Die Feier der lichten Auferstehung des Herrn
Heute findet in den orthodoxen Kirchen zur Feier der Auferstehung des HERRN in der Osternacht zuerst das Mitternachtsgebet (griechisch: Μεσονύκτικον, kirchenslawisch: Полуношница) statt. Zuvor, während sich die Gemeinde in der Kirche zum Mitternachtsgebet versammelt, wird aus der Apostelgeschichte gelesen. Danach, wenn möglich genau um Mitternacht, werden in der Kirche alle Lichter gelöscht. Zunächst singt die Geistlichkeit mit den Altardienern im Altar bei verschlossenen Königspforten und zugezogenem Vorhang beim ersten Mal einstimmig das Auferstehungs-Stichirion, beim zweiten Mal zweistimmig und beim dritten Mal dann dreistimmig dieses Festlied:
"Deine Auferstehung, Christus Erlöser, besingen die Engel in den Himmeln, verleihe auch uns auf Erden, Dich reinen Herzens zu rühmen".
Nun wird der Vorhang beiseite gezogen und die Königlichen Türen werden geöffnet. Nun nimmt der Chor den Gesang auf und die Geistlichen ziehen mit allen Altardienern aus dem Allerheiligsten hinaus. Sie ziehen gefolgt von allen Gläubigen aus der Kirche hinaus. Dreimal umschreitet die Gemeinde unter dem Gesang des Auferstehungs-Stichirion in feierlicher Prozession mit Kirchenfahnen und Ikonen die Kirche. Der Osterprozession voran geht die Vortrage-Lampe, das Altarkreuz, die Ikonen mit den Kirchenfahnen und der Chor, dann folgen die Geistlichen mit dem Evangelienbuch, über dem die Altardiener die Rhipidien halten. Dabei weihräuchern die Diakone. Dann reicht der Hauptzelebrant von seinem OsterKerzenleuchter mit den drei Kerzen das Osterlicht an die Gläubigen, die mit vorbereiteten Kerzen das „Heilige Feuer“ erwarten. Dieses „Heilige Feuer“ hat der Hauptzelebrant zu Beginn der Auferstehungsfeier am siebenarmigen Leuchter hinter dem Altar entzündet. Bei der Weitergabe des Osterlichtes spricht er: Kommt, nehmet Licht vom niemals untergehenden Licht und verherrlicht Christus, den von den Toten Auferstandenen! In Jerusalem wird das Osterlicht am „Heiligen Feuer“ direkt entzündet.
Über das Phänomen des Heiligen Feuers wird uns schon seit dem achten Jahrhundert berichtet. Der russische Priester Daniel beschreibt das Wunder des Heiligen Feuers und die es umrahmenden Zeremonien sehr detailliert in seinen Pilgerbericht aus den Jahren 1106/07. Am Heiligen und Hohen Samstag der Karwoche gegen 14 Uhr entzündet sich in der Grabeskapelle in der Grabeskirche eine Kerze in der Hand des orthodoxen Patriarchen von selbst und ohne Fremdeinwirkung. Vom Priester Daniel wird das Phänomen als Lichtsäule über der Grabesplatte beschrieben, an der sich an einer bestimmten Stelle eine Kerze entzünden lässt. Diese Flamme wird in der Kirche nun vom Patriarchen nach Verlassen des Grabes an die Gläubigen weitergereicht. Viele Kerzen oder Öllampen entzünden sich während des Herabkommens des Heiligen Feuers von selbst, nachdem die Lichterscheinung in der Kapelle des Heiligen Grabes aufgetreten ist. So ist die Zeugenschaft dieser Erscheinung nicht nur auf die Priesterschaft beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die zu dieser Feier versammelten Orthodoxen und zahlreiche weitere Besucher der gottesdienstlichen Feier. Das Heilige Feuer selbst besitzt die Eigenschaft, keine Verbrennungen hervorzurufen. Um Manipulationen oder sonstige Tricks zu verhindern, wird der Patriarch vor dem Hineingehen in das heilige Grab eingehend untersucht und die Türen des Heiligen Grabes werden hinter ihm versiegelt. Dabei folgt man auch der alten Tradition, nach der die Römer das Grab Christi nach Seiner Grablegung ebenfalls versiegelt hatten, um zu verhindern, dass der Leichnam gestohlen und so der Behauptung entgegengetreten würde, dass der HERR von den Toten auferstanden ist. Denn schon vor Seinem Tod war die Prophezeiung unter dem Volk bekannt, dass unser Erlöser auferstehen würde. In der nächtlichen Feier der Auferstehung verherrlichen wir Christen den göttlichen Sieg unseres HERRN JESUS CHRISTUS über alle Feinde unseres Heils und wir besingen immer wieder und wieder das Ewige Leben, das uns durch IHN geschenkt wurde.
So singen wir voll Jubel im Kondakion des Osterfestes: "Obgleich Du ins Grab hinabgestiegen bist, Unsterblicher, hast Du doch der Unterwelt Kraft gebrochen und bist auferstanden als Sieger Christus, unser Gott, der Du zu den Myronträgerinnen gesagt hast „Freuet euch!“ und Deinen Aposteln Frieden gegeben hast, schenke den Gefallenen die Auferstehung".
und im Exapostilarion: "Dem Fleische nach entschlafen wie ein Toter, erstandest Du, о König und Herr, nach drei Tagen auf, nachdem Du erweckt hattest den Adam aus der Verwesung und vertilgt den Tod, о Pas´cha der Unverweslichkeit, der Welt Erlösung".
Doch vor den besonders festlichen Gesängen des österlichen Morgengottesdienstes folgt vor den verschlossenen Türen der Kirche die Verkündigung der glorreichen Auferstehung des HERRN. Diese findet am Haupteingang der Kirche nach der dritten Umrundung statt. Dort angekommen, verkündet der Zelebrant: "Ehre der Heiligen, Wesenseinen, Lebenspendenden und Unteilbaren Dreieinheit, jetzt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit. Amen". Danach beginnt er dreimal das Oster-Tropar zu singen:
"Christus ist erstanden von den Toten,
im Tode zertrat ER den Tod
und schenkte denen in den Gräbern das Leben".
Der Chor wiederholt das Tropar dreimal. Dann ruft der Hauptzelebrant den Gläubigen zu: "Christus ist auferstanden!" Das Volk antwortet freudig: "Er ist wahrhaftig auferstanden!" Dieser Bekenntnisruf erklingt die ganze Nacht hindurch immer wieder in verschiedenen Sprachen. Nun beginnt der Gesang der ersten Verse des 67. Psalms „Gott steht auf und Seine Feinde zerstieben...“. Der Chor antwortet auf jeden Vers mit dem Ostertropar. Mit dem Weihrauchfass schlägt der Priester an die verschlossene Eingangstüre, die sich öffnet. Die Kirche ist voll Licht und alle Christgläubigen zieht in das Gotteshaus ein. Alle Türen des Altarraums stehen von nun an für die ganze Lichte Woche offen, zum Zeichen, dass durch CHRISTI AUFERSTEHUNG die Schranken zum Paradies wieder geöffnet sind und das HEIL bereitet ist für alle Menschen. Nun wird der Kanon des Osterfestes, der zahlreiche Hinweise auf alttestamentliche Vorausabbildungen der Osterfreude enthält in festlicher Weise gesungen. Er zeigt, wie die gesamte Schöpfung nun jubelt über CHRIST SIEG über Sünde und den Tod.
Diese festliche Freude kommt auch im dreimaligen Osterkuss zum Ausdruck. Er zeigt die Liebe und Versöhnung der Christgläubigen durch Christi allumfassende Vergebung an. Er drückt unsere brüderliche Liebe zu allen Menschen aus. Beim Osterkuss und Gruß beschenken sich die Gläubigen von alters her mit rotfarbigen Eiern, einem Symbol für die Auferstehung Christi. Der Brauch des gegenseitigen Beschenkens mit rotgefärbten Eiern geht nach der Überlieferung der orthodoxen Kirche auf die heilige Maria Magdalena zurück. Als sie vor den römischen Kaiser Tiberius geführt wurde, verkündete sie ihm die Botschaft der AUFERSTEHUNG CHRISTI, indem sie ihm ein rotes Ei mit dem Gruß "Christus ist auferstanden!" überreichte. Das Ei ist ein allgemein verständliches Symbol des Lebens. In diesem Fall dient uns das Ei als Symbol der AUFERSTEHUNG CHRISTI. Denn ähnlich wie sich bei dem Ei unter seiner toten Schale Leben, das vollkommen verborgen war, regt, so erstand auch CHRISTUS, der als ein Toter im Grabe lag. ER ist der Sieger über Tod und Vergänglichkeit. So ist das Ei gleichzeitig ein Symbol unserer Wiedergeburt zum künftigen EWIGEN LEBEN. Denn wie aus dem Ei ein lebendiges Wesen geboren wird und wie durch die Schale, die den Lebenskeim in sich birgt, bricht, ein volles Leben hervorbricht, so werden auch wir bei der WIEDERKUNFT CHRISTI, wenn wir alles Irdische und Verwesliche abwerfen und ein Leben in der vollen Gemeinschaft mit IHM beginnen werden, dessen Keim wir durch die heilige Taufe bereits in uns tragen und dessen Beginn wir durch ein auf CHRISTUS ausgerichtetes Leben immer mehr in uns haben Wirklichkeit werden und wachsen lassen, werden auch alles was an uns gebrochen und sterblich ist abwerfen, neu geboren werden und auferstehen zu einem anderen Leben in und mit Christus. Das mit roter Farbe gefärbte Ei erinnert uns dabei daran, dass unser neues Leben durch das allreine BLUT CHRISTI erworben wurde. Dieses Rot ist nicht das dunklere, ins violett gehende Rot der Fastenzeit, sondern ein helles strahlendes Rot. In der russischen Kirche gibt es deshalb die Tradition, in der Großen Fastenzeit in priesterlichen Gewändern von dunkelroter Farbe, zur Feier der Auferstehung jedoch im zu den hellen liturgischen Farben gehörenden Hellrot und zur der, auf den österlichen Morgengottesdienst unmittelbar folgenden Göttlichen Liturgie dann in Weiß zu zelebrieren. Das helle leuchtende Rot wird als Zeichen unserer Freude über den SIEG CHRISTI über den Tod, über Seine Auferstehung von den Toten und Sein Heilswerk zu unserer Erlösung verstanden.
Zum Abschluss des Morgengottesdienstes wird mit der Osterpredigt des heiligen Johannes Chrysostomos mit eindrücklichen Worten wird uns das Pas´cha-Geheimnis verkündet:
"Wer fromm und gottesfürchtig ist, labe sich an diesem schönen strahlenden Fest. Wer ein getreuer Knecht ist, gehe fröhlich ein zu seines Herrn Freuden. Wer sich im Fasten verzehrt hat, empfange jetzt seinen Dinar. Wer von der ersten Stunde an gearbeitet hat, empfange heute seinen gerechten Lohn. Wer um die dritte Stunde gekommen ist, feiere mit Danken. Wer um die sechste Stunde gekommen ist, zweifle nicht. Er wird nichts einbüßen. Wer nach der neunten Stunde gekommen ist, trete herzu ohne Zaudern und Furcht. Wer um die elfte Stunde gekommen ist, fürchte sich nicht ob seines späten Kommens. Denn der HERR ist großzügig, ER empfängt den Letzten wie den Ersten. ER lässt den Arbeiter der elften Stunde zur Ruhe eingehen wie den der ersten Stunde. ER erbarmt sich des Letzten und sorgt für den Ersten. Jenem gibt ER, und diesem schenkt ER. Die Werke nimmt ER an und begrüßt den Entschluss. Die Tat ehrt ER, und die Absicht lobt ER. So geht ein, alle, zu eures Herrn Freuden! Empfangt euren Lohn, die Ersten wie die Letzten! Reiche und Arme, jubelt miteinander! Ausdauernde und Achtlose, ehrt diesen Tag! Wer die Fasten gehalten, und wer sie vermieden, freue sich heute! Der Tisch ist gedeckt, tretet alle herzu und tut euch gütlich. Das gemästete Kalb ist bereit, niemand gehe hungrig von dannen. Jeder erquicke sich am Gastmahl des Glaubens. Jeder genieße den Reichtum seiner Güte. Niemand beklage seine Armut, denn das Reich ist allen erschienen. Niemand beweine seine Schuld, denn Vergebung leuchtet vom Grabe. Niemand fürchte den Tod, denn des Erlösers Tod hat uns befreit. ER hat den Tod vernichtet, von dem ER umfangen war. ER hat die Hölle gefangen geführt, in die ER hinabfuhr. ER erzürnte sie, der ER Sein Fleisch zu kosten gab. Jesaja weissagt und spricht: Die Hölle ward betrübt, als sie Dich gewahrte. Sie ward betrübt, denn sie ward zu Spott. Sie ward betrübt, denn sie ward vernichtet. Sie ward betrübt, denn sie ward gestürzt. Sie ward betrübt, denn sie ward gefesselt. Die Hölle nahm einen Leib und begegnete GOTT. Sie nahm Erde und traf auf den Himmel. Sie nahm das Sichtbare und fiel durch das Unsichtbare. O Tod, wo ist dein Stachel? O Hölle, wo ist dein Sieg? CHRISTUS ist auferstanden, und du bist gestürzt. CHRISTUS ist auferstanden, und die Dämonen sind gefallen. CHRISTUS ist auferstanden, und die Engel frohlocken. CHRISTUS ist auferstanden, und das Leben ist Sieger. CHRISTUS ist erstanden, und leer sind die Gräber. Denn CHRISTUS ist geworden der Erstling unter denen, die da schlafen, da ER ist auferstanden von den Toten. IHM sei Lob und Preis in die Ewigkeit der Ewigkeit. Amen".
Danach beginnt die Festliturgie, der die Osterstunden vorausgehen.
Die Vesper der Liebe am Ostersonntagabend.
Als Vesper der Liebe wird der Vespergottesdienst des Ostersonntages, bezeichnet. Das Besondere an diesem Gottesdienst, eine kurz gefasste zweite Auferstehungsfeier, ist die Tatsache, dass die Lesung des Evangeliums (Johannes 20,19-25) in möglichst vielen Sprachen verlesen wird. Am Ende des Gottesdienstes gibt der Priester allen Anwesenden ein rotes Osterei in die Hand.
Zusammengestellt von Thomas Zmija v. Gojan
Die Auferstehung Christi haben wir geschaut, so lasst uns anbeten den heiligen HERRN JESUS - Betrachtungen zum Ostergeheimnis in orthodoxer Sicht.
von Thomas Zmija
In den Evangelien und den apostolischen Briefes des Neuen Testaments werden wir an sehr vielen Stellen darauf hingewiesen, was die Auferstehung Jesu Christi für uns Menschen und unsere Erlösung bedeutet. Für den christlich orthodoxen Osterglauben ist aber der Vers aus dem 1. Brief des heiligen Apostel Paulus an die Korinther von besonderer Wichtigkeit. Nicht nur, weil in diesem Vers sehr deutlich die zentrale Bedeutung und die Unverzichtbarkeit des Glaubens an die leibliche Auferstehung Christi klar und unmissverständlich herausgestellt wird, sondern auch bei jedem Versuch, die historische Wirklichkeit der leiblichen Auferstehung des HERRN anzuzweifeln oder gar abzulehnen, eine klare Absage erteilt wird: » Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung nichts, und euer Glaube ist nichtig. « (1 Korinther 15,14). Im Johannesevangelium 20,19-25, das in der orthodoxen Kirche in der Vesper der Liebe am Abend des Ostersonntags in mehreren Sprachen verlesen wird, wird uns berichtet, dass die Jünger Jesu nicht glauben konnten, dass ER es war, der ihnen am dritten Tag nach Seinem Tod bei verschlossenen Türen erschienen war. Sie glaubten an eine Sinnestäuschung, ein Phantasma, oder ein Gespenst. Christus aber machte ihnen klar, dass ER kein Gespenst und keine Sinnestäuschung war, sondern wirklich körperlich in ihrer Mitte zugegen war. Ähnliches wird auch von den anderen Erscheinungen des auferstandenen CHRISTUS, so z. B. in der Emmaus-Geschichte berichtet. Besonders deutlich wird das Evangelium des Thomas-Sonntags, das am 2. Sonntag nach Ostern gelesen wird. Die berühmteste Geschichte berichtet uns vom » seligen Unglauben des heiligen Apostel Thomas «, wie es in den Gesängen der Vesper dieses Sonntags heißt. Sie beruhen auf folgender Begebenheit: Als Jesus am Abend des Auferstehungstages den Jüngern erschien, fehlte der heilige Apostel Thomas. Als ihm dann von den übrigen Jüngern berichtet wurde, dass CHRISTUS auferstanden sei, konnte er dies nicht glauben und verlangte zum Beweis der Wirklichkeit des Auferstehungsgeschehens die Wundmale Christi sehen und berühren zu dürfen. Einige Tage später erschien der HERR erneut Seinen Jüngern bei verschlossenen Türen und forderte den ungläubigen Thomas auf, Seine Wunden zu berühren und seine Hand in Seine Seite zu legen. Da fiel Thomas auf die Knie und rief: » Mein Herr und mein Gott! « Deshalb singen wir Orthodoxen an diesem Sonntag im Festtropar: » Obgleich das Grab versiegelt war, gingest Du hervor aus der Gruft, Christus, Gott unser Leben; obgleich die Türen fest verriegelt waren, kamst Du herein zu den Jüngern, Du, die Auferstehung aller. Durch sie erneuerst Du den rechten Geist in uns nach Deinem großen Erbarmen. «
So wird das Mysterium der leiblichen Auferstehung Christi in Hinblick auf die wachsende Glaubenserfahrung der, das österliche Heilsgeschehen in der Göttlichen Liturgie vergegenwärtigend feiernden Kirche, betend betrachtet. Gleichzeitig kommt aber auch das begrenzte Fassungsvermögen unserer menschlichen Natur in den Blick: Nur durch das Wunder der Erscheinung des HERRN SELBST, der in Seiner Auferstehung Seine Göttliche Natur für uns augenfällig macht, vermag die Beschränktheit der Erkenntnisfähigkeit unserer menschlichen Natur sich im Bekenntnis des heiligen Apostel Thomas zu erheben: » Mein Herr und mein Gott! « In der Feier der Heiligen Eucharistie wird auch für uns durch die Teilhabe an den allheiligen Gaben (Kommunion) die Gegenwart des Herrn leiblich hinter den Zeichen der sakramentalen Mysterien fassbar.
So ist das Bekenntnis des heiligen Apostel Thomas auch nicht Endpunkt, sondern erst Ausgangspunkt der Gotteserkenntnis. In den acht Wochen zwischen Ostern und Pfingsten werden wir Gläubigen hineingenommen in den Wachstumsprozess, in dem unser Glaube und unser Leben in Christus vertieft werden sollen,hin bis zur Erkenntnis der Offenbarung der Dreieinigkeit Gottes durch das Kommen des Heiligen Geistes (Pfingsten). Unser beschränktes Auffassungsvermögen, unsere begrenzte menschliche Natur, die auch den Zweifel mit einschließt, wird vom HERRN jedoch nicht verurteilt, sondern angenommen und in Liebe und Geduld zur Erkenntnis der Fülle der Wahrheit hinübergeführt.
So bekennen wir Orthodoxen mit der realen Auferweckung Christi auch unsere reale Auferstehung von den Toten. Hier, wie auch sonst, geht es uns Orthodoxen um die Fülle und Wahrheit des christlichen Glaubens. Denn so sagt es uns klar und eindeutig der heilige Apostel Paulus:
» Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden. Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, und so ist auch euer Glaube vergeblich. Wir würden aber auch als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir gegen Gott bezeugt hätten, ER habe Christus auferweckt, den ER nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auferstehen würden. Denn wenn die Toten nicht auferstehen, so ist auch Christus nicht auferstanden. Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube eitel, so seid ihr noch in euren Sünden und so sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren. « (1. Korinther 15,13-18)
Ist also CHRISTUS nicht auferstanden, dann sind die Verkündigung der Kirche und der Glaube der orthodoxen Gläubigen umsonst und sinnlos. Wie sollten wir dann aber Christen bleiben, wenn wir glauben würden, dass sich unser christlich orthodoxer Glaube auf einer Phantasie gründet? So unangemessen es ist, in Jesus Christus lediglich einen besonderen Menschen, einen Propheten, Guru oder einen großen Weisheitslehrer zu sehen, so wenig lässt sich die Auferstehung Jesu damit wegerklären, dass man wie ein Teil der heutigen westlichen „Theologen“ sagt, Jesu (ethische) Botschaft allein habe gewissermaßen unter seinen Anhängern fortgelebt. Aber nur der »wahre Gott vom wahren Gott«, wie wir es im orthodoxen Glaubensbekenntnis bekennen, der durch SEIN Sterben und Auferstehen von den Toten den Tod besiegt hat, kann unsere Rettung und Hoffnung sein.
Aber auch bezüglich des christlichen Osterglaubens gilt das orthodoxe theologische Verstehens-Prinzip, nach dem unser christlich orthodoxer Glaube, GOTT SELBST, SEINE Menschwerdung, SEIN Kreuzesleiden und SEINE glorreiche Auferstehung letztendlich ein Geheimnis, ein Mysterium sind und bleiben, das nicht durch unsere menschliche Denkkategorien erschlossen, auch nicht durch historische Forschungen und Beweise wirklich erfasst und in seine ganzen Tiefe begriffen werden kann. Denn wie der heilige Johannes von Damaskus sagt: » …das Göttliche ist unfasslich und unbeschreiblich, und das Einzige, was an IHM fasslich ist, ist SEINE Unendlichkeit und seine Unfasslichkeit…«. Das orthodoxe Verständnis der Auferstehung betrachtet das Glaubensgeheimnis in der Auferstehung und sucht und fragt nicht nach vordergründigen rational begründbaren „Beweisen“. Es bemüht sich auch nicht darum, die anderen intellektuell davon zu überzeugen, denn im Gegensatz zum weit verbreiteten scholastischen Ansatz in der Theologie der beiden westlichen Konfessionen, der die Vernunft (Ratio) als vom Sündenfall nicht korrumpiert begreift, ist nach der Auffassung unserer orthodoxen Väter auch der Verstand im Ungehorsam gegenüber Gott gefallen und damit den menschlichen Leidenschaften unterworfen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die orthodoxe Kirche die wissenschaftliche Forschung über die biblischen Texte und den dabei notwendigen Gebrauch der Vernunft und Gelehrsamkeit ablehnen würde. Jedoch nähert sich der orthodoxe Glaube und die Haltung dessen, was wir Orthodoxen Theologie nennen, dem Mysterium der Auferstehung von der betenden Betrachtung und vom Lobpreis des Auferstehungsgeheimnisses her. Orthodoxer Glaube und orthodoxe Theologie verkünden lediglich das geschehene Ereignis und seine heilsbringenden Folgen und Bedeutung für uns Menschen und für die gesamte Schöpfung. Das ist ein anderer Weg der Erkenntnis Gottes, ein Weg der gläubig-kirchlichen Erfahrung, ein geistlichempirischer Weg.
Und deshalb verkündet die orthodoxe Kirche alljährlich unzählige Male in der Osternacht und in der gesamten österlichen Festzeit:
» Christus ist erstanden von den Toten,
hat zertreten im Tode den Tod;
und denen in den Gräbern das Leben geschenkt. «
Die Sicht der Auferstehung als dem Sieg Christi über den Hades als Personifizierung des Todes, kommt in der orthodoxen Auferstehungsdarstellung, der Anastasis- Ikone sehr deutlich zum Ausdruck: Der auferstandene Christus wird nicht als derjenige dargestellt, der aus dem Grab mit einer Siegesfahne in der Hand in den Himmel fährt, sondern als der, der in den Hades, in die Unterwelt hinabsteigt, um mit ihm zu kämpfen, der ihn besiegt, und der die, die dort in den Gräbern liegen, aus dem ewigen Tod herausholt. ER sprengt die Schlösser und Riegel des Sarges, die Nägel liegen herum, und ER reißt kraftvoll mit Seinen Händen Adam und Eva aus der Unterwelt, aus dem Tod heraus, und führt sie hinauf ins ewige Leben. Der Hades selbst liegt geschlagen und besiegt unter dem Sarg, während auf der einen Seite die Gestalten des Alten und auf der anderen Seite Gestalten des Neuen Bundes in einer symbolhaften Auswahl abgebildet sind.
Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum auch im kulturellen Bewusstsein der orthodoxen Völker das Osterfest, das Pascha des HERRN stets das größte und höchste Fest des Kirchenjahres, das Fest der Freude schlechthin, geblieben ist. Weil Christus durch Seinen Tod und Seine Auferstehung den Tod besiegt und uns die Erlösung und das ewige Leben geschenkt hat, deshalb haben wir Christen Grund zur ungetrübten Hoffnung und Freude. Im Morgengottesdienst der Osternacht und in den Osterstunden singt die Kirche deshalb anbetend:
» Die Auferstehung Christi haben wir geschaut, so lasset uns anbeten den heiligen Herrn Jesus, der allein ohne Sünde ist. Vor Deinem Kreuze fallen wir nieder, o Christus, und Deine heilige Auferstehung besingen und verherrlichen wir. Denn Du bist unser Gott, außer Dir kennen wir keinen anderen. Deinen Namen rufen wir an. Kommt, all ihr Gläubigen, lasset uns anbeten die heilige Auferstehung Christi. Denn siehe, durch das Kreuz ist Freude gekommen in die ganze Welt. Allezeit lobsingen wir dem Herrn und preisen Seine Auferstehung. ER hat die Kreuzigung erlitten und den Tod durch den Tod zertreten. «
Die helle und lichte Freude über die Auferstehung des Herrn wünschen wir allen an Christus Glaubenden mit dem Orthodoxen Ostergruß:
Christus ist auferstanden!
Er ist wahrhaftig auferstanden!
Griechisch: Χριστός Ανέστη! Αληθώς Ανέστη!
Rumänisch: Hristos a înviat! Adevărat a înviat!
Russisch: Христос Воскресе! Воистину Воскресе!
Ukrainisch: Христос Воскрес! Воістину Воскрес!
Bulgarisch: Христос възкръсна! Воистину възкръсна!
Serbisch: Христос Воскресе! Ваистину Воскресе!
Georgisch: ქრისტე აღსდგა! ჭეშმარიტად აღსდგა!
Arabisch: المسيحقام. Der Herr ist auferstanden. حقاًقام. Er ist wahrhaftig auferstanden.
Da viele arabische Christen aus Syrien und den Iraq dieses Jahr Ostern mit uns feuern werden, aber nur wenige von uns
Arabisch sprechen, hier die Aussprache: Al-Masih-Qam! - Hakkan Qam!
In Antiochia wurden die Jünger zuerst Christen genannt.
Apostelgeschichte 11:26
Paschal Greetings from around
the World
Aleut: Khristus anahgrecum! Alhecum anahgrecum!
Aleut: Khris-tusax agla-gikux! Agangu-lakan agla-gikux!
Albanian: Krishti U Ngjall! Vertet U Ngjall!
Alutuq: Khris-tusaq ung-uixtuq! Pijii-nuq ung-uixtuq!
Amharic: Kristos tenestwal! Bergit tenestwal!
Anglo-Saxon: Crist aras! Crist sodhlice aras!
Arabic: El Messieh kahm! Hakken kahm!
Armenian: Kristos haryav ee merelotz! Orhnial eh harootyunuh kristosee!
Athabascan: Xristosi banuytashtch'ey! Gheli banuytashtch'ey!
Bulgarian: Hristos voskrese! Vo istina voskrese!
Byelorussian: Khrystos uvaskros! Saprawdy uvaskros!
Chinese: Helisituosi fuhuole! Queshi fuhuole!
Coptic: Pchristos aftooun! Alethos aftooun!
Czech: Kristus vstal a mrtvych! Opravdi vstoupil!
Danish: Kristus er opstanden! Ja, sandelig opstanden!
Dutch: Christus is opgestaan! Ja, hij is waarlijk opgestaan!
English: Christ is risen! Indeed He is risen!
Eritrean-Tigre: Christos tensiou! Bahake tensiou!
Esperanto: Kristo levigis! Vere levigis!
Estonian: Kristus on oolestoosunt! Toayestee on oolestoosunt!
Ethiopian: Christos t'ensah em' muhtan! Exai' ab-her eokala!
Finnish: Kristus nousi kuolleista! Totistesti nousi!
French: Le Christ est ressuscite! En verite il est ressuscite!
Gaelic: Taw creest ereen! Taw shay ereen guhdyne!
Georgian: Kriste ahzdkhah! Chezdmaridet!
German: Christus ist erstanden! Wahrlich ist er erstanden!
Greek: Christos anesti! Alithos anesti!
Hawaiian: Ua ala hou 'o Kristo! Ua ala 'I 'o no 'oia!
Hebrew: Ha Masheeha houh quam! Be emet quam!
Hungarian: Krisztus feltamadt! Valoban feltamadt!
Ibo (Nigeria): Jesu Kristi ebiliwo! Ezia o' biliwo!
Indian (Malayalam): Christu uyirthezhunnettu! Theerchayayum uyirthezhunnettu!
Indonesian: Kristus telah bangkit! Benar dia telah bangkit!
Italian: Cristo e' risorto! Veramente e' risorto!
Japanese: Christos fukkatsu! Jitsu ni fukkatsu!
Javanese: Kristus sampun wungu! Tuhu sampun wungu!
Korean: Kristo gesso! Buhar ha sho nay!
Latin: Christus resurrexit! Vere resurrexit!
Latvian: Kristus ir augsham sales! Teyasham ir augsham sales vinsch!
Lugandan: Kristo ajukkide! Amajim ajukkide!
Norwegian: Christus er oppstanden! Sandelig han er oppstanden!
Polish: Khristus zmartwyckwstal! Zaprawde zmartwyckwstal!
Portugese: Cristo ressuscitou! Em verdade ressuscitou!
Romanian: Hristos a inviat! Adeverat a inviat!
Russian: Khristos voskrese! Voistinu voskrese!
Sanskrit: Kristo'pastitaha! Satvam upastitaha!
Serbian: Cristos vaskres! Vaistinu vaskres!
Slovak: Kristus vstal zmr'tvych! Skutoc ne vstal!
Spanish: Cristo ha resucitado! En verdad ha resucitado!
Swahili: Kristo amefufukka! Kweli amefufukka!
Swedish: Christus ar upstanden! Han ar verkligen upstanden!
Syriac: M'shee ho dkom! Ha koo qam!
Tlingit: Xristos Kuxwoo-digoot! Xegaa-kux Kuxwoo-digoot!
Turkish: Hristos diril - di! Hakikaten diril - di!
Ugandan: Kristo ajukkide! Kweli ajukkide!
Ukrainian: Khristos voskres! Voistinu voskres!
Welsh: Atgyfododd Crist! Atgyfododd yn wir!
Yupik: Xris-tusaq Ung-uixtuq! Iluumun Ung-uixtuq!
Zulu: Ukristu uvukile! Uvukile kuphela!
Ostertroparion:
in deutsch:
Christus ist erstanden von den Toten,
durch den Tod hat er den Tod zertreten,
und denen in den Gräbern
das Leben in Gnaden geschenkt.
in kirchenslawisch:
Христос воскресе из мертвых,
смертию смерть поправ,
и сущим во гробех живот даровав!
in griechisch
Χριστός ανέστη εκ νεκρών,
θανάτω θάνατον πατήσας,
και τοις εν τοις μνήμασι,
ζωὴν χαρισάμενος!
in ukrainisch
Христос воскрес із мертвих,
смертю смерть подолав,
і тим, що в гробах, життя дарував!
in rumänisch
Hristos a înviat din morţi,
Cu moartea pre moarte călcând,
Şi celor din morminte
Viaţă dăruindu-le!
in serbisch
Христос васкрсе из мртвих,
смрћу смрт уништи.
и онима који су у гробовима.
живот дарова!
in georgisch
ქრისტე აღსდგა მკვდრეთით,
სიკვდილითა სიკვდილისა დამთრგუნველი
და საფლავების შინათა
ცხოვრების მიმნიჭებელი!
in arabisch
المسيح قام من بين الأموات
و وطئ الموت بالموت
و وهب الحياة
للذين في القبور
Die Heiligen Märtyrer Rafael, Nikolaus und Irene von Lesbos
Dienstag der Lichten Woche
Rafael (Raphail) wurde um 1405 auf der Insel Ithaka geboren. Als sechzehnjähriger ging er nach Athen und wurde Mönch. Nachdem er zum Priester geweiht worden war, studierte er in Morlais (Frankreich) Theologie. Hier lernte er den griechischen Studenten Nikolaus (Nikolaos) aus Saloniki kennen, den er überzeugen konnte, Mönch zu werden. Raffael und Nikolaus gingen dann nach Athen, wo Rafael als Priester an der Demetrioskirche wirkte. Eine Reise nach Konstantinopel mussten sie abbrechen, da die Stadt von den Türken erobert worden war. Sie gelangten auf ihrer Flucht vor den Türken nach Lesbos, das unter der Herrschaft Genuas stand. Sie zogen hier in ein Kloster, in dem noch ein Mönch namens Rouvain lebte. Sie wurden von den Türken, die Lesbos dann auch besetzten, zunächst neun Jahre unbehelligt gelassen. Kurz nach dem Tod Rouvains versteckten sich Rebellen gegen die türkische Herrschaft im Kloster. Die Türken nahmen alle gefangen und töteten am 8. oder 9. April 1463 die elfjährige Tochter des Rebellenführers Irene (Irini), die sich zum Christentum bekannte, indem sie sie in einen großen Tonkrug steckten und mit kochendem Wasser übergossen. Nikolaus starb angesichts dieses grausamen Todes an einem Herzschlag und Raffael wurde hingerichtet. Die Gräber der drei Märtyrer wurden erst 1959 wieder entdeckt. An den Gräbern ereigneten sich zahlreiche Wunderheilungen, so dass 1963 hier eine Kirche errichtet wurde.
Literaturhinweis:
Das Leben aus den Gräbern Gebundene Ausgabe – 2000
von Metropolit Dimitrios (Autor)
Verlag: Serbisch Orthodoxe Diozöse (2000)
ASIN: B002922YXI
Der heilige Apostel Thomas und die Wahrheit
Vortrag von S. E. Erzbischof Stylianos von Australien
Wenn Ostern der Höhepunkt des ganzen Kirchenjahres ist, dann ist der Sonntag nach Ostern, den die Kirche „Antipascha“ oder „Sonntag der Erneuerung“ nennt, eine „Erneuerung der Auferstehung. Er kann mit Recht sowohl der erste als auch der achte Tag genannt werden. Der achte Tag, weil er acht Tage nach Ostern gefeiert wird, und der erste, weil er Anfang der anderen ist. Der achte, weil er als Vorbild des abendlosen Tages der künftigen Welt betrachtet wird, des Tages welcher der erste und einzige sein wird, weil keine Nacht ihn mehr zertrennen wird“ ( aus dem Synaxarion zum Thomas-Sonntag). Deshalb sollte er auch als wichtiger als die anderen Sonntage gesehen werden.
Es ist nur folgerichtig, dass an diesem hervorragenden und großen Tag die Kirche das Gedächtnis für einen Heiligen angesetzt hat, der auch über den entsprechenden geistlichen Glanz verfügt. Daher feiern wir an diesem Sonntag das Gedächtnis des Heiligen Apostels Thomas und deshalb ist dieser Sonntag auch als „Thomas-Sonntag“ bekannt.
Allerdings scheint dieser Apostel im Volksglauben der verrufenste Jünger Jesu zu sein. Unglauben war als Beschuldigung sogar bei den Wüstenvätern mehr als jede andere Sünde gefürchtet. Der heilige Petrus, der in einem Augenblick menschlicher Schwäche Christus verleugnete, wurde aber nicht als Ungläubiger oder Verräter bezeichnet, im Gegenteil. Aber der heilige Thomas wurde, ohne wirklich ohne Glauben gewesen zu sein, der „ungläubige Thomas“ genannt und wurde für alle Zeit das Symbol für Unglauben und Zweifel par excellence.
Klar ist aber doch, dass eine solche Charakterisierung mit einem Apostel und Heiligen unvereinbar ist. Was stimmt also? Irgendetwas muss in der Erzählung fehlen oder nicht beachtet sein, dass wir die geschilderten Ereignisse nicht im rechten Licht sehen können.
Um den richtigen Blickwinkel zu finden und den Widerspruch zu verstehen, müssen wir etwas sorgfältiger untersuchen, was denn genau das Verhalten des heiligen Thomas gegenüber dem Auferstandenen war und wie Christus Selbst dieses Benehmen gesehen hat. Dazu benutzen wir den Text des Evangeliums (Joh 20:19-29).
Wir erinnern uns, dass die Jünger sich versammelt und „aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten“. Da kam Jesus und trat in ihre Mitte. Bevor er ihnen „seine Hände und seine Seite“ zeigte, damit sie erkannten, dass es wirklich Er war, der gekreuzigt worden war und nicht irgendein Geist, sagte er zu ihnen „Friede sei mit euch!“ In diesen Worten „Friede sei mit euch!“ liegt auch der Schlüssel zur Lösung des geschilderten Problems. Friede war die unerlässliche Voraussetzung und die einzige Macht, die die Panik und Verwirrung, hervorgerufen durch das Miterleben der Passion, beseitigen konnte. Nur der Friede würde es den Jüngern ermöglichen das Mysterium der Auferstehung ohne allen Zweifel zu akzeptieren. Deshalb überträgt Christus Seinen Frieden auf die Jünger, bevor er Seine Hände und Seine Seite als Beweis zeigt. Dann war es nur natürlich, dass „sich die Jünger freuten, dass sie den Herrn sahen.“
Aber, Thomas war bei diesem ersten Treffen nicht dabei. Als er die anderen Jünger sagen hörte „wir haben den Herrn gesehen“, konnte er weder die Furcht noch die Verwirrung aus seiner Seele verbannen. Mehr noch, da er mit sich selbst wie auch mit seinem Meister ehrlich sein und nicht nur ein Lippenbekenntnis ablegen wollte, machte er die direkte Erfahrung mit dem Auferstandenen zur Bedingung für seinen Glauben.
Als „acht Tage darauf“ die Jünger wieder versammelt waren, war „Thomas dabei“ und Jesus erschien in ihrer Mitte und wiederholte die Worte und Gesten Seines ersten Kommens. Er beginnt wieder mit den Worten „Friede sei mit euch!“, damit auch das verhärtete Herz des Thomas befreit werde. Und gleich danach sagt er zu ihm „Streck deine Finger aus – hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und werde nicht ungläubig, sondern gläubig!“
Nun müssen wir uns eine Reihe wichtiger Einzelheiten ansehen:
1. Obwohl der Heilige Thomas aufgefordert wird, Christus zu berühren, wagt er es nicht. Vielleicht wäre es richtig zu sagen, dass es nicht länger nötig war. Er hat seinen Frieden erhalten und kann nun frei von Furcht sehen und glauben.
2. Als ihn Christus auffordert ihn zu berühren sagt Er zum heiligen Thomas nicht „sei nicht ungläubig“ sondern „werde nicht ungläubig“, das heißt dass Er ihn nur vor einem möglichen und nicht vor einem existierenden Unglauben bewahrt.
3. Christus beschließt das Gespräch mit der bewegenden Aussage „weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“. Wir sehen hier, dass Er Thomas weder beschuldigt noch rügt nur nach Seinem Anblick zu glauben. Auch die anderen Jünger hatten sich erst gefreut, als sie, wie schon erwähnt, den Herrn gesehen hatten. Jedenfalls wollte der Herr Seine Jünger daran erinnern, dass der Mensch von Gott eine Fülle anderer Fähigkeiten und Gefühle erhalten hat, nicht nur die Augen! Wenn schon die Alten wussten welch trügerische und unzuverlässige Zeugen „die Augen und Ohren“ für die Sterblichen sind, dann hatte der Gott-Mensch um so mehr das Recht an die Priorität dieser tieferen Wurzeln zu erinnern, die der Mensch hat um die Wahrheit zu erkennen. Deshalb hält er die, die diesen tieferen Wurzeln vertrauen für selig, ohne in irgendeiner Weise diejenigen zu verurteilen, die ihre fünf Sinne gebrauchen, die ja auch von Gott gegeben sind.
4. Es ist typisch, dass der heilige Thomas nicht einfach zufrieden war, sich wie die anderen Jünger zu freuen, als er den Auferstandenen sah. Sein Gefühlsansturm und seine Lauterkeit veranlassten in ihm das Verlangen, mit den Fingern die offenen Wunden Christi zu berühren, um Ihm dadurch wieder irgendwie körperlich nahe zu sein. Und seine überschwängliche Natur veranlasste ihn zu dem unvergleichlichen Bekenntnis „Mein Herr und mein Gott!“. Ein Bekenntnis, das kein anderer Augenzeuge der Auferstehung machen konnte, nicht einmal die zärtfühlenden und ausdrucksstarken Frauen, die als Erste den Herrn sahen.
5. Wir müssen auch sehen, dass dieses Bekenntnis des heiligen Thomas nicht nur eine allgemeine und leichtfertige Anerkennung der Göttlichkeit Christi war, sondern die persönliche Bekräftigung und die bedingungslose Hingabe der ganzen Existenz des Jüngers an seinen Meister, der den Tod besiegt hatte. Diese völlige Hingabe an die Fülle der göttlichen Macht wird durch das Wort „mein“ in Bezug auf den Auferstandenen ausgedrückt. Nach all dem wird klar, dass der heilige Thomas (der während der drei Jahre des öffentlichen Wirkens des Gott-Menschen keineswegs aufgefallen war wie andere Jünger, wie Petrus, Jakobus und Johannes) nun wegen der Auferstehung Christi und seinem Verhältnis dazu in den Augen aller Gläubigen und der Geschichte als etwas Besonders gesehen wird. Diese Besonderheit ist aber nicht negativ, wie man aus einer oberflächlichen Wertung der Ereignisse schließen könnte, sondern positiv. Er fällt auf und ist nicht mehr völlig gleich mit den anderen Jüngern (denn er brauchte auch nicht mehr als die anderen um zu glauben), er fällt dadurch auf, dass er mit seinem leidenschaftlichen und einzigartigen Bekenntnis sozusagen „das höchste Gebot“ für das Mysterium der Auferstehung abgegeben hat. Die Kirche ehrt ihn daher rechtens als Apostel und Heiligen und hat richtigerweise die Feier seines Gedächtnisses auf einen so hervorragenden Sonntag im Jahr gelegt.
Nun bleibt uns nur noch die Beantwortung der letzten Frage. Wenn man alle diese positiven Argumente betrachtet, warum hat der Volksglaube dann einen Apostel dieser Bedeutung und trotz seines leidenschaftlichen Bekenntnisses den „ungläubigen Thomas“ genannt? Zuerst muss man festhalten, dass die Volksfrömmigkeit (die spontan und unverstellt die tiefere gemeinsame Erinnerung und das Bewusstsein des einen Volkes Gottes ausdrückt) keinem solch schreienden Irrtum und keiner solchen Ungerechtigkeit unterliegen könnte. Wir müssen vielmehr annehmen, dass der unverbrüchliche Glaube und die Hingabe der Volksfrömmigkeit an die Person des Gott-Menschen nicht einmal die Spur eines Vorbehalts, und sei es nur für einen Augenblick, in allem was die Göttlichkeit und Einzigartigkeit des Lebens des Gott-Menschen betrifft (sowohl in seiner Gesamtheit wie in den einzelnen Begebenheiten) ertragen könnte. Das allein ist der Grund, warum die Volksfrömmigkeit ihr Feingefühl mit diesem „ungläubig“ ausdrückt, was keineswegs verhindert, dem heiligen Apostel Thomas durch alle Zeitalter hindurch die ihm gemäße Ehre der Verehrung der Kirche zu erweisen.
Quelle: Voice of Orthodoxy, vol. 11/5, The Official Publication of the Greek Orthodox Archdiocese of Australia, May 1990; Übersetzt von G. Wolf.
Zum Sonntag der Heiligen Myronträgerinnen
Vr. Andrew Phillips, Großbrittannien
Heute erinnern wir uns an alle, die den gekreuzigten und auferstandenen Leib Christi gesehen haben: an die myrontragenden Frauen, an den gerechten Josef von Arimathäa und an den gerechten Nikodemus.
Wir können uns kaum vorstellen wie schwierig es in jener Zeit für sie gewesen sein muss mit Christus verbunden zu sein und Zeuge Seiner Kreuzigung und Aufstehung zu werden:
So sprach Nikodemus, einer der Pharisäer, wie uns das Johannes-Evangelium mitteilt, im Schutz der Dunkelheit mit Christus, gab für 100 Pfund Myrrhe und Aloe viel Geld aus, wurde dann aus der Synagoge geworfen und litt für seine Enthüllung des jüdischen Plans, die Wahrheit über die Kreuzigung Christi und die Auferstehung zu verbergen und zu leugnen.
Josef, der Jünger Jesu, der von Pilatus den Leib Christi erbat, spendete Geld für ein Leichentuch, gab sein eigenes Grab, und wurde von den Juden verfolgt, weil er die Wahrheit über Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen verbreitete.
Die Myronträgerinnen, die selbstlos alles für das kostbare Myron opferten, mit der sie den Leib Christi salbten und pflegten, und dann die Auferstehung des Gekreuzigten verkündeten, als andere sich aus Furcht vor den Juden versteckten.
Sie alle sollten Furcht vor den Juden haben. Und doch liebten sie Christus so sehr, dass sie keine Angst hatten, und sie alle offenbarten die Wahrheit Seiner Kreuzigung und Seiner Auferstehung und litten für sie.
Dies geht uns alle an, wir alle sind Myronträger. Da die Kirche, nach den Worten des hl. Apostels Paulus, der Leib Christi ist, sind alle Glieder der Kirche auch Glieder des Leibes Christi (1. Korinther 12: 12-27). Deshalb kennen wir und bekennen wir die Wahrheit Seiner Kreuzigung und Auferstehung und werden so zu Myronträgern. Wir müssen auch wissen, wie schwierig es ist Myronträger zu sein, sich um den Leib Christi zu kümmern, um die Kirche zu kümmern
Die Welt versucht z. B. die Kirche zu tadeln, weil die Werte der Kirche gegensätzlich zu denen der Welt sind, die „im Argen liegt“ (1. Johannes 5: 19). Manchmal versucht die Welt den Leib Christi äußerlich zu verletzen. Indem sie dann die Schutzhülle der Kirche durchdringt, schafft sie den einen oder anderen Skandal und entmutigt so die Leute, sodass sie sich von der Kirche abwenden. Die sich abwenden erfüllen so den Willen dieser Welt und des Prinzen dieser Welt, des Satans.
Für die Kirche, für den Leib Christi in dieser Welt etwas zu tun ist schwierig, denn es erfordert Glauben. Und die wenig Glauben haben, haben auch wenig Zeit und Geduld für die Kirche.
Kürzlich kam z. B. eine Frau hierher und sagte: „Du hast Glück so eine schö- ne Kirche zu haben“. Ich war erstaunt von dieser Haltung. Erstens, gibt es so was wie „Glück“ nicht. Zweitens, das wenige, das wir hier besitzen gehört nicht uns sondern Gott. Und drittens, alles was wir hier haben ist nicht im Glück sondern in einer von zwei Ursachen begründet: entweder ist es das Ergebnis von Gottes unverdienter Gnade, die uns gegeben oder genommen werden kann. Oder das Ergebnis von Blut, Schweiß und Tränen, Opfern und harter Arbeit, mit anderen Worten – Myrontragen, selbstloses sich kümmern um den Leib Christi. Myrontragen ist nicht nur an den Sakramenten teilzuhaben, das Evangelium zu verkünden und den Glauben zu bekennen, es sind auch tausend andere Dinge zu tun, die so schwierig sind, dass sie unser Opfer verlangen. Denn:
die in der Kirche singen sind Myronträger,
die die Kirche putzen sind Myronträger,
die die Blumen für die Gottesdienste herrichten sind Myronträger,
die sich um den Garten kümmern sind Myronträger,
die die Ornate und die Altardecken nähen sind Myronträger,
die den Tee zubereiten und Essen spenden oder abwaschen sind Myronträger,
die Ikonen oder Geld spenden sind Myronträger,
sogar die, die einfach kommen und für das Heil aller beten sind Myronträger.
Alle, die in dieser Welt für den Leib Christi, die Kirche, arbeiten, aber nicht von dieser Welt sind, sind Myronträger, denn sie zeigen, dass auch sie Christus selbstlos lieben.
Welcher Lohn erwartet die Myronträger?
Der Erste zu sein den gekreuzigten Leib des auferstandenen Christus zu erkennen, als Erster die Worte des Engels – strahlend und weißer als Schnee – zu hören: Warum sucht ihr den Lebenden unter den Toten? Er ist auferstanden!
Das ist unsere Freude: nicht nur zu fühlen, sondern auch zu wissen, dass der Leib Christi, die Kirche, auferstanden ist, denn sie ist der Ort der Auferstehung und wir sind die Zeugen von Christi Kreuzigung und Auferstehung. Dazu kommt, wenn wir uns um die Kirche kümmern, kümmert sich auch die Kirche um uns, denn wir sind mit ihr auferstanden.
Mögen wir immer alle dieses innige Wissen um die Wahrheit Christi haben und bewahren und myrontragende Zeugen Seiner Kreuzigung und Auferstehung sein. Amen.
Quelle: Andreasbote Mai 2011
Zum Sonntag des Gelähmten
von Rev. George Dimopoulos
Herr, ich habe keinen Menschen, der mich, sobald das Wasser aufwallt, in den Teich trägt. Während ich mich hinschleppe, steigt schon ein anderer vor mir hinein. (Johannes 5: 7)
Dieser Sonntag, liebe Schwestern und Brüder, ist in der Kirche bekannt als der Sonntag des Gelähmten, denn die heutige Evangeliumsperikope bezieht sich auf die wunderbare Heilung des Gelähmten von Bethesda durch unseren Herrn Jesus Christus.
Der Heilige Johannes der Evangelist erzählt uns, dass Jesus an diesem besonderen Tag (vielleicht war es das Pfingstfest) die Stadt Jerusalem besuchte. Eine der
Stellen, die er besuchte war der Teich von Bethesda, den fünf große Säulengänge umgaben. Der Teich war außerhalb der Mauern Jerusalems. Sein hebräischer Name bedeutet „Haus der Gnade“. Das
Evangelium berichtet uns, dass er so genannt wurde, weil sich dort immer viele zu bedauernde Menschen aufhielten, wie Krüppel und Blinde. Zu gewissen Zeiten kam ein Engel zum Teich herab und
machte Wellen im Wasser. Derjenige, der als Erster danach ins Wasser stieg wurde von seiner Krankheit, gleich an welcher er litt, geheilt. Natürlich kann man so ein Wunder nicht mit Wissenschaft
erklären, wie auch moderne Wunder, wie solche, die auf der Insel Tinos in Griechenland geschehen. Wenn wir auch diese Wunder nicht erklären können, so glauben wir doch daran.
Nun, hätte es an diesem Teich eine Art Besucherregister gegeben, müssten wir darin die Eintragungen finden, dass der Mann aus unserer heutigen Evangeliumslesung schon mehr als 38 Jahre dort lag. Die besten Jahre seiner Jugend hatte er dort verbracht und auf die Wellen im Wasser gewartet. Aber er hatte niemand – keine Eltern, keine Verwandten, keinen Freund – der ihm geholfen hätte. Jeder am Teich beschäftigte sich nur mit seinem eigenen Problem; jeder war egoistisch. Deshalb war es Jahr für Jahr immer wieder das Gleiche. Wenn das Wasser aufwallte und bevor der Lahme zu ihm hinkommen konnte, war schon irgendein Neuer im Teich. Stellt euch vor, 38 Jahre ohne Lachen, ohne Freundschaft, ohne Freude und schließlich bestimmt ohne Hoffnung. Man würde doch annehmen, dass einer der vielen Geheilten noch bleiben würde um diesem armen Mann zu helfen. Aber keiner blieb. Keiner kümmerte sich um ihn.
Eines Tages hörte der Lahme, dass jemand zu ihm sprach. Das war an sich schon eigenartig. Nie hatte je jemand mit ihm gesprochen. Es musste wohl eine Weile gedauert haben, bevor der Mann merkte, dass Jesus von Nazareth zu ihm sprach. Es ist sogar wahrscheinlich, das er nicht einmal wusste, wer Jesus war. Jesus fragte ihn: „Willst du gesund werden?“ Was für eine Frage, nach 38 Jahren. Doch der Mann erklärte dem Sohn Gottes geduldig, warum er seine Lähmung nicht loswerden konnte. Er hatte niemand – keinen auf der ganzen Welt, der sich um ihn kümmerte. Es ist nicht sehr schön ganz allein auf der Welt zu sein, nicht wahr? Die Welt kann ganz schön Angst einflößend sein, wenn du allein auf dich gestellt bist – niemand, der sich um dich kümmert, dir hilft. Stellt euch vor, wie der Mann reagierte als Jesus zu ihm sagte: „Steh auf!“ Wollte er sich lustig über ihn machen? Freute es ihn Krüppel zu quälen? Aber halt! Diese Augen! Diese Stimme voll Erbarmen! Er kümmert sich! Er sorgt sich um mich! Der Mann sprang auf die Füße, augenblicklich geheilt vom Mensch gewordenen Sohn Gottes.
Liebe Schwestern und Brüder, die Welt hat sich in zweitausend Jahren nicht viel geändert. d. h. die Menschen haben sich nicht viel geändert. In mancher Weise ist die Welt ein viel einsamerer Ort geworden als sie zur Zeit Christi war. Die Megastädte, in denen Millionen Menschen auf engstem Raum leben. Und doch sind sie – viele von ihnen – schrecklich einsam. Es gibt so viele Leute auf der Welt, die heute morgen verzweifelt aber lautlos schreien: „Ich habe niemand – niemand!“
Wir haben heute vieles, was sie zu Jesu Zeit nicht hatten: riesige Krankenhäuser, ausgebildete Spezialisten, Versicherungspolicen, Sozialprogramme der Kirchen und des Staates. Aber für die menschliche Einsamkeit gibt es anscheinend immer noch kein Heilmittel. Wir laden uns nicht gerne die Probleme anderer auf. Es gibt ein griechisches Sprichwort: „Weg mit dem Übel – mir aus den Augen.“ Unannehmlichkeiten vergessen wir gern. Leidende stören uns – und wir werden gleichwohl für "orthodoxe Christen" gehalten. Aber vielleicht sind wir Priester noch mehr schuld als jeder andere.
Die dringende, drängende Pflicht der Kirche ist, liebe Schwestern und Brüder, hinauszugehen zu den Einsamen, den Leidenden, ihnen die Liebe Christi zu bringen und auch die unsere – nicht unser Mitleid, sondern unsere echte Liebe und unsere Sorge. Jeder von uns kann in irgendeiner Weise helfen.
Die gute Nachricht heute ist, dass jeder jemand hat. Unser Herr Jesus Christus starb für unsere Sünden. Er starb auch für meine Sünden. Er starb für die Sünden aller Menschen. Und Er liebt uns mit einer Liebe, die wir nicht einmal anfangen können zu verstehen. Das muss unser Glaube sein, unsere Überzeugung, unsere Botschaft der Versöhnung, die wir in alle Welt tragen müssen, angefangen beim Nachbarn. Gott helfe uns dabei. Amen.
Das Fest Mittpfingsten
Nachdem unser Retter den Gelähmten auf wunderbare Weise geheilt hatte, wurden die Juden, besonders die Pharisäer und die Schriftgelehrten von Neid erfüllt,
verfolgten Ihn und suchten Ihn zu töten mit der Ausrede, dass Er den Sabbat nicht halte, denn Er hatte an dem Tag Wunder gewirkt. Jesus zog sich nach Galiläa zurück. Etwa zur Mitte des
Laubhüttenfestes ging Er wieder zum Tempel hinauf und lehrte. Die Juden waren erstaunt über die Weisheit Seiner Worte und sagten: „Wie kann der die Schrift verstehen, ohne dafür ausgebildet zu
sein?“ (Joh 7,15) Aber Christus schalt sie für ihren Unglauben und ihre Ungesetzlichkeit und bewies ihnen dann anhand des Gesetzes, dass sie Ihn als vermeintlichen Ver- ächter des Gesetzes
ungerechterweise suchten zu töten, da Er den Gelähmten am Sabbat geheilt hatte. Da die Worte, die Christus zur Mitte des Festes sprach, sich auf den Sonntag des Gelähmten beziehen und da wir
schon die Mitte der 50 Tage zwischen dem Paschafest und Pfingsten erreicht haben, hat die Kirche dieses heutige Fest als Band zwischen den beiden großen Festen bestimmt, um sie so zu einem zu
machen und an beider Gnade teilzuhaben. Deshalb wird das heutige Fest Mittpfingsten genannt und die Evangeliumsperikope beginnt mit: „Schon war die Hälfte der Festwoche vorüber“ (Johannes 7: 14),
obwohl sich dies auf das Laubhüttenfest bezieht.
Hier sei angemerkt, dass es drei große jüdische Feste gibt: Pessach, Pfingsten und das Laubhüttenfest (Sukkoth). Pessach (ins Griechische übernommen als Pascha) wird am 15. Nissan, dem ersten Monat des jüdischen Kalenders gefeiert, der ungefähr mit dem März zusammenfällt. Dieses Fest gedenkt des Tages an dem die Hebräer angewiesen wurden, am Abend Lamm zu essen und die Türen ihrer Häuser mit dessen Blut zu bestreichen. Als sie dann der Sklaverei und dem Tode durch die Hand der Ägypter entronnen waren, schritten sie durch das Rote Meer und kamen ins Land der Verheißung. Es wird auch das „Fest der Ungesäuerten Brote“ genannt, denn sie aßen sieben Tage lang Brot, das ohne Sauerteig gebacken wurde. Pfingsten wird 50 Tage nach Pessach gefeiert, vor allem weil die Stämme der Hebräer nach dem Exitus aus Ägypten den Berg Sinai erreicht und dort die zehn Gebote von Gott empfangen hatten. Es wurde aber auch zum Gedenken an ihren Einzug ins Gelobte Land gefeiert, wo sie ebenfalls Brot aßen, nachdem sie 40 Jahre in der Wüste Manna gegessen hatten. Deshalb opferten sie an diesem Tag Brot, das mit dem neuen Weizen bereitet worden war. Schließlich feierten sie auch das Laubhüttenfest vom 15. bis zum 22. des „siebten Monats“, der in etwa unserem September entspricht. Während dieser Zeit lebten sie in Hütten aus Zweigen zum Gedenken an die 40 Jahre, die sie in der Wüste in Zelten verbracht hatten (Exodus 12: 10-20; Leviticus 23).
Quelle Andreasbote Mai 2011
Meine durch Sünden und Fehler ausgedörrte Seele netze mit den Strömen Deines Blutes und lass Früchte der Tugenden sie tragen. Denn du sagtest zu allen, sie sollten zu Dir kommen und Wasser der Unvergänglichkeit schöpfen, lebendiges Wasser, das die, die Deine herrliche, göttliche Auferstehung in Hymnen besingen, reinigt von Sünden, Gottes allheiliges Wort. Du, Guter, reichtest dar die Kraft des Geistes, die aus der Höhe herabstieg auf Deine Jünger, die als Gott Dich erkannten. Denn Du bist die Quelle unseres Lebens.
Ikos nach der 6. Ode des Morgengottesdienstes
Die Festwoche von Mittpfingsten
Thomas Zmija
Der fünfte Sonntag im Osterfestkreis, der uns die Begegnung unseres Herrn Jesus Christus mit der Samariterin am Jakobsbrunnen vergegenwärtigt, bildet den Höhepunkt der Festwoche von Mittpfingsten.
Der Jakobsbrunnen ist ein Brunnen in Samaria am Fuß des Berges Garizim in der Nähe von Sichem, der heutigen palästinensischen Stadt Nablus. Die Genesis berichtet uns, dass der Stammvater Jakob dort ein Grundstück gekauft hat (vgl.: Genesis 33:19) Dieses Grundstück vererbte er seinem Lieblingssohn Josegh und dessen Nachkommen, namentlich Efraim (vgl.: Genesis 48:21–22). Auf dem gleichen Grundstück fand Joseph später seine letzte Ruhestätte (Josua 24:32). Nach dem Johannesevangelium (Johannes 4:5–6) hatte Jakob auf diesem Grundstück einen Brunnen gegraben. Dieser Brunnen wird sonst in der Bibel nicht erwähnt, lediglich in Deuternomium 33:28 wird Israel als die „Quelle Jakobs“ bezeichnet. Der Berg Garizim ist theologisch darüber hinaus bedeutsam, weil nach Deuternomium 27 und Josua 8:33 dort Segensworte über die Versammlung der Stämme Israels gesprochen wurden.
Im Evangelium dieses Tages Johannes 4:5-42; 7:14-30) offenbart Sich der HERR als das lebendige Wasser, das unseren Durst nach dem Sinn unseres Lebens stillt, wie keine andere Begegnung und keine Erfahrung zu tun vermag. Wieder klingt in unseren Herzen der Irmos der dritten Ode des Osterkanons auf: "Lasset uns trinken den neuen Trank, nicht aus unfruchtbarem Felsen durch Wunderzeichen hervorgebracht, sondern aus der Quelle der Unverweslichkeit, da aus dem Grabe uns Leben schenkt Christus, in dem wir gegründet sind.“ In diesen Tagen zwischen der Feier der lichten Auferstehung Christi an Ostern und der Sendung des Heiligen Geistes an Pfingsten erschließt sich uns die eigentliche Bedeutung unseres Lebens in der Kirche.
Im alten Bund sind das Passah und das Laubhüttenfest, bei dem das Volhk Israel in provisorischen Unterkünften lebte in der Erinnerung an die rettende Flucht aus der Sklaverei, die ein Typos (Vorabbild) der endgültigen Rettungstat des Mensch gewordenen Gottessohnes Jesus Christus ist. ER ist die wahre Quelle unseres Heils, an dessen Rettungstat wir sakramentalen Anteil erhalten haben durch die Wasser der heiligen Taufe. So haben wir auch zur Deutung des Geschehens am Jakobsrunnen im Morgengottesdienst dieses Tages gesungen: „Denn es kam, suchend auf ewig Sein Bild, der Herrliche“ (Ikos nach der 6. Ode des Kanon).
Was in den alttestamentlichen Geschichten erst Typos (Vorabbildung und Bild) war, was in den Wundern, Zeichenhandlungen und Reden Christi im heiligen Evangelium für Seine Jünger und Apostel schwerverständliches Mysterion blieb, wird in der Auferstehung Christi eindeutige und unwiderrufliche Wirklichkeit und durch die Gabe des Heiligen Geistes zur lebensverwandelnden Wirklichkeit unseren Glauben und zum Leben aus der sakramentalen Gemeinschaft mit unserem Herrn Jesus Christus in der Heiligen Kirche.
"Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von des Leibe werden Ströme des lebendigen Wassers fließen" (Johannes 7:38) und "Wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird ewiglich nicht dürsten; sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm ein Brunnen des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt" (Johannes 4:14) .
Den am Durst in der Wüste verzweifelnden Israeliten kam der Retter der Welt durch das Wasserwunder am Felsen von Meriba zu Hilfe (Exodus 17:1-7). Nun aber, mit der Auferstehung aus dem Felsengrab, wird die lebendige Begegnung mit Gott in den Mysterien (Sakramenten) der Kirche möglich, in denen wir die Nähe Gottes erfahren und in die vergöttlichende Gemeinschaft der erfahrenen Gottesgnade mit hinein genommen werden.
Das haben die meisten Zeitgenossen Jesu und auch Seine Jünger und Apostel vor der Gabe des Heiligen Geistes am Pfingstfest nicht recht verstanden, denn sie erwarteten den Messias in weltlicher Herrlichkeit und als Befreiung von der römischen Fremdherrschaft. Davon hören wir in der Evangelienperikope von Mittpfingsten, als Christus Sich Selbst zur Verwunderung der Priester und Schriftgelehrten als genau das lebendige Wasser verkündigte, das dem Gottesvolk verheißen war.
Am letzten Tag des Laubhüttenfestes zogen die Priester morgens zur Schiloachquelle, schöpften Wasser und brachten es in feierlicher Prozession zum Tempel, um es auf dem Brandopferaltar auszugießen. Dieser Ritus erinnerte an den Felsen, der zur Zeit des Mose Wasser gespendet hatte. Und gleichzeitig verwies dieser Festbrauch auf die Tempelquelle, die in der messianischen Zeit beständig frisches Wasser geben wird, wie die heiligen Propheten vorher verkündet hatten.(vgl. Sachaja 13:1; Jesaja 12:3; Ezechiel 47)
Dieser lebendige Tempel des Heils sollte unser Herr und Heiland Jesus Christus Selbst sei. Immer wieder ist in den Heiligen Schriften sowohl des Alten, als auch des Neuen Bundes davon die Rede, dass der eigentliche Tempel nicht aus Steinen gebaut wird, sondern aus den Herzen der Menschen. Deshalb exsistiert im Neuen Bund, im Neuen Himmlischen Jerusalem auch kein steinerner Tempel mehr, sondern die Stadt Gottes wird erleuchtet vom Lamm (Christus) als der Quelle des Lebenswassers (Apokalypse 21)
„Wer Durst hat, komme zu Mir, und es trinke, wer an Mich glaubt. Wie die Schrift sagt: Aus Seinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen.“ (Johannes 7:37 f.) Diese atemberaubende Einladung Jesu erging in der Mitte des Laubhüttenfestes an die Anwesenden. Und in der Begegnung mit der Samariterin am Brunnen zeigt uns der HERR, dass es GOTT wirklich um die Rettung JEDEN EINZELNEN MENSCHEN mit seinen ganz persönlichen Lebenserfahrungen, Sorgen und Nöten geht. Und damit brachte Er das Fass der Vorurteile und Ärgernisse über Sein Evangelium (Frohe Botschaft) zum Überlaufen, denn ER meinte wirklich alle Menschen, nicht nur das auserwählte Volk. Dies ist auch heute noch, auch in Seiner Kirche, hoch aktuell, wo nicht wenige meinen, dass die Heilige Orthodoxie eine spezielle Gabe, ja geradezu ein exklusives Geschenk an das Volk sei, in das sie hineingeboren wurden.
Aber schon im Gleichnis vom barmherzigen Samariter hat Christus ausgerechnet einen Vertreter dieses als Ketzer verachteten Volkes als Vorbild der Nächstenliebe heraus gestellt. Jetzt lässt ER Sich sogar ganz konkret und real mit einem solchen von allen frommen Juden gemiedenen Menschen ein – und noch dazu mit einer Frau, mit der kein rechtgläubiger Mann in der Öffentlichkeit sprechen durfte. Nach anfänglichen Missverständnissen über die Bedeutung des Wassers, von dem Christus mit ihr spricht, zeigt der Herr Sein eigentliches Anliegen, indem Er in das Herz dieser verwirrten Frau schaute. Es mag auf den ersten Blick wie eine Beschämung und wie ein ethischer Vorwurf aussehen, wenn CHRISTUS sie aufforderte ihren Mann zu holen und als sie darauf hin bekennen muss, dass ihre Liebesverhältnisse alles andere als geordnet sind. „Du hast recht gesprochen: »Ich habe keinen Mann«. Denn fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann.“(Johannes 4,17f.)
Aber unser Herr Jesus Christus droht niemals mit dem erhobenen moralischen Zeigefinger. Das tun nur selbstgerechte und lieblose Menschen, die sich um die Beweggründe der anderen nicht bekümmern wollen und die nur kontrollieren, ob auch alles "richtig" gemacht wird. Der HERR JESUS CHRISTUS sieht vielmehr mit Seinem liebenden Blick "suchend auf ewig Sein Bild“ (Ikos nach der 6. Ode des Kanon) auf die tiefe Sehnsucht dieser samaritanischen Frau.
Wenn wir nur genügend Mut aufbringen - oder besser gesagt, wenn wir demütig genug sind - um ehrlich mit uns selbst zu sein, werden auch wir uns in der tiefe des Herzens in ihr wieder erkennen: In unserer Sehnsucht nach bedingungsloser Liebe, mit der wir uns alle so schwer tun.
Die Vorausssetzung für die Stillung unseres Lebensdurstes durch Christus, die Quelle des unsterblichen Wassers, ist die Aufrichtigkeit uns selbst gegenüber, so wie wir am letzten Sonntag von der Heilung des Gichtbrüchigen in einem anderen Wasser, dem Teich Betesda, gehört haben: Die Einladung zur Heilung erforderte die Bereitschaft, in aller Zuversicht seine Bahre in die Hand zu nehmen und sein Leben im Hören auf GOTT zu gestalten. (vgl.: Johannes 5)
Die Lebensquelle des lebendigen Wassers, die unser HERR JESUS CHRISTUS für uns Menschen sein will, ist kein Wellness-Bad zur Stress-Bewältigung und Harmonie-Seligkeit, sondern bedeutet - wie jede wahre Liebe - das Wagnis der bedingungslosen Hingabe auf dem Weg mit dem Herrn durch Leiden und Sterben hindurch. Uns darin einzufinden und und darin einzuüben war Sinn und Ziel der vergangenen großen Fastenzeit. Ziel ist aber nicht die Askese, die nur eine Übung, ein Weg darstellt, um das eigentliche Ziel, das PAS`CHA des HERRN zu erreichen.
Denn was gibt es Kostbareres als diese Gemeinschaft mit dem MENSCHENLIEBENDEN GOTT, Der Sich uns in den Gaben Seines Allheiligen Leibes und Kostbaren Blutes zur Kommunion hingibt und darbietet um uns teilhaben zu lassen an SEINEM UNSTERBLICHEN LEBEN.
"...Pas´cha ist Pas´cha des Herrn; denn vom Tode zum Leben und von der Erde zum Himmel hat uns Christus, unser Gott geführt, die wir das Siegeslied nun singen..." (Irmos der ersten Ode des Osterkanons)
Im Ostergeheimnis feiern wir CHRISTUS, das LAMM GOTTES, das sich geopfert hat für das Heil der Welt wie die Lämmer, an deren Blut am Torpfosten der Todesengel bei der Tötung der Erstgeburt der Ägypter vorüberging ( vgl.: Exodus 12).
Deshalb haben wir in dieser Nacht der Nächte gesungen: "...Reinigen lasst uns Herz und Sinn, auf dass wir Christus erstrahlen sehn im unzugänglichen Licht der Auferstehung und wir Ihn deutlich sagen hören: Freuet euch, die wir das Siegeslied nun singen.
Nun sollen die Himmel geziemend jubeln, die Erde jauchze und jede sichtbare und unsichtbare Welt feiere ein Fest; denn Christ ist erstanden, unsere ewige Freude.
Christ ist erstanden von den Toten" (aus der ersten Ode des Osterkanons)
Das gesamte Heilswerk des SOHNES GOTTES, von seiner Empfängnis bis zu seiner glorreichen Himmelfahrt vollendet sich mit der verheißenen Ausgießung des HEILIGEN GEISTES am Pfingstfest (vgl.: Johannes 16). Seither sind wir Menschen dazu berufen, die errettende Gemeinschaft mit dem Auferstandenen in der TEILHABE am LEBEN SEINER HEILIGEN KIRCHE zu erfahren.
Die heilige Photine in Russand auch Svetlana genannt
Gedenktag am 5. Sonntag nach Pas´cha
Thomas Zmija v. Gojan
Im Johannesevangelium (Johannes 4: 5 ff.) wird uns berichtet, dass eine samaritanische Frau aus Sichem (Sebaste) nach ihrem Gespräch mit Christus viele Samaritaner aus der Stadt Sebaste zum christlichen Glauben führte. In den Predigten der heiligen Väter wird diese, im Evangelium nicht mit Namen genannte Frau, wie auch die heilige Tekla in Syrien, mit dem Beinamen "Apostelgleiche" geehrt.
Nach der kirchlichen Überlieferung hieß diese samaritanische Frau Photine (griechisch: Φωτεινή von giriechisch: φως = Licht, deshalb im russischen Swetlana (Светлана). Sie wurde am Pfingstfest in Jerusalem getauft, zusammen mit ihren Schwestern Anatolia, Foto, Photis, Paraskeva, Kyriakia sowie ihren Söhnen Photinos und Joseph. Sie unternahm danach mehrere Missionsreisen und verkündete dabei das heilige Evangelium. Nach der einen Überlieferung wurde sie dann nach dreijähriger Gefangenschaft in Karthago hingerichtet. Nach anderen Überlieferungen reiste sie mit ihren Schwestern und Söhnen sowie Sebastian und Christodoulos von Karthago nach Rom, wo sie furchtlos vor Kaiser Nero die Frohe Botschaft von Christus verkündete und so Domnina, die Tochter Neros, und 100 Angehörige des kaiserlichen Hofes zum christlichen Glauben bekehren konnte, bevor Nero sie alle hinrichten ließ. Das Haupt der heiligen Photine wird heute in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern (Santa Paolo fuori le mura) in Rom aufbewahrt.
Zum Sonntag des Blindgeborenen
Archimandrit Panteleimon Lampadarios,
bischöflicher Vikar von Alexandrien
Sechs Monate vor Seinem Opfer am Kreuz ging unser Herr und Erlöser Jesus Christus am Tag des Laubhüttenfestes (Sukkoth) nach Jerusalem und predigte im Hof des Tempels. Als Er den Tempel verließ, saß ein Blinder in einer Ecke, der die Vorübergehenden um Hilfe anbettelte. Die Jünger fragten ihren Lehrer: „Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst? Oder haben seine Eltern gesündigt, so dass er blind geboren wurde?“ Christus, der die Herzen der Menschen kennt, antwortete in Mitleid und Liebe. „Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, sondern das Wirken Gottes soll an ihm offenbar werden.“ (Johannes 9:3 f.)
Unter den Juden war der Glaube stark vertreten, dass Kinder die Sünden der Eltern büßen müssten. Dieser Glaube kommt aus dem Missverständnis des Gebotes Gottes, das Israel befahl keine Götzenbilder zu machen oder anzubeten. Mit anderen Worten, Gott verbot dem Volk Israel der Götzenanbetung zu verfallen. Sollten sie Seinem Gebot nicht gehorchen und vom wahren Glauben an den Einen Gott abfallen, dann würde die Strafe für ihre Sünde auf ihre Kinder bis zur dritten und vierten Generation fallen. Dieses bestimmte Gebot verallgemeinerten die Menschen für alle Sünden. Das war auch der Glaube, den die Apostel zu diesem Zeitpunkt hatten.
Das Gesetz des Mose, das persönliche Sünden betrifft, sagt aber klar, dass jedes Individuum für eine eigenen Sünden verantwortlich ist; denn weder werden Eltern für die Sünden ihrer Kinder bestraft, noch die Kinder für die persönlichen Sünden ihrer Eltern. Der Mann, der von Geburt an blind war, wurde in diesem Zustand geboren, weil es Gottes Wille war und nicht weil Gott seine Eltern bestrafen wollte. Jesus bekräftigt das, indem Er sagt: „Weder er noch seine Eltern haben gesündigt.“
An dieser Stelle müssen wir etwas aufklären. Heute werden viele Babys wegen des sündhaften Lebens ihrer Eltern behindert und entstellt geboren. Wenn sich Eltern zum Sklaven von Alkohol und Drogen machen, wenn eine Mutter gefährliche und ungesunde Pillen nimmt oder Medikamente zur Abtreibung des Embryos, das ihr eigen Fleisch und Blut ist, in diesen Fällen werden die Sünden der Eltern den Kindern aufgeladen. Hier begehen die Eltern eine kriminelle Tat und es ist nicht eine Strafe Gottes.
Die Jünger fragten reinen Herzens, denn sie hatten schon oftmals gehört, wie ihr Lehrer zu Kranken, wie dem Gelähmten sagte, dass ihr Leiden durch ihre Sünden verursacht worden sei. Dieser Blinde war aber blind geboren, d.h. ohne Augen. Christus gibt ihm nicht nur die Kraft zu sehen, sondern bildet aus Staub und Speichel neue Augen. Darin liegt das große Wunder! Wer hat je von einer solchen Heilung gehört? Welcher Arzt konnte einem Mann, der ohne Augen geboren wurde, Augen geben? Welch ein Wunder kann damit verglichen werden? Damit wird bewiesen, dass Jesus der selbe Gott ist, der zu Beginn der Schöpfung den Menschen aus Erde vom Acker - boden erschuf und ihm in seine Nase den Lebensatem blies und so den Menschen zu einem lebendigen Wesen machte (vgl. Genesis 2:7). Der gleiche Gott erschafft hier aus Staub neue Augen und gibt dem Blindgeborenen das Augenlicht, das er so viele Jahre entbehrt hatte.
Jesus Christus, Wort und Sohn Gottes, ist das Licht der Welt. Er ist es, der unser Leben erleuchtet und heiligt und uns anleitet immer das Rechte zu tun. Ohne Christus lebt der Mensch im Dunkel der Unwissenheit. Ohne Christus ist er, egal welche Erziehung, egal welche Reichtümer und Ehren er besitzt, immer unter der Macht der Sünde, die seine ganze Existenz verdunkelt.
Sünde und sündhafte Leidenschaften blenden die geistigen Augen der Seele. Ein Sünder, auch wenn der Augen besitzt und das Tageslicht sieht, bleibt blind und kann das geistige Licht der göttlichen Offenbarungen nicht sehen. Er ist Sklave seiner sündhaften Leidenschaften und wird Sklave der Sünde. Er beraubt sich selbst der wahren Freiheit, die allein Gott bietet.
Um an den göttlichen Gaben teilzuhaben, muss man sich von den Gründen zurückziehen, die die geistige Blindheit verursachen, das sind die Sünden. Solange man auf sündhaften Wünschen besteht, verhindert man, dass die göttliche Erleuchtung in den Tempel unserer Seele gelangt. Wir können Sünde mit einer dunklen Wolke vergleichen, die den Erdboden verschattet und nicht erlaubt, dass der Glanz der Sonne hindurch kommt um die Erde zu erhellen und ihr Leben zu geben. So wird Sünde zur Barriere und verhindert, dass der göttliche Glanz der Gnade Gottes die Seele des Menschen erreicht. Sünde beraubt den Menschen des ewigen Lebens.
Der blind Geborene im Evangelium bekannte Christus als wahren Gott. Folgen wir doch seinem Beispiel: gehen wir zu Gott und bitten wir Ihn, unsere geistige Blindheit zu heilen. Bitten wir Ihn, uns das göttliche Licht zu gewähren, damit wir den Pfad der Tugend erkennen können, den wir gehen müssen. Bitten wir Ihn, die schwere Dunkelheit unserer sündhaften Leidenschaften von uns zu nehmen, die uns in undurchdringliche Finsternis versinken lässt. Der Herr sagte: „Wenn nun das Licht in dir Finsternis ist, wie groß muss dann die Finsternis sein!“ (Matthäus 6: 23). Bitten wir Ihn, uns Seine Gnade zu gewähren, so dass wir auf die Fürbitte der Allheiligen und Immerjungfrau Maria, der Gottesgebärerin, und aller Heiligen Erlösung in Christus erlangen. Amen.
Der Sonntag des Blindgeborenen
Am Sonntag vor Christi Himmelfahrt liest uns die Kirche die Evangeliumsperikope vom Blindgeborenen vor. Zu zwei Dingen möchte ich besonders gern etwas anmerken:
Erstens zu den Worten Christi, warum der Mann als Blinder geboren wurde. Als Antwort auf die Frage Seiner Jünger sagt Er, dass nicht die Sünden des Mannes oder seiner Eltern der Grund für seine Blindheit sind, sondern damit die Werke Gottes an ihm sichtbar werden. Mit anderen Worten, gemäß dem Herrn Selbst, ergeben sich Krankheit oder Behinderung nicht immer als Folge eigener Sünden oder der Sünden anderer, sondern sie können vorsorglich zugelassen werden um die Herrlichkeit Gottes erscheinen zu lassen.
Wir sehen es im Leben mancher Behinderter. Sie erkennen ihre Benachteiligung als Herausforderung, die aus ihnen das Beste hervorbringen kann. Denken wir z.B. an manche Kinder mit Down-Syndrom, die unglaublich lieb und freundlich sind, mehr als wären sie „normal“ geboren. Denken wir auch an manche Blinde, die zwar einen Sinn verloren haben, dafür aber einen anderen fast vervollkommnet haben und ein Verständnis des eigenen Ichs haben, das Sehende nicht haben. Wir kennen alle Beispiele für unglaublichen Mut und Liebe unter Behinderten. Warum? Weil die Gnade Gottes auf ihnen ruht: „Die Werke Gottes werden an ihnen manifest“.
Wir kennen andererseits auch Menschen mit großen „Vorteilen“. Es gibt ja z.B. wunderschöne Frauen und sehr reiche Männer, die unfähig sind Glück in der Ehe zu finden. Sie sind oft umgeben von Leuten, die keinerlei Interesse an ihnen als Menschen haben, sondern die nur den Vorteil der Gegenwart ihrer Schönheit oder ihrer Bankkonten suchen. Denken wir auch an besonders intelligente und gebildete Leute, denen ihr Wissen „zu Kopf gestiegen“ ist und die daraufhin anmaßend oder lächerlich, zum Gespött der ganzen Welt geworden sind. So wurden ihre Vorteile zum größten Hindernis zu irgendeiner Art von Glück.
Beim Blindgeborenen war sein ganzes Leben eine Vorbereitung zu seinem Zusammentreffen mit Christus. Nicht nur war seine Seele rein genug um ihre Heilung durch den Herrn zu empfangen, gereinigt durch die lebenslange Behinderung, sondern er bekannte Ihn als den Sohn Gottes und machte so die Werke Gottes an sich selbst sichtbar.
Die Pharisäer, die eigentlich blind waren, denn sie verbaten Heilen und gute Werke am Sabbat, befragten ihn, versuchten ihn und seine Eltern einzuschüchtern und warfen ihn dann hinaus. Aber er bezeugte ihnen: „Ob er ein Sünder ist, weiß ich nicht. Nur das eine weiß ich, daß ich blind war und jetzt sehen kann“ (Johannes 9: 25). Dann ergänzte er: „Wenn dieser Mensch nicht von Gott wäre, dann hätte er gewiss nichts ausrichten können“ (Johannes 9: 33). Und schließlich bekannte er daran zu glauben, dass Christus der Sohn Gottes ist – als einer der Ersten in den Evangelien.
Es war ein gesundes Urteil des Blindgeborenen. Er kann uns lehren andere zu beurteilen, oder besser, andere nach ihren Früchten zu unterscheiden. Wenn wir oder andere von Gott sind, dann werden wir bestehen und gute Frucht bringen, denn wenn einer nicht von Gott ist, kann er nichts tun. Und wenn jemand von Gott ist, dann wird er schließlich Zeugnis ablegen für die Göttlichkeit Christi.
Das Zweite, das wir in der heutigen Perikope beachten sollten ist die Art und Weise wie Christus heilte. Er spuckte auf die Erde und „machte mit dem Speichel einen Teig“. Wir sehen, dass jedes Sakrament der Kirche auf gleiche Weise heilt:
→ Der Staub der Erde kann nicht heilen, mit dem Atem Gottes jedoch wird er das Gefäß für die heilende Gnade Gottes.
→ Wasser kann nicht heilen, das Wasser der Taufe jedoch heilt, denn das geheiligte Wasser trägt den Heiligen Geist.
→ Öl kann nicht heilen, das Chrisma der Taufe und der Krankensalbung jedoch heilt, denn beide sind erfüllt von der Gnade Gottes.
→ Ein Stück Stoff kann nicht heilen, das Epitrachilion eines Priesters jedoch kann durch die Gnade Gottes heilen nach der ernsthaften Beichte des Sünders und seinem ehrlichen Vorsatz nicht mehr zu sündigen.
→ Brot und Wein können nicht heilen, jedoch Brot und Wein gewandelt in den Leib und das Blut Christi heilen durch den Heiligen Geist.
→ Holz und Farbe können nicht heilen, und doch können Ikonen durch den Heiligen Geist heilen, der ihre Materie durchdringt und aus ihnen Gnade strahlt.
→ Rauch kann nicht heilen und doch bringt der brennende Weihrauch Heilung durch die Gnade Gottes.
Christus lehrt uns, dass alles zu Heil und Nutzen und Rettung genutzt werden kann, aber es muss zuerst von Seiner Gnade berührt werden. Auf diese Art kann unser Leib – nur Fleisch, Gebein und Blut – zum Gefäß Christi werden. Mit unserer entflammten Seele können wir Leuchten des Heiligen Geistes werden; die Augen unserer Seele, die Türen zur Erkenntnis, werden sehend und wir erkennen die Schöpfung Gottes wie sie wirklich ist. Wir sehen, dass jeder Grashalm und jeder Hügel, jeder Baum und jede Wolke, jeder Regentropfen und jedes Meer, alle Geschöpfe und alle Völker Wunder des Werkes Gottes sind, Zeichen Seiner sakramentalen Gegenwart unter uns und wir sehen, dass wir nicht in der banalen Welt des Alltags leben sondern in einem potentiellen Paradies, in der Welt wie sie wirklich ist, wie Gott sie zuerst geschaffen hat, denn wir sehen Gott den Schöpfer hinter allen Dingen und allen Völkern. Und dann können auch wir, zusammen mit dem Blindgeborenen sagen:
„Ich war blind, jetzt sehe ich.“
Quelle: Andreasbote Mai 2011
Mittpfingsten
Thomas Zmija
Die orthodoxe Kirche begeht das Fest Mittpfingsten ( griechisch: Μεσοπεντηκοστή, russisch: Преполовение Пятидесятницы, Преполовение Господне) 25 Tage nach dem Osterfest und 25 Tage vor Pfingsten. An diesem Tag feiern wir ein bedeutendes Christusfest. Am Fest von Mittpfingsten offenbarte sich Christus, als das menschgewordene Wort und die personifizierte Weisheit Gottes. Christus tritt an diesem Festtag erstmals als der göttliche Lehrer in Erscheinung, der uns in alle Weisheit einführen wird (vgl.: Kolosser 2:1-5). Deshalb liest die Orthodoxe Kirche an diesem Tag als Evangeliums-Perikope ein Stück aus der johanneischen Offenbarungsrede Jesu am Laubhüttenfest.
Das Thema der Fest-Ikone ist dem Lukasevangeliums entnommen. Dort wird uns berichtet wie der zwölfjährige Jesusknabe am Laubhüttenfest, dem Tag von Mittpfingsten, das im jüdischen Festkalender in der Mitte zwischen dem Passah-Fest und dem Wochen-Fest ("Schawuot" (שבועות) bedeutet "Wochen" und weist mit diesem Namen auf die mit dem fünfzigsten Tag vollendeten sieben Wochen nach dem Passah-Fest hin) liegt, sich von Seinen Eltern entfernte, als sie sich bereits auf den Heimweg nach Nazareth gemacht hatten, um im Tempeln mit den Schriftgelehrten zu sprechen. Als seine Eltern Ihn dann im Pilgerzug vermissten, kehrte sie um, um ihn in Jerusalem zu suchen. Sie suchten fanden Ihn im Tempel, wo der junge Christus mit den Gesetzeslehrern sprach. Im Zentrum der Ikonen-Darstellung ist der junge Christus auf einem hohen Thron zu sehen. Mit der rechten Hand segnet Er, in der linken hält Er eine Schriftrolle. Die jüdischen Lehrer sitzen auf niedrigen Schemeln zu beiden Seiten des Throns.
Tropar, 8. Ton
In der Mitte des Festes tränke mit den Fluten der Gottseligkeit meine dürstende Seele. Denn allen riefest du, Erlöser zu: „Wen dürstet, der komme zu mir und trinke!“ Quelle des Lebens, Christus Gott, Ehre Dir!
Kondak, 4. Ton
Schöpfer und Gebieter des Alls, Christus Gott, Du sagtest in der Mitte der gesetzlichen Festzeit denen, die Dich umgaben: „Kommet und schöpfet das Wasser der Unsterblichkeit!“ Deshalb fallen wir vor Dir nieder und rufen im Glauben: Gewähre uns Dein Erbarmen, denn Du bist die Quelle unseres Lebens.
Der Sonntag der Samariterin
Gedenktag der Heiligen Swetlana oder Photini
Der 5. Sonntag nach der Auferstehung Christi wird als Sonntag der Samariterin gefeiert. Dieser Tag gedenkt der Begegnung Christi mit der Samariterin am Jakobsbrunnen. Die Bibel berichtet von diesem Ereignis. Der Dialog zwischen Christus und der Frau befindet sich im Johannes-Evangelium 4:5-42.
Eine der ältesten Städte des Gelobten Landes war Schechem, auch Sikima genannt, am Fuße des Berges Gerazim. Dort hatten die Israeliten zur Zeit des Mose und des Jesus von Navi die Segnungen gehört. In der Nähe dieser Stadt hatte Jakob, als er im 19. Jahrhundert vor Christus aus Mesopotamien gekommen war, ein Stück Land mit einem Brunnen gekauft. Dieser bis in die Zeit Christi erhaltene Brunnen war als Jakobsbrunnen bekannt. Bevor Jakob später in Ägypten starb, überließ er als ganz besonderes Erbe dieses Stück Land seinem Sohn Josef (Genesis 49:22). Bevor diese Stadt von Samarien eingenommen wurde, war sie die führende Stadt des Königreichs der Zehn Stämme. In römischer Zeit wurde sie Neapolis genannt, und heute Nablus. Es war die erste Stadt, die Patriarch Abraham in Kanaan besuchte. Hier war es auch, wo Jesus von Navi (Josua) den Stämmen Israels ein letztes Mal predigte. Fast 300 Jahre später versammelte sich hier ganz Israel um Roboam zum König zu machen.
Als unser Herr Jesus Christus dann am Mittag zu dieser Stadt, die auch Sychar hieß (Joh 4,5) kam, war Er müde von dem langen Weg und der Hitze. Er setzte sich an
den Brunnen. Nach einiger Zeit kam die in der heutigen Evangeliumsperikope erwähnte Samariterin um Wasser zu schöpfen. Als sie sich mit Ihm unterhielt und dabei einige sehr private Tatsachen
über sich hörte, glaubte sie an Ihn. Und durch sie kamen viele andere Samariter zum Glauben.
Über die Samariter wissen wir folgendes: Im Jahre 721 vor Christus nahm Salmanasar, König der Assyrer, die zehn Stämme Israels gefangen und verschleppte sie nach Babylon und das Land der Meder. Dort wiederum sammelte er verschiedene Völker und schickte sie nach Samarien. Diese Völker waren Götzenanbeter gewesen. Obwohl sie später im jüdischen Glauben unterrichtet wurden und an den einen Gott glaubten, verehrten sie auch Götzen. Auch nahmen sie nur die Fünf Bücher des Mose an und lehnten die anderen Bücher der Heiligen Schrift ab. Trotzdem hielten sie sich für Abkömmlinge von Abraham und Jakob. Deshalb nannten die frommen Juden diese judaisierten Götzenanbeter Samariter, denn sie lebten in Samaria, der früheren Hauptstadt der Israeliten, wie auch in anderen Städten darum herum. Die Juden lehnten sie als Heiden und Fremde ab und wollten keine Gemeinschaft mit ihnen haben, wie die Samariterin sagte: „Die Juden verkehren nicht mit den Samaritern“ (Joh 4,9). Deshalb wird auch die Bezeichnung „Samariter“ in den biblischen Erzählungen oft recht abschätzig gebraucht.
Nach der Himmelfahrt des Herrn und der Herabkunft des Heiligen Geistes an Pfingsten, wurde die Samariterin durch die Apostel getauft und eine bekannte Predigerin und Martyrerin Christi. Sie wurde nun Photini genannt und hat ihr Fest am 26. Februar.
Die heilige Svetlana (Святая Мученица Фотина (Светлана) im griechischen Αγία Φωτεινή = Photini und Fotini genannt ( Φωτεινή = die Erleuchtete)(† 66 in Rom oder Karthago) ist in der orthodoxen Tradition die samaritanische Frau aus der Stadt Sichem, der Christus am Jakobsbrunnen begegnete. Sie ist eine der heiligen Großmärtyrin und wird zu den heiligen Apostelgleichen gezählt.
Nach ihrer Begegnung mit dem Herrn, bei der sie gläubig geworden war, kehrte in die Stadt zurück und bekannte sich dort zu Christus. Später, als die Jünger nach dem Pfingstfest das Evangelium zuerst in Jerusalem, dann aber auch in ganz Judäa und Samarien verkündeten, wurde diese Samariterin von den Jüngern auf den Namen Photini getauft. Sie bekehrte ihre fünf Schwestern Anatole, Photo, Photis, Paraskeve und Kyriake und ihre beiden Söhne Joseph und Viktor zum christlichen Glauben.Nach dem Martyrium der heiligen Apostel von Petrus und Paulus zog sie mit ihren Schwestern und ihrem Sohn Joseph nach Karthago, um dort die Lehren des heiligen Evangeliums zu verkünden. Dort ist sie dann in der Christenverfolgung durch den römischen Kaiser Nero als Märtyrerin gestorben. Nach der Überlieferung des heiligen Metropoliten Dimitri von Rostow hat sie das Martyrium jedoch im Rom erlitten, wohin sie der Kaiser Nero aus Karthago hatte bringen lassen.
Die Ikone vom Sonntag der Samariterin zeigt, wie Christus am Brunnen mit ihr spricht. Unser Herr wird gezeigt, wie Er sich mit der Samariterin unterhält und sie segnet. Sie hat ihre rechte Hand zu Christus hin ausgestreckt, und zeigt damit ihr Interesse an dem, was Er sagt. Es ist auch ein Zeichen ihres Glaubens und ihrer Bemühung andere dazu zu bringen auf das zu hören, was Christus sagt. Im Hintergrund der Ikone sieht man die Stadt mit dem Berge Gerazim.
Quelle: Griechische Orthodoxe Erzdiözese in Nordamerika
Kontakion
Gläubig war die Samariterin gekommen und sie schaute am Brunnen Dich, das Wasser der Weisheit, von dem sie reichlich getränkt ward. Und das himmlische Reich erloste auf ewig die Herrliche.
Nachdem Du für uns die Heilsordnung erfüllt und das Irdische mit dem Himmlischen vereint
hast, bist Du aufgefahren in Herrlichkeit, Christus, unser Gott.
Ohne uns zu verlassen, ungetrennt, rufst Du denen, die Dich lieben zu:
Ich bin mit euch, und niemand kann wider euch sein !
Himmelfahrt und Kirche
Thomas Zmija
Dieses Fest, das den Festkreis von Pascha abschließt wird vierzig Tage nach dem Fest der Auferstehung unseres Herrn, Erlösers und Gottes Jesus Christus gefeiert. Bis zu diesem Tage haben wir in der österlichen Festzeit anstelle des Gebetes „Himmlischer König“ das Troparion des Osterfestes „Christus ist erstanden von den Toten“ gesungen. Mit dem Pfingstfest, das die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Apostel und die Gottesgebärerin Maria auf dem Zionsberg in Jerusalem feiert, werden wir unsere Gottesdienste und Gebete wieder mit dem Gesang beginnen:
Himmlischer König,* Tröster, Du Geist der Wahrheit, * Allgegenwärtiger und alles Erfüllender, * Urquell des Guten und Spender des Lebens. * Komm und nimm Wohnung in uns, * mach uns rein uns von jedem Makel * und errette, o Gütiger, unsere Seelen.
So feiert die Kirche das Fest der Himmelfahrt am Donnerstag der sechsten Woche nach Ostern. Mit der Himmelfahrt unseres Herrn Jesus Christus kommt auch die Zeit Seines irdischen Wirkens zu ihrem Ende. So ist die Himmelfahrt auch gleichzeitig ein Abschied von Seinen Jüngern. So sagte Er in Seiner Abschiedsrede zu Seinen Jüngern: „Ich verlasse die Welt wieder und gehe zu meinem Vater.“(vgl.: Johannes 16: 28) Dies hatte Er auch schon wiederholt vor Seinem Leiden und vor Seinem Kreuzestod zu den Aposte gesagt. Auch nach Seinem Sieg über die Holle und den Tod in Seiner glorreichen Auferstehung wiederholte Er es zu Maria Magdalena: „Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott“ (Johannes 20: 17). Christus hat Seinen irdischen Lebensweg vollendet und für uns das Heil gewirkt. Er hat vollbracht, was Ihm der himmlische Vater zu tun aufgetragen hatte. Und jetzt ging Er in Seine Herrlichkeit ein, die Er bereits besaß, ehe die Welt geschaffen war. Der Herr sagte schon bei Seiner ersten Erscheinung nach der Auferstehung zu Maria Magdalena, und durch sie auch allen anderen von Seinen Jüngern, dass Er bald in die Himmel auffahren werde. Aber die Sorge um Seine Jünger, das heißt, damit sie das Mysterium um seinen Tod und Seine Auferstehung recht verstehen konnten, ließ Ihn noch einige Zeit bei Ihnen auf Erden verweilen. So fuhr der Herr nicht sofort in die Himmel auf, aber Er lebte auch nicht, wie zur Zeit Seines Verkündigungswirkens, beständig mit Seinen Jüngern. In der Zeit nach Seiner Auferstehung erschien Er ihnen oft plötzlich und unerwartet. So einmal, als sie sich unterhielten, während sie die Türen des Hauses aus Angst versperrt hatten. Ein anderes Mal auf dem Weg zwischen zwei Städten im Bergland von Judäa und schließlich, als Seine Jünger in einem Boot auf dem See Genezareth Fische fingen. Bei all diesen Erscheinungen fuhr der Herr beständig fort, den Jüngern die wahren Zusammenhänge des Evangeliums zu erklären und sie über das Kommen des Reiches Gottes zu belehren. Der Herr versetzte sie dadurch in die Lage, die Heiligen Schriften des Alten Bundes recht zu verstehen, das heißt, sie auf Ihn (Christus) hin rechtgläubig zu deuten. Auch sprach er zu ihnen von Seiner Macht und Majestät in den Himmeln und auf Erden und davon, dass sie auserwählt seien, die Frohe Botschaft Christi zu allen Völkern auf dem Erdkreis zu tragen. (Matthäus 28:19 -20), sie zu taufen (Matthäus 28: 19) und sie alles zu lehren, was Er auch sie gelehrt hatte.
Auch versprach der Herr so lange mit Seiner Kirche zu sein, bis dass Er am Ende der Zeiten wiederkommen werde. Auf diese Weise bereitete Er sie auf die große Aufgabe, den Dienst der Apostel als Leiter und Hirten der Kirche vor. Als sich die Kirche dann durch die Verkündigung der Apostel immer weiter ausbreitete, übertrugen die heiligen Apostel in den neu gegründeten christlichen Gemeinden das von ihnen bisher persönlich ausgeübte Leitungs- und Hirtenamt an einen dortigen Stellvertreter, der Bischof (von griechisch ἐπίσκοπος = Aufseher, Hüter, Schützer) genannt wurde. Schon in Zeit der Apostel wurde dem Ortsbischof auch ein Kreis von Helfern zugeordnet. Diese Gehilfen, die Priester (von griechisch πρεσβύτερος = Ältester) genannt wurden, waren die Berater und Helfer des Bischofs bei der Spendung der heiligen Mysterien (Sakramente) und in der Ausübung der Seelsorge, während die Diakone (von griechisch διάκονος = Diener, Helfer) im Gottesdienst die Gebetsrufe der versammelten Gläubigen anführten und vor allem die Caritas und Armenfürsorge in den noch jungen Ortskirchen übernahmen.
Seit der Gründung der Kirche durch unseren Herrn Jesus Christus (Johannes 20: 19-23; Matthäus 16:18; Lukas 10: 16; Johannes 16:12-13) werden die einzelnen orthodoxen Lokalkirchen durch den Bischof geleitet, der als Nachfolger der Apostel in einer kontinuierlichen Weiheabfolge (griechisch "Cheirotonia" von χειροτονέω = die Hände ausstrecken) steht, die bis zu den ersten Handauflegungen durch die heiligen Apostel (1. Korinther 4: 15) zurückreicht. Diese Weiheabfolge nennen wir in der orthodoxen Kirche die "apostolische Sukzession". Ohne sie kann ges nach orthodoxem Verständnis keine vollständige Teilhabe an der Sakramentalität der Heiligen Kirche geben.
Die Heilige Orthodoxe Kirche bekennen wir im Glaubensbekenntnis als die Eine (vgl: Romer 12:5, 1. Korinther 10, 17 & 12, 13), Heilige (vgl: Epheser 5: 25–27, Apokalypse 19,7–8), Katholische, das heißt, die über den ganzen Erdkreis Ausgebreitete und im rechten Glauben Einige (vgl: 1. Timotheus 3: 15) Kirche. Diese Bandbreite der Bedeutungsfülle umfassen das griechische Wort καθολικήν und das slawische Wort Соборную, das wir im Deutschen mir "katholisch" wiederzugeben versuchen. Insofern ist das dem Griechischen abgeleitete deutschsprachige Abstraktum „katholisch“ keine Konfessionsbezeichnung (Matthäus 28: 19–20, Apokalypse 5: 9–1). Das vierte Wesensmerkmal der Heiligen Orthodoxen Kirche, das wir im Glaubensbekenntnis bekennen, ist, dass sie die Apostolische Kirche (vgl: Epheser 2: 19–20) ist. Hierin bekennen wir, dass die Heilige Orthodoxe Kirche von unserem Herrn und Erlöser Jesus Christus Selbst gestiftet und auf dem Fundament des Heiligen Evangeliums, das uns durch die Apostel verkündet und durch die heiligen Väter der Orthodoxie in rechter Weise ausgelegt und erklärt worden ist, gegründet ist.
In den einzelnen Gemeindekirchen vor Ort sind die Priester die Stellvertreter und Helfer des Bischofs. Auch sie werden durch das Mysterion (Sakrament) der Handauflegung in den Priesterstand erhoben. Das Mysterion oder Sakrament der Priesterweihe heißt "Handauflegung", weil der Bischof bei der Spendung des Sakraments seine Hände auf das Haupt des Weihekandidaten legt. Auf ihn kommt dabei dann durch durch das Gebet (Epiklese) und die Hände des Bischofs die Gnade Gottes herab. Sie ist es, die ihn in sein heiliges Amt erhebt. Auch die Diakone empfangen das Mysterion der Handauflegung und werden dadurch in den Stand der Diakone erhoben. Die Hypodiakone und Lektoren empfangen dagegen eine "Handaussstreckung". Sie gehören damit zum Klerus, haben aber keinen Anteil am sakramentalen Priestertum in der Kirche, das sich in die drei Stufen des Bischofsamtes, des Priestertums und des Diakonates entfaltet.
Zwischen der Auferstehung und der Himmelfahrt des Herrn vergingen vierzig Tage. Diese Zahl vierzig ist nicht zufällig. In der ganzen Heilsgeschichte bezeichnet diese Zahl die Fülle und Vollendung der Heilstaten Gottes.
Am vierzigsten Tag mussten die erstgeborenen Söhne gemäß dem Gesetz, das der Herr dem Propheten Mose gegeben hatte von den Eltern in den Tempel gebracht werden. Und auch jetzt am vierzigsten Tag nach Seiner Auferstehung geht unser Herr Jesus Christus als Heiland des Menschengeschlechtes wie nach einer neuen Geburt in das Haus Seines Vaters (die Himmel) ein. In Seinen Erscheinungen hatte der Herr Seinen Aposteln und Jüngern geboten an diesem Tage in Jerusalem zusammenzukommen. Die Stadt war zu diesem Zeitpunkt voller Pilger, die aus dem ganzen römischen Imperium und darüber hinaus nach Jerusalem zur Feier des Wochenfest (Schawuoth), das 50 Tage nach dem jüdischen Passahfest gefeiert wurde gekommen waren. Trotz der vielen Fremden fanden die Apostel wieder bei den gleichen Leuten Unterkunft, bei denen sie schon während des letzten Abendmahls zu Gast waren. Nach orthodoxer Überlieferung war die Apostel und die allheilige Gottesgebärerin am selben Ort versammelt, an dem bereits das Heilige Letzte Abendmahl stattgefunden hatte.
Da erschien ihnen, wie in diesen vierzig Tagen immer wieder unerwartet und geheimnisvoll der Herr Selbst. Er sagte ihnen nochmals, weshalb es unbedingt notwendig gewesen war, dass Er für das Heil der Welt gelitten hatte und gestorben war. Damit die Frohe Botschaft von der Erlösung bis in die entlegensten Länder der Welt und zu allen Völkern des Erdkreises gelangen konnte, gab Er Seine Apostel den Auftrag zur Verkündigung des Evangeliums, zur Taufe aller Menschen und damit zur Ausbreitung der Kirche bis an die Enden der Erde. Während Er so mit Seinen Jüngern sprach, führte Er sie aus der Stadt hinaus und ging mit Ihnen in Richtung des kleinen Ortes Betanien, der ganz nahe bei Jerusalem lag. So kamen sie, während sie miteinander sprachen, zum Gipfel des Ölberges, der ungefähr einen Kilometer von Jerusalem entfernt war. Hier blieb der Herr stehen. Er sah Seine Jünger an, erhob Seine Hände und segnete sie. Dieser Segen galt nicht nur ihnen, sondern allen Christen, wo und wann sie auch immer leben werden. Vor den Augen Seiner erstaunten Junger wurde Er langsam in die Himmel emporgehoben. Als der Herr ihren Blicken fast entschwunden war, erschien eine helle Wolke und verhüllte Ihn. Die Apostel blickten voll Ehrfurcht auf dieses letzte Wunder im irdischen Wandel ihres Herrn. Noch blickten sie aufmerksam gen Himmel, als plötzlich vor ihnen zwei Engel in leuchtenden Gewändern standen, die zu ihnen sagten: „Ihr Männer aus Galiläa. Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.“
Durch diese Worte der Engel verstanden die Apostel, dass sie auf der Kuppe des Ölberges nichts weiteres mehr erwarten würde, denn der irdische Wandel Christi war nun abgeschlossen. So verneigten sie sich in Ehrfurcht vor dem in die Himmel aufgefahrenen Herrn und kehrten dann nach Jerusalem zurück. Aber sie waren nicht traurig ob der Trennung, sondern wie der Evangelist Lukas berichtet, "mit großer Freude". Denn die heiligen Jünger freuten sich über die Herrlichkeit des Herrn. Das Geschehen der Himmelfahrt überzeugte die Apostel auch endgültig davon, dass Jesus wirklich Christus Gott, der Herrscher des Himmels und der Erde ist. Zeugin der Himmelfahrt ihres Sohnes war auch die allheilige Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria. Davon berichtet uns die Heilige Tradition, der wir in den Worten der Hymnen in den Gottesdiensten dieses Festes vernehmen können. Die allheilige Gottesmutter hatte mehr als alle anderen gelitten, als sie das Leiden ihres Sohnes am Kreuz sehen musste; nun aber freute sie sich mehr als alle anderen, als sie Ihn in Seiner Herrlichkeit sah.
In der Person unseres Herrn Jesus Christus fand auch unsere Erlösung ihre Vollendung, denn unser Herr und Erlöser ist zugleich vollkommener und wahrer Gott und zugleich auch vollkommener und wahrer Mensch. Mit Ihm wurde auch unsere menschliche Natur in die Himmel aufgenommen. Die gesamte menschliche Natur wurde in Christus nun auch des göttlichen Lebens gnadenhaft teilhaftig. Deshalb wird uns der Herr gewähren, worum wir Ihn bitten, wenn es zu unserem Heil dient. Denn Er wird alles für uns tun, damit wir gerettet werden. So dürfen wir vor allem in der Geschäftigkeit unseres alltäglichen Lebens nicht vergessen, dass seit der Himmelfahrt Christi unser wahres Lebensziel in den Himmeln ist. Unser Streben muss auf Christus gerichtet sein, das heißt dorthin, wo Er nun zur Rechten Gottes des Vaters sitzt. Dort soll einst auch unser ewiges Heim sein.
Das Fest Christi Himmelfahrt
Nun sind wir also am letzten Tag von Christi leiblicher Gegenwart auf Erden angekommen. Nun sind wir also am Fest der Himmelfahrt unseres Herrn angekommen. Sie ist die Erfüllung aller Zeichen, seit der Verkündigung an die heilige Jungfrau und ihrer Empfängnis, seit Seiner Geburt und aller Ereignisse in Seinem irdischen Leben, die für uns in den Evangelien aufgeschrieben sind.
Christus kam vom Himmel herab, um die Macht des Satans über die Menschheit zu brechen. Christus wurde gekreuzigt und erstand von den Toten, um den Tod zu überwinden. Christus fährt zum Himmel auf, um die gefallene menschliche Natur zum Himmel zu erheben.
Aber Er fährt nicht auf, wie er herab kam. Er fährt auf und nimmt mit Sich einen menschlichen Leib, eine menschliche Seele, einen menschlichen Geist, einen menschlichen Willen, alle Eigenschaften der menschlichen Natur, außer der Sünde natürlich, denn Christi menschliche Natur ist die menschliche Natur, wie sie zuerst gewollt war, nicht die gefallene menschliche Natur, sondern eine erlöste anmutige menschliche Natur.
Wir sollten uns aber merken, dass all diese Siege Christi über den Satan, den Tod und die Sünde in Demut vollendet wurden. Bei Seiner Geburt gab es keine Medien, wie wir heute sagen würden. Alles geschah im Dunkel, in Niedrigkeit und Armut, da der Retter der Menschheit in einer Höhle neben einem Ochsen und einem Esel geboren wurde. Seine Kreuzigung war nicht triumphal, denn es gab Schande, Diebe, Beschimpfung, Spott, und einen einsamen leiblichen Tod. Bei Seiner Auferstehung gab es keine Zuschauer. Den Frauen, die das leere Grab sahen, wurde nicht einmal geglaubt. Nur ein paar Dutzend Gläubige kamen in den ersten Wochen nach der Auferstehung zum Glauben. Bei Seiner Auferstehung waren die einzigen Zeugen im Schatten der Olivenbäume nur Seine Mutter und die elf Jünger.
Wir erkennen, dass all die großen Ereignisse, all die Siege im Leben Christi von Demut begleitet waren. Denn in der Kirche ist Sieg Demut. Jede Tat in Demut ist ein Sieg über den Stolz des Satans.
Um uns die Gelegenheit zur Demut zu geben, verspricht uns Christus im letzten Augenblick Seiner leiblichen Gegenwart unter uns zwei Dinge:
Erstens: Er tröstet uns und die Jünger mit dem Versprechen des Heiligen Geistes an Pfingsten, Der uns in aller Demut in die ganze Wahrheit führen wird.
Zweitens: durch Seine heiligen Engel erinnert Er uns daran, dass Er so wie Er aufsteigt auch wiederkommen wird, mit den Engeln und in einer Wolke der Herrlichkeit. Er erinnert uns daran, dass Er in Seiner Zweiten und glorreichen Wiederkunft die ganze Erde richten wird.
Und als Er aufsteigt, verspricht Er uns den Heiligen Geist. Wenn Er wieder herab kommt, wird Er in Herrlichkeit kommen als Sieger über den Tod, um über alle sündhaften Taten zu richten, wie der Apostel schreibt: „Der Lohn der Sünde ist der Tod.“ So also ist Gott in Demut siegreich. Deshalb sind die Orthodoxe Kirche und gläubige orthodoxe Christen ebenfalls siegreich, aber nur in Demut.
Gott ist der gnädige Retter unter uns, Er gewährt uns den Heiligen Geist, um uns auf unserem Weg zum Sieg der Demut zu geleiten. Wie wir heute gesungen haben: „Ich bin mit euch und niemand ist gegen euch.“
Gott ist der gerechte Richter unter uns, Er gewährt uns Seine Wiederkunft als Richter des Weltalls und geleitet uns auf unserem Weg zum Sieg der Demut: „Ich bin mit euch und niemand ist gegen euch.“
Herrlichkeit Dir, o Gott, Herrlichkeit Dir!
Quelle: Andreasbote Mai 2012
Das Fest Christi Himmelfahrt wird 40 Tage nach Ostern, am Donnerstag der 6. Woche nach Ostern, gefeiert.
Die Bezeichnung des Festes gibt seinen Inhalt wieder – die Himmelfahrt des Herrn Jesus Christus, d. h. das Ende Seines irdischen Wirkens. Gleichzeitig ist es Sein Abschied von den Jüngern.
Nach Seiner Auferstehung von den Toten gehörte unser Herr Jesus Christus schon mehr zum Himmel als zur Erde. Er sagte in der Abschiedsrede zu Seinen Jüngern: “Ich verlasse die Welt wieder und gehe zu meinem Vater.” Er hatte dies schon vor Seinem heilbringenden Leiden und vor Seinem Kreuzestod gesagt, aber auch nach Seinem Sieg über die Hölle und den Tod durch Seine Auferstehung wiederholte Er vor Maria Magdalena: “Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.” Es ist verständlich, dass das irdische Wirken des Menschensohnes zu Ende gegangen war, Er hatte schon vollbracht, was Ihm der himmlische Vater zu tun aufgetragen hatte. Und jetzt musste Er in Seine Herrlichkeit eingehen, die Er bereits besaß, als die Welt noch nicht geschaffen war.
Der Herr sagte schon in Seiner ersten Erscheinung nach Seiner Auferstehung Maria Magdalena, und durch sie auch allen Seinen Jüngern, dass Er bald in den Himmel auffahren werde.
Aber die Sorge Christi um Seine Jünger, die Er unendlich liebte, hielt Ihn noch auf der Erde. Deshalb fuhr der Herr nicht sofort in den Himmel auf, lebte aber nicht ständig mit Seinen Jüngern, verbrachte mit ihnen nicht Tage und Nächte, die Zeit der Ruhe und des Mahles, so wie es früher gewesen war. Er erschien ihnen unerwartet – einmal, als sie sich unterhielten, als die Türen des Hauses aus Angst vor der Wut der Juden versperrt waren, ein anderes Mal auf dem Weg aus einer Stadt in eine andere und dann schließlich, als die Jünger im Boot auf Fischfang waren. Bei Seinen Erscheinungen fuhr der Herr fort, sie die Wahrheiten des Evangeliums zu lehren, Er erzählte ihnen vom Reich Gottes. Der Herr machte sie fähig, die Heilige Schrift richtig zu verstehen, sprach zu ihnen von Seiner Macht im Himmel und auf Erden, davon, dass sie erwählt seien, die Frohe Botschaft allen Völkern zu verkünden, sie zu taufen und alles zu lehren, was Er sie gelehrt hatte. Der Herr versprach, so lange mit Seiner Kirche zu sein, bis das Ende dieser Welt komme.
So bereitete Er sie auf eine große Aufgabe vor – den apostolischen Dienst. Es vergingen vierzig Tage.
Die Zahl vierzig ist nicht zufällig. In der ganzen Heilsgeschichte ist dies die Zahl der Erfüllung der großen Heilstaten. Am vierzigsten Tag mussten die Kinder gemäß dem Gesetz, das der Herr Mose gegeben hatte, von den Eltern in den Tempel gebracht werden, zum Herrn. Und jetzt, am vierzigsten Tag nach Seiner Auferstehung musste Jesus Christus als der Erlöser der Menschheit wie nach einer neuen Geburt in das Haus Seines Vaters eingehen.
In einer Seiner Erscheinungen hatte ihnen der Herr geboten, an diesem Tag in Jerusalem zusammenzukommen. Die Heilige Stadt war voll von Feinden Jesu Christi, aber es fanden sich Leute, bei denen die Jünger Unterkunft bekamen und sich sogar versammeln konnten. Es ist durchaus möglich, dass einer dieser Orte das Haus war, wo das Letzte Abendmahl vor der Kreuzigung des Erlösers stattgefunden hatte und in dem sich dann die Jünger befanden, als einige Tage nach der Himmelfahrt Christi auf sie der Heilige Geist herabkam.
Als sich die Jünger versammelt hatten, erschien unerwartet und geheimnisvoll – wie immer in diesen vierzig Tagen – der Herr. Er sagte ihnen nochmals, weshalb es für Ihn unumgänglich gewesen war, für die Menschen zu leiden und zu sterben. Damit die große Kunde von der Erlösung bis in die entlegensten Länder der Welt und zu allen Völkern gelange, die sie bewohnen, rief Er Seine Jünger zur Predigt auf und beauftragte sie, Sein Wirken fortzusetzen. Während Er mit den Jüngern sprach, führte Er sie aus der Stadt hinaus und ging in Richtung Betanien.
Und so kamen sie, während sie sprachen, zum Gipfel des Ölbergs, der ungefähr einen Kilometer von Jerusalem entfernt ist. Hier blieb der Herr stehen. Er sah Seine Jünger an, erhob Seine Hände und segnete sie. Dieser Segen galt nicht nur ihnen, sondern allen Christen, wo und wann sie auch leben mögen. Vor den Augen der erstaunten Jünger erhob Er sich in den Himmel und entschwand ihren Blicken. Diese Himmelfahrt dauerte lange, so dass die Jünger dieses großartige Schauspiel genießen konnten. Und erst als der Herr so hoch in den Lüften war, dass das Auge kaum etwas zu unterscheiden vermochte, erschien eine helle Wolke und verhüllte Ihn.
Die Apostel sahen voll Ehrfurcht dieses letzte Wunder des Herrn auf Erden. Sie blickten angestrengt in den Himmel, als plötzlich vor ihnen zwei leuchtende Engel standen, die ihnen sagten: “Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.” Der Herr wird genauso plötzlich und unerwartet und genauso unverkennbar und feierlich kommen, wie Er weggegangen ist. Er kommt genauso in einer Wolke und in Seiner menschlichen Gestalt.
Durch die Worte der Engel verstanden die Apostel, dass sie auf dem Ölberg auf nichts mehr zu warten hatten. Sie verneigten sich in Ehrfurcht vor dem aufgefahrenen Herrn und kehrten nach Jerusalem zurück, aber nicht traurig ob der Trennung, sondern wie der Evangelist Lukas schreibt, mit großer Freude. Sie freuten sich über die Herrlichkeit ihres Lehrers. Bei Seiner Himmelfahrt überzeugten sich die Apostel endgültig davon, dass Er wirklich Gott ist, der Herrscher des Himmels und der Erde. Sie freuten sich auch, dass sie zu einer großen Aufgabe berufen wurden, freuten sich über die Erscheinung der Engel und darüber, dass diese gesagt hatten, dass sie der Herr nicht für immer verlassen hat.
Zeugin der Himmelfahrt war auch die Mutter Gottes. Davon sprechen die kirchlichen Gesänge. Sie litt mehr als alle, als sie das Leiden des Herrn auf
dem Kreuz sah, aber jetzt freute sie sich mehr als alle, als sie Seine Herrlichkeit sah.
Im Herrn Jesus Christus wurde auch die menschliche Natur in den Himmel aufgenommen. Der Mensch wurde des göttlichen Lebens teilhaftig, deshalb wird uns der Herr alles schicken, worum wir Ihn bitten, Er wird alles für uns tun, damit wir errettet werden.
Wir dürfen aber nicht vergessen, dass seit der Himmelfahrt Christi unser wahres Leben im Himmel ist. Unser Streben muss auf Christus gerichtet sein, dorthin, wo Er zur Rechten Gottes des Vaters sitzt. Dort ist unser ewiges Haus.
Quelle: Lorgus/ Dudko; orthodoxes Glaubensbuch
Tropar im 4. Ton: Du hast Dich erhoben in Herrlichkeit, Christus, unser Gott, und den Jüngern durch die Ankündigung des Heiligen Geistes Freude bereitet, indem sie durch Deinen Segen erfuhren, dass Du der Sohn Gottes bist, der Erlöser der Welt.
Kondak im 6. Ton: Nachdem Du die Heilsordnung für uns erfüllt und das Irdische mit dem Himmlischen geeint hast, bist Du aufgefahren in Herrlichkeit, Christus, unser Gott, indem Du keineswegs von uns gegangen, sondern ungetrennt geblieben bist, und denen, die Dich lieben, zurufst: Ich bin mit euch und niemand kann gegen euch sein!
Stichira zu “Herr, ich ruf zu Dir”
Auffuhr in die Himmel der Herr, daß der Welt er sende den Tröster. Seinen Thron hatten bereitet die Himmel, Wolken seine Auffahrt. Engel staunen, da einen Menschen sie schauen, der über sie ist erhoben. Der Vater empfängt, den als Gleichewigen er in seinem Schoße umfängt. Der Heilige Geist gibt all seinen Engeln Geheiß: Erhebet euere Tore, ihr Fürsten. All ihr Völker, klatscht in die Hände. Denn auffuhr Christus dorthin, wo einst er war.
Herr, bei deiner Auffahrt erschraken die Cherubim, als sie dich, den Gott, auf Wolken auffahren sahen, dich, der auf den Cherubim thronet. Und wir preisen dich, da voll Güte ist deine Erbarmung. Ehre sei dir.
Da auf den heiligen Bergen, o Christus, wir deine Erhöhungen schauen, Abglanz von des Vaters Herrlichkeit du, preisen in Hymnen wir deines Antlitzes lichte Gestalt. Vor deinen Leiden fallen wir nieder. Wir verehren die Auferstehung. Und der ruhmreichen Auffahrt sagen wir Preis. Erbarme dich unser.
Herr, da die Apostel dich schauten, wie du auf Wolken empor wardst getragen, da, mit seufzenden Zähren, Christus, Spender des Lebens, erfüllt von Niedergeschlagenheit, sagten sie weinend: Herr, laß uns, deine Knechte, die du als Erbarmer aus Mitleid geliebt, nicht als Waisen zurück. Nein, sende uns, wie du uns verheißen, deinen allheiligen Geist, der unsre Seelen erleuchtet.
Herr, als du der Heilsordnung Mysterium hattest vollendet, da nahmest du deine Jünger mit auf den Ölberg, und siehe, du fuhrest entlang am Firmamente des Himmels. Der du aus Liebe zu mir arm wardst gleich mir und dorthin auffuhrest, von wo du nicht warst getrennt, sende deinen allheiligen Geist, der unsre Seelen erleuchtet.
Du wurdest nicht von des Vaters Schoße getrennt, süßester Jesus, und hast den Erdenbewohnern als Mensch dich gesellt. Heut aber fuhrest vom Ölberg du in Herrlichkeit auf und unsre Natur, die gefallen, hast du in Liebe erhöht und setztest dich auf den gleichen Thron mit dem Vater. Drum erschraken der Körperlosen himmlische Scharen ob des Wunders, und vor Schrecken entsetzten sie sich, und von Zittern befallen priesen deine Menschenfreundlichkeit sie. Mit ihnen preisen auch wir Erdenbewohner deine Herablassung gegen uns und deine Auffahrt von uns und flehend sprechen wir: Der du die Jünger und die Gottesmutter, die dich geboren, bei deiner Auffahrt mit grenzenloser Freude erfüllest, auf ihre Bitten würdige auch uns der Freude deiner Erwählten ob deines großen Erbarmens.
Nachdem Du für uns die Heilsordnung erfüllt
und das Irdische mit dem Himmlischen vereint hast,
bist Du aufgefahren in Herrlichkeit, Christus, unser Gott.
Ohne uns zu verlassen, ungetrennt,
rufst Du denen, die Dich lieben zu:
Ich bin mit euch, und niemand kann wider euch sein!
Das Hochfest der Himmelfahrt
unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus
Dieses Fest, das den Festkreis von Pascha (Ostern) abschließt, wird vierzig Tage nach dem Fest der Auferstehung unseres Herrn, Erlösers und Gottes Jesus Christus gefeiert. Bis zu diesem Tage haben wir in der österlichen Festzeit anstelle des Gebetes „Himmlischer König“ das Troparion des Osterfestes „Christus ist erstanden von den Toten“ gesungen. Mit dem Pfingstfest, das die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die heiligen Apostel und die allheilige Gottesgebärerin auf dem Zionsberg in Jerusalem feiert, werden wir unsere Gottesdienste und Gebete wieder mit dem Gesang beginnen:
Himmlischer König,* Tröster, Du Geist der Wahrheit, * Allgegenwärtiger und alles Erfüllender, * Urquell des Guten und Spender des Lebens. * Komm und nimm Wohnung in uns, * mach uns rein uns von jedem Makel * und errette, o Gütiger, unsere Seelen.
So feiert die Kirche das Fest der Himmelfahrt am Donnerstag der sechsten Woche nach Pascha. Mit der Himmelfahrt unseres Herrn Jesus Christus kommt
auch die Zeit seines irdischen Wirkens zu ihrem Ende. So ist die Himmelfahrt auch gleichzeitig ein Abschied von Seinen Jüngern. So sagte Er in Seiner Abschiedsrede, wie sie uns der Apostel
Johannes in seinem Evangelium übermittelte, zu Seinen Jüngern: „Ich verlasse die Welt wieder und gehe zu meinem
Vater.“ Dies hatte Er auch schon wiederholt vor Seinem heilbringenden Leiden und vor Seinem Kreuzestod zu seinen Aposteln und Jüngern gesagt. Aber auch nach Seinem Sieg
über die Holle und den Tod durch Seine glorreiche Auferstehung wiederholte Er es zu Maria Magdalena: „Ich gehe hinauf zu
meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott“ (Joh 20, 17). Christus hatte Seinen irdischen Lebensweg vollendet und uns das Heil gewirkt. Er hat
vollbracht, was Ihm der himmlische Vater zu tun aufgetragen hatte. Und jetzt ging Er in Seine Herrlichkeit ein, die Er bereits besaß, ehe die Welt geschaffen war. Der Herr sagte schon bei
Seiner ersten Erscheinung nach der Auferstehung zu Maria Magdalena, und durch sie auch allen anderen von Seinen Jüngern, dass Er bald in die Himmel auffahren werde. Aber die Sorge um Seine
Jünger, das heißt, damit sie das Mysterium um seinen Tod und Seine Auferstehung recht verstehen konnten, ließ Ihn noch einige Zeit bei Ihnen auf Erden verweilen. So fuhr der Herr nicht sofort
in die Himmel auf, aber Er lebte auch nicht, wie zur Zeit Seiner Verkündigungswirkens, beständig mit Seinen Jüngern. In dieser Zeit nach Seiner Auferstehung erschien Er ihnen oft plötzlich
und unerwartet. So einmal, als sie sich unterhielten, während sie die Türen des Hauses aus Angst vor Übergriffen der jüdischen und römischen Autoritäten versperrt hatten. Ein anderes Mal auf
dem Weg zwischen zwei Städten im Bergland von Judäa und schließlich, als Seine Jünger im einem Boot auf dem See Genezareth Fische fingen. Bei all diesen Erscheinungen fuhr der Herr beständig
fort, den Jüngern die wahren Zusammenhänge des Evangeliums zu erklären und sie über das Kommen des Reiches Gottes zu belehren. Der Herr versetzte sie dadurch in die Lage, die Heiligen
Schriften des alten Bundes recht zu verstehen, das heißt, sie auf Ihn (Christus) hin recht zu deuten. Auch sprach er zu ihnen von Seiner Macht und Majestät in den Himmeln und auf Erden und
davon, dass sie auserwählt seien, die Frohe Botschaft Christi zu allen Völkern auf dem Erdkreis zu tragen. (Matth. 28,19 bis 20), sie zu taufen (Matth. 28, 19) und sie alles zu lehren, was Er
auch sie gelehrt hatte. Auch versprach der Herr so lange mit Seiner Kirche zu sein, bis dass Er am Ende der Zeiten wiederkommen werde. Auf diese Weise bereitete Er sie auf die große Aufgabe,
den Dienst der Apostel als Leiter und Hirten der Kirche vor. Schon zu ihren Lebzeiten übertrugen die Apostel in den neu gegründeten christlichen Gemeinden dieses Leitungs- und Hirtenamt für
die jeweils bestimmte Ortskirche an einen Stellvertreter, der Bischof (von griechisch ἐπίσκοπος = Aufseher, Hüter, Schützer) genannt wurde. Schon in apostolischer Zeit wurde dem Ortsbischof
ein Kreis von Helfern zugeordnet. Diese Gehilfen, die Priester (von griechisch πρεσβύτερος = Ältester) genannt wurden, waren die Berater und Helfer des Bischofs bei der Spendung der heiligen
Mysterien (Sakramente) und in der Seelsorge, während die Diakone (von griechisch διάκονος = Diener, Helfer) im Gottesdienst die Gebetsrufe der versammelten Gläubigen anführten und vor allem
die Caritas und Armenfürsorge der jungen Ortskirchen übernahmen.
Seit der Gründung der Kirche durch unseren Herrn Jesus Christus (Joh. 20,19-23; Matt. 16,18; Lk. 10,16; Joh. 16,12-13) werden die einzelnen orthodoxen Ortskirchen durch Bischöfe geleitet, die als Nachfolger der Apostel in einer kontinuierlichen Weiheabfolge (griechisch Cheirotonia von griechisch χειροτονέω = die Hände ausstrecken), die bis zu den ersten Handauflegungen durch die heiligen Apostel (1 Kor. 4,15) zurückreicht, stehen. Dies nennen wir Orthodoxe die apostolische Sukzession. Ohne sie gibt es nach unserem Verständnis keine vollständige Teilhabe an der Sakramentalität der heiligen Kirche . In den einzelnen Gemeindekirchen vor Ort sind die Priester die Stellvertreter und Helfer des Bischofs. Auch sie werden durch das Mysterion (Sakrament) der Handauflegung in den Priesterstand erhoben. Das Mysterion oder Sakrament der Priesterweihe heißt auch Handauflegung, weil der Bischof bei der Spendung des Sakraments seine Hände auf das Haupt des Weihekandidaten legt. Auf ihn kommt durch durch ein Gebet (Epiklese) über die Hände des Bischofs dann die Gnade Gottes auf den Weihekandidaten herab, die diesen dann in sein heilige Amt erhebt. Auch die Diakone empfangen das Mysterion der Handauflegung und werden dadurch in den Stand der Diakone erhoben. Die Hypodiakone und Lektoren empfangen ebenfalls eine Handauflegung. Sie gehören zwar damit zum Klerus der Kirche, haben aber noch keinen Anteil am Priestertum, das sich in die drei Stufen des Bischofsamtes, des Priestertums und des Diakonates gliedert.
Zwischen der lichten Auferstehung (Pascha) und der Himmelfahrt des Herrn vergingen vierzig Tage. Diese Zahl vierzig ist nicht zufällig. In der ganzen Heilsgeschichte bezeichnet diese Zahl die Erfüllung vieler, großer Heilstaten. Am vierzigsten Tag mussten die erstgeborenen Söhne gemäß dem Gesetz, das der Herr dem Propheten Mose gegeben hatte, von den Eltern in den Tempel des Herrn gebracht werden. Und auch jetzt, am vierzigsten Tag nach Seiner glorreichen Auferstehung geht unser Herr Jesus Christus als Erlöser des Menschengeschlechtes wie nach einer neuen Geburt in das Haus Seines Vaters (= die Himmel) ein. In Seinen Erscheinungen hatte der Herr Seinen Aposteln und Jüngern geboten, an diesem Tage in Jerusalem zusammen zu kommen. Die Heilige Stadt war zu diesem Zeitpunkt voller jüdischer Pilger, die aus dem ganzen römischen Imperium und darüber hinaus nach Jerusalem zur Feier des Wochenfest (Schawuoth), das 50 Tage nach dem jüdischen Passahfest gefeiert wurde, gekommen. Trotz der drängenden Enge fanden sich Leute, bei denen die Junger Unterkunft fanden und sich in einem Saal im Obergeschoss des Hauses versammeln konnten. Nach der orthodoxen Überlieferung war dies der gleiche Ort, an dem das heilige Letzte Abendmahl stattgefunden hatte. Hier waren dann die heiligen Apostel mit der allheiligen Gottesgebärerin in ihrer Mitte am Himmelfahrtstag versammelt.
Da erschien ihnen, wie immer in diesen vierzig Tagen unerwartet und geheimnisvoll, der Herr Selbst. Er sagte ihnen nochmals, weshalb es unumgänglich gewesen ist, dass Er für das Heil der Menschen litt und gestorben ist. Damit die Kunde von der Erlösung bis in die entlegensten Länder der Welt und zu allen Völkern gelange, die sie bewohnten, beauftragte Er Seine Jünger mit der Predigt der Heilsbotschaft. Während Er mit den Jüngern sprach, führte Er sie aus der Stadt hinaus und ging mit Ihnen in Richtung des kleinen Ortes Betanien, das nahe bei Jerusalem lag. So kamen sie, während sie miteinander sprachen, zum Gipfel des Ölberges, der ungefähr einen Kilometer von Jerusalem entfernt lag. Hier blieb der Herr stehen. Er sah Seine Jünger an, erhob Seine Hände und segnete sie. Dieser Segen galt nicht nur ihnen, sondern allen Christen, wo und wann sie auch leben werden. Vor den Augen Seiner erstaunten Junger wurde Er langsam in die Himmel emporgehoben. Als der Herr ihren Blicken fast entschwunden war, erschien eine helle Wolke und verhüllte Ihn. Die Apostel blickten voll Ehrfurcht auf dieses letzte Wunder im irdischen Wandel ihres Herrn. Noch blickten sie aufmerksam gen Himmel, als plötzlich vor ihnen zwei Engel in leuchtenden Gewändern standen, die zu ihnen sagten: „Ihr Männer aus Galiläa. Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.“
Durch diese Worte der Engel verstanden die heiligen Apostel, dass sie auf dem Ölberg nichts mehr zu warten hatten. Sie verneigten sich in Ehrfurcht vor dem in die Himmel aufgefahrenen Herrn und kehrten nach Jerusalem zurück, aber nicht traurig ob der Trennung, sondern wie der Evangelist Lukas schreibt, mit großer Freude. Sie freuten sich über die Herrlichkeit ihres Herrn. Das Geschehnis der Himmelfahrt überzeugte die Apostel endgültig davon, dass Er wirklich Christus Gott ist, der Herrscher des Himmels und der Erde. Zeugin der Himmelfahrt ihres Sohnes war auch die allheilige Gottesgebärerin. Davon berichten uns die kirchlichen Gesänge der Festgottesdienste. Sie litt mehr als alle anderen, als sie das Leiden ihres Sohnes am Kreuz sah, aber jetzt freute sie sich mehr als alle anderen, als sie Ihn in Seiner Herrlichkeit sah. So vollzog sich die Himmelfahrt des Herrn. In der Person unseres Herrn Jesus Christus wurde auch die menschliche Natur in die Himmel aufgenommen. Die menschliche Natur wurde in Christo des göttlichen Lebens gnadenhaft teilhaftig. Deshalb wird uns der Herr gewähren, worum wir Ihn bitten, wenn es zu unserem Heil dient. Denn Er wird alles für uns tun, damit wir gerettet werden. So dürfen wir vor allem in der Geschäftigkeit unseres alltäglichen Lebens nicht vergessen, dass seit der Himmelfahrt Christi unser wahres Lebensziel in den Himmeln ist. Unser Streben muss auf Christus gerichtet sein, das heißt dorthin, wo Er nun zur Rechten Gottes des Vaters sitzt. Dort soll einst auch unser ewiges Heim sein.
Zusammengestellt von Thomas Zmija unter Verwendung von Lorgus & Dudko; Orthodoxes Glaubensbuch; Eine Einführung in das Glaubens- und Gebetsleben der russischen Orthodoxen Kirche, Würzburg 2001, Seite 155 ff.
Der Engel Freude über die Erhöhung der Menschen
Eine Predigt des heiligen Johannes Chrysostomos
Unser armseliges Menschengeschlecht, das über die Maßen töricht gewesen, ist heute durch Christus über alles erhöht worden. Heute haben die Engel erlangt, wonach sie sich so lange gesehnt hatten; heute haben die Erzengel geschaut, was sie schon lange gewünscht hatten: Unsere Natur, mit unsterblicher Herrlichkeit und Schönheit bekleidet, erstrahlt auf dem königlichen Thron!
Danach hatten sich die Engel schon lange gesehnt, das hatten die Erzengel schon lange gewünscht. Wenn wir (dadurch, dass die menschliche Natur in Christus zur Vollendung gelangte) größerer Ehre gewürdigt worden sind als sie, freuten sie sich trotzdem über unsere Erhöhung, wie sie auch getrauert hatten über unseren Fall. Obwohl die Cherubim das Paradies bewachten, hatten sie doch Mitleid mit uns empfunden. Wie ein Knecht auf Befehl seines Herrn seinen Mitknecht ins Gefängnis wirft und ihn bewacht, aber aus Mitleid mit dem Mitknecht Schmerz empfindet, so hatten es die Cherubim zwar übernommen, das Paradies zu bewachen, aber bei der Bewachung Mitleid gefühlt. Um dir zu zeigen, dass sie Mitleid empfanden, mache ich das dir am Menschen klar. Wenn du siehst, dass Menschen gegenüber Mitmenschen Mitleid empfinden, so zweifle nicht bei den Cherubim; denn diese Mächte haben eine größere Liebe als die Menschen. ...
Dass sie unsere Anliegen als die eigenen betrachten, lerne aus der großen Freude, die sie darüber empfanden, dass sich der Herr mit uns versöhnt hat. Dass sie sich freuten, machen die Worte Christi deutlich: „Im Himmel und auf Erden wird mehr Freude sein über einen einzigen Sünder, der umkehrt“ (Lk 15,7). Freuen sich aber die Engel, wenn sie nur einen reuigen Sünder erblicken, wie sollten sie nicht die größte Freude empfinden, wenn sie heute das ganze Menschengeschlecht durch seinen Erstling in den Himmel gebracht sehen?
Quelle: Johannes Chrysostomos, Homilie über die Himmelfahrt Christi, 4; PG 50, 448, abgedruckt in: Lothar Heiser, Quellen der Freude, Die Hochfeste der orthodoxen Christen, Gersau (CH) 2002, S. 237 f.
Die Heilige Orthodoxe Kirche bekennen wir im Glaubensbekenntnis als die Eine (vgl: Romer 12:5, 1 Kor. 10, 17 & 12, 13), Heilige (vgl: Epheser 5,25–27, Apokalypse 19,7–8), Katholische,das heißt, die über den ganzen Erdkreis Ausgebreitete und im rechten Glauben Einige. (vgl: 1 Timotheus 3,15) Dies in etwa bedeutet das griechische Wort καθολικήν oder das slawische Wort Соборную, das wir im Glaubensbekenntnis sprechen. In deutscher Sprache verwenden wir oft das aus dem griechischen abgeleitete Hilfswort „katholisch“, das dann aber an dieser Stelle nicht eine landläufige Konfessionsbezeichnung beinhaltet (Matthäus 28,19–20, Apokalypse 5,9–1). Das vierte Wesensmerkmal der Heiligen Orthodoxen Kirche, das wir im Glaubensbekenntnis bekennen, ist, dass sie die Apostolische Kirche (vgl: Epheser 2,19–20) ist. Hierin bekennen wir, dass die Heilige Orthodoxe Kirche von unserem Herrn und Erlöser Jesus Christus Selbst gestiftet und auf dem Fundament des heiligen Evangeliums, das uns durch die Apostel verkündet und durch die heiligen Väter der Orthodoxie in rechter Weise ausgelegt und erklärt worden ist, gegründet ist.
Predigt
zum Sonntag
der Väter des Ersten Ökumenischen Konzils
von Metropolit Antonij von Suroš
Heute gedenken wir voller Ehrfurcht und Dank der Väter des Ersten Ökumenischen Konzils, welche im Angesicht der Lüge, die sich gegen Christus erhoben hatte, den Glauben der Kirche verkündigten, dass Er wahrhaft Gottes Sohn und Gott ist, dem Vater und dem Geiste gleich.
Wir leben jetzt in einer Zeit, in der es scheint, dass unser Glauben recht klar und eindeutig ist. Doch der Glauben war für viele nicht immer so unmissverständlich wie jetzt. In dieser früheren Zeit, als der menschliche Verstand voller Erschrecken vor dem Unfassbaren der Göttlichen Offenbarung stand, konnten gerade die Menschen, die in irdischer Weisheit bewandert waren, nur mit Schwierigkeiten Christus als Den wahren Gott anerkennen, Der für sie ja unzugänglich und unbegrenzt von Zeit und Raum galt, Der jedoch im Fleisch erschienen war, um mit uns zu leben, um ganz Mensch zu sein, in allem uns gleich außer der Sünde.
Die gleiche Herausforderung besteht nun schon seit Jahrhunderten für diejenigen, die ganz erfüllt sind vom Irdischen und nicht bereit sind, das Geheimnis des
Göttlichen anzunehmen, das Wort der Wahrheit im Glauben anzunehmen, das Gott Selbst gesprochen hat. Mit wie viel größerer Ehrfurcht sollten wir deshalb derer gedenken, die in jener für uns fernen
Zeit, die den Jahren, in denen unser Heiland unter uns lebte, jedoch noch ganz nahe war, für uns den Glauben bewahrt haben und ihn in seiner ganzen Pracht verkündet haben. Dank ihrer verehren wir
in Christus den Lebendigen Gott, dank ihrer wissen wir, das der unbegreifliche Gott Mensch geworden war und alles Menschliche auf Sich genommen hatte, alles geheiligt hat, alles gereinigt hat,
alles dem geheimnisvollen und unfassbarem Gott näher gebracht hat.
Mit welcher Ehrfurcht sollten wir auf einen Menschen und auf die Welt schauen, in der dies geschehen ist. Die Menschwerdung Christi, die Fleischwerdung des Gottessohnes bedeutet, dass der Mensch etwas so Großartiges ist, dass er nicht nur Gefäß des Göttlichen sein kann und Ort Seiner Einwohnung, Seines Seins, sondern sogar Ihm so nahe kommen kann, wie es uns das Wunder der Fleischwerdung zeigt.
Weiterhin offenbart uns dieses Geheimnis die Größe der gesamten geschaffenen Welt, denn der Gottessohn ist nicht nur Menschensohn geworden. Das Wort ward Fleisch. Gott wurde nicht nur Mensch, sondern vereinigte sich mit dem geschaffenem „Material“ unserer Erde. Wir sehen somit, dass die gesamte Schöpfung durch Gott so geschaffen ist, dass sie wiederum nicht nur Gefäß und Ort für das Göttliche zu sein vermag, sondern sich auch mit dem Göttlichen Selbst vereinen kann.
Wenn wir uns nur an all dies erinnern könnten, wenn wir nur so einander anschauen könnten und dabei dieses tiefe Geheimnis zu erfassen vermöchten, wenn wir begreifen würden, während wir uns umschauen, dass die gesamte Schöpfung zur Herrlichkeit Gottes berufen ist, dann würden wir eine andere Welt erschaffen, dann wäre unser Miteinander ein anderes, dann würden wir anders mit den Gütern dieser Erde umgehen. Das Leben wäre dann voller Rechtschaffenheit und Ehrfurcht!
Lasst uns darüber nachdenken. Der Apostel fordert uns auf, dass wir nicht nur mit der Seele, sondern auch im Leibe Gott preisen. Er verkündet, dass eine Zeit kommen wird, in der der Sohn alles unterwerfen wird, um Sich dann Selbst dem Vater zu unterwerfen, um Ihm alles zu übergeben. Dann wird Gott Alles in allem sein. Tun wir etwas dafür, dass diese Herrlichkeit uns erleuchtet, uns erfasst und uns durchdringt, jeden Menschen und die gesamte Schöpfung? Lasst uns nun diesen Weg des Erbauens voller Ehrfurcht und Elan beginnen und uns dabei der Herrlichkeit Gottes und der Schöpfung erfreuen und lasst uns gemeinsam mit Gott die Ewigkeit erschaffen! Amen.
Der Samstag vor dem Pfingsfest
Der Samstag, der auf den sechsten Sonntag nach Ostern folgt, ist die Vigil des Pfingstfestes. Dieser Samstag hat in der byzantinischen liturgischen Tradition einen doppelten Charakter.
Einerseits trägt er den Namen „Samstag der Toten“. Er ist dem Gebet für die Verstorbenen gewidmet. Wir haben schon am Samstag, der auf den Sonntag des verlorenen Sohnes, an der Schwelle der Fastenzeit, folgt, besonders der Gläubigen gedacht, die diese irdische Welt verlassen haben. An dem letzten Tag der Osterzeit beten wir erneut für sie, denn die glorreiche Auferstehung Christi ist Ursache und Voraussetzung der Auferstehung allen Fleisches. Die Gottesdienste dieses Tages sind identisch mit denen des „Samstags der Toten“ vor der Fastenzeit. Die Epistel (1.Thessalonicher 4: l3-16) der Liturgie ermuntert uns, uns „über die Verstorbenen“ nicht zu grämen „wie die anderen, die keine Hoffnung haben. Wenn Jesus – und das ist unser Glaube – gestorben und auferstanden ist, dann wird Gott durch Jesus auch die Verstorbenen zusammen mit ihm zur Herrlichkeit führen.“
Das Evangelium (Johannes 5: 24-30) lässt uns diese Worte Jesu hören: „Amen, Amen, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat das ewige Leben; er kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod ins Leben hinübergegangen. Die Stunde kommt, und sie ist schon da, in der die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden; und alle, die sie hören, werden leben... Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen, die das Böse getan haben, zum Gericht.“
Im Gegensatz zu den beiden abendländischen theologischen Denktraditionen mit der katholischen Lehre vom Fegefeuer und der damit im Gegensatz stehenden protestantischen Rechtfertigungslehre hat unsere orthodoxe Kirche hat keine Glaubenssätze definiert über den Reinigungsmodus der Seelen der Verstorbenen, die noch nicht zur göttlichen Anschauung und Freude zugelassen sind. Aber sie lädt uns ein, für die Seelen zu beten; sie zweifelt nicht, dass unsere Fürbitte ihnen helfen kann, von Licht zu Licht fortzuschreiten. So beten wir mit den Worten der Kirche dieses Gebet aus dem heutigen Morgengottesdienst: „Gib, o Herr, Deinen Knechten und Mägden die Ruhe im Land der Lebenden, wo aller Schmerz, alle Trübsal und alles Seufzen entflieht. Vergib ihnen als Menschenliebender die Sünden, die sie in diesem Leben begangen haben, denn du allein bist ohne Sünde und du allein bist barmherzig, Gebieter der Lebenden und der Toten.“
Das Gebet für die zu Gott Entschlafenen darf uns nicht den anderen Aspekt dieses Samstags vergessen lassen. Es ist der letzte Tag der Osterzeit und der Vortag des Pfingstfestes.
Unsere orthodoxe Kirche deutet die sieben Wochen der Osterzeit nicht nur als verlängertes, die Ewigkeit vorwegnehmendes Pas´cha, sondern ebenso sehr als ein kontinuierliches, sich entfaltendes Pfingsten. Indem sie am Abend des Ostersonntags das Evangelium von der Spendung des Heiligen Geistes verkündet (Johannes 20: 19-23), stellt sie das Osterereignis in die Betrachtungsperspektive von Pfingsten: Der Auferstandene tritt in die Mitte Seiner Jünger und spendet zuerst ihnen und durch sie dann Seiner ganzen orthodoxen Kirche – den Heiligen Geist. Der Heilige Geist ist durch den Empfang der Heiligen Myronsalbung mit Seinen Gaben (Charismen) in jedem Gläubigen gegenwärtig.
Durch die Wiedergeburt, die wir im Sakrament der Heiligen Taufe empfangen und durch die Salbung mit dem Heiligen Geist, die wir im Sakrament der Myronsalbung empfangen, werden alle Getauften in die Heilige Kirche als dem geistlichen Tempel und Leib Christi eingefügt. Dabei erhalten alle Orthodoxen durch das Wirken des Heiligen Geist auch Anteil am „Priestertum aller Getauften“. Sie werden dadurch erst befähigt die Werke eines christlichen Menschen zu vollbringen und geistige Opfer darbringen, die machtvolle Taten zu bekennen und durch ein christlich-orthodoxes Leben das heilige Evangelium Christi zu verkünden (vgl.: 1. Petrus 2:4–10). Als wichtigste Gabe des Heiligen Geistes erhalten die Gläubigen zugleich auch das Charisma des Gebetes (vgl. Apostelgeschichte 2: 42–47). Die Gaben des Heiligen Geistes befähigen den Christen erst, „sein ganzes Leben Christus, Gott zu überliefern“, das heißt, sich als eine lebendige, heilige und wohlgefällige Opfergabe Gott darbringen (vgl.: Römer 12:1).
Außer dem gemeinsamen Priestertum alles Getauften gibt es in der Kirche auch das sakramentale Priestertum. Dieses Sakrament ist von Christus selbst vor Seiner glorreichen Himmelfahrt im Obergemach (Abendmahlssaal) an den Heiligen Aposteln vollzogen und damit eingesetzt worden (vgl.: Johannes 20: 19-23). Dieses sakramentale Priestertum ist aber nicht Ausdruck einer klerikalen Herrschaft in der Kirche, sondern ein Priestertum des Dienstes für die Gläubigen (Laien). Deshalb sind in der orthodoxen Kirche das sakramentale Priestertum und das gemeinsamen Priestertum aller Getauften auch organisch aufeinander zugeordnet. Das sakramentale Priestertum in der Kirche bildet durch sein besonderes, heiliges Charisma, das durch den Empfang der Weihe im dem Sakrament der Handauflegung (Cheirotonie) empfangen wird, das priesterliche Volk Gottes (Laos) geistlich heran, indem es die Gottesdienste vollzieht und das Heilige Evangelium verkündet sowie die heiligen Mysterien (Sakramente) vollzieht.
Bei allem - Gott sei Dank - bisher in der Ökumene erreichten guten Miteinanders unter den christlichen Konfessionen unterscheiden sich die aus der protestantischen Reformation des 16. Jahrhunderts hervorgegangenen Glaubensgemeinschaften bis heute fundamental sowohl von der Orthodoxen Kirche, aber auch von den Alt-orientalischen Kirchen, der Römisch-Katholischen Kirche und der Assyrischen Apostolischen Kirche des Ostens in ihrer Auffassung vom Wesen der Kirche (Ecclesiologie), vom sakramentalen und allgemeinen Priestertum in der Kirche und über das Wesen und die Wirkung der Heiligen Mysterien (Sakramente). Bei aller Notwendigkeit und dem damit verbundenen guten Willen zu einem gelingenden ökumenischen Miteinander zwischen den verschiedenen christlichen Konfessionen stellen diese protestantischen theologischen Auffassungen auch im konfessionskundlichen Vergleich in keiner Weise eine evangelische Rückbesinnung, sondern vielmehr eine tiefgreifende Veränderung und Neuerung dar, die vom altkirchlichen Standpunkt aus den kirchlichen Charakter der protestantischen Glaubensgemeinschaften ernsthaft in Frage stellen muss. Weder mit der Orthodoxen Kirche noch mit der Römisch-Katholischen Kirche wird es daher ohne eine tiefgreifende evangelische Neubesinnung in den drei oben genannten Bereichen der Theologie und des kirchlichen Lebens zu einem Mehr an kirchlicher Gemeinschaft kommen können. Dabei geht es uns Orthodoxen nicht um einen starrsinnigen Fundamentalismus, sondern um das authentische Zeugnis (Martyria) zu der durch den gemeinsamen Herrn Jesus Christus gestifteten Heiligen Kirche und ihrem apostolischen geistlichen innerkirchlichen Leben.
Mit den protestantischen Auffassungen ontologisch verbunden ist ein bleibender tiefer und mit den Argumenten der menschlichen Klugheit auch nicht überbrückbarer theologischer Dissens zwischen der orthodoxe Auffassung vom Priestertum aller Getauften und der protestantischen Lehre vom „Priestertums aller Gläubigen“. Bereits im Jahre 1559 hatte der Wittenberger Theologe und Weggefährte Melanchthon versucht, mit einer griechischen Version der lutherischen Confessio Augustana in Konstantinopel Zustimmung und Unterstützung für die protestantisch-lutherische Theologie zu finden. Dieses Schriftstück erreicht jedoch niemals den dortigen Patriarchen. Diesem ersten Versuch folgte in den Jahren von 1573 bis 1581 ein zweiter Anlauf durch die Protestanten. Protestantischen Theologen aus Tübingen versuchten durch einen Briefwechsel mit dem Ökumenischen Patriarchen Jeremias II. und seiner Synode in Konstantinopel die orthodoxe Zustimmung zu den protestantischen Lehrpositionen zu erlangen. Die Orthodoxen antworteten interessanterweise auf die dabei übersandte griechische Version der Confessio Augustana mit einem ausführlichen Liturgiekommentar, um dann im Fortgang des weiteren Briefwechsels sehr schnell die Unvereinbarkeit der lutherischen Positionen mit der orthodoxen Glaubenslehre feststellen zu müssen und den Briefwechsel daraufhin abzubrechen. Als dann der Protestantismus im Rahmen der Ausbreitung reformatorischer Ideen und Gemeinden gen Osten auch die Gebiete der polnisch-litauischen Rzeczospolita und damit auch die orthodoxen Gebiete in der von dort beherrschte Ukraine erreichte, sorgte der Kiever Metropolit Petro Moglia mit seiner Confessio Orthodoxa für eine eindeutig-deutliche Darlegung der orthodoxen Auffassung über das Priestertum aller Getauften (im Traktat über das Mysterium des Priestertums ; Confessio Orthodoxa I, 108) und grenzte die orthodoxe Glaubenslehre dort und in vielen weiteren Punkten klar gegen die unterschiedlichen protestantischen Auffassungen ab.
In jüngerer Zeit lassen sich weitere Beispiele für die Ablehnung der protestantischen Vorstellungen durch die Orthodoxie anführen. So legte der griechische Theologe Christos Androutsos in seiner „Dogmatik der rechtgläubigen östlichen Kirche“ (1907) ausführlich dar, dass es sich mit dem allgemeinen Priestertum aller Gläubigen „keineswegs so verhält, wie es sich die Protestanten einbilden“. Die russischen Theologen Alexej Chomjakov und Nikolai Afanasieff ( N. Afanassieff: Das allgemeine Priestertum in der orthodoxen Kirche; in: EHK 12 (1935) sowie: The Ministry oft the Laity in the Church; in: The Ecumenical Rewiew 1957/58, 255-263) grenzen die orthodoxe Auffassung ebenso eindeutig von der protestantischen Absicht ab, jedem Glied der Kirche zugleich mit der Taufe auch als "Priester" das Recht zusprechen zu wollen, die Liturgie und Sakramente vollziehen zu können. Umfassend dazu äußern sich dann in neuerer Zeit auch die griechischen Theologen Joannis Karmiris (Die Stellung und der Dienst des Laien in der orthodoxen Kirche; Athen 1976 (griechisch)) und Panagiotes Bratsiotis (Über das königliche Priestertum; Thessaloniki 1955 (griechisch)).
Deshalb vollzieht das sakramentale Priestertum auch die Göttliche Liturgie, in der das reine eucharistische Opfer Gott dargebracht wird. Die Göttliche Liturgie wird vom Bischof und den Priestern im Namen des Volkes Gottes und für das Volk Gottes (Laos) vollzogen. Diese Darbringung vollzieht der Bischof oder der von ihm beauftragte Priester jedoch nicht für sich selbst, sondern als „Ikone Christi“ inmitten der Kirche und für die Kirche Christi. So vollzieht sich die Darbringung der Gebete und der eucharistischen Gaben immer im Namen des ganzen Volkes Gottes. Die Gläubigen wirken kraft ihres königlichen Priestertums an der eucharistischen Darbringung mit. Sie üben ihr Priestertum aller Getauften aus im Empfang der Sakramente, im Gebet, in der Danksagung, im Zeugnis eines heiligmäßigen Lebens, durch Askese (Selbstüberwindung) und durch die tätige Nächstenliebe. So konkretisiert sich das charismatische Wirken des Heiligen Geistes mit der Fülle Seiner Gaben vor allem in der Feier der Göttlichen Liturgie. Hier versammeln sich die durch die Heilige Myronsalbung mit dem Priestertum der Anbetung begabten Gläubigen um ihren, mit der Gabe des sakramentalen Priestertums ausgestatteten Bischof - oder um den von ihm beauftragten Priester - um in der Epiklese, dem Gebet um das Gnadenwirken des Heiligen Geistes an den vorgelegten Gaben und an der versammelten Gemeinde (= Kirche), die Wandlung beider in den wahren Leib Christi zu erbitten. So wird, wie durch das Wirken des Heiligen Geistes an den versammelten Aposteln zu Pfingsten auch jetzt während der Feier der Göttlichen Liturgie durch das Wirken des Heiligen Geistes an der versammelten Kirche und den vorgelegten Heiligen Gaben die Heilige Orthodoxe Kirche gebildet. Insofern ist jede Liturgiefeier nicht nur eine Anamnese (Vergegenwärtigung) von Ostern (Auferstehung), sondern zugleich auch eine Anamnese des Pfingstfestes (Sendung des Heiligen Geistes).
In der Folge des Ostersonntags sind es dann besonders die Sonntage des Gelähmten, der Samariterin und des Blindgeborenen, die die Osterwirklichkeit als ein sich schrittweise enthüllendes Pfingsten verdeutlichen. Bethesda, Jakobsbrunnen und Siloa sind Bilder für Christus, die unerschöpfliche Quelle des Geistlichen Wassers, das die Seelen der Gläubigen in der Heiligen Taufe von der Lähmung, dem Durst und der Blindheit des Reiches des Todes befreit. Im Evangelium des Pfingstfestes selbst verkündet uns schließlich Jesus Christus selbst am letzten Tag, dem großen des Festes: „Wer Durst hat, der komme zu mir, und es trinke, wer an mich glaubt!“ (Johannes 7: 37f.). So haben die biblischen Lesungen in der Göttlichen Liturgie (die Lesungen, die zum Tag selbst gehören und sich von denen des Gedenkens der Toten unterscheiden) haben einen gewissen abschließenden Charakter.
Als Epistel lesen wir das letzte Kapitel der Apostelgeschichte (28): Nach seinem Schiffbruch vor Malta gelangt Paulus nach Rom, um dort durch den Kaiser verurteilt zu werden, und in der Erwartung predigt er Jesus Christus „ungehindert und mit allem Freimut“. Dies sind die letzten Worte der Apostelgeschichte. Ebenso lesen wir in der Liturgie das letzte Kapitel des Evangeliums nach dem heiligen Johannes (21). Man bemerke die von Johannes berichteten letzten Worte Jesu. Der auferstandene Jesus sagt am Ufer eines Sees zu Petrus, der nach dem Schicksal des Johannes fragt: „Was geht das dich an? Du aber folge mir nach!“ Diese letzten Worte Jesu sind dieselben wie die ersten Worte, die er einst an Simon und Andreas am Ufer desselben Sees gerichtet hatte: „Folgt mir nach!“ (Matthäus 4: 19).
Zwischen der ersten Aufforderung und der letzten Empfehlung sind etliche Monate verstrichen, haben etliche Ereignisse stattgefunden – und was für Ereignisse! Jetzt weiß Simon, was er am Anfang nicht wusste: was im Verlauf der letzten Wochen in Jerusalem geschehen ist, hat ihm die ganze Bedeutung dieser Aufforderung „dem Herrn folgen“ gezeigt. Und auch wir verstehen besser, wenn wir im reifen Alter oder im Greisenalter Jesus die Worte wiederholen hören, die er vielleicht an uns gerichtet hat in einer Zeit, als wir jung waren, was diese in den Evangelien zitierten letzten Worte Jesu bedeuten.
Für viele Heilige sind diese Worte der Stimulus gewesen, der sie auf den „Weg“ gebracht hat, dem Herrn zu folgen. Solange wir leben, ist noch Zeit, diese wesentliche Entscheidung zu treffen und den Worten zu gehorchen, die uns wie Simon Petrus auffordern, nicht länger an das Nebensächliche zu denken, sondern uns auf das einzig Notwendige zu konzentrieren:
„Du aber, folge mir nach!“
Quelle: „Ein Mönch der Ostkirche, Das Jahr der Gnade des Herrn“
mit Ergänzungen durch Thomas Zmija v. Gojan.
Der Seelen-Samstag als Auftakt des Pfingstfestes
Der Samstag, der auf den sechsten Sonntag nach Ostern folgt, ist die Vigil des Pfingstfestes. Dieser Samstag hat in der byzantinischen liturgischen Tradition einen doppelten Charakter. Einerseits trägt er den Namen „Samstag der Toten“. Er ist dem Gebet für die Verstorbenen gewidmet. Wir haben schon am Samstag, der auf den Sonntag des verlorenen Sohnes, an der Schwelle der Fastenzeit, folgt, besonders der Gläubigen gedacht, die diese irdische Welt verlassen haben. Am letzten Tag der Osterzeit beten wir erneut für sie, um sie mit der Auferstehung Christi, Ursache und Voraussetzung der Auferstehung allen Fleisches, zu verbinden.
Die Gottesdienste dieses Tages sind identisch mit denen des „Samstags der Toten“ vor der Fastenzeit. Die Epistel (1. Thessalonicher 4:l3-16) der Liturgie ruft uns dazu auf, uns „wegen der Verstorbenen“ nicht zu grämen „wie die anderen, die keine Hoffnung haben. Wenn Jesus – und das ist unser Glaube – gestorben und auferstanden ist,dann wird Gott durch Jesus auch die Verstorbenen zusammen mit Ihm zur Herrlichkeit führen.“ Das Evangelium (Johannes 5:24-30) lässt uns diese Worte Jesu hören: „Amen, Amen, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat das ewige Leben; er kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod ins Leben hinübergegangen. Die Stunde kommt, und sie ist schon da, in der die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden; und alle, die sie hören, werden leben... Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen, die das Böse getan haben, zum Gericht.“ Hier ist auch an das Evangelium von der Auferweckung des Lazarus zu denken, das samstags am Vorabend zu Palmsonntag gelesen wird.
Quelle: Ein Mönch der Ostkirche, Das Jahr der Gnade des Herrn, Eine Einführung in das orthodoxe liturgische Jahr übersetzt von Ines Kallis, Theophano Verlag Münster, S. 314
Radonitza – der Seelensamstag vor dem Pfingstfest
Die Orthodoxe Kirche hat kein Dogma formuliert über die Art und Weise, wie die Seelen Verstorbener, die noch nicht zur göttlichen Schau und Freude gelangt sind, gereinigt werden, aber sie lädt uns ein für die Seelen zu beten. Sie zweifelt nicht daran, dass unsere Fürbitte ihnen helfen kann vom Licht zum stärkeren Licht zu gelangen. Deshalb wollen wir gemeinsam mit der Kirche das Kathisma aus dem Morgengottesdienst des Tages beten:
„Gib Erquickung, unser Heiland, in der Gerechten Versammlung Deinen Knechten und lass sie sich lagern in Deinen Höfen, wie geschrieben steht, und vergib ihnen, Guter, ihre Sünden, die freiwilligen und unfreiwilligen und alle, die in Unkenntnis und Kenntnis geschehen, als einzig Menschenliebender“.
Das Gebet für die Toten darf uns nicht den anderen Aspekt dieses Samstags vergessen lassen. Die Schriftlesungen in der Göttlichen Liturgie dieses Samstags, die dem Fest eigen sind und nicht dem Gedenken der Toten, haben eine gewisse „Endgültigkeit“ in sich – sie markieren ein Ende, einen Abschluss. Denn statt einer Epistellesung lesen wir das letzte Kapitel der Apostelgeschichte: Nach seinem Schiffbruch vor Malta erreicht der heilige Apostel Paulus Rom, um vom Kaiser gerichtet zu werden. Während er darauf wartet, „verkündete er das Reich Gottes und trug ungehindert und mit allem Freimut die Lehre über Jesus Christus, den Herrn, vor.“
Dies sind die letzten Worte der Apostelgeschichte. Ähnlich wird dann das letzte Kapitel des Johannes-Evangeliums gelesen: Jesus, von den Toten auferstanden, steht am Ufer des Sees und sagt zu Petrus, der Ihn neugierig nach der Zukunft des Johannes fragt: „Was geht das dich an? Du aber folge mir nach!“
Diese letzten Worte sind die gleichen Worte, die Jesus damals am Ufer des gleichen Sees an Simon und Andreas gerichtet hatte: „Folge mir nach.“ Zwischen der ersten Aufforderung und dem endgültigen Befehl sind viele Monate vergangen, vieles war geschehen – und was für Ereignisse! Nun weiß Simon, was er am Anfang nicht wusste: Was in Jerusalem in den letzten Wochen geschehen war, hatte ihm die volle Konsequenz des "Folge mir" gezeigt. Für mehrere Heilige waren diese Worte die Anregung, die sie auf den „Weg“ führte ihrem Meister zu folgen. So lange wir leben ist noch Zeit, diese alles entscheidende und wichtige Entscheidung zu treffen und dem Wort zu gehorchen, das uns sagt, wie Simon Petrus, sich nicht darum zu kümmern was Andere tun, sondern uns ganz auf das wirklich Wesentliche zu konzentrieren: „Folge mir nach!“
Quelle: A Monk of the Eastern Church, The Year of Grace of the Lord, A Spiritual and Liturgical Commentary on the Calender of the Orthodox Church, Crestwood N.Y. 1992, Seite 203ff. Übersetzt aus dem Englischen von G. Wolf.
Das orthodoxe Gedenken an die Entschlafenen
Für orthodoxen Gläubigen ist das Gedenken an die Verstorbenen wichtig, denn sie sind weiterhin Teil der Gemeinschaft der Kirche, die alle Lebenden und Toten, und auch die unsichtbaren Mächte, die heiligen Engel, umfasst. Die Toten sollen nicht vergessen werden, sondern ihr Andenken wird durch eine Reihe von Gottesdiensten für die Familien der Verstorbenen wie auch für die Gemeinde aufrecht erhalten. Die Seele des Menschen ist als ein Geschenk Gottes unsterblich und wird nach dem Tode durch Seine Gnade wieder mit Ihm vereint. Im Unterschied zu den Menschen, ‚die keine Hoffnung haben’ (1 Thessalonicher 4:13), nehmen gläubige Menschen am Grab nicht Abschied von jemandem, der ins Nichts fällt, sondern in ein anderes, neues Leben hinübergeht, das seine Vollendung am Ende der Zeiten finden wird.
Denn die Leiber der Verstorbenen werden bei der Wiederkunft des Herrn auferstehen. Indem wir für die Toten beten, können wir hoffen, für sie Vergebung zu erlangen. Der heilige Apostel Johannes sagt uns in seinem Buch über die Offenbarung, dass auch umgekehrt die Toten für die Lebenden beten können (Offenbarung 5:8 und 8,3). Er vergleicht sogar die Gebete aller Heiligen vor dem Altar mit dem Weihrauch, der aus einem goldenen Weihrauchgefäß zu Gott aufsteigt. Der Tod zerbricht nicht die Einheit des Leibes Christi: Die Glieder der Kirche, die noch in dieser Welt kämpfen, und diejenigen, die schon ihre Krone in der anderen empfangen haben, sind Teil des gleichen Leibes Christi. Das ist, was wir die Gemeinschaft der Heiligen nennen.
Nach dem Tod eines orthodoxen Gläubigen kommt der Priester zu einem Totengebet ins Haus. Zur Beerdigung findet ein Gottesdienst in der Kirche statt und auf dem Friedhof ein Gebet am Grab. Es gibt zwei allgemeine Gedenktage im Jahr für die Toten, die sog. Gedächtnis- Samstage für die Entschlafenen, die im Russischen Radonitza ( Радоница, "Tag des Jubels" oder "Tag der Freude") genannt werden. Der erste ist der Samstag vor dem dritten Vor- Fastensonntag der Großen Fastenzeit, auch Sonntag des Gerichts oder des Fleischverzichtes genannt, der zweite ist der Samstag vor Pfingsten. Aber auch an allen anderen Samstagen (mit Ausnahme des Lazarus-Samstags) wird der heiligen Märtyrer und der Verstorbenen gedacht.
Für den einzelnen Verstorbenen kann ein Totengedenken am dritten, neunten und vierzigsten Tage nach ihrem Tode stattfinden und dann jeweils am Jahrtag seines Entschlafens. Der dritte Tag erinnert an die dreitägige Grabesruhe des Herrn, der neunte erinnert an die neun Chöre der Engel und der vierzigste an die Himmelfahrt Christi am vierzigsten Tag nach Seiner Auferstehung. Für diese Totengedenken, die der Einfachheit halber meist am Sonntag während der Göttlichen Liturgie stattfinden, bringen die Angehörigen eine Prosphore, ein Opferbrot, mit und legen einen sogenannten Gedenkzettel (griechisch Diptychon, russisch Pomjanik) bei. Auf diesem Zettel wird der Name des Verstorbenen, aber auch die Namen mehrerer Verstorbener, derer gedacht werden soll, aufgeschrieben. Beides wird dem Priester oder einem der Altardiener vor der Göttlichen Liturgie übergeben. Der Priester gedenkt dann der aufgeführten Verstorbenen während der Proskomidie, (Bereitung der Heiligen Gaben), nach dem Kleinen Einzug und während der Anaphora, (Darbringung der Heiligen Gaben).
Eine weitere Form des Totengedenkens ist die Parastasis/Panychida, welche in der Regel am Samstag gehalten wird. Das griechische Wort Parastasis drückt den Beistand aus, den die Anwesenden beim Gebet den Leidtragenden leisten. Für die Panychida wird eine spezielle Totenspeise, die im Wesentlichen aus gekochten Weizenkörnern besteht, das sog. Koliva, zubereitet und auf einem kleinen Tisch bereitgestellt. In die Koliva wird eine brennende Kerze gesteckt und auch alle Anwesenden halten brennende Kerzen in ihren Händen. Nach dem Ende der Panychida wird die Koliva an die Gläubigen verteilt und verzehrt. Die Bereitung des Koliva ist ein Brauch, der bis in die griechische Antike zurückgeht.
Die Gedächtnisgottesdienste für die Entschlafenen, wie auch die Werke der Barmherzigkeit als Totengedächtnis sind Ausdruck der Verbundenheit und der Fürsorge für die
Menschen über ihren Tod hinaus. Sie dürfen nicht als genugtuende Leistungen der Lebenden für die Toten missverstanden werden, sondern als Beistand in einer fortdauernden Gemeinschaft, der in der
an Gott gerichteten Bitte besteht, sich ihrer zu erbarmen. Die Liebe, die über den Tod hinaus lebt, bewahrt die Entschlafenen in lebendiger Erinnerung, genährt durch die Zuversicht, dass Gott sie
in seinem Gedächtnis bewahrt. Deshalb singen wir alle Gemeinsam als letztes Gebet der Panychida das „Вѣчнаѧ памѧть“, das „Ewiges Gedenken“. In diesem Bewusstsein schließt die eucharistische Versammlung des Priesters und der Gläubigen während der Feier der Göttlichen Liturgie sie auch
nach der Wandlung besonders in ihre Fürbitten ein: „…Gedenke auch aller, die in der Hoffnung der Auferstehung zum ewigen Leben
entschlafen sind. Schenk ihnen die Ruhe dort, wo das Licht Deines Angesichts leuchtet…“ Das Ziel unseres irdischen Lebens ist nach orthodoxem Verständnis das Eingehen der Seele
in die Sphäre Gottes. Darum betet der Priester immer wieder während der Panychida für den oder die Verstorbenen, dass ihre Seelen Ruhe finden mögen „…am Orte des Lichtes, am Orte des Ergrünens, am Orte der Erquickung, wo entfliehen aller Schmerz, alle Trauer und Klage
...“
Zum anderen muss aber hier angemerkt werden, dass der Sündenfall den Menschen an der Erlangung seines Lebenszieles, das ist seine gnadenhafte Vereinigung mit Gott, hindert. Doch gleichzeitig ist auch die Wende des menschlichen Geschickes durch Christi Tod und Auferstehung zu bedenken. Denn durch diese ist der Tod entmachtet worden. So singen wir auch im Ostertropar:
Christus ist erstanden von den Toten, hat zertreten im Tode den Tod, und denen in den Gräbern das Leben (in Gnaden) geschenkt!
Dies hat seine ontologischen Konsequenzen für die durch die heilige Taufe in den Leib Christi (die Kirche) Eingegliederten. Der leibliche Tod vermag sie von nun an nicht mehr voneinander zu scheiden. Zwar gibt es für die Lebenden, die mit ihren Sinnen nur die sichtbare Welt wahrnehmen können, noch immer ein Abschiednehmen beim Tode. Aber die zur ewigen Ruhe Eingegangenen sind von ihnen nur scheinbar geschieden. Dies erfahren wir orthodoxe Christen in der Gemeinschaft der heiligen Kirche, wo die Heiligen und mit ihnen alle in der Seligkeit Ruhenden, mit ihrer Fürbitte und ihrem himmlischen Gottesdienst den noch im irdischen Kampf stehenden Gliedern des Leibes Christi im Heiligen Geist verbunden sind.
Auf diesem Verständnishintergrund sind die Besonderheiten der orthodoxen Begräbnis- und Totengedenkriten zu sehen: Die Ruhe der Toten ist für orthodoxes Verständnis keine Selbstverständlichkeit, sondern ein göttliches Gnadengeschenk, das erbeten werden muss und das zu erbitten Sache der ganzen kirchlichen Gemeinschaft ist, nicht nur der unmittelbar betroffenen Angehörigen und Freunde. Daher ist die Bitte um Sündenvergebung ein wesentlicher Dienst der Kirche, den sie auch für ihre dahingeschiedenen Glieder übt. So spielen beim Begräbnis von Erwachsenen die Absolutionsgebete eine wesentliche Rolle. Im Totengedenken betet der Priester wiederholt das folgende Gebet:
O Gott der Seelen und allen Fleisches, der Du den Tod überwunden, dem Teufel die Macht genommen und Deiner Welt das Leben verliehen hast: Lass ruhen, o Herr, die Seelen Deiner entschlafenen Diener (hier werden ihre Namen genannt) am Orte des Lichtes, der Wonne und der Erquickung, von welchem fliehet aller Schmerz, alle Trübsal und alles Seufzen. Vergib ihnen als der gütige und menschenliebende Gott jede Versündigung, die sie in Wort, im Tun oder auch allein in Gedanken begangen haben. Es gibt keinen Menschen, der je gelebt und nicht auch gesündigt hätte. Du einzig bist frei von jeder Sünde, Deine Gerechtigkeit währet ewiglich und Dein Wort ist Wahrheit. Denn Du bist die Auferstehung und das Leben und die Ruhe Deiner entschlafenen Diener (hier werden ihre Namen erneut genannt), Christus, unser Gott, und Dir senden wir den Lobpreis empor samt Deinem anfanglosen Vater und Deinem allheiligen, gütigen und lebensschaffenden Geiste, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Hierauf antwortet der Chor für die anwesenden Gläubigen: Amen. Amen (hebräisch ןֵאָמ āmén, altgriechisch ἀµήν) ist eine Bekräftigungsformel und drückt die Zustimmung der Versammelten zum Gebet oder Segen des Priesters aus.
Die Orthodoxe Kirche kennt kein Fegefeuer, in dem die durch sie auferlegten zeitlichen Sündenstrafen (Epitimien) nach dem Tode abgebüßt werden müssten. Vielmehr vergibt die Kirche in der Person des Priesters im Begräbnisritus den Entschlafenen ihre bewusst und unbewusst begangenen Sünden und befreit sie von allen Auflagen und von jeglichem Fluch, der sie zu Recht oder Unrecht getroffen hat.
Von besonderer Eindrücklichkeit ist ferner, dass beim Begräbnis die Seligpreisungen mit den eingeschobenen Troparien für den Hingeschiedenen und die, die ihn begraben, gesungen werden. So heißt es in einem dieser Tropare beispielsweise:
Christus lasse dich ruhen im Lande der Lebenden, Er öffne dir die Pforten des Paradieses und mache dich zum Bürger Seines Reiches. Er schenke dir Vergebung dessen, was immer du im Leben gesündigt hast, der du Christus liebst.
Den Tag vor dem Sonntag des Jüngsten Gerichts (oder der Fleischentsagung) ist in besonderer Weise unserem liebenden und fürbittenden Gedächtnis aller seit Adam Entschlafenen gewidmet.
Darüber hinaus sind folgende Tage im Kirchenjahr dem besonderen Gedenken der Entschlafenen gewidmet:
Wie oben schon gesagt, bezeichnet ihn die russische kirchliche Tradition diese Gedenktage als Radonitza. Die drei Seelen- Samstage in der Grossen Fastenzeit werden russisch „Samstage der Vorfahren“ (Родительская суббота) genannt.
Mit der jährlichen Großen Fastenzeit und seiner Stellung unmittelbar vor dem Gedenken an das Jüngste Gericht erinnert er uns daran, dass die ganze Menschheit, nicht nur wir und alle Zukünftigen sondern auch die, die uns voraus gegangen sind, seit dem ersten Augenblick der Schöpfung, am Tag des Gerichtes Rechenschaft für unser Tun und Lassen ablegen werden müssen. Da wir wissen, dass wir in einer Welt erfüllt mit den Folgen menschlicher Sünde leben, ist der Seelen-Samstag dem Gebet für alle Mitglieder der großen „Familie“ der Menschen gewidmet, die im Herrn entschlafen sind und doch weiterhin ein wichtiger Teil unserer gemeinsamen Geschichte der Erlösung sind. Die folgenden Texte sind der Hymnograpie des Seelen-Samstags entnommen, wie sie im Triodion stehen.
Tropar im 8. Ton:
Der Du als Menschenliebender in der Weisheit Tiefe alles regierst und allen zuteilst, was ihnen frommt, Du einziger Schöpfer, gib, Herr, den Seelen Deiner Knechte Erquickung. Denn auf Dich, den Schöpfer und Bildner, Dich, unseren Gott, haben sie ihre Hoffnung gesetzt.
Aus der Panychida
Panychida oder Requiem, griechisch: Μνημόσυνα (mnemosyna = Erinnerung) or Παραστάς (parastas = Wache); kirchenslawisch: Паннихида.
im 5. Ton
Gesegnet bist Du, Herr, lehre mich Deine Ordnungen!
Der Chor der Heiligen fand die Quelle des Lebens und die Tür des Paradieses, dass auch ich finde den Weg durch die Buße. Das verlorene Schaf bin ich; rufe mich zurück, Erlöser, und errette mich.
Gesegnet bist Du, Herr, lehre mich Deine Ordnungen!
Ihr habt verkündigt das Lamm Gottes, die ihr selbst wurdet wie Lämmer zur Schlachtbank geführt ihr seid als Heilige hinübergegangen in das nicht alternde, ewige Leben; bittet, ihr Märtyrer, das Lamm, Vergebung der Sünden uns zu schenken.
Gesegnet bist Du, Herr, lehre mich Deine Ordnungen!
Alle, die ihr den schmalen Weg der Trübsal gegangen und das Kreuz als Joch in eurem Leben auf euch genommen habt und Mir im Glauben nachgefolgt seid, kommet und erbet den Preis, die himmlischen Kronen, die euch bereitet sind.
Gesegnet bist Du, Herr, lehre mich Deine Ordnungen!
Das Bild Deiner unaussprechlichen Herrlichkeit bin ich, obgleich der Sünde Wunden ich trage; habe Erbarmen mit Deinem Geschöpfe, o Herr, und reinige es nach Deiner Gnade; schenke mir wieder die ersehnte Heimat, und mache mich zum Bewohner des Paradieses.
Gesegnet bist Du, Herr, lehre mich Deine Ordnungen!
Der Du mich einst aus dem Nichts erschaffen und durch Dein göttliches Abbild geehret hast, aber wegen des Übertretens des Gebotes wieder Staub werden läßest, aus dem ich genommen bin; führe mich wieder zur ersten Ähnlichkeit zurück, dass wieder hergestellt werde meine ursprüngliche Schönheit.
Gesegnet bist Du, Herr, lehre mich Deine Ordnungen!
Bringe zur Ruhe, o Gott, Deine Knechte und Mägde und führe sie ins Paradies, wo die Scharen Deiner Heiligen und Gerechten leuchten wie die Sterne. Bringe Deine entschlafenen Knechte und Mägde zur Ruhe und vergib ihnen all ihre Sünden.
Triadikon
Dreifach der Glanz, den die eine Gottheit hat, lasset ihn uns fromm besingen: Heilig bist Du, anfangloser Vater, Du gleich anfangloser Sohn, und Du, göttlicher Geist. Erleuchte uns, die wir fromm Dich beten an und dem ewigen Feuer entreiße uns.
Theotokion
Hehre, freue Dich, die Gott im Fleische geboren zu unser aller Erlösung. Durch Dich hat der Menschen Geschlecht nun gefunden die Erlösung. Durch Dich finden wir zum Paradiese, Gottesgebärerin, Gepriesene, Allreine.
Doxastikon
Beginn und Wirklichkeit gab mir Dein Schöpferwort. Denn da Du mich aus unsichtbarem und sichtbarem Wesen zusammenfügen wolltest, hast Du meinen Leib aus Erde geformt, gabst mir auch eine Seele durch Deinen göttlichen und lebenbringenden Hauch. Drum gib Erquickung, Retter, Deinen Knechten in der Lebenden Land und im Zelte der Gerechten.
Zusammengestellt von Thomas Zmija v. Gojan unter maßgeblicher Verwendung der folgenden Quellen: Kirchhoff: Die Ostkirche betet, Hymnen aus dem Tagzeiten der byzantinischen Kirche, Vorfastenzeit, erste bis dritte Fastenwoche. & Andreasbote Februar 2010 & Gottesdienste für verstorbene orthodoxe Christen. Siehe: http://www.andreas-bote.de/download/Bestattung_dt_gr.pdf
Der Herrentag der heiligen Pfingstfeier, die Sendung des Heiligen Geistes und die Feier des Dreieinen Gottes
Die Pentekóste (πεντηκοστὴ ἡμέρα (pentēkostē hēméra) = fünfzigster Tag) das Fünfzig-Tage-Fest, von dem sich die deutsche Benennung „Pfingsten“ herleitet, ist die griechische Bezeichnung für das jüdische „Wochenfest“. Es wurde sieben Wochen nach der Pas’cha-Feier im Frühsomer als freudiges Dankfest für die Getreideernte begangen. (Im Herbst, Anfang Oktober, wurde das Laubhüttenfest als Dank für die Traubenernte gefeiert.) Beim Wochenfest brachte man zwei Brote aus der neuen Weizenernte im Tempel dar. Nach der Zerstörung des Tempels erhielt das Fest einen neuen Inhalt; es wurde zu einem Dankfest für die Offenbarung und das Geschenk des Gesetzes am Sinai.
In der Zahl „fünfzig“ kommt für die mit der Symbolsprache vertrauten Christen der Frühzeit die Fülle der Offenbarung und ihre Vollendung zum Ausdruck. Diese Zahl ist die Summe aus 7 x 7 + 1, und der Pfingstsonntag ist der 8. Ostersonntag. Die Zahl „acht“ ist das Ergebnis aus 7 + 1 und die Zahl der Vollendung. Gott hatte die Welt in sieben Tagen erschaffen; die „sieben“ ist die Zahl der Fülle. Am 8. Tag aber, dem 1. Tag der neuen Woche, ist Christus von den Toten auferstanden; die Zahl „acht“ bedeutet Neuschöpfung und Erfüllung. Die von Lukas in der Apostelgeschichte geschilderte Geistsendung ist die Erfüllung der Verheißung des Propheten Joel und der Geistzusage des Auferstandenen; zugleich ist sie das erste Erntefest der Kirche, die unter dem Wirken des Heiligen Geistes die Erstlingsfrüchte der Christusverkündigung heimführt. Der Kreis der Anwesenden bei dem Pfingstfest ist nicht näher bestimmt. Nach der Apostelgeschichte (Apostelgeschichte 1: 15) waren anfangs hundertzwanzig Personen versammelt; jetzt sind es offensichtlich die zwölf Apostel, an denen sich das Wunder vollzieht. Das plötzliche und unfassbare Geheimnis der Geistsendung wird in Bildern des Sturmes, des Feuers und der Sprachengabe offenbar, in Zeichen, die schon im Alten Testament Gottesoffenbarungen begleitet haben. Eine göttliche Kraft, der Geist des verklärten Christus ist es, der die Jünger zu einer neuen Gemeinschaft zusammenführt und zur Missionsarbeit befähigt, so dass nach der Predigt des Petrus „an die dreitausend Seelen“ der Kirche eingegliedert wurden.
Im Sprachenwunder des Pfingstereignisses wurde die babylonische Sprachverwirrung aufgehoben. Alle Menschen, gleich welcher Nationalität und Sprache, verstehen die Botschaft Christi, die sich nicht mehr an das eine Volk der Juden richtet, sondern alle Völker im neuen Gottesvolk der Kirche eint. Hatten einst beim Turmbau zu Babel Geist und Hochmut der Menschen zu ihrer Entzweiung geführt, so dass sie sich nicht mehr verstanden, führt nun der Heilige Geist die unterschiedlichen Sprachen in dem gemeinsamen Bekenntnis zu Christus und zu dem Dreieinigen Gott zusammen.
Als frühchristliche Überlieferung gibt die Völkerliste der Apostelgeschichte (Apostelgeschichte 2: 9-11), etwa um das Jahr 90 verfasst, zu erkennen, dass das Evangelium von Jerusalem aus bereits das Reich der Parther (Perser) im Osten und das Reich der Römer im Westen, Kappadokien im Norden und Ägypten im Süden erreicht hat.
Am Pfingstfest feiert die Kirche die Vollendung der Offenbarung, das Bekenntnis zum dreieinen Gott, wie es im Evangelium geoffenbart ist. Das Fest der Geistsendung ist für die orthodoxen Christen daher das Fest des dreieinen Gottes, das die Kirchen des Abendlandes als Dreifaltigkeitsfest am Sonntag nach Pfingsten begehen. Am Sonntag nach Pfingsten feiert die orthodoxe Kirche das Fest Aller Heiligen, der himmlischen Früchte des Heiligen Geistes. Am Samstag vor Pfingsten aber gedenkt sie der in Hoffnung auf die Vollendung entschlafenen Gläubigen.
Pfingsten ist nicht ein einmaliges Ereignis in der frühen Kirchengeschichte gewesen, es ist das bleibende Hochfest des neuen Bundesvolkes, dem Christus verheißen hat: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Matthäus 18: 20).
Quelle: Andreasbote
Der Herrentag der heiligen Pfingstfeier, die Sendung des Heiligen Geistes und die Feier des Dreieinigen Gottes
Pfingsten (Троицын день) ist das Geburtsfest der Kirche durch die Ausgießung des Heiligen Geistes auf die erwählten Jünger. Zugleich ist Pfingsten die Vollendung des Auferstehungsglaubens und der österlichen Gotteserkenntnis durch die abschließende Offenbarung der Dreieinheit Gottes. Mit Pfingsten beginnt die Glaubensverkündigung der Apostel und die Feier des Mysteriums der Erlösung in den Versammlungen der Gläubigen. Erst dadurch wird das Wachsen in der Heiligung, die Theosis (Vergöttlichung), den durch Christi Opfertod und Auferstehung von Sünde und Tod Erlösten ermöglicht.
Mit Pfingsten beginnt daher im Kirchenjahr eine neue Phase, in der der datumsgebundene Festkreis des Mondjahres gleichsam die Führung übernimmt: die Heiligengedächtnisse prägen die folgende Sommerzeit und erinnern die Gläubigen an die Notwendigkeit der Theosis, zu der jeder Christ berufen ist und die die Sendung und Erneuerung des Heiligen Geistes zur Voraussetzung hat.
Daher wird nun am Abend des Pfingsttages zur Vesper – oder auch in manchen Gemeinden aus praktischen Gründen gleich im Anschluss an die vormittägliche Liturgiefeier – die Gabe des Heiligen Geistes in drei feierlichen „Kniebeugegebeten“ erfleht, bei denen die Gläubigen zum erstenmal seit Ostern wieder knien.
Von jetzt ab werden wieder große Metanien gemacht. Die Kirche selbst wird zur Erinnerung an die alttestamentlichen Feste (Ernte- und Laubhüttenfest) mit Blumen und grünen Zweigen geschmückt. Auch die Wohnungen der Gläubigen werden mit Grün und Blumen ausgestattet.
Die Pentekóste (Πεντεκοστί), das ist der griechische Ausdruck für Pfingsten, das Fünfzig-Tage-Fest, ist die griechische Bezeichnung für das jüdische „Wochenfest“. Es wurde sieben Wochen nach der Pas’cha-Feier im Frühsommer als freudiges Dankfest für die Getreideernte begangen. Im Herbst, Anfang Oktober, wurde dann das Laubhüttenfest als Dank für die Traubenernte gefeiert. Beim Wochenfest brachte man zwei Brote aus der neuen Weizenernte im Tempel dar. Nach der Zerstörung des Tempels erhielt das Fest einen neuen Inhalt; es wurde zu einem Dankfest für die Offenbarung und das Geschenk des Gesetzes am Sinai.
In der Zahl „fünfzig“ kommt für die mit der Symbolsprache vertrauten Christen der Frühzeit der Kirche die Fülle der Offenbarung und ihre Vollendung zum Ausdruck. Diese Zahl ist die Summe aus 7 x 7 + 1, und der Pfingstsonntag ist der 8. Ostersonntag. Die Zahl „acht“ ist das Ergebnis aus 7 + 1. Sie ist die Zahl der Vollendung. Gott hatte die Welt in sieben Tagen erschaffen. Deshalb ist die „sieben“ die Zahl der Fülle. Am 8. Tag aber, dem 1. Tag der neuen Woche, ist Christus von den Toten auferstanden; die Zahl „acht“ bedeutet also Neuschöpfung und Erfüllung.
Die von Lukas in der Apostelgeschichte geschilderte Geistsendung ist die Erfüllung der Verheißung des Propheten Joel und der Geistzusage des Auferstandenen; zugleich ist sie das erste Erntefest der Kirche, die unter dem Wirken des Heiligen Geistes die Erstlingsfrüchte der Christusverkündigung heimführt. Der Kreis der Anwesenden bei dem Pfingstfest ist nicht näher bestimmt. Nach der Apostelgeschichte (Apg 1:15) waren anfangs hundertzwanzig Personen versammelt; jetzt sind es offensichtlich die zwölf Apostel, an denen sich das Wunder vollzieht.
Das plötzliche und unfassbare Geheimnis der Geistsendung wird in Bildern des Sturmes, des Feuers und der Sprachengabe offenbar, in Zeichen, die schon im Alten Testament Gottesoffenbarungen begleitet haben.
Eine göttliche Kraft, der Geist des verklärten Christus ist es, der die Jünger zu einer neuen Gemeinschaft zusammenführt und zur Missionsarbeit befähigt, so dass nach der Predigt des Petrus „an die dreitausend Seelen“ der Kirche eingegliedert wurden.
Im Sprachenwunder des Pfingstereignisses wurde die babylonische Sprachverwirrung aufgehoben. Alle Menschen, gleich welcher Nationalität und Sprache, verstehen die Botschaft Christi, die sich nicht mehr an das eine Volk der Juden richtet, sondern alle Völker im neuen Gottesvolk der Kirche eint. Hatten einst beim Turmbau zu Babel Geist und Hochmut der Menschen zu ihrer Entzweiung geführt, so dass sie sich nicht mehr verstanden, führt nun der Heilige Geist die unterschiedlichen Sprachen in dem gemeinsamen Bekenntnis zu Christus und zu dem dreieinigen Gott zusammen.
Als frühchristliche Überlieferung gibt die Völkerliste der Apostelgeschichte (Apg 2, 9-11), etwa um das Jahr 90 verfasst, zu erkennen, dass das Evangelium von Jerusalem aus bereits das Reich der Parther (Perser) im Osten und das Reich der Römer im Westen, Kappadokien im Norden und Ägypten im Süden erreicht hat.
Am Pfingstfest feiert die Kirche die Vollendung der Offenbarung, das Bekenntnis zum dreieinen Gott, wie es im Evangelium geoffenbart ist. Das Fest der Geistsendung ist für uns orthodoxe Christen daher das Fest des dreieinen Gottes, das die Kirchen des Abendlandes als Dreifaltigkeitsfest dann am Sonntag nach Pfingsten begehen. Am Sonntag nach Pfingsten feiert die orthodoxe Kirche das Fest Aller Heiligen, der himmlischen Früchte des Heiligen Geistes. Deshalb geht dem Pfingstfest auch der Seelensamstag voraus, an dem die Kirche der in Hoffnung auf die Vollendung entschlafenen Gläubigen gedenkt.
Pfingsten ist nicht ein einmaliges Ereignis in der frühen Kirchengeschichte gewesen, es ist das bleibende Hochfest des neuen Bundesvolkes, dem Christus verheißen hat: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Matthäus 18, 20).
Quelle: Andreasbote
Troparion im 8. Ton
Gepriesen bist Du, Christus unser Gott, * der Du zu Allweisen die Fischer gemacht hast, * indem Du ihnen sandtest den Heiligen Geist, * und durch sie den Erdkreis eingefangen hast, * Menschenliebender, Ehre sei Dir.
Kondakion im 6. Ton
Als Er herabfuhr, * die Sprachen zu verwirren, * schied die Völker der Höchste; * als Er des Feuers Zungen verteilte, * berief Er alle zur Einheit: * Einstimmig verherrlichen wir den Heiligen Geist.
Hymnus auf das Heilige Pfingstfest
von Romanos dem Meloden
Kontakion 1
Einen schnellen und beständigen Trost gewähre uns, Deinen Dienern, Jesus, wenn unser Geist mutlos wird. Trenne Dich nicht von unseren Seelen in Drangsalen, entferne dich nicht von unseren Sinnen in Gefahren, sondern stehe uns immer bei. Sei uns nahe, nahe Dich, der Du überall bist. Wie Du mit Deinen Aposteln immer zusammen warst, so vereine Dich auch mit denen, die Dich ersehnen, Erbarmer, auf dass wir, mit Dir vereint, besingen und lobpreisen den ganz Heiligen Geist.
Kontakion 15
Als sie aber, die von überallher stammten, sie in allen Sprachen reden gewahrten, da gerieten sie außer sich und riefen:
Was soll dies? Die Apostel sind doch Galiläer!
Wie wurden sie eben, wie wir ja sehen, allen Völkern zu Landsleuten?
Wann erblickte je Petrus, der Kephas, Ägypten?
Wann wohnte Andreas zwischen den Strömen?
Wann sahen des Zebedäus Söhne Pamphylien?
Wie sollen wir dies verstehen, was sagen?
Es geschieht ganz, wie Er will, der Heilige Geist.
Die Zungen der Jünger lasset uns besingen, Brüder,
da sie nicht mit eitlem Geschwätz,
sondern mit göttlicher Kraft alle einfingen,
da sie Sein Kreuz erhoben wie ein Schilfrohr,
da sie Worte wie Fischergarn gebrauchten und die Welt einfingen,
da sie das Wort als spitzen Angelhaken hielten,
da gleichsam Lockspeise für sie war des Allherrschers Fleisch,
welches nicht zu Tode jagt, sondern die zum Leben emporzieht,
die verehren und preisen den ganz Heiligen Geist.
Über die Ausgießung des Heiligen Geistes
Heiliger Ephraim der Syrer
„Sie begannen in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.“ Oh Obergemach, du bist der Backtrog, in den der Sauerteig geworfen ist, der das ganze Universum zum Gären bringt! Obergemach, du Mutter aller Kirchen; Obergemach, du hast das Wunder des brennenden Dornbuschs erlebt (Ex 3). Obergemach, du hast Jerusalem in Erstaunen versetzt durch ein Wunder, das weit größer ist als das Wunder des glühenden Feuerofens, das die Einwohner von Babylon in Erstaunen versetzt hat (Dan 3). Das Feuer des Ofens verbrannte diejenigen, die außerhalb des Ofens standen, aber verschonte die drei Männer in seiner Mitte; das Feuer des Obergeschoßes führt die zusammen, die von außen kommen und es sehen wollen; es stärkt diejenigen, die es empfangen. O Feuer, dein Erscheinen ist Wort, dein Schweigen ist Licht, du stiftest die Herzen an zur Danksagung! ... Leute, die sich dem Heiligen Geist widersetzten, sagten: „Diese da sind vom süßen Wein betrunken“. Ihr sagt wirklich die Wahrheit, aber es ist nicht so, wie ihr glaubt. Sie haben nicht Wein von den Rebstöcken getrunken. Es ist ein neuer Wein, der vom Himmel herabfließt, ein auf Golgotha frisch gepresster Wein. Die Apostel haben ihn kredenzt und so die ganze Schöpfung trunken gemacht. Es ist Wein, der am Kreuz gepresst worden ist.
Der dreieinige Gott und
das Wirken des Heiligen Geistes
Heiliger Basilius der Große
Willst du von Gott etwas sagen oder hören, dann löse dich von deinem Leib, mache dich frei von den leiblichen Sinnen, verlasse die Erde, verlasse das Meer, lasse den Luftraum unter dir, durcheile die Stunden und der Zeiten Lauf, die Herrlichkeiten der Erde. Schwing dich empor über den Äther, wandle durch die Sternenwelt und betrachte ihre Wunder, ihre Schönheit, ihre Größe, den Nutzen, den sie dem Weltall bringen, ihre Harmonie, Herrlichkeit, Stellung, Bewegung, ihre gegenseitige Bezogenheit und Entfernung! Hast du das alles im Geist durchdacht, so erhebe dich über den Himmel, und hoch über ihm betrachte allein im Geist die dortigen Schönheiten, die himmlischen Heere, die Chöre der Engel, die Ämter der Erzengel, die Herrlichkeit der Herrschaften, den Vorrang der Throne, die Mächte, die Fürstentümer, die Gewalten.
Hast du das alles durcheilt und dich in Gedanken über die ganze Schöpfung empor geschwungen und deinen Geist über all das erhoben, dann betrachte die göttliche Natur, die da ist beständig, unwandelbar, unveränderlich, leidlos, einfach, nicht zusammengesetzt, unteilbar, unzugängliches Licht, unaussprechliche Macht, unbegrenzte Größe, strahlende Herrlichkeit, begehrenswerte Güte, unbegreifliche Schönheit, die die verwundete Seele mächtig erfasst, die sie aber nicht angemessen zu schildern vermag.
Dort ist der Vater und der Sohn und der Heilige Geist, die unerschaffene Wesenheit, die Herrlichkeit voller Würde, die wesenhafte Güte. Der Vater ist der Ursprung aller Wesen, die Ursache für das Sein der Wesen, die Wurzel alles Lebendigen. Von ihm ist ausgegangen die Quelle des Lebens, die Weisheit, die Macht, das unvergleichliche Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der aus dem Vater geborene Sohn, das lebendige Wort, das Gott ist und bei Gott ist, der Logos, der ist und nicht erst wurde, der vor der Zeit ist und nicht später gemacht wurde: Sohn, nicht Eigentum; Bildner, nicht Gebilde; Schöpfer, nicht Geschöpf; der alles ist, was der Vater ist. ...
Wo der Vater und der Sohn ist, dort ist auch der Heilige Geist zu schauen, der gleichen Wesens der Natur nach ist und alles hat, die Güte, die Gerechtigkeit, die Heiligkeit, das Leben. ... Wie vom Feuer die Wärme und vom Licht das Leuchten nicht zu trennen sind, so können vom Geist nicht die Heiligkeit, das Lebenschaffen, die Güte und die Gerechtigkeit getrennt werden. Dort also ist der Geist, dort in der seligen Wesenheit, nicht der Anzahl nach hinzugezählt, sondern in der Dreiheit geschaut, als Einheit verkündet, nicht als Teil einer Vereinigung. Wie der Vater einer ist und einer der Sohn, so ist auch einer der Heilige Geist. Die dienstbaren Geister dagegen stellen sich uns in jeder Art als eine unzählige Schar dar. Daher suche nicht in der Schöpfung, was über der Schöpfung ist! Stelle den, der heiligt, nicht mit denen gleich, die geheiligt werden! Der Geist erfüllt die Engel, erfüllt die Erzengel, heiligt die Gewalten, belebt das All. Er ist in der ganzen Schöpfung zugegen, teilt sich dem einen auf diese, dem anderen auf eine andere Art mit. ...
Sein Geist wirkt in den Propheten, macht die Gesetzgeber weise, weiht die Priester. verleiht den Königen Kraft, führt die Guten zur Vollkommenheit, verleiht den enthaltsam Lebenden Würde, wirkt die Gabe des Heilens, macht Tote lebendig, befreit die Gefesselten, macht die zu Kindern Gottes, die ihm fernstanden. Das alles bewirkt er durch sein himmlisches Schaffen. Findet er einen gläubigen Zöllner, macht er ihn wie Matthäus zum Evangelisten; trifft er einen Fischer, macht er ihn wie Petrus zum Gottesgelehrten; findet er einen reumütigen Verfolger, macht er ihn wie Paulus zum Apostel für die Heiden, zum Verkünder des Glaubens, zum „auserwählten Werkzeug“ (Apostelgeschichte 9: 15). Durch ihn werden die Schwachen stark, die Armen reich, die Wortstümper weiser als die Weisen. ... Nicht wie ein Diener teilt er die Gaben aus, sondern aus eigenem Willen verleiht er die Gnaden. „Einem jeden teilt er", wie Paulus sagt, „seine besonderen Gaben zu, wie er will" ( 1. Korinther 12: 11). Wohl wird er gesandt zu unserem Heil, aber er wirkt in eigener Vollmacht. Lasst uns beten, dass er in unseren Seelen wohne und uns niemals verlasse - durch die Gnade unseres Herrn Jesus Christus.
Das Rufen der Gläubigen zum Heiligen Geist
Pfingstmontag- Das Mitfest des Heiligen Geistes
Hieromonach Serafim Pătrunjel vom Kloster Sâmbăta de Sus in Rumänien
Das Geheimnis des Empfangs des Geistes verläuft parallel zum Mysterium der Menschwerdung. Die heilende Gnade wird uns nicht nur von Christus, sondern auch vom Heiligen Geist gespendet. Der Geist, der Anfangshauch des Vaters, welcher den Menschen zum Lebewesen gemacht hat, ist der, welcher ihn auch vergeistlicht, damit er zum Mitglied des Leibes Christi und Gefäß des Heiligen Geistes wird. Im Heiligen Geist ist unser ganzes Leben. Darum rufen wir ihn beharrlich auf uns herab, um unser Leben instand zu halten. Die ganze Kirche betet in und um den Heiligen Geist. Ihn rufen wir am Pfingsttag an, wenn wir sein Kommen festlich begehen, weil er in diesem Fest seinen Ursprung hat.
„Himmlischer König, Tröster, Du Geist der Wahrheit, Allgegenwärtiger und das All Erfüllender, Schatzkammer der Güter und Spender des Lebens, komm, nimm Wohnung in uns, läutere uns von allem Makel und errette, Gütiger, unsere Seelen.“
Das ist unser persönliches Gebet und das Gebet der ganzen Kirche, welches am Anfang aller Gottesdienste gebetet wird, durch das wir den Heiligen Geist anrufen, in uns zu wohnen. „Es ist nicht zufällig, daß das Gebet mit der Anrufung als "König" beginnt. Dieser schlichte Ausdruck fasst das evangelische Ziel zusammen: Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen“ (Matthäus 6: 33). Vergeistlicht werden heißt, das Reich des Sohnes, welches gleichzeitig dem Heiligen Geist gehört, zu realisieren. Der Heilige Geist macht uns fähig, ins Reich Gottes einzutreten und es durch Adoption zu erben. Das zweite Attribut, das wir dem Geist zuteilen, ist „Tröster“. Er ist der, welcher nach der Himmelfahrt des Sohnes ständig herabkommt, um uns zu trösten. Er ist nämlich selbst der seinen Jüngern von Christus verheißene Trost.
„Der Geist der Wahrheit“ — Als der Heiland mit der Samariterin am Jakobsbrunnen redete, sagte er ihr, daß diejenigen, die den Vater anbeten, ihn auch im Geist und in der Wahrheit anbeten sollen. Der Geist und die Wahrheit sind selber Gott, die dritte Person der Heiligsten Dreieinheit, der Heilige Geist. Die wahren Anbeter bitten um die Herabkunft des Geistes über sie, damit ihnen vom Geist geholfen wird, ihre Gebete an den Vater zu richten.
Weiter bezeugen wir die Allgegenwärtigkeit des Geistes und dass Er die ganze Schöpfung zur Vollendung führt, indem Er alles vollbringt. Vor der Bitte erwähnen wir noch zwei Attribute des Geistes: „Schatzkammer der Güter und Spender des Lebens“. Der Heilige Geist, die dritte Person der Heiligsten Dreieinheit, ist selbst die Güte und das Leben, also Quell der Güter und Ursprung des Lebens. Nach der Erwähnung dieser Attribute, nach unserer Vorbereitung durch das Bewusstmachen der Bedeutung des Heiligen Geistes für uns, folgt der zweite Teil des Gebetes — die Anrufung: „Komm, nimm Wohnung in uns, läutere uns von allem Makel und errette, Gütiger, unsere Seelen!“ Die Idee des Wohnens des Geistes in und unter uns suggeriert uns die authentische Interpretation des Ausdruckes „Gemeinschaft des Geistes“ als wahre Gegenwart des Heiligen Geistes, des Brunnens, aus dem wir uns tränken, des persönlichen Ursprungs der Gnade, dessen wir uns zusammen erfreuen! Die Präsenz des Geistes in uns unterscheidet sich von der Präsenz durch Identifikation.
"Nimm Wohnung in uns!“— „Mach aus uns Deine Wohnung, Dein Zelt, Deinen Tabernakel.“ Wir wissen vom heiligen Apostel Paulus, daß wir Gottes Tempel sein sollen (1. Korinther 3: 16). Das ist die erste Bitte, die wir an den Geist richten: Er soll kommen und in uns wohnen, er soll uns zu Kirchen der Göttlichkeit machen. Diejenigen, die an Pfingsten den Heiligen Geist empfangen hatten, wurden Mitglieder des Leibes Christi, wurden Heilige durch die Heiligkeit selbst und machten aus ihrem Wesen einen Tempel Gottes! Darum beten wir: „Komm, nimm Wohnung in uns.“ Die erste Wirkung des Wohnens des Geistes Gottes in uns ist unsere Reinigung, unsere Purifikation: „Läutere uns von allem Makel“. Durch unsere Reinigung von Sünden wird in uns die reinigende Wirkung des Sohnes lebendig gemacht, der uns durch sein Blut geistlich gewaschen hat. Durch das Wohnungnehmen des Geistes in uns eignen wir uns die von Christus, dem Sohn Gottes, realisierte Reinigung selber an, werden lauterer, besser, bereit, das höchste Gut, die Finalität der Sohnes-Oikonomia, anzunehmen. „Und errette, Gütiger, unsere Seelen.“ Unser Heil, unser Eintritt in das Himmelreich, ist das Ziel der ganzen heilenden Wirkung der Heiligsten Dreifaltigkeit, das Ziel unseres Lebens und jeder Liturgie des Volkes Gottes. Dessen sind wir uns bewusst, nicht nur an Pfingsten, sondern sooft wir betend unser Heil durch das Wirken des Heiligen Geistes verlangen.
Aus den Kniebeugungsgebeten
in der Vesper am Abend des Pfingstsonntags
Allein makelloser, anfangloser, unsichtbarer, unbegreiflicher, unerforschlicher, unveränderlicher, unüberwindlicher, unermesslicher, langmütiger Herr: Du allein hast Unsterblichkeit und wohnst im unzugänglichen Lichte.Du hast den Himmel geschaffen und die Erde und das Meer und alle Geschöpfe in ihnen. Du gewährst allen die Bitten - noch bevor Du gebeten wirst. Dich bitten wir und Dich rufen wir an, menschenliebender Gebieter, Dich, den Vater unseres Herrn und Gottes und Erlösers Jesus Christus, Der für uns Menschen und zu unserem Heile von den Himmeln herabgekommen ist und Fleisch angenommen hat vom Heiligen Geiste und aus der Immerjungfrau und ruhmreichen Gottesgebärerin Maria. Er belehrte uns zuerst durch Worte, später unterwies Er aber auch durch Taten, als Er das heilbringende Leiden erduldete. Er gab uns ein Vorbild, Deinen Dienern hier unten, obwohl sie sich Deine Gnade nicht verdient haben, Dir Gebete darzubringen, indem wir Nacken und Knie beugen wegen unserer eigenen Sünden und den unwissentlichen Vergehen allen Volkes. Du selbst, gnadenreicher und menschenliebender Gott, erhöre uns nun an welchem Tag auch immer wir Dich anrufen, besonders aber an diesem Tage des Pfingstfestes, an welchem unser Herr Jesus Christus, nachdem Er gen Himmel gefahren war, und sich zu Deiner, des Gottes und Vaters, Rechten gesetzt hatte, den Heiligen Geist auf Seine heiligen Jünger und Aposteln herabgesandt hat; dieser ließ sich auch auf einen jeden von ihnen nieder und sie wurden alle erfüllt mit Seiner unerschöpflichen Gnade und verkündeten in fremden Zungen Deine Großtaten und weissagten. Nun also erhöre uns, die wir Dich bitten, und gedenke unser, die wir ansonsten hier unten hilflos und hoffnungslos sind, und hebe auf die Gefangenschaft unserer Seelen, der Du Milde hast für uns. Nimm uns an, die wir vor Dir niederfallen und rufen: „Wir haben gesündigt“. Zu Dir kommen wir vom Mutterschosse an, denn vom Mutterschosse an bist Du unser Gott. Doch unsere Tage sind verflossen in Nichtigkeiten. Wir haben Deine Hilfe verspielt und jede Rechtfertigung verloren; dennoch rufen wir voll Zuversicht auf Dein Erbarmen: Der Sünden unserer Unreife und unseres Unverstandes gedenke nicht, und reinige uns von unseren verborgenen Sünden; lass uns nicht im Alter verloren sein, wenn unsere Kräfte schwinden, verlasse uns nicht ehe wir in die Erde zurückkehren, mache uns würdig der Umkehr zu Dir, und sei uns geneigt in Huld und Gnade; lege an unsere Sünden den Maßstab Deiner Milde und stelle die Unerschöpflichkeit Deiner Erbarmungen der Menge unserer Sünden gegenüber. Blicke herab, oh Herr, von Deiner heiligen Höhe auf Dein vor Dir stehendes Volk, welches reichliche Gnade von Dir erwartet. Komm zu uns mit Deiner Gnade, reiße uns aus der Gewalt des Teufels; stärke unser Leben durch Deine heiligen und göttlichen Gebote; einem treuen Schutzengel vertraue Dein Volk an; versammle uns alle in Deinem Reich: gewähre Verzeihung denen, die auf Dich hoffen; vergib ihnen und uns die Sünden; reinige uns durch die Wirksamkeit Deines Heiligen Geistes und vernichte die gegen uns gerichteten Ränke des Feindes. Amen.
Der Sonntag Aller Heiligen
Eine Predigt von Metropolit Anthony von Souroš
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Hl. Geistes.
Die Mutter Gottes und die Heiligen, deren Gedächtnis wir heute feiern, die uns bekannt sind, weil Gott sie uns offenbart hat, und weil sie verstanden worden sind und anerkannt, entweder von ihren Zeitgenossen oder Jahre, manchmal sogar Jahrhunderte später, alle diese Heiligen sind die Antwort der Erde auf die Liebe Gottes.
Und diese Antwort wird von ihnen gegeben nicht nur in ihrem eigenen Namen, sondern im Namen der ganzen Schöpfung, und so auch in unserem Namen. Denn jeder von uns hat das Anrecht auf einen Namen, den Namen eines dieser Heiligen. Die Heiligen, deren Namen wir tragen, stehen vor Gott und bitten, dass ihr Name nicht unwürdig gemacht wird vor den Augen Gottes. Die Heiligen Gottes umarmen die ganze Schöpfung mit ihrer Liebe, mit ihren Fürbitten, in ihrem Gebet, mit ihrer wirklichen und dauernden Gegenwart.
Ist es nicht wunderbar, dass wir zu dieser riesigen Familie von Männern, Frauen und Kindern gehören, die verstanden haben, was der Herr meinte, als Er zu uns kam und unter uns lebte, uns lehrte und für uns starb? Sie dankten Ihm aus ganzen Herzen, sie verstanden Ihn mit ihrem ganzen Sinn, und sie nahmen Seine Botschaft an mit all ihrer Entschlossenheit in sich selbst, alles, was der Grund für die Kreuzigung war, zu überwinden.
Denn wenn auch nur einer auf Erden vom rechten Weg abgekommen, von Gott abgefallen wäre, würde Christus gekommen sein ihn auf Kosten Seines Lebens zu retten. Dies ist Sein eigenes Zeugnis zu einem Heiligen aus den ersten Jahrhunderten, der gebetet hatte, dass Sünder verdammt werden sollten. Christus erschien ihm und sagte: „Nie bete auf diese Weise. Wenn auch nur ein Sünder existiert hätte, Ich wäre für ihn gestorben.“ Die Heiligen sind Menschen, die Liebe mit Liebe erwidern, Menschen, denen bewusst ist, dass, wenn jemand für sie sterben kann, ihr einziger Dank ist, so zu werden, dass er nicht vergeblich gestorben wäre. Unser Kreuz auf uns nehmen heißt genau das: sich abwenden von all dem, was Christi Tod und Kreuzigung verursacht hat, von all dem, was Christus mit Hass und Verständnislosigkeit umgeben hat.
Wir alle könnten es tun, besser als die, welche in Seiner Zeit lebten, denn sie könnten sich in Ihm getäuscht haben. Aber in unserer Zeit, nach zweitausend Jahren, da wir die Evangelien lesen können, und aus der Schrift die Person Christi hervortreten sehen, da wir Millionen von Zeugen haben, die uns berichten, dass Er wirklich Sein Leben für uns hingab, ist die einzige Antwort, die wir geben können, unser Leben für einander in Seinem Namen hinzugeben – wie können wir da nicht antworten?
Deshalb sollten wir uns an diesem Tag neu entschließen: zu lauschen in der gleichen Weise wie sie gelauscht haben, mit ihrem ganzen Herzen, ihrem ganzen Sinn, mit ihrem ganzen Willen, ihrem ganzen Selbst, um zu sehen was geschieht, zu hören was Er sagte, mit Dankbarkeit und Entschlossenheit zu reagieren. Und dann, wenn wir Gott die Kleinigkeit opfern –unsere Dankbarkeit und unseren guten Willen – wird die Kraft, die Stärke um auch in das Format zu wachsen, das Gott gewollt und für uns erwählt hat – die von Gott sein, wie Er sagte: „Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit“ (2. Korinther 12:9).
Und der Apostel Paulus, der das wusste, fügte in einem anderen Brief hinzu: „Alles vermag ich durch IHN, der mir Kraft gibt“ (Philipper 4:13). Machen wir also einen Neubeginn, damit die Heiligen, deren Namen wir tragen, Freude an uns haben, vor allem die Muttergottes, die ihren Sohn dem Tod übergab, damit wir uns hingeben können, damit wir verstehen können, dass wir gerettet werden können und frohlocken, und dass Christus sehen kann, dass es nicht umsonst war, dass ER gelebt und gelehrt hat und gestoben ist.
Wir sollten Seine Verherrlichung sein, ein Licht. Vielleicht nur ein kleines Licht, wie eine kleine Kerze, vielleicht ein strahlendes Licht, wie einer der großen Heiligen – aber lasst uns ein Licht sein, das die Welt erleuchtet und sie weniger dunkel macht. Lasst uns Freude sein, damit andere lernen sich des Herrn zu erfreuen. Amen.
Quelle: Predigt vom 25 Juni 1989
(http://www.metropolitanthony.orc.ru/eng/eng_120.htm);
Übersetzt aus dem Englischen von G. Wolf.