Von 1812 bis 1819 war er Rektor der St.Petersburger Geistlichen Akademie, wo er das Programm der unterrichteten Fächer radikal modernisierte. Als Professor für Theologie unterrichte er selbst Altes Testament und Kirchengeschichte. Seit 1818 war er Mitglied der Russischen Akademie. Unter anderem verfasste er einen Katechismus und initiierte die Übersetzung der Bibel, die im damaligen Russland nur als kirchenslawische Übersetzung vorhanden war, ins Russische. 1994 wurde er von der Russischen Orthodoxen Kirche heilig gesprochen.

 

 

Gedächtnis

unseres heiligen und apostelgleichen Vaters Willibrord,

des ersten Bischofs von Utrecht

und Erleuchters der Niederlande

 

Gedenktag 20. November

 

Diakon Thomas Zmija v. Gojan

 

 

Der heilige Willibrord wurde im Jahre 638 in Northumbrien geboren und vom Alter von 7 Jahren an in der Abtei von Rippon vom heiligen Wilfrid erzogen. Er wurde Mönch und zeichnete sich durch seine hohe Intelligenz und seinen asketischen Eifer aus. Angezogen vom Ruf des heiligen Egbert besuchte er Irland, das zu dieser Zeit „Insel der Heiligen" genannt wurde, und widmete sich dort dem Studium und dem Gebet.

 

Im Jahre 690 kam er mit 12 weiteren Mönchen in das Gebiet um die Rheinmündung und Friesland, um deren heidnische Bevölkerung zu evangelisieren. Er verkündete die frohe Botschaft in Holland und Seeland. Sein Wirken unter der dortigen Bevölkerung wurde von vielen Wundern begleitet, die Zeugnis für die Wahrheit des christlichen Glaubens ablegten. Nachdem er in Rom zum Bischof geweiht worden war, nahm er seinen bischöflichen Sitz in Utrecht und unternahm in der Folgezeit von dort aus viele Missionsreisen in den Norden. Trotz des Widerstandes des friesischen Fürsten Radbord gelang es ihm, einen Grossteil der Friesen zu Glauben an Christus zu bekehren. Danach ging er nach Dänemark, wo der grausame Fürst Ongend herrschte. Hier scheiterte er jedoch am tiefeingewuzelten Heidentum. Die Herzen der dortigen Menschen waren hart wie Stein. Nach 44-jährigem segensreichem Wirken als Bischof entschlief er in Frieden im Jahr 739 und wurde in der Abtei Echternach bestattet, die er gegründet und auch als Igumen geleitet hatte. Seine heiligen Reliquien verströmten einen himmlischen Wohlgeruch und sein Grab wurde bald zur vielbesuchten Pilgerstätte. In Willibrord-Vita, die von seinem geistlichen Schüler Alkuin 60 Jahre nach Willibrords Tod ausgeschrieben wurde, erfahren wir, dass seine Seele von einer Engelschar hinauf in das himmlische Reich getragen worden ist.

 

Der heilige Willibrord war der erste bedeutende angelsächsische Missionar in einer ganzen Reihe christlicher Glaubensboten, die das Licht des Glaubens bei den dort lebenden germanischen Stämmen verbreiteten. In der angelsächsischen monastischen Tradition stehend förderte der Heilige Gelehrsamkeit und Schreibkunst. Eine Evangelienhandschrift, die im Besitz des heiligen Willibrords gewesen ist ("Willibrord-Evangeliar"), ist bis heute erhalten geblieben. Über Jahrhunderte wurde sie im Kloster Echternach aufbewahrt und kam im Jahre 1802 im Zuge der Säkularisation nach Paris. Sein Missionswerk führten seine geislichen Schüler Liudger von Münster, Willehad von Bremen und der fränkische Hoftheologe Alkuin weiter. Der heilige Willibrord wird als erster Erzbischof von Utrecht verehrt und trägt den Titel "Apostel der Friesen".  Bis heute wird sein Gedächtnis in den Niederlanden feierlich begangen. Auch die orthodoxen Gemeinden in den Niederlanden verehren den heiligen Willibrord als den heiligen Glaubensboten des Landes, in dem sie nun leben.

 

 

Einzug der Allheiligen Gottesgebärerin und

Immerjungfrau Maria in den Tempel

 

21. November

 

Das zweite große Fest der allheiligen Gottesgebärerin im Jahreskreis der Kirchenfeste ist die Feier ihres Einzugs als Kind in den Tempel zu Jerusalem, die am 21. November begangen wird. Wie das Fest ihrer Geburt, so wird auch von diesem Marienfest nicht in den biblischen Texten ausdrücklich erzählt. Jedoch wird uns im Protoevangelium des heiligen Jakobus über das Geschehen beider Feste ausführlich berichtet.

 

Ikone des nichtverbrennbaren Dornbuschs - in der orthodoxen Kirche ist der unverbrennbare Dornbusch ein alttestamentlicher Typos für die Immerjungfräulichkeit der Allheiligen Gottesgebärerin.
Ikone des nichtverbrennbaren Dornbuschs - in der orthodoxen Kirche ist der unverbrennbare Dornbusch ein alttestamentlicher Typos für die Immerjungfräulichkeit der Allheiligen Gottesgebärerin.

 

Wie die Feier der Geburt der Allheiligen ist auch dieses Fest ein hoher Feiertag von großer geistlicher Bedeutung für die christlich-orthodoxen Gläubigen. Die Texte der orthodoxen Gottesdienste erzählen, wie die allheilige Gottesgebärerin als kleines Kind von ihren Eltern zum Tempel gebracht wurde, um dort mit den Jungfrauen erzogen zu werden, die dem Dienst am Herrn bis zu ihrer Verlobung geweiht waren.

 

Wie der Dornbusch so ist auch die altttestamentliche Bundeslade ein solcher Typos der Allheriligen Gottesgebärerin.
Wie der Dornbusch so ist auch die altttestamentliche Bundeslade ein solcher Typos der Allheriligen Gottesgebärerin.

 

Nach der Tradition der heiligen Kirche wurde Maria von der Tempelgemeinschaft, die von Zacharias, dem Vater Johannes des Täufers, als dem Hohenpriester angeführt wurde, festlich empfangen. Sie wurde ins Allerheiligste geführt, um dort von den Engeln ihre Nahrung zu empfangen, damit sie selbst zum Allerheiligsten Gottes, zum lebendigen Heiligtum und Tempel des göttlichen Kindes werden könne, das in ihr geboren werden sollte.

 

Maria ist der "beseelte Tempel", das Allerheiligste, in welcher "Gott Selbst Wohnung nahm und ein Kindlein ward".
Maria ist der "beseelte Tempel", das Allerheiligste, in welcher "Gott Selbst Wohnung nahm und ein Kindlein ward".

 

Zweifellos inspirierten die Verse aus dem Psalm 45, die in den Festgottesdiensten einen breiten Raum einnehmen, diese Feier der Weihe Mariens für den Dienst an Gott im Jerusalemer Tempel ganz erheblich.

 

„Königstöchter gehen dir entgegen, die Braut steht dir zur Rechten im Schmuck von Ofirgold. Höre, Tochter, sieh her und neige dein Ohr, vergiss dein Volk und dein Vaterhaus! Der König verlangt nach deiner Schönheit; er ist ja dein Herr, verneig dich vor ihm! ... Die Königstochter ist herrlich geschmückt, ihr Gewand ist durchwirkt mit Gold und Perlen. Man geleitet sie in buntgestickten Kleidern zum König, Jungfrauen sind ihr Gefolge, ihre Freundinnen führt man zu dir. Man geleitet sie mit Freude und Jubel, sie ziehen ein in den Palast des Königs. An die Stelle deiner Väter treten einst deine Söhne; du bestellst sie zu Fürsten im ganzen Land. Ich will deinen Namen rühmen von Geschlecht zu Geschlecht; darum werden die Völker dich preisen immer und ewig.“ (Psalm 45: 10 – 18)

 

Du bist der allheilige Tisch des Lebensbrotes, das aus Barmherzigkeit aus der Höhe herabkam und der Welt ein neues Leben verliehen hat. Mache mich Unwürdigen nun fähig, es in Furcht zu schmecken, auf daß ich lebe.
Du bist der allheilige Tisch des Lebensbrotes, das aus Barmherzigkeit aus der Höhe herabkam und der Welt ein neues Leben verliehen hat. Mache mich Unwürdigen nun fähig, es in Furcht zu schmecken, auf daß ich lebe.

 

Die Orthodoxe Kirche versteht diese Psalmworte als direkt auf die allheilige Gottesgebärerin bezogen. Nach dem Lukasevangelium, das bei der Vigil jedes ihrer Feste gelesen wird, spricht Maria selbst die folgenden Worte:

 

„Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter. Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter. Denn der Mächtige hat Großes an mir getan, und sein Name ist heilig. Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten“. (Lukas 1: 47 - 50)

 

Das Hauptthema des Festes Mariae Tempelgang, das in den Gottesdiensten oftmals wiederholt wird, ist die Tatsache, dass sie den Tempel betritt um selbst der lebendige Tempel Gottes zu werden und so das Neue Testament einzuleiten, in dem die alten Prophezeiungen, dass „Gott bei den Menschen wohnt“ und dass der Mensch die einzige passende Wohnstatt der Göttlichen Gegenwart ist, erfüllt werden (Ezechiel 37:27; Johannes 14:15-23; Apostelgeschichte 7:48; 2. Korinther 6: 16; Epheser 2:18-22; 1. Petrus 2:4; Offenbarung 22: 1-4).

 

Aus Deinem reinen Blut hat Gott den Körper angenommen. Deshalb besingen Dich alle Geschlechter, die geistigen Scharen rühmen Dich ohne Unterlaß, da sie durch Dich den Gebieter des Alls erblickten in Menschengestalt.
Aus Deinem reinen Blut hat Gott den Körper angenommen. Deshalb besingen Dich alle Geschlechter, die geistigen Scharen rühmen Dich ohne Unterlaß, da sie durch Dich den Gebieter des Alls erblickten in Menschengestalt.

 

Troparion vom Fest

 

Heute ist der Beginn des Wohlgefallens Gottes und die Vorverkündigung der Erlösung der Menschen; im Tempel Gottes zeigt sich deutlich die Jungfrau und verkündet voraus Christus allen. Zu ihr lasset auch uns mit lauter Stimme rufen: Freue dich, du Erfüllung der Heilsordnung des Schöpfers.

 

Kontakion vom Fest

 

Der reinste Tempel des Erlösers, die kostbare Kammer und Jungfrau, die gesegnete Schatzkammer der Herrlichkeit Gottes, wird heute eingeführt in das Haus des Herrn, miteinführend die Gnade in dem göttlichen Geiste; die Engel Gottes besingen sie; sie selbst ist das himmlische Zelt!

 

 

Zur Vesper wird das 40. Kapitel des Buches Exodus über den Bau des Offenbarungszeltes zusammen mit den Perikopen aus dem ersten Buch der Könige und der Prophezeiung des Ezechiels gelesen. Jede dieser Lesungen endet mit der gleichen Zeile, „denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus des Herrn“ (Exodus 40:1-10.16.34.35; 1. Könige 8:1-11; Ezechiel 43:27-44:4).

 

Auch hier werden die Lesungen aus dem Alten Testament als Vorhersage der Mutter Gottes interpretiert. „Die Herrlichkeit des Herrn“ wird auf die Mutter Christi bezogen und sie „erfüllt“ sie und alle Menschen nach ihr, „die das Wort Gottes hören und es befolgen“ (Lukas 11:27-28).

 

Die Apostellesung in der Göttlichen Liturgie spricht das gleiche Thema an. Das Fest des Einzugs der allheiligen Gottesgebärerin in den Tempel ist also das Fest, das das Ende des Tempelgebäudes in Jerusalem als Wohnstatt Gottes feiert. Als das Kind Maria den Tempel betritt, ist die Zeit des Tempels zu Ende und die „Vorverkündigung der Erlösung der Menschen“ offenbart sich.

 

An diesem Fest feiern wir – in der Person der Mutter Christi – dass auch wir Wohnstatt und Heiligtum des Herrn sein können. „Wir sind doch der Tempel des lebendigen Gottes; denn Gott hat gesprochen: Ich will unter ihnen wohnen und mit ihnen gehen. Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein“. (2. Korinther 6: 16; Leviticus 26: 11; Jeremias 31: 33; Ezechiel 37: 27)

 

Zusammengestellt von Thomas Zmija v. Gojan

 

 

Der Einzug der hochheiligen Gottesgebärerin

 

in den Tempel

 

Gedanken zum Fest am 21. November

 

Den Eintritt der Allheiligen Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria in den Tempel haben die frommen, orthodoxen Menschen aller Jahrhunderte zum Anlass genommen, ein wundervolles und weltweites Fest zu begehen, um die Vorbereitung der Immerjungfrau Maria auf die Menschwerdung Gottes zur Errettung der Welt zu feiern.

 

Das Festgeheimnis dieses großen Feiertages greift die Erzählung aus dem Protoevangelium des heiligen Jakobus auf:  Im Tempel empfangt die Allheilige himmlische Nahrung; denn in Anlehnung an das Wort des HERRN in Johannes 4: 34 ist es ihre Speise, den Willen dessen zu erfahren und zu tun, der sie zur Mutter des Erlösers dem Fleische nach erwählt hat. Ihre Eltern, die heiligen Gottesahnen Joachim und Anna brachten, ihr Gelöbnis erfüllend, das Kind Maria drei Jahre nach ihrer wunderbaren Geburt zum irdischen Heiligtum Gottes und übergaben sie dort den Priestern. Diese nahmen sie auf und führten sie in das Innerste des Tempels. So dienten sie dem Ratschluss Gottes, der wollte, dass allein von der Immerjungfrau Maria der Erlöser und Retter des Alls geboren werde. Bis zur Vollendung ihres zwölften Jahres lebte die Allheilige dort, wo nach den Vorschriften des Alten Bundes nur einmal im Jahr der Hohepriester eintreten durfte. Die ganze Zeit hielt sie sich im Allerheiligsten auf und ein Engel ernährte sie mit himmlischer Speise auf wunderbare Weise. Dort blieb die Immerjungfrau bis zur göttlichen Verkündigung der wunderbaren Botschaft, daß Gott in Seiner Menschenfreundlichkeit Fleisch annehmen wollte, um die durch die Sünden zu Grunde gerichtete Welt zu erretten.

 

Während der Feier der Göttlichen Liturgie wird die Apostellesung aus dem Hebräerbrief über die Bedeutung des Bundeszeltes vorgetragen (Hebräer 9: 1-7), denn die Allheilige Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria wurde durch ihre Empfängnis und Geburt des Erlösers zum lebendigen Tempel, den die Stiftshütte und der Jerusalemer Tempel gleich einer alttestamentlichen Ikone vorabbildeten. Das heilige Evangelium verkündet uns dann von der gastlichen Aufnahme Christi bei den Schwestern Maria und Martha und seiner Zusicherung: „Selig, die das Wort Gottes hören und befolgen“ (Lukas 10: 38-42 & 11: 27 f.). Denn nach der Verkündigung des Erzengels Gabriel sprach die Allheilige: „Sie ich bin die Magd des HERRN. Mir geschehe, wie du gesagt hast!“

 

So verkünden uns die Hymnen und Gesänge davon, wie  die Allheilige Immerjungfrau Maria, um dort zum lebendigen Tempel Gottes heranzureifen. Die schlichte Schilderung des Jakobus-Evangeliums findet seine geistliche Deutung in den  jubelnden Hymnen der orthodoxen Kirche. Gleich Ikonen für unsere Ohren geben sie uns anschaulich und in tiefer Symbolik Kunde vom heiligen Mysterium, wie aus dem einfachen jüdischen Mädchen aus Nazareth die Allheilige Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria wurde, wie die heiligen Joachim und Anna dem Schöpfer sein Geschenk zurückgaben, damit es unter Seiner Führung zum Werkzeug unserer Erlösung geformt werde.

 

Als der heilige Prophet und König Salomo den ersten Tempel errichtet hatte, lies er in ihm kein Gottesbild aufstellen; denn die Herrlichkeit Gottes sollte durch kein Gebilde aus Menschenhand verdunkelt werden. Jetzt nimm die Allheilige Immerjungfrau Maria auf der obersten Stufe am Altar Platz als der Mensch, in dem Gottes schöpfungsgemäßes Abbild durch den Gehorsam gegenüber Gottes Willen unversehrt bewahrt ist.

 

In der täglichen Speisung der Allheiligen Jungfrau durch den heiligen Engel wird die geistliche Erklärung des alttestamentlichen täglichen Mannawunders, die uns der heilige Prophet Mose gegeben hat offenbar: „Gott speiste dich mit Manna, um dir kundzutun, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt, dass der Mensch vielmehr von allem lebt, was aus dem Munde Gottes ergeht" (Deuteronomium 8: 3). Das Wort Gottes als eine geistliche Speise nimmt die Allheilige Immerjungfrau Maria in sich auf, bis sie dadurch herangereift ist, als Seine Magd den Logos, das GÖTTLICHE WORT selbst in sich aufzunehmen.

 

Toparion im 4. Ton: Heute ist der Beginn des Wohlgefallens Gottes und die Vorherverkündigung der Erlösung der Menschen; in dem Tempel Gottes zeigt sich deutlich die Jungfrau, und verkündet im voraus den Christus allen. Zu ihr lasset auch uns mit lauter Stimme rufen: Freue Dich, Du Erfüllung der Heilsordnung des Schöpfers.

 

Kondakion im 4. Ton: Der reinste Tempel des Erlösers, das kostbare Brautgemach, die Jungfrau,  die heilige Schatzkammer der Herrlichkeit Gottes wird heute eingeführt in das Haus des Herrn, und führt mit ein die Gnade im göttlichen Geiste. die Engel besingen sie: Sie selbst ist das himmlische Zelt.

 

Zusammengestellt von Diakon Thomas Zmija v. Gojan

 

 

Aus einer Predigt des Heiligen Johannes von Damaskus über die Allheilige Gottesgebärerin

 

Dich haben der nichtverbrennende Dornbusch vorhergezeichnet, die Gottestafeln klar vorgeformt und die Bundeslade vorherbeschrieben. Dich haben das goldene Mannagefäß, der Leuchter, der Tisch für die Schaubrote und der blühende Stab Aarons im Voraus deutlich abgebildet. Denn aus Dir kommen die Flamme der Gottheit, das Maß und das Wort des Vaters, das wohlschmeckende, himmlische Manna, der unaussprechliche Name, der über alle Namen ist (vgl. Philemon 2: 9), das ewige, unzugängliche Licht, das Brot des Lebens vom Himmel (vgl. Johannes 6: 48), die Frucht, die nicht durch Säen entstand. Aus Dir sind sie leibhaft aufgeblüht.

 

Hat Dich nicht auch der Feuerofen (für die drei babylonischen Jünglinge) angedeutet mit seinem taufrischen und lodernden Feuer, das ein Vorbild ist für das göttliche Feuer, das in Dir Wohnung nahm? Auch das Zelt Abrahams hat Dich im Voraus mit aller Klarheit abgebildet. Denn die menschliche Natur hat dem Göttlichen Wort, das in deinem Schoß zeltete, jenes aus Deinem heiligen Blut bereitete und in heiser Asche gebackene Brot (wie es Abraham seinen Gästen, den drei heiligen Engeln, bereitet hat) als ihre Erstlingsgabe dargebracht.

 

Beinahe wäre mir die Leiter Jakobs entfallen. Ist es denn nicht ganz klar, dass sie Dich vorhergezeichnet hat und als Vorbild für Dich anzusehen ist? Jakob schaute Himmel und Erde durch die Enden der Leiter miteinander verbunden und Engel auf ihr herab- und hinaufsteigen. Er sah auch den wahrhaft Starken und Unbesiegbaren, der mit ihm, um ein Vorabbild zu schaffen, rang. So bist auch Du zur Vermittlerin und zur Leiter geworden, auf der Gott zu uns herabstieg, den Brotteig unserer Schwache (vgl. Römer 11: 16) nahm, ihn mit sich vermengte und vereinigte und den Menschen befähigte, Gott zuschauen in Seinem Geist.

 

Die entgegengesetzten Welten hast du miteinander verbunden. Wer ist die Jungfrau, die Jesaja im Voraus schaute und von der er kündete, sie werde empfangen und einen Sohn gebären, den „Mit-uns-ist-Gott“? Diese Bezeichnung deutet an, dass ER auch nach Seiner Menschwerdung GOTT bleibt.

 

Der heilige Ezechiel soll kommen und das verschlossene Tor zeigen, das der HERR, ohne es zu öffnen, durchschritten hat. Wie er prophetisch vorherverkündet hat, so soll er nun auf die Erfüllung seiner Worte hinweisen. Nur auf Dich wird er zeigen, durch welche Gott, der über Allem ist, hindurch geschritten ist und Fleisch angenommen hat, ohne das Tor der Jungfraulichkeit zu öffnen. Dieses Siegel bleibt wahrhaftig in alle Ewigkeit.“

 

Heiliger Johannes von Damaskus, 1. Predigt auf die Entschlafung Marias

 

 

 

Die heilige Märtyrerin Cäcilia von Rom

 

22. November

 

Diakon Thomas Zmija

 

Die heilige Jungfrau Cäcilia lebte Anfang des 3. Jahrhunderts in Rom. Sie entstammte einem plebejischen Geschlecht, der Gens Caecilia. Besonders gegen Ende der römischen Republik zählte es zu den wichtigsten Familien der Stadt. Die männliche Namensform lautete Caecilius, die weibliche Caecilia. Unter diesem Geschlechternamen (Familiennamen) ist uns die heilige Cäcilia aus ihrer Vita bekannt. Die Heilige war eine kluge und hübsche Frau aus vornehmem Hause, die sich von Kindheit an vom Jungfrauenstand angezogen fühlte. Ihre Eltern jedoch verheirateten sie mit dem vornehmen, heidnischen Jüngling Valerianus. Im Brautgemach offenbarte sie ihrem Bräutigam, dass ein Engel sie in ihrer Reinheit beschütze. Valerianus gestand ihr die jungfräuliche Unberührtheit unter der Bedingung zu, dass auch er den Engel sehen dürfe. Darauf bewegte sie ihn, den greisen römischen Bischof Urban aufzusuchen und sich im christlichen Glauben unterweisen und taufen zu lassen. Denn nur im Stande der Gnade könne er den Engel sehen. Valerianus nahm den christlichen Glauben an und wurde von Bischof Urban getauft. Zu Cäcilia zurückgekehrt, sah auch er den Engel bei ihr. Dieser reichte ihnen Kränze von Lilien und Rosen, die den Raum mit einem himmlischen Duft erfüllten. Als in diesem Augenblick der Bruder des Valerianus, Tiburtius, hinzukam, wunderte er sich über den Rosenduft und so wurde auch er zum christlichen Glauben bekehrt. Da Valerianus und Tiburtius während der Verfolgungen unter dem Soldatenkaiser Severus Alexander verbotenerweise hingerichtete Christen beerdigten, wurden sie ins Gefängnis geworfen. Für die Bewachung der beiden vornehmen Römer war der aus dem römischen Ritterstand stammende Maximus zuständig. Als es nun Valerianus und Tiburtius gelang, auch diesen zum christlichen Glauben zu bekehren, ließ der römische Stadtpräfekt Almachius zuerst Maximus mit Bleistangen schlagen und danach alle drei enthaupten. Die heilige Cäcilia begrub die drei heiligen Märtyrer zusammen. Der Stadtpräfekt versuchte nun, den Besitz der drei hingerichteten Christen an sich zu bringen und bedrohte deshalb die verwitwete Cäcilia. Diese war sich der Gefahr für Ihr Leben durchaus bewusst. Deshalb überzeugte die Heilige die Sklaven und Clienten ihres Haushaltes, ebenfalls den christlichen Glauben anzunehmen. Daraufhin taufte Bischof Urban zusammen mit 400 anderen Katechumenen auch das gesamte Hauspersonal und die Schutzbefohlenen der Gens Caeciliae. Bald darauf ließ Almachus sie verhaften und nach einem heftigen Streit ließ er die Heilige in ein kochend heißes Bad einschließen. Als die heilige Cäcilia dies aber überlebte, versuchte der Henker, sie drei Mal mit Schwert zu enthaupten. Dies misslang jedoch und die schwer Verwundete überlebte diesen Hinrichtungsversuch noch um drei Tage. Als die Heilige ihr Ende nahen fühlte, vermachte sie ihren gesamten Besitz den Armen und bekehrte noch weitere Menschen, die sie auf ihrem Krankenlager besuchten, zum christlichen Glauben. Als die Heilige nach dreitägigem Leiden schließlich verstarb, wurde sie gekrümmt, wie sie bis zuletzt gelegen hatte, in ein golddurchwirktes Gewand gekleidet und in einen Sarg aus Zypressenholz gelegt. Bischof Urban bestattete sie in der Callistus-Katakombe neben den Bischöfen von Rom und weihte ihr Haus zur Kirche. Nach der Überlieferung wurden die Reliquien der heiligen Cäcilia im Jahre 1599 so vorgefunden, wie die Vita Lage und Bekleidung der Heiligen beim Begräbnis geschildert hatte. Das Fest der heiligen Märtyrerin wird in der orthodoxen und katholischen Kirche am 22. November begangen. Auch die armenische Kirche gedenkt dieser großen Heiligen am 27. November.

 

 

Die heiligen Großmärtyrer Merkurios und Kateherina

 

24. November

 

Von fürstlicher Geburt, lebte die hl. Katharina in Alexandria und zeichnete sich durch ungewöhnliche Schönheit, Weisheit und Gelehrsamkeit aus. Auch auf dem Gebiet der Heilkunde war sie erfahren. Von einem Einsiedler zum Christentum bekehrt, wurde sie einer wunderbaren Erscheinung gewürdigt, in welcher Christus sie Seine Braut nannte und ihr einen Ring gab.

 

Als der römische Kaiser Maxentius während eines Militärzugs in der Stadt auch von den Christen heidnische Opfer verlangte, intervenierte sie und fragte, warum der Kaiser nicht seinem Aberglauben abschwöre und sich zu Christus bekenne. Der Kaiser verlangte auch von ihr das Götzenopfer. Katharina weigerte sich und bestand darauf, ihr Recht und ihre besseren Argumente in einer Diskussion zu beweisen. Der Kaiser lud die 50 besten Philosophen ein, die aber allesamt gegen die kluge Argumentationen Katharinas die Waffen strecken mussten. Auch die Frau des Kaisers, Augusta, ließen sich selbst taufen.

 

Der Kaiser führte nun die hl. Katherina in Versuchung, bot ihr Geschenke und sogar die Ehe mit ihm selbst an. Da sie sich weigerte, ließ der Kaiser sie mit bleikugelbesetzten Geißeln auspeitschen und ins Gefängnis werfen. Schließlich sollte Katharina gerädert und gevierteilt werden, doch die Räder brachen und töteten stattdessen die Folterer. Das Martyrium der hl. Katharina sehend, bekehrte sich die hl. Augusta, die Frau des Maxentius, sowie der Heerführer Porphyrius und 200 Krieger zum Christentum. Als seine eigene Frau ein Bekenntnis zur Macht des Christengottes ablegte, ließ der Kaiser K seine ganz von ihr bekehrte Garde enthaupten. Wenig später ließ er dann die hl. Katharina selbst enthaupten. Das Martyrium der hl. Kateherina geschah im Jahre 306 in Alexandria.

 

Die Christen aber übertrugen ihre hl. Reliquien zum Berg Sinai, wo später das Katherinenkloster entstand.

 

Der hl. Großmärtyrer Merkurius war Heerführer unter den Kaisern Decius (249-251) und Valerianus (253-259). Seine Eltern wurden Christen, auch er wurde getauft und erhielt den Namen Merkurius. Als Sohn eines römischen Beamten, aus Cäsarea in Kappadokien, wurde der hl. Merkurius im Alter von 17 Jahren Soldat. Die kirchliche Überlieferung berichtet, dass ihm ein Engel erschienen sei, um ihn zu stärken. Im Kampf gegen die Barbaren zeichnete er sich aus und erregte die Aufmerksamkeit von Kaiser Decius. Dennoch weigerte er sich, den Götzen zu opfern. Ungeachtet der drohenden Verfolgung legte er vor dem Kaiser alle seine Auszeichnungen ab, wurde gefoltert und getötet.

 

Der hl. Großmärtyrer Merkurius erlitt das Martyrium im 3. Jahrhundert in Cäsarea in Kappadokien.

 

Troparion im 4. Ton: Mit Tugenden, gleich Sonnenstrahlen, hast du die ungläubigen Weisen erleuchtet. Wie ein heller Mond für die Wanderer in der Nacht, hast du die Finsternis des Unglaubens vertrieben. Die Königin hast du überzeugt, aber auch die Quäler des Irrtums überführt, gotterkorene Braut, selige Katharina! Deine liebende Sehnsucht führte dich zum himmlischen Palast, zu Christus, dem schönsten Bräutigam. Von ihm wurdest du mit königlicher Krone gekrönt. Vor ihm stehst du nun mit den Engeln, bitte für uns, die wir dein Gedächtnis feiern.

 

Troparion im 4. Ton: Du, o Märtyrer Merkurius, wie ein unbesiegbarer Krieger, kämpftest den guten Kampf. Um Christi willen littest du und gelangtest zum unsterblichen König. Zusammen mit den Scharen der Märtyrer stehst du vor ihm in großer Gunst. Hilf durch deine Fürbitte allen, die dein Gedächtnis gläubig feiern.

 

 

Der heilige Märtyrer Clemens,

Erzbischof und Papst von Rom

 

24. November

 

Diakon Thomas Zmija

 

Der heilige Clemens von Rom, war einer der apostolischen Väter. Sein lateinischer Name bedeutet der Sanftmütige. In der Liste der Bischöfe von Rom wird er vom heiligen Irenäus von Lyon als dritter oder vierter genannt: Simon Petrus, Linus, (Anaklet), Klemens. Seine Amtszeit als Bischof in Rom wird in etwa auf die Zeit von 88-97 n. Chr. datiert. Unter Clemens, der noch mit dem heiligen Aposteln Petrus und Paulus zusammengearbeitet hat, bekehren sich führende Angehörige des römischen Adels und des Kaiserhauses zum Christentum. Vermutlich war der heilige Clemens ein hellenistischer Jude mit guter Kenntnis der Heiligen Schriften und einer profundern, philosophischer Bildung. Die römische Kirche San Clemente in Rom steht über den Fundamenten seines Wohnhauses.

 

Der Heilige starb als Märtyrer auf der Krim und wurde mit einem Anker um den Hals im Schwarze Meer versenkt. Später wurden seine Reliquien wieder aufgefunden. Als der heilige apostelgleiche Großfürst Vladimir im Jahre 988 im Baptisterium der Kathedralkirche von Cherson die Taufe erhalten hatte und dort auch die Ehe mit der purpurgeborenen oströmischen Prinzessin Anna geschlossen hatte, berichten uns altrussischen Quellen, dass der Großfürst "…Priester von Cherson mit den Reliquien des heiligen Clemens und seines Schülers Phöbus nach Kiew mitgenommen…" habe. Nach der Fertigstellung der Zehentkirche (Desjatina) in Kiew wurden neben "allem anderen, was er (der heilige Vladimir) in Korsun-Cherson mitgenommen hatte", auch die Clemensreliquien an diese Kirche gegeben. Spätestens seit dem Jahr l048 lässt sich das Haupt des heiligen Clemens in Kiew nachweisen. Heute ruht es in der Lawra des Kiewer Höhlenklosters.

 

Der heilige Clemens erlangte durch einen später viel gelesenen Brief, den ersten Klemensbrief, an die Gemeinde in Korinth Bekanntheit. Auch wenn dieser Brief an die Korinther nicht in das Neue Testament aufgenommen worden ist, gehört er jedoch zu den bedeutendsten Schriften der alten Kirche. Der lange Brief besteht aus 65 Kapiteln. Darin beschreibt er die Situation der römischen Gemeinde am Ende des ersten Jahrhunderts, die, obwohl sie Verfolgung erlitt, fest in Glaube und Liebe zusammenhielt. Clemens erinnert daran, dass den einzelnen Gliedern des Leibes Christi gemäß der empfangenen Berufung verschiedene Dienste und Aufgaben zukommen. Die Unterscheidung der hierarchischen Ämter (des Priestertums) von den Diensten der Gläubigen (der Laien als dem Volkes Gottes) stellt dabei kein Problem dar. Abgefasst wurde der Brief kurz nach der Verfolgung durch Kaiser Domitian (95-96). Anlass zur Abfassung des Briefes waren Wirren in der Gemeinde von Korinth. Der Brief ist ein schönes Beispiel für die apostolische Struktur der Kirchenverfassung in der frühchristlichen Kirche, die in der Orthodoxie bis heute treu bewahrt worden ist.

 

 

Der heilige Märtyrer Clemens,

Erzbischof von Alt-Rom

 

24. November

 

Diakon Thomas Zmija

 

Der heilige Clemens von Rom, war einer der Heiligen Apostolischen Väter. Sein lateinischer Name bedeutet der „Sanftmütige“. In der Liste der Bischöfe von Alt-Rom wird er vom heiligen Irenäus von Lyon als dritter genannt: Simon Petrus, Linus, (Anaklet) und dann folgt Clemens. Seine Amtszeit als Bischof von Alt-Rom wird in etwa auf die Zeit von 88-97 nach Christus datiert. Unter dem heiligen Clemens, der noch mit dem heiligen Aposteln Petrus und Paulus zusammengearbeitet hat, bekehren sich führende Angehörige des römischen Adels und des Kaiserhauses zum Christentum. Vermutlich war der heilige Clemens ein hellenistischer Jude, bewandert in den Heiligen Schriften und einer gründlichen antiken Bildung. Die römische Kirche San Clemente in Rom steht über den Fundamenten seines Wohnhauses.

 

Der heilige Clemens wurde wegen seines Wirkens für den christlichen Glauben auf die heutige Krim verbannt. Dort erlitt er dann das Märtyrium als er mit einem Anker um den Hals im Schwarzen Meer versenkt wurde. Später wurden seine Reliquien wieder aufgefunden. Als der heilige apostelgleiche Großfürst Vladimir im Jahre 988 in der Kathedrale von Chersones die heilige Taufe erhalten hatte, ließ der Großfürst orthodoxe Priester von Chersones mit den Reliquien des heiligen Clemens und denen seines Schülers Phöbus nach Kiew kommen. Nachdem dort die Zehnt-Kirche (Desjatina) vollendet worden war, wurden hier auch die Reliquien des heiligen Märtyrers Clemens aufbewahrt. Das Haupt des heiligen Clemens in Kiew ruht im Kiewer Höhlenklosters.

 

 

Gedächtnis unseres Vaters unter den Heiligen Innokentij des Bischofs von Irkutsk

 

26. November

 

Diakon Thomas Zmija

 

Unser Vater unter den Heiligen Innokentij (Weniaminow) war orthodoxer Bischof von Irkutsk. Wie alle seine Vorgänger auf dem Bischofsstuhl dieser russischen Diözese war auch der heilige Innokentij ein eifriger Missionar für den orthodoxen Glauben unter den Völkern Sibiriens, die zu seiner Diözese gehörten. Als Missionar in Russisch-Amerika, dem späteren Alaska, spielte er nicht nur für die Erforschung der Sprachen und Kulturen des nördlichen Pazifikraums, vor allem hinsichtlich der Ethnographie der Aleuten und der Tlingit, eine wichtige Rolle, sondern verbreitete unter den Aleuten und Tlingit mit Liebe und Sorgfalt den Heiligen Orthodoxen Glauben. Unter anderem hat er die Texte der Heiligen Schrift in die aleutische Sprache übersetzt und war als Missionar auf der Insel Unalaska tätig. Trotz späterer Missionversuche durch protestantischer Sektierer an den Orthodoxen ist der orthodoxe Glaube bis heute das vorherrschende Glaubensbekenntnis bei den Aleuten geblieben. Seine Beschreibungen des Lebens bei den auf den Inseln vor der Küste Alaskas wohnenden Aleuten sind heute wichtige Zeugnisse der inzwischen weitgehend durch den Einfluss der protestantischen und englisch-sprachigen US-Amerikaner zerstörten Kultur des aleutischen Volkes geblieben. Im Jahre 1977 wurde er von der Russischen Orthodoxen Kirche heiliggesprochen. Wegen seines großen  missionarischen Eifers für die beiden "native Nations" der Aleuten und der Tlingit trägt er heute in der orthodoxen Kirche den Ehrennamen "Apostelgleicher für Nordamerika".  Seine Reliquien ruhen heute in der Mariä-Entschlafens-Kathedrale der Sergius-Dreieinheits-Lavra bei Moskau.

 

Der heilige Apostel Andreas der Erstberufene.
Der heilige Apostel Andreas der Erstberufene.

 

Gedächtnis des heiligen und ruhmreichen Apostels Andreas des Erstberufenen

 

30. November

 

Diakon Thomas Zmija

 

Andreas, der glorreiche Apostel Christi, war der Bruder des heiligen Apostels Petrus und stammte aus dem Dorf Bethsaida am Westufer des Sees Genesareth. Im Unterschied zu seinem Bruder, der verheiratet war, hatte er die Jungfräulichkeit vorgezogen und lebte im Hause Simons.

 

Die beiden Brüder übten zusammen den Beruf von Fischern aus und hielten gottesfürchtig alle Vorschriften des Gesetzes ein. Als der heilige Johannes der Vorläufer Judäa und die Jordan-Gegend durchzog und die Menschen zur Umkehr rief, verließ Andreas alles, was ihn an die Welt band und wurde sein Jünger. Nachdem Johannes den Herrn getauft hatte, begab es sich eines Tages, während er mit Andreas und seinem anderen Jünger Johannes dastand und redete, dass Jesus in der Nähe vorbeiging. Da sagte er zu ihnen: Seht das Lamm Gottes! (Johannes 1: 35). Auf dieses Wort des Täufers hin folgten Johannes und Andreas dem Herrn, um mehr über Ihn zu erfahren. Da wandte Er sich um zu ihnen und sagte: „Was sucht ihr?“ Ehrerbietig antworteten sie: „Meister, wo wohnst du?“ „Kommt und seht“, sagte da Christus zu ihnen. Sie folgten Ihm dorthin, wo Er sich aufhielt wie ein Wanderer unterwegs, und befragten Ihn den ganzen Tag. Als sie Ihm folgten, begriffen sie noch nicht, dass Jesus der Sohn Gottes und Erlöser war. Auch hatten sie nicht im Sinn, Seine Jünger zu werden, doch sie fühlten sich auf unaussprechliche Weise zu Ihm hingezogen. Aus dem Gespräch mit Ihm gewann Andreas die Gewissheit, dass Jesus der Messias war, Den sein Volk seit so vielen Generationen erwartete, der Retter der Welt. Er vermochte seine Freude nicht zurückzuhalten eilte sogleich zu seinem Bruder Simon und rief: „Wir haben den Messias gefunden!“ (Johannes 1: 41)

 

„Wir haben den Messias gefunden!“
„Wir haben den Messias gefunden!“

 

Dann führte er ihn zu Jesus. Andreas war der erste, der Christus erkannte, und deshalb erhielt er den ehrenden Beinamen Πρωτόκλητος = "Prōtoklētos" = „der Erstberufene“ (Anmerkung: Nach dem Bericht des Evangelisten Johannes. Nach Markus (1:14) und Matthäus (4:12) erfolgte die Berufung der Jünger einige Zeit später, nach der Verhaftung Johannes’ des Täufers und Vorläufers). Von da an folgte Andreas dem Herrn überallhin. Er zog mit Ihm durch Dörfer, Städte, Berge, Wüsten, sich erlabend an den lebendigen Wassern Seiner Worte. Er war zugegen bei der Speisung der 5000 (Johannes 6: 8), und als später einige Hellenen dem Philippus sagten, sie möchten Jesus sehen, ging dieser zu Andreas, der dem Meister näher stand, und meldete es ihm (Johannes 12: 20). Denn nach Petrus, Jakobus und Johannes, den Zeugen der höchsten Offenbarungen der Göttlichkeit Jesu, folgte in der Tat Andreas in der Rangordnung jener, die gegenüber den übrigen Aposteln nicht eine Autorität, jedoch eine gewisse Priorität hatten. Der Erstberufene wurde Zeuge der furchtgebietenden Geschehnisse, die die erlösende Passion des Herrn begleiteten.  Am Pfingstfest empfing er wie die anderen die Fülle der Gnade des Heiligen Geistes, und wurde durch das Los für die Evangelisierung der Schwarzmeerküste, Bithyniens, Thrakiens, Makedoniens, Thessaliens und Achaias bestimmt. Getreu den Weisungen des Herrn, nahm er weder Geldbeutel noch Tasche oder Stab mit sich (Matthäus 10: 10) und verkündete die Frohe Botschaft von Christus zum Preis unzähliger Drangsale: Entbehrungen aller Art, Krankheiten, Bedrohung durch Räuber, Misshandlungen durch Juden und Heiden.

 

 

Doch wohin er auch ging, war der Heilige Geist mit ihm, sprach durch seinen Mund, wirkte Wunder und gab ihm Geduld und Freude in allen Prüfungen. Diese Macht Gottes, die in ihm wohnte, war es, die die Mengen zum Glauben hinzog. Nachdem er die Menschen mit seiner Verkündigung erleuchtet hatte, taufte er sie und verhalf ihnen so zur Neugeburt von oben. Er ließ Kirchen bauen, organisierte den Gottesdienst, weihte Bischöfe und Priester, um die jungen Gemeinschaften zu leiten.

 

In Sinope befreite er durch sein Gebet den heiligen Apostel Matthias von seinen Ketten, wurde aber seinerseits von den rasenden Heiden ergriffen, geschlagen und getreten. Das Vorbild seines Meisters, des Lammes Gottes, vor Augen, Der gekommen war, die Sünden der Welt hinwegzunehmen, suchte er sich nicht zu wehren oder zu fliehen, sondern ertrug alles mit Langmut. Angesichts seiner Standhaftigkeit, seiner Nachsicht gegen jene, die ihn quälten, und der vielen Wunder, die er wirkte, änderten die Bewohner von Sinope schließlich ihren Sinn, baten den heiligen Apostel um Vergebung und empfingen die heilige Taufe.

 

Später nahm er am Apostelkonzil in Jerusalem teil, das einberufen worden war, um zu entscheiden über die Frage, ob die aus dem Heidentum Bekehrten beschnitten werden und das Gesetz Mose halten müssten (Apostelgeschichte 15: 6 - 29). Nach dem Pas´cha setzte er seine Evangelisierungsreisen fort, wirkte zuerst auf der Krim und dann an den Ufern des Dnjepr. Später kam er dann in die Stadt Byzantion, deren Bewohner er durch seine Predigten erleuchtete. Er baute dort eine Kirche zu Ehren der allheiligen Gottesgebärerin und ließ heiligen Stachys als Bischof zurück.

 

Auschnitt einer Ikone der Synaxis der 70 heiligen Apostel - der heilige Stachys ist in der oberen Reihe in der Mitte abgebildet.
Auschnitt einer Ikone der Synaxis der 70 heiligen Apostel - der heilige Stachys ist in der oberen Reihe in der Mitte abgebildet.

 

Der heilige Stachys (Σταχύς) gehörte zu den Mitgliedern der Christengemeinde in Rom, die vom Apostel Paulus am Ende seines Römerbriefes (Römer 16:9) namentlich gegrüßt werden. Der heilige Apostel Paulus versichert dabei der heiligen Stachys seiner besonderen Zuneigung. Später wurde der Heilige vom heiligen Apostel Andreas zum Bischof von Byzantion und Argyropolis geweiht. Die beiden antiken Orte sind heute Stadtteile von Konstantinopel (Argyropolis = Süleymaniye und Byzantion Eminönü). Stachys folgte damit dem heiligen Andreas dem Erstberufenen als zweiter Bischof auf dem Bischofsthron von Byzantion nach. In den Jahren 38 bis 54 war er dort dann Bischof. Nach der orthodoxen kirchlichen Überlieferung gehörte der heilige Stachys zu den siebzig Jüngern Jesu Christi. Deshalb wird er den heiligen Aposteln von den Siebzig zugezählt. Nach der orthodoxen Tradition starb er eines natürlichen Todes. Sein Festtag ist der 31. Oktober. Als der heilige apostelgleiche Kaiser Konstantin das neue Rom, die Kaiserstadt Konstantinopel, auf dem Gebiet der antiken Polis Byzantion gründete, wurde die Kathedra von Byzantion und Argyropolis mit der der neuen Kaiserstadt vereinigt. Der griechische Name Σταχύς bedeutet Ähre. In der lateinischen Sprache heißt der Heilige Eustachius. 

 

Der heilige Apostel Andreas der Erstberufene reist auf die Krim - moderne Ikone im Stil einer romanischen Buchmalerei.
Der heilige Apostel Andreas der Erstberufene reist auf die Krim - moderne Ikone im Stil einer romanischen Buchmalerei.

 

Über wenige der heiligen Apostel wissen wir so viel wie über den heiligen Apostel Andreas. Er stammte aus Bethsaida in Galiläa, das ist das heutige Mahjar in Syrien (Johannes 1:14), und  wohnte in Kafarnaum (Markus 1:29). Der heilige Apostel Andreas war ein Jünger des heiligen Johannes des Täufers, als er Christus begegnete  (vgl. Johannes 1:35-40). Er war Fischer wie sein Bruder Simon, der spätere Apostel Petrus, als der Herr ihn zu Seinem Apostel berief. Der heilige Andreas war der Erstberufene unter den Zwölfen und führte danach seinen Bruder Simon und seinen Freund Johannes zu Christus. Er wird insgesamt fünfmal namentlich in den heiligen Evangelien bei wichtigen Begebenheiten der Heilsgeschichte erwähnt. So ist der heilige Andreas unter den Zwölfen bei der Feier des göttlichen Abendmahls, bei der Himmelfahrt und am Pfingstfest bei der Ausgießung des Heiligen Geistes Interessant ist, dass er dann immer unter den ersten vier der in den Evangelien genannten heiligen Aposteln ist.

 

Nach dem Pfingstfest verkündete der heilige Apostel Andreas das heilige Evangelium in Kleinasien, in Thrakien (heutiges Rumänien und Bulgarien), auf der Krim, sowie bei dem Reitervolk der Skyten, an den Ufern des Dnjepr bei der heutigen Stadt Kiew und rund um das spätere Novgorod. Schließlich kehrte er nach Griechenland zurück.

 

Entgegen der Annahme moderner westlicher Kirchenhistoriker ist das dortige apostolische Wirken des heiligen Apostels Andreas keine spätere Rekonstruktion, um zuerst der Kirche von Konstantinopel und danach den Kirchen in Rumänien und Russsland ein fiktives apostolisches Fundament zu verleihen,  sondern  gut belegbares Traditionsgut der orthodoxen Kirche. Wir wissen von diesen Dingen aus den Schriften des frühchristlichen Kirchenhistorikers Eusebius, der in seiner Kirchengeschichte den Alexandriner Origenes mit den Worten zitiert, dass der heilige Andreas in "Scythia" gepredigt hat. Die Chronik des heiligen Nestor fügt dem dann noch hinzu, dass er entlang der Küste des Schwarzen Meeres und den Ufern des Flusses Dnjepr bis Kiew gepredigt hat und dass er von dort aus nach Nowgorod und Pskov gelangt ist.

 

Einen den historischen Quellen nicht an die Seite stellbaren Hinweis, was später  mit dem durch den heiligen Apostel Andreas zu den Menschen in der Rus´ gebrachten christlichen Glauben geschah, finden wir im altrussischen Stufenbuch (степенная книга = "Stepennaja kniga"). Dabei handelt es sich um eine Chroniksammlung von altrussischen Fürstenviten, die im Jahre 1563 durch den Moskauer  Metropolit Afanasij abgeschlossen wurde. Das Stufenbuch fasst Material der kirchlichen Lesemenäen und russische Chroniknachrichten aus dem Zeitraum von der heiligen Olga bis zu Zar Iwan IV. zusammen. In diese Sammlung wurde auch die "Erzählung der Fürsten von Vladimir" aufgenommen. Dieses Erzählung berichtet uns, dass der heilige Apostel Andreas an den Ufern des Dnjepr und in der Gegend der späteren Fürstentümer Nowgorod und Pskow das Evangelium Christi verkündte und danach die dortige Bevölkerung getauft hat. Als dann in den späteren Jahrhunderten der christliche Glaube wieder verschwunden war, sandte der heilige Vladimir Gesandte zum rhomäischen Kaiser und Patriarchen nach Konstantinopel, damit erneut christliche Glaubensboten in das Land kommen sollten. So kam das Evangelium und der orthodoxe Glaube ein zweites mal in die Lande der Kiewer Rus.´ Diese Erzählung kann natürlich wegen ihres großen zeitlichen Abstands nicht als historisch auswertbare Quelle für den Verlauf der Missionsreise des heiligen Apostels Andreas in die Lande der Rus´ gewertet werden, wohl aber als Hinweis dafür, dass die Erinnerung an das Wirken des heiligen Andreas im Bewußtsein der dortigen orthodoxen Christen schon immer fest verankert ist.


Nach den Ausssagen frühchristlicher Zeugen, beginnend mit dem heiligen Märtyrer Hippolyt von Rom, predigte der heilige Andreas die Worte des Evangeliums in ganz Thrakien (vgl. Hippolyte; Über die Apostel; Origines im dritten Buch seiner Kommentare über die Genesis und Eusebius von Caesarea in seiner Kirchengeschichte). So verbrachte der heilige Apostel Andreas wohl rund 20 Jahre bei den Daco-Romanen in der heutigen Dobrudscha. Während dieser Zeit bereiste der Heilige, dabei das heilige Evangelium predigend, die Gebiete an der unteren Donau und die Landstriche entlang der Küste des Schwarzen Meeres. Meist aber lebte er in einer Höhle in der Nähe von Constanța. Diese Höhle des heiligen Andreas ist bis heute ein heiliger Ort für die orthodoxen Christen. Später lebten dann in der heutigen Dobrudscha im Süd-Osten Rumänien frühe lateinischsprachige Mönchsväter wie Johannes Cassian, Dionysius und Joannes Maxentius, die uns übereinstimmend das apostolischen Wirken des heiligen Apostels Andreas in Scythia Minor bezeugen.

 

Auch die kirchliche Tradition in Georgien weiß um die apostolische Predigt des heiligen Andreas bei den Skyten. Sie kann sich dabei auf das Zeugnis von Niketas von Paphlagonien stützen, der berichtet, dass der heilige Andreas "den Iberern, Sauromatians, Taurer und Skythen und jeder Region und die Stadt, auf dem Schwarzen Meer, Norden und Süden" predigte. So ist der heilige Apostel Andreas der erste apostolische Glaubensbote der Georgier, dem später das Wirken der heiligen Nino der Apostelgleichen gleichsam als eine "zweiten Taufe" des georgischen Volkes nachfolgte (vgl. die Chronik des georgischen Mönches Ephraim Minorites aus dem Jahre 1103).

 

Nach dem Bericht einer apokryphen Apostelgeschichte aus den zweiten Jahrhundert (den apokryphen sogenannten "Andreasakten", die sowohl von Eusebius, als auch von Epiphanius zur Darstellung ihrer Kirchengeschichten herangezogen wurden) hat der heilige Andreas nach seiner Rückkkehr nach Griechenland das Evangelium zuerst in der Gegend rund um Byzantion und Argyropolis gepredigt und dort dann den heiligen Stachys als seinen bischöflichen Nachfolger eingesetzt. Auch Basil von Seleukia kannte die Missionsreise des heiligen Apostels Andreas in Thrakien, ebenso wie in Scythia und Achaia.

 

Nachdem er den Heiligen Stachys zum Bischof von Byzantion geweiht und ihm die Leitung der dortigen neuen Kirche anvertraut hatte, zog der heilige Andreas weiter nach Achaia. Hier erlitt er in Patras  am 30. November des Jahres 60 das Martyrium an einem schräggestellten Kreuz (Andreaskreuz).

 

Die Gebeine des heiligen Apostels Andreas wurden dann im Jahre 356 in die Apostelkirche nach Konstantinopel übertragen. In Rahmen des vierten Kreuzzugs wurden sie dort von den Lateinern geraubt und im Jahre 1208 nach Amalfi bei Neapel gebracht, wo sie bis heute in der Kathedrale San Andrea aufbewahrt werden. Sein Haupt wurde aus Furcht vor den muslimischen Türken im Jahre 1462 nach Rom gebracht. Papst Paul VI. hat die Kopfreliquie im Jahre 1964 nach Patras  zurückgegeben. Die Kirche von Konstantinopel hat ihr apostolisches Fundament, genau wie die orthodoxen Kirchen in Rumänien, der Ukraine und Russland, im apostolischen Wirken des heiligen Apostel Andreas. Seine Allheiligkeit Bartholomäus Erzbischof des Neuen Roms Konstantinopel und Ökumenischer Patriarch ist heute der 270. bischöfliche Nachfolger des heiligen Apostels Andreas des Erstberufenen.

 

Schließlich kam Andreas nach Patras auf der Peloponnes, wo er in kurzer Zeit eine große Zahl für Christus gewann, darunter auch Maximilla, die Gemahlin des römischen Prokonsuls Egeatos, sowie dessen Bruder Stratokles. Erbost über diese Erfolge des heiligen Apostels, ließ ihn der Prokonsul festnehmen und einsperren, doch Andreas setzte seine Predigten im Kerker fort und weihte Stratokles zum Bischof. Daraufhin verurteilte man ihn zum Tod und kreuzigte ihn mit dem Kopf nach unten. Seine Freunde wollten ihn befreien, doch er verwies es ihnen, erfüllt von heiliger Freude, auf diese Art seinem geliebten Herrn und Meister nachzufolgen bis in den Tod. Dann segnete er die Gläubigen und übergab seine Seele in Gottes Hand.

 

 

Der Prokonsul aber erlitt wenig später einen gewaltsamen Tod. Lange Zeit danach, im Jahre 357, wurden die kostbaren Reliquien des heiligen Apostels Andreas vom heiligen Artemios von Patras nach Konstantinopel gebracht und zusammen mit denen des heiligen Evangelisten Lukas und des heiligen Thaddäus in der neuerbauten Kirche der Heiligen Apostel niedergelegt.

 

500 Jahre später schickte sie Kaiser Basilios I. der Makedonier (867 -886) nach Patras zurück. 1460 schließlich verschenkte sie der Despot von Morea, Thomas Paläologos, an Papst Pius II. Im Jahre 1964 wurde das Haupt des heiligen Andreas der Kirche von Patras zurückerstattet, zur Freude und zum Trost der orthodoxen Gläubigen.

 

Zusammengestellt unter Verwendung von:

Das Synaxarion. Die Leben der Heiligen der Orthodoxen Kirche 

von Thomas Zmija v. Gojan.

 

Das Kreuz an dem der heilige Apostel Andreas das Martyrium erlitt in Patras.
Das Kreuz an dem der heilige Apostel Andreas das Martyrium erlitt in Patras.
Das Reliquar mit dem Haupt des heiligen Apostels Andreas, wie es in der Kathedrale von Patras aufbewahrt wird.
Das Reliquar mit dem Haupt des heiligen Apostels Andreas, wie es in der Kathedrale von Patras aufbewahrt wird.

 

Die Reliquien des heiligen Apostels Andreas des Erstberufenen und ihre Verehrung in Patras, Konstantinopel, Amalfi und Rom

 

Diakon Thomas Zmija

 

Die Nachricht, dass der Apostel Andreas in Patras das Martyrium erlitt hat, ist uns seit der apostolischen Zeit bezeugt. Sein Grab und seine heiligen Reliquien befanden sich seit der Zeit seines Martyriums in dieser Stadt. Als der heilige apostelgleiche Kaiser Konstantin die königliche Macht von Rom an den Bosporus übertrug und seiner Kaiserstadt Konstantinopel den Ehrennamen „Neues Rom“ verlieh, war der heilige Kaiser auch bemüht, seiner neuen Hauptstadt im Gegensatz zum alten Rom der heidnischen Imperatoren ein christliches Antlitz zu geben und sie mit den Reliquien der heiligen Apostel und Märtyrer zu schmücken. Doch der römischen Kirche die Reliquien der heiligen Apostelkoryphäen Petrus  und Paul zu nehmen, war nicht möglich. Und so erbat der heilige Konstantin die Gabe dieses Heiligtums von der Kirche in Patras für seine neue christliche Hauptstadt. Aber erst sein Sohn Kaiser Konstantius konnte im Jahre 357 die Reliquien des heiligen Apostels Andreas nach Konstantinopel überführen. So kam der große geistliche Schatz der Apostelreliquien in die neue Hauptstadt, wo sie in der Zwölf-Apostel-Kirche zusammen mit den Reliquien des heiligen Evangelisten Lukas und des heiligen Apostels Timotheus von den Siebzig, des Bischofs von Ephesus und des geistlichen Schülers und Mitarbeiters des heiligen Apostels Paulus niedergelegt wurden. So wie die Kirche von Rom mit der zweiten Kathedra des heiligen Apostels Petrus und den heiligen Reliquien der Apostelfürsten Petrus und Paulus geschmückt war, so war nun Konstantinopel mit der Kathedra des heiligen Apostels Andreas des Erstberufenen und den Reliquien dieser drei heiligen Apostel geschmückt. Seit der Ankunft der heiligen Apostelreliquien wird das Andreasfest in Konstantinopel bis zum heutigen Tage feierlich begangen.

 

Synaxis der Heiligen Apostel Andreas und Petrus.
Synaxis der Heiligen Apostel Andreas und Petrus.

 

Jedoch war nicht der gesamte Leib des heiligen Apostels Andreas nach Konstantinopel übertragen worden, sondern ein Teil der heiligen Reliquien verblieb weiterhin in Patras. Denn bis zum heutigen Tag ist es in der orthodoxen Kirche althergebrachte Tradition den heiligen Schatz der Reliquie nicht ganz wegzugeben, ihn aber mit anderen rechtgläubigen Kirchen zu teilen. Deshalb kommen heutzutage auch Teile hochverehrter Reliquien nach Deutschland, so zu Beispiel in die russische Sankt-Nikolaus-Kirche In Stuttgart oder in die russische Kathedralkirche in München.

 

In Konstantinopel wurden die Apostelreliquien in der Zwölf-Apostel-Kirche aufbewahrt und wurden dort vom orthodoxen Volk verehrt, denn auf dem Rückweg von einer Missionsreise zu den Skythen predigte der heilige Apostel Andreas das Evangelium auch am westlichen Ufer des Schwarzen Meeres. So kam der heilige Apostel auch in das Land an der Donaumündung, die heutige Dobrudscha. Dieses Gebiet gehörte damals noch zum Römerreich und die dortigen Menschen sprachen ein Provinzdialekt der römisch-lateinischen Sprache, aus der sich später die heutige rumänische Sprache entwickelt hat. So predigte der Apostel die christliche Botschaft auch in der dortigen Stadt Tomis, dem heutigen Constanţa. Dort gründete er eine Gemeinde und setzte auch den ersten Bischof ein. Aufgrund der kirchlichen Überlieferungen von der Predigt des heiligen Apostels Andreas an den Ufern des Dnjepr und der ersten von ihm vorgenommenen Bischofsweihen in Tomis und Byzantion verehrt nicht nur die Kirche von Konstantinopel, sondern auch die rumänische und russische Kirche den heiligen Apostel Andreas als ihren besonderen Schutzheiligen.

 

Moderne rumänische Mosaik-Ikone: Der heilige Apostel Andreas predigt das Evangelium den Romano-Dakern.
Moderne rumänische Mosaik-Ikone: Der heilige Apostel Andreas predigt das Evangelium den Romano-Dakern.

 

Der christliche Glaube bei den Rumänen und die Entstehung der Kirche in Rumänien hat ihren Ursprung in der missionarischen Tätigkeit des Heiligen Apostel Andreas. Denn der heilige Apostel Andreas verkündete die Worte des heiligen Evangeliums in der damals noch römischen Provinz Scythia Minor, zwischen dem Schwarzen Meer und der Donau, dem Südosten des heutigen Rumäniens.

 

Als der heilige Andreas wieder griechisches Sprachgebiet erreichte predigte er das heilige Evangelium in Byzantion und Argyropolis an den Ufern der Marmara-Meeres. Dort gründete er christliche Gemeinden und setze den heiligen Stachys, einen geistlichen Schüler des heiligen Apostels Paulus  zum ersten Bischof in der damals noch unbedeutenden Stadtgemeinden Byzantion und Argyropolis ein.

 

So wurden gerade die Reliquien des heiligen Apostels Andreas, als dem apostolischen ersten Inhaber der Kathedra von Konstantinopel in besonderer Weise verehrt.

 

Als dann die römischen Päpste versuchten, sich über die konziliare Synaxis der übrigen orthodoxen Bischöfe und Patriarchen zu erheben und ihren Anspruch als "Bischof aller Bischöfe" in der christlichen Kirche - den sogenannten Primat der römischen Kirche - durchzusetzen, da erinnerte sich das orthodoxe Volk in Konstantinopel mit besonderer Freude daran, dass gerade der heilige Andreas unter den übrigen Aposteln der Erstberufene gewesen ist und dass gerade er es gewesen war, der seinen Bruder Simon Petrus zu Christus geführt hatte, wie es uns das Johannesevangelium klar bezeugt. Weil es in der östlichen Christenheit viele Bischofssitze gibt, die sich alle ihrer direkten apostolischen Gründung bewusst sind, konnte sich der Jurisdiktionsanspruch der römischen Päpste in der Orthodoxie bis auf wenige uniatische Splittergruppen niemals durchsetzen.

 

Heilige-Andreas-Reliquie in Karyes auf dem Heiligen Berg Athos: Hier wird ein Stück der Schädeldecke des heiligen Apostels Andreas aufbewahrt.
Heilige-Andreas-Reliquie in Karyes auf dem Heiligen Berg Athos: Hier wird ein Stück der Schädeldecke des heiligen Apostels Andreas aufbewahrt.

 

Als im Jahre 1204 beim vierten Kreuzzug, die fränkisch-lateinischen Kreuzritter Konstantinopel eroberten und mit unvorstellbarer Grausamkeit und Barbarei plünderten, wurden viele christliche Heiligtümer und Reliquien in die Länder der abendländischen Christenheit gebracht. Nur noch ein einziges Mal sollte über die Stadt ein ähnliches Unglück hereinbrechen, als im Jahre 1453 die muslimischen osmanischen Türken Konstantinopel eroberten und so gut wie alle christlichen Heiligtümer zerstörten. So ist das Handeln der Kreuzfahrer, das bis heute bei den orthodoxen Völkern ein schweres Trauma darstellt, zugleich auch ein, zwar mit schwerem unchristlichen Unheil verbundener Glücksfall: Denn dadurch, dass sie viele in der Kaiserstadt verehrte Reliquien und Heiligtümer in ihre Heimatländer schafften, wurden sie so auch vor der Vernichtung durch die Muslime bewahrt. Heute, wo nicht mehr gewalttätiger Konflikt, sondern die ersthafte Suche nach zwischenkirchlichem Verständnis und der Rückgewinnung der christlichen Einheit das Verhältnis der orthodoxen und katholischen Christen prägt, können diese verschleppten Reliquien und Heiligtümer geradezu zu einer Brücke des geistlichen Miteinanders werden, wie die schon seit vielen Jahren praktizierte Kreuzverehrung der orthodoxen Christen im Limburger Dom anschaulich macht.

 

Kardinal Petrus von Capua welcher, aus einer amalfitanischen Kaufmannsfamilie stammend, zur Vorbereitung des 4. Kreuzzugs als päpstlicher Legaten nach Frankreich entsandt worden war und in der Folge dann zu einem der beiden geistlichen Betreuer des Kreuzzugsunternehmens wurde, konnte im Jahre 1208 die Andreas-Reliquien in Konstantinopel von den übrigen lateinischen Eroberern erwerben und in seine Heimatstadt Amalfi bringen.

 

Zwischen der Handelsrepublik Amalfi und dem oströmischen Reich hatte es Jahrhunderte lang politische, wirtschaftliche aber auch religiöse Kontakte gegeben. So konnten bald nach der Gründung der ersten Klöster auf dem Athos Benediktiner aus Amalfi auf den heiligen Berg übersiedeln und dort das einzige Lateinerkloster gründen. Durch den Erwerb und die Übertragung der Konstantinopolitaner Andreasreliquien begannen Pilger aus der gesamten christlichen Welt nach Amalfi zu kommen. Noch heute werden die heiligen Reliquien von vielen Pilgern in der Kathedrale der Stadt verehrt. Doch sein Haupt kann dort nicht verehrt werden, da es nicht nach Konstantinopel gebracht worden war, sondern in der Stadt Patras verblieben ist. 

 

Moderne Mosaik-Ikone des heiligen Apostels Andreas über den dem Eingangstor zur Kathedrale in Amalfi.
Moderne Mosaik-Ikone des heiligen Apostels Andreas über den dem Eingangstor zur Kathedrale in Amalfi.
Katholisches Reliquar in Form einer Statue für Reliquien des heiligen Andreas in der Kathedrale von Amalfi.
Katholisches Reliquar in Form einer Statue für Reliquien des heiligen Andreas in der Kathedrale von Amalfi.
Unter diesem Altar in der Kathedrale von Amalfi wird heute der Großteil der Reliquien des heiligen Apostels Andreas aufbewahrt.
Unter diesem Altar in der Kathedrale von Amalfi wird heute der Großteil der Reliquien des heiligen Apostels Andreas aufbewahrt.
Die Confessio unter dem Altar ist der Ort, an den heute die Reliquien des heiligen Apostels Andreas in Amalfi aufbewahrt werden.
Die Confessio unter dem Altar ist der Ort, an den heute die Reliquien des heiligen Apostels Andreas in Amalfi aufbewahrt werden.

 

Im Mittelalter war Amalfi, heute eine kleine apulische Stadt mit nur 5.000 Einwohnern eine wichtige Seemacht im Mittelmeerraum. Seit im Jahre 1208 die Reliquien des heiligen Apostel Andreas von Konstantinopel nach Amalfi gebracht wurden, feiern die Amalfitaner jedes Jahr am 27. Juni ein großes Fest zu Ehren des Heiligen. Dafür sorgte ein unchristlicher Diebstahl, denn im Verlauf des verhängnisvollen vierten Kreuzzug, dem 1203/04 das christliche Metropole Konstantinopel zum Opfer fiel, brachte der römische Kardinal Petrus von Capua die Gebeine des heiligen Andreas als Beute mit. So ruhen jener Teil der Reliquien des heiligen Apostels Andreas, die einst von Patras in die Apostelkirche von Konstantinopel übertragen wurden, seit dem Jahre 1208 im Dom von Amalfi. Die Baugeschichte der Kathedrale von Amalfi reicht bis in das Jahr 840 zurück. Im zehnten Jahrhundert um das Gotteshaus dann um vier weitere Kirchenschiffe erweitert.  Seit dem Jahre 1253 sind die Andreasreliquien in der Confessio unter dem Altar in der Krypta der Kathedrale niedergelegt. Bis heute ereignet sich alljährlich am 29. November ein Wunder, denn an diesem Tag spenden die Reliquien des heiligen Apostels Andreas wundertätiges Myra, dass von den gläubigen Christen Apuliens als "Manna des heiligen Andreas" bezeichnet wird. Die katholische Kirche, vor allem, die Gläubigen in Apulien gedenken heute der Übertragung der Reliquien nach Amalfi am 09. Mai, des alljährlichen Myronwunders am 29. November, dem Vorfest des Gedenkens an den heiligen Apostel Andreas den Erstberufenen am 30. November. Von herausragender Bedeutung für die katholischen Gläubigen in Amalfi ist aber ihr Andreasfest am 27. Juni. Denn an diesem Tag im Jahre 1544 war es nämlich die Fürsprache und Hilfe der heiligen Apostel Andreas und Matthäus, die das schutzlose Amalfi  vor der Plünderung durch den muslimischen Korsaren und Seeräuber Kairud-Din (auf Italienisch wird dieser muslimische Seeräuber Ariadeno Barbarossa genannt) rettete. Dieser ehemals christliche Renegat, der von Algier aus die christliche Seefahrt und die Küstenorte in Italien, Südfrankreich und Spanien bedrohte, versuchte damals sich der Stadt Amalfi mit einer Flotte zu bemächtigen. Genau wie das wunderbare Eingreifen des heiligen Spyridon in Kerkyria (Korfu) gegen eine osmanische Flotte, so bewahrten auch die heiligen Apostel Andreas und Matthäus Amalfi von der islamischen Bedrohung. Bis heute gedenkt die Bevölkerung von Amalfi ihrer wunderbaren Rettung durch die heiligen Apostel. An diesem Festtag werden Teile der Reliquien des heiligen Apostels Andreas in einem Reliquienschrein in Form einer Büste durch die Straßen der Stadt getragen, um damit alljährlich den Segen des Heiligen Apostels Andreas zu erbitten.

 

Als im Jahre 1453 Konstantinopel den muslimischen Türken erlag und der letzte Kaiser Konstantin XII. Palaiologos bei der erfolglosen Verteidigung der Stadt gefallen war, konnte der Bruder des Kaisers, Thomas Palaiologos, im nördlichen Peloponnes für einige Jahre noch einen von der muslimisch-türkischer Herrschaft freien Reststaat, das Despotat von Morea, behaupten.

 

Die Stadt Patras mit der Reliquie vom Haupt des heiligen Andreas gehörte zu seinem christlichen Kleinstaat. Doch Thomas Palaiologos vermochte dem türkischen Druck nicht lange standzuhalten. Bereits im Jahre 1460 musste er nach Italien fliehen. Bevor er aber nach Italien aufbrach nahm er aus der Hauptkirche von Patras, deren fürstlicher Protektor er gewesen war, die kostbare Kopfreliquie des heiligen Apostels Andreas mit. Der flüchtenden Despot Thomas Palaiologos lies nun dem Papst Pius II. mitteilen, dass er gegen die Zusage einer angemessenen finanziellen Unterstützung bereit sei, die Andreasreliquie nach Rom zu bringen. Der Papst ging auf dieses Angebot des byzantinischen Ex-Fürsten ein.  Am 12. April 1462 wurde nach längeren Verhandlungen und Zwischenaufenthalten die heilige Andreasreliquie an der Milvischen Brücke von Thomas Palaiologes an Papst Pius II. übergeben. Die Reliquie des kostbaren Hauptes des heiligen Apostels Andreas des Erstberufenen wurde tags darauf in der römischen Petersbasilika nahe der Confessio mit dem Grab des heiligen Apostels Petrus niedergelegt.

 

Blick auf die "Confessio" in der Nähe des Petrus-Grabesasilika Sankt Peter in Rom.
Blick auf die "Confessio" in der Nähe des Petrus-Grabesasilika Sankt Peter in Rom.

 

Die Übertragung der Haupt-Reliquie des heiligen Apostels Andreas nach Rom intensivierte dort die Verehrung des Apostels. Aber schon seit Jahrhunderten besaß Rom verschiedene dem heiligen Apostel Andreas geweihte Kirchen. Im Heiligengedächtnis der römischen Messfeier wird der heilige Apostel Andreas neben den heiligen Aposteln Petrus und Paulus namentlich genannt. Denn schon im frühen Mittelalter war eine Andreasreliquie aus Konstantinopel nach Rom gebracht worden: Der heilige Gregor Dialogos, der vor seiner Erhebung zum Papst Apokrisiar des römischen Bischofs in Konstantinopel gewesen war, hatte diese Reliquie aus Konstantinopel mitgebracht und sie in der Kirche des von ihm gegründeten älteste Benediktinerkloster Roms im Stammsitz seiner Familie auf dem Monte Celio niedergelegt. Dieses Gotteshaus wurde dem heiligen Apostel Andreas geweiht. Als man nach der Übertragung der Andreasreliquie im 15. Jahrhundert die Petersbasilika neu erbaute, wurden in die vier Pfeiler, die die größte Kirchenkuppel in Rom tragen, je eine Reliquienkammer eingefügt. Hier werden die größten Heiligtümer, die die römische Kirche neben den Reliquien der heiligen Apostel Petrus und Paulus besitzt, aufbewahrt:das Haupt des heiligen Apostels Andreas, eine Reliquie vom Kreuz Christi, das Schweißtuch der heiligen Veronika und die heilige Lanze, mit der heilige Longin dem Herrn am Kreuz die Herzwunde zugefügt hatte.

 

Der heilige Gregor Dialogos, Erzbischof und Papst von Alt-Rom - von diesem Heiligen stammen die priesterlichen Gebete in der Liturgie der vorgeweihten Gaben.
Der heilige Gregor Dialogos, Erzbischof und Papst von Alt-Rom - von diesem Heiligen stammen die priesterlichen Gebete in der Liturgie der vorgeweihten Gaben.

 

Rund 500 Jahre vergingen dann, bis im Januar 1963 durch einen Zeitungsartikel des Vikarbischofs der Metropolie von Patras die Frage angeschnitten, ob die Reliquie des heiligen Andreas aus ihrem Exil in Rom nach Patras zurückkehren könne. Die orthodoxe Kirche in Griechenland schöpfte zu dieser Zeit den Mut dieses Thema anzusprechen, weil sich in der katholischen Kirche in der Vorbereitungszeit auf das Zweite Vatikanische  Konzil und insbesondere während seiner ersten Sitzungsperiode, die im Dezember 1962 zu Ende gegangen war, ein ökumenischer Neubeginn im Verhältnis zwischen den orthodoxen Kirchen und der katholischen Kirche abzeichnete. Auch die Panorthodoxen Konferenzen auf Rhodos hofften nun auf eine schrittweise Heilung des schon über 1000 Jahre andauernden Schismas des römischen Patriarchates von der Gemeinschaft der orthodoxen Kirche. Griechische kirchliche Zeitschriften griffen den Vorschlag des Bischofs auf und hoben die besondere Bedeutung eines solchen Symbols für die fortschreitende Verständigung zwischen den orthodoxen und katholischen Christen hervor. Die auf einer leidvollen Erfahrung basierende Einstellung des orthodoxen griechischen Volkes zur katholischen Kirche würde dadurch sicher einen Wandel zum Guten erfahren. Ein Bericht hierüber erreichte Kardinal Bea, der noch im März Papst Johannes XXIII. davon unterrichtete. Nach dem Tod dieses Papstes und nach der Wahl von Paul VI. gab es dann einen Briefwechsel zwischen dem Bürgermeister von Patras und Kardinal Bea. Daraufhin trug Kardinal Bea das Anliegen dem neuen Papst vor. Ehe Papst Paul VI. eine Pilgerreise nach Jerusalem antrat, um dort dem Ökumenischen Patriarchen Athenagoras zu begegnen, veröffentlichte die griechische Presse einen offenen Brief an den Papst, in dem in vornehmer und respektvoller Weise der Wunsch der orthodoxen Gläubigen und der Kirche von Patras auf Rückgabe der Reliquie zum Ausdruck kam. 

 

Blick in das innere der orthodoxen Kathedrale zu Ehren des heiligen Apostels Andreas des Erstberufenen in Patras.
Blick in das innere der orthodoxen Kathedrale zu Ehren des heiligen Apostels Andreas des Erstberufenen in Patras.

 

Die päpstliche Pilgerreise nach Jerusalem vom Januar 1964 fand weltweite Aufmerksamkeit, weil sie deutlich machte, dass die Beziehungen zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche anders werden könnten, wenn sie von gegenseitigem Verständnis, Respekt vor der apostolischen Tradition und den altkirchlichen Überlieferungen, Treue zur Fülle des Glaubens und vor allem brüderlicher Liebe und dem hieraus entspringenden Verlangen nach wirklicher Einheit und rechtgläubiger Einmütigkeit getragen werden.

 

Der schon seit längerer Zeit bestehende Briefverkehr zwischen der Kirche in Rom und der Kirche in Patras ging nach der Pilgerfahrt weiter. Unter anderem schickte der Metropolit von Patras Bilder der neuen, sich noch im Bau befindlichen  Andreaskathedral in seiner Stadt nach Rom, in der Hoffnung, die heilige Reliquie für die große neue Kirche zu erhalten. Eine Papstaudienz für Kardinal Bea im März, eine Kontaktnahme mit dem Ökumenischen Patriarch Athenagoras, der große Hoffnungen auf die geplante Rückgabe der Reliquie setzte, als er von der Absichten des Papstes unterrichtet wurde, und schließlich offizielle Unterhandlungen zwischen der katholischen Kirche und den kirchlichen und staatlichen Instanzen in Griechenland gaben dann im Mai 1964 den Weg dafür frei, dass Metropolit Konstantin von Patras in einem offiziellen Schreiben an den Papst vom 3. Juni 1964 die Rückgabe der Reliquie erbat.

 

Am 23. September 1964 trug dann während der dritten Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils Papst Paul VI. selber die Reliquie des heiligen Andreas in die Petersbasilika Sie befand sich in jenem Reliquiar, in dem sie Thomas Palaiologos einstmals nach Rom gebracht hatte. Der Papst hatte für das Heiligtum aus diesem Anlass eine kostbare Basis aus Lapislazuli anfertigen lassen. Der Kardinal-Erzpriester von Sankt Peter feierte die heilige Mess vor der Reliquie, die dann von den versammelten katholischen Bischöfen verehrt wurde.

 

Noch am selben Tag brachte man die kostbare Reliquie in die große, dem heiligen Apostel Andreas gewidmete, Kirche S. Andrea della Valle, wo sie vom römischen Volk verehrt werden konnte. Am 25. September traf dann eine orthodoxe Delegation aus Patras ein, um das Haupt des heiligen Apostels Andreas nach Hause zu geleiten.  Am 26. September, nach einem feierlichen Gottesdienst, brachen die katholische Delegation mit Kardinal Bea an der Spitze und die tags zuvor aus Patras eingetroffene orthodoxe Delegation gemeinsam mit Flugzeug nach Patras auf, um die heilige Reliquie dorthin zurück zu bringen.

 

Die Gefühle der Orthodoxen über die Rückgabe des lang vermissten Heiligtums fanden eine sprechenden Ausdruck in der Tatsache, dass über 30 000 Pilger aus allen Teilen Griechenlands nach Patras kamen, um die heilige Reliquie zu verehren. Eine griechische Zeitung, die in der Stadt Patras herausgegeben wird, sagte zu dem Ereignis: „... Die Übertragung des Hauptes des heiligen Andreas ist ein Ereignis ... wie es die christliche Welt nicht gesehen hat, seitdem Heraklios das Kreuz Christi zurückbrachte ... Ich glaube, es gab kein freudenreicheres Ereignis für die Orthodoxie als jenes, das durch die Glocken von San Pietro und San Andrea della Valle angekündigt wurde…Das ist eine geschichtliche Etappe ... Das ist auch eine geistliche Etappe. Damit möchten wir sagen, dass es sich um eine Wandlung in der geistlichen Haltung der Menschen handelt ...“

 

Prozession mit den Reliquien am Andreasfest (27. Juni) in Amalfi.
Prozession mit den Reliquien am Andreasfest (27. Juni) in Amalfi.

 

Das Myron-Wunder

des heiligen Apostels Andreas in Amalfi

 

Diakon Thomas Zmija

 

Die wunderbare Flüssigkeit, die seit über 1900 Jahren aus den Gebeinen des heiligen Apostels Andreas hervorquillt, wird von den Amalfitanern das „Manna des heiligen Andreas“ (Manna sant'andrea) genannt. Es handelt sich dabei um heiliges Myron-Öl, das die Reliquien des Heiligen Apostels seit dem 29. November 1304 spenden. Dieses Myron ist eine etwas klebrige, bernsteinfarbige, ölige Flüssigkeit, die unter dem Grab des heiligen Apostels Andreas in einer Kristallampulle aufgefangen wird. Die heiligen Reliquien spenden das Myron nicht dauerhaft, sondern zu unterschiedlichen Zeiten. Manchmal fließt es reichlich, manchmal nicht. In der Regel spenden die Andreas-Reliquien das Manna am 29. November, am Vorfest des Heiligen. Das „Manna des heiligen Andreas“ ist für die gläubigen Katholiken, die die meisten Amalfitaner bis heute sind, ein geistliches Zeichen, „das sie auffordern, Gott zu loben oder Sein Erbarmen anzurufen.“ Das die Reliquien des heiligen Apostel Andreas Myron spenden ist eine religiöse Realität, die weit über die Zeit der Niederlegung der heiligen Reliquien in Amalfi hinausreicht.

 

Schon der Heilige Gregor von Tours (gestorben 549) berichtet uns, dass die Reliquien des heiligen Andreas in seinem Grab in Patras Myron spendeten. Im Jahre 357 wurden der größte Teil der Reliquien des heiligen Apostels Andreas von Patras nach Konstantinopel übertragen. Das römischen Martyrologium verzeichnet den 09. Mai den Gedenktag dieser Übertragung und vermerkt ausdrücklich, dass die ganze christliche Welt Kenntnis von der heilkräftigen Flüssigkeit hat, die in Konstantinopel von den Reliquien des heiligen Apostel Andreas hervorquillt.

 

Noch heute wird das „Manna des Heiligen Andreas“ in Amalfi nach der Feier der heiligen Messe und unter der Andacht und dem Gebet der Anwesenden dem Apostelgrab entnommen. Die geschieht mehrmals im Jahr (jeweils am: 01.November, 21.November, 29.November, 07.Dezember, 28.Januar und dem 26.Juni) Wenn es reichlich vorhanden ist, wird es am Altar aufbewahrt, um es den Kranken zu geben. Wenn es in Form von Tau vorhanden ist, wird es mit Watte abgetupft, die dann den Gläubigen gegeben wird. Im allgemeinen sammelt sich das „Manna des Heiligen Andreas“ in der Kristallampulle, die sich unter dem verehrten Grab des Apostels befindet.