Weihnachten

 

Weihnachten feiern in Ost und West

 

 

Während für viele evangelische und katholische Christen die weihnachtliche Festzeit bereits mit dem Advent beginnt und meist schon mit den ersten oder zweiten Weihnachtsfeiertag endet, feiern orthodoxe Christen das Weihachsfest zwischen dem 25. Dezember (Hochfest der Geburt Christi) und dem 07. Januar (Taufe Christi). Diese Zeit wird in der russischen Tradition die „heiligen Tage“ genannt. Der heilige Abend (24. Dezember) und der Vorabend von Theophanie (06. Dezember) sind in der orthodoxen Tradition strenge Fasttage

 

Landläufig ist man oft der Meinung, dass in Russland und der Ukraine das orthodoxe Weihnachtsfest am 07. Januar gefeiert würde. Dabei stammt die Differenz von 13 Tagen zwischen dem westlichen und östlichen Weihnachtstermin aus dem einfachen wie erklärungsbedürftigen Grund, da es unterschiedliche Kalendertraditionen gibt. Die katholischen und evangelischen Christen folgen dem „gregorianischen Kalender“, während die Mehrheit der orthodoxen Christen dem älteren, julianischen Kalender folgen. Nach dem bürgerlichen (gregorianischen) Kalender fällt deshalb der 25. Dezember des kirchlichen (julianischen) Kalenders eben auf den 7. Januar.

 

Die Russische Orthodoxe Kirche behielt auch nach der Oktoberrevolution den julianischen Kalender bei, während die sowjetischen Machthaber den Übergang zum im Westeuropa gültigen gregorianischen Kalender vollzogen. Dieser „alte Kalender“ für den kirchlichen Jahreslauf wurde dann zu einem stillen Zeichen der geistlichen Opposition zur kommunistisch-atheistischen Staatsmacht. Die Kommunisten verfolgten über 70 Jahre lang das Ziel den Glauben und die Kirche zu zerstören. Heute leben die Russische, Serbische, Georgische Orthodoxe Kirche sowie das Patriarchat von Jerusalem nach dem julianischen Kalender, die griechisch geprägten Orthodoxen Kirchen (Konstantinopel, Alexandrien, Jerusalem, Zypern und Griechenland) sowie die Rumänische Orthodoxe Kirche, aber auch viele Gemeinden in der orthodoxen Diaspora, nutzen heute den bürgerlichen Kalender auch im kirchlichen Jahreslauf. Die Kalenderfrage wird oftmals von kirchlichen Zeloten und Fundamentalisten gern zur „Streitfrage des Glaubens“ und zum „Lackmustest der wahren Orthodoxie“ hochgespielt. Aber ob wir dem „alten Kalender“ oder dem „neuen Kalender“ folgen, ist eine Frage der lokalkirchlichen Disziplin, in die wir durch unsere Zugehörigkeit zu einer bestimmten orthodoxen Landeskirche eingebunden sind. Dies ist gewiss kein Grund zu Zwist oder Streit unter den Gläubigen!

 

 

 

Der 24. Dezember (alten Stils) / 06. Januar (neuen Stils) ist der letzte Tag der Weihnachtsfastenzeit. Am Heiligen Abend (russisch: Sotschelnik) wird bis zum Aufgang des ersten Sterns am Abendhimmel streng gefastet. Hintergrund dafür ist ein eucharistisches Fasten, denn die Christvesper ist in der orthodoxen Tradition mit der ersten Weihnachtsliturgie verbunden. Diese wird nach der langen und feierlichen Ordnung der Basilius-Liturgie gefeiert. Am Vormittag werden in den Kirchen die Großen (Königlichen) Stunden gebetet. Am Nachmittag wird dann die Christvesper mit der ersten Festliturgie gefeiert. Um kommunizieren zu dürfen essen und trinken die Gläubigen seit Mitternacht nichts mehr. Dies ist der kirchliche Hintergrund für den volkstümlichen Brauch bis zum Erscheinen des ersten Sterns streng zu fasten.

 

 

Vor allem in der Ukraine versammeln sich am Heiligen Abend (Sviatij Vechir) die Familien zu einem feierlichen, traditionell 12 Speisen (12 wegen der zwölf Apostel) umfassenden Festessen, das sich aber den kirchlichen Fastenregeln entsprechend noch vollkommen vegan oder zumindest fleischlos gestaltet sein sollte.

 

Unverzichtbar für die russisch-orthodoxe weihnachtliche Festtafel ist auf jeden Fall Kutja, eine mit Honig gesüßte, sowie mit Mohn und/oder Trockenfrüchten versetzte Weizenspeise. Sie eröffnet das festliche Essen am Heiligen Abend.

 

In einigen Gegenden der Ukraine kennt man ebenfalls noch ein Weihnachtsbrot, den Kolach, ein süßes, mit einem hellen Stern verziertes Hefebrot. In anderen ukrainischen Gebieten tritt an die Stelle des einen Kolach drei ringförmige, geflochtene Kolachi, in deren Mitte dann eine Kerze gestellt wird. Auch eine Weizengarbe der Diduch darf am Weihnachtsabend auf der Tafel in der Ukraine oftmals nicht fehlen.

 

Der Weihnachtstisch ist mit zwei leinenen Tischtüchern bedeckt. Das unter Tischtuch der weihnachtlichen Festtafel symbolisiert die Grablinnen der im Herrn entschlafenen Vorfahren, das obere Tischtuch steht für die weißen Taufgewänder der noch auf Erden lebenden Angehörigen. Unter den Tischtüchern ist Stroh auf die Tischplatte gestreut. So symbolisiert der Tisch zugleich auch die hölzerne Krippe zu Bethlehem und das Stroh steht symbolisch für das Heu in der Krippe. Ebenfalls werden Münzen auf die Tischplatte gelegt, als frommer Wunsch um Gesundheit und Wohlergehen im kommenden Jahr.

 

Am Weihnachtsabend versammeln sie sich alle an der familiären Festtafel. Anderes als heute im westlichen Kulturkreis gehören Weihnachtsgeschenke nicht traditionell zum orthodoxen Heiligen Abend. Heute werden in Russland aber Geschenke zum Neuen Jahr überreicht, während traditionell die Bescherung der Kinder am Fest der heiligen Nikolaus (06. Dezember) oder am Fest des heiligen Vasilij (Basilius der Große am 01. Januar) stattfand, denn die Vita beider großer Heiliger ist mit großer Freigiebigkeit und Mildtätigkeit verbunden.

 

Aber inzwischen ist nach westlichem Vorbild das Beschenken der Kinder auch am Heiligen Abend durchaus üblich geworden, so dass russischen Kinder oft sowohl am Heiligen Abend als auch an Silvester Geschenke erhalten.

 

Im Anschluss an das traditionelle Weihnachtsessen gehen fromme orthodoxen Familien in Russland zum wichtigsten der weihnachtlichen Gottesdienste. Die feierliche Nachtwache (Christmette) wird in der Nacht vom 24. Dezember /06. Januar auf den 25. Dezember/ 07. Januar gefeiert. Dieser Nachtwache folgt ab Mitternacht dann die zweite Festliturgie, die der Ordnung der Chrysostomus-Liturgie gefeiert wird. Während die Christvesper und die erste Weihnachtsliturgie noch in den roten liturgischen Gewändern der Fastenzeit gefeiert wurden, werden die Nachtwache und die zweite Weihnachtliturgie bereits im festlichen Weiß gefeiert. Weiß ist dann auch die bleibende liturgische Farbe für den dritten Weihnachtsfeiertag und die übrigen Tage bis zum Festabschluss des Weihnachtsfestes. Auch das Fest der Taufe Christi (Theophanie) wird in weißen Gewändern gefeiert.

 

Mit dem Heiligen Abend (russisch: Sotschelnik, ukrainisch: Sviatij Vechir), beginnen traditionell die „Swjatki“, die „Heiligen Tage“, die mit dem Fest der Theophanie, der Taufe des Herrn mit der Großen Wasserweihe enden. Nach dem in der Russischen Orthodoxen Kirche geltenden alten Kalender wir das Hochfest der Theophanie am 19. (06.) Januar gefeiert. Bevor der atheistische Kommunismus den auch im alten Russland durch vielfältige Bräuche ausgeprägten Jahreslauf, die mit dem kirchlichen Leben in enger Verbindung standen, ausgelöscht hat, waren die Swjatki die längste und beliebteste Fest des ganzen Jahres, eine fröhliche unbeschwerte Zeit für Jung und Alt. Die traditionellen Swjatki-Bräuche, die in vielem an die westeuropäischen Karnevalsbräuche erinnerten, sind heute nach 70 Jahren Atheismus weitgehend verschwunden.

 

Ab dem Heiligen Abend, in einigen Gegenden aber erst ab dem zweiten Weihnachtsfeiertag, zogen Sternsinger mit einer sternförmigen großen Papierlaterne oder mit einem hölzernen Stern singend von Haus zu Haus und erhielten dafür Geschenke (Süßes Gebäck, Piroggen, Dörrobst oder auch Geld). Die Sänger, meist kleine Gruppen junger Leute, trugen die „Koljadki“, die russischen Weihnachtslieder vor, machten dabei Späße und Schabernack und wünschten den Menschen Segen und Wohlergehen anlässlich der Festtage und sammelten dabei manchmal auch Geld und andere Gaben für einen guten Zweck. Denn nicht umsonst sagt der alpenländische Volksmund, dass das kirchliche Leben durch die jahrhundertealten Volksbräuche in jedem Haus erwacht.

 

Auch das volkskirchliche Leben der abendländischen Christen ist durch viele, religiös begründete Bräuche geprägt. Zu ihnen zählen Tannen- und Lichterschmuck, Adventskränze und -kalender, Krippenspiele, Weihnachtslieder und -geschichten, Basteleien, Weihnachtsmärkte und die Weihnachtsbäckerei.

 

Weil die Liebe Jesu Christi zu den Menschen für die gläubigen Christen alle Dunkelheit überstrahlt, spiel das Licht schon in der Adventszeit eine besondere Rolle. Je näher Weihnachten rückt, desto heller strahlen Kerzen und Lichter und legen der Zauber der Weihnachtszeit selbst in die Herzen nicht kirchlich orientierter Menschen.

 

In keiner Kirche, keiner Behörde und fast keinem christlichen Haushalt fehlt ein Adventskranz aus Tannenzweigen. An jedem Adventssonntag leuchtet darauf eine weitere Kerze auf. Nach der evangelischen Tradition sind die Kerzen des Adventskranzes in hell leuchtendem Rot gehalten. In der katholischen Tradition sind es drei violette Kerzen und eine rosafarbene Kerze. Violett, die Farbe der Buße, ist in der katholischen Kirche die liturgische Farbe des Advents, denn die Vorbereitungszeit auf Weihnachten soll von einer Gesinnung der Umkehr und Buße bestimmt sein. Mit dem Bibelvers "Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! " - lateinisch "Gaudete in Domino semper" - wird der katholische Gottesdienst am dritten Adventssonntag eröffnet. Es herrscht Freude darüber, dass der Herr mit der Erlösungsgnade nahe ist und das Hochfest der Geburt Christi bevorsteht. Am Sonntag "Gaudete" wird die rosafarbene Kerze angezündet. Damit wird die Freude zum Ausdruck gebracht, denn Rosa ist das aufgehellte Violett.  Auch die Messgewänder im Gottesdienst sind dann rosafarben.

 

Erst im 16. Jahrhundert auf dem Konzil von Trient (1545 – 1563) wurde in der katholischen Kirche die Adventszeit auf vier Wochen festgelegt. Der erste Advent ist üblicherweise am Sonntag zwischen dem 27. November und dem 3. Dezember. Die Adventszeit endet am Heiligen Abend. Aber in einigen Gegenden in Italien dauert die Adventszeit, genau wie die orthodoxe Fastenzeit, noch heute sechs Wochen. Ursprünglich begann die Adventszeit nach dem Fest des hl. Martin von Tours am 12. November.

 

In der Adventszeit üben in Kirchengemeinden und Schulen die Kindern und Jugendlichen Krippenspiele ein. Sie erzählen dabei die Geschichte der Geburt des Erlösers im Stall von Bethlehem. Kirchen und Musikschulen verschicken Einladungen zu Weihnachtskonzerten. Manche sammeln Geld für Menschen in Not. Sie wollen die Liebe, die sie von Gott empfangen, an andere weitergeben.

 

In fast jeder christlichen Familie hängt ein Adventskalender und vertreibt Kindern die Wartezeit. Sie dürfen an jedem Tag ein neues Türchen öffnen. Dahinter finden sie ein kleines Bild oder Schokolade.

 

Viele Christen basteln in der Adventszeit auch Weihnachtsschmuck und Geschenke für Freunde und Verwandte, backen Plätzchen oder lesen, singen und spielen Weihnachtsgeschichten und -lieder. Sie erklingen sogar draußen vor der Tür, denn in fast jedem größeren Ort stimmen Weihnachtsmärkte mit Musik und Duft von Zimt und gebrannten Mandeln auf das Weihnachtsfest ein.

 

Das reiche Brauchtum macht die Advents- und Weihnachtszeit - gerade in Deutschland - zum Fest der Feste. So ist „Weihnachten“ hierzulande bei unseren evangelischen und katholischen Mitchristen eindeutig das beliebteste Kirchenfest, das alljährlich bei vielen gläubigen Christen, aber auch bei vielen kirchenfernen und sogar nicht-christlichen Mitmenschen eine sentimentale Gemütsverfassung hervorruft. Durch das mit menschlichen Sehnsüchten und Erwartungen arbeitende Weihnachtsgeschäft entsteht eine fast romantische Weihnachtsstimmung. Gerade die Adventszeit ist davon geprägt.

 

Das Wort „Weihnachten“ stammt von der mittelhochdeutschen Wendung „ze wihen naht“, was etwas mit „geweihte, heilige Nacht“ übersetzt werden kann.

 

 

Wird die weihnachtliche Festzeit im Westen vor allen durch die Adventszeit geprägt, so sind es in Russland und der Ukraine die Festtage zwischen dem Fest der Geburt Christi und dem Fest der Taufe des Herrn. Die Atmosphäre dieser russischen Feiertage zwischen den Jahren lässt sich besonders schön beim exilrussischen Schriftsteller Iwan Schmeljow nachlesen. Schmeljow wurde als viertes von fünf Kindern in einer den russischen Traditionen eng verbundenen Moskauer Kaufmannsfamilie geboren. In seinem Buch „Wanja im heiligen Moskau“ in dem er die kirchlich geprägte Lebensordnung im alten Russland so treffend beschrieben hat, erzählt er auch von den vom vergangenen Zauber der Swjatki: „Drei Tage vor Weihnachten ragte auf den Märkten und Plätzen – ein Wald von Tannen. (…) Das Volk bummelt und sucht sich seine Christbäumchen aus. (…) Allenthalben lodern Holzfeuer, an denen sich die Leute aufwärmen. Der Qualm steigt säulenförmig gen Himmel. In Samowaren brodelt der Sbitjen. Das ist ein heißes Getränk, besser noch als Tee. Mit Honig und Ingwer – duftet wunderbar und schmeckt süß. (…)“. Neben Sbitjen wurden ebenfalls heiße Fruchtsäfte aus Dörrobst gereicht. Der Sbitjen-Trunk, der urkundlich übrigens bereits im frühen 12. Jahrhundert erwähnt wird, war das beliebteste russische Heißgetränk vor der Einführung des Tees aus China.

 

Nicht Glühwein, sondern Sbitjen und der Absud aus Dörrobst prägten die russischen Weihnachtsmärkte, auf denen ebenfalls der Christbaumschmuck erstanden werden konnte. Der Weihnachtsbaum kam erst im 19. Jahrhundert aus Westeuropa nach Russland. „Jolka“ ist das russische Wort für Tannenbaum, der in Russland überaus prächtig mit goldenen Schleifen, schillernden Kugeln und vielen Leckereien für die Jüngsten geschmückt wird. Mit dem Schmuck des Baumes wurden aber auch in Russland viele christliche und symbolische Inhalte verbunden: Die Kerzen verkörpern das das Dunkel durchdringende Licht des neugeborenen Christus, die goldenen Kugeln und Schleifen stehen für Wohlergehen, das man sich und anderen wünscht, das Zuckerwerk und Lebkuchen symbolisieren Zufriedenheit, Liebe und Eintracht in der Familie.

 

Die „Krippe“ ist in Russland unbekannt geblieben. Seine Ursprung hat der Brauch, die Weihnachtsgeschichte mit Hilfe von Figuren darzustellen, im Leben eines der beliebtesten katholischen Heiligen, dem Franziskus aus Assisi. Im Jahre 1223 hat er am Weihnachtsabend mitten im Wald eine Krippe mit Menschen und Tieren als Darstellern aufgebaut und den dort anwesenden Gläubigen dann das Weihnachtsevangelium vorgetragen. Von Italien aus breitete sich die Tradition der Weihnachtskrippe dann im 16. Jahrhundert in die katholischen Gegenden Deutschlands aus. Zunächst war die Krippe ein Die Weihnachtskrippe ein katholisches Element. Die Bedeutung, die der Weihnachtsbaum bei den evangelischen Christen hatte, nahm bei den Katholiken die Krippe ein. Später übernahmen auch die Katholiken Adventskranz und Weihnachtsbaum, während auch im evangelischen Kontext Krippen aufgestellt wurden.

 

In vielen orthodoxen Familien unter dem Weihnachtsbaum oft ein kleiner Hocker oder Tisch mit der Christi-Geburts-Ikone, vor der Kerzen oder auch bunte Votivlichter brennen. Auch Engelfigürchen und Sterne mit kleinen Ikonen am Weihnachtsbaum verweisen auf den christlichen Charakter des Festes hin.

 

In Russland ist Weihnachten bis heute eher ein kirchliches Fest, geprägt von langen und feierlichen Gottesdiensten, als eine ausgeprägte Familienfeier wie gerade in der deutschen Tradition.

 

Unverzichtbarer des Weihnachtsfestes ist bis heute in den orthodoxen Familien die Kutja. Diese Speise aus gekochten und mit Honig gesüßten Weizenkörnern, die oft zusätzlich noch mit Dörrobst gemischt ist, stellt man auf Heu in den Herrgottswinkel („Krasnyj Ugol“) unter die Haus-Ikonen der gläubigen Familie. Sie gilt traditionell als eine symbolische Gabe für Christus. Ein Löffel von der Kutja eröffnet das russische Weihnachtsessen in den kirchlichen Familien. Die Bauern brachten vor der Revolution etwas von der Kutja auch den Tieren im Stall.

 

Eine Adventszeit wie im Westen kennt man in den orthodox geprägten Ländern nicht. Die vierzigtägige Zeit des Weihnachtsfastens am 15. November. Diese Fastenzeit verbindet Verzicht, Buße und Erneuerung mit einer Reihe von Festen, die schon einen ausgesprochen vorweihnachtlichen Charakter tragen, indem sie in ihren Hymnen die Geburt des Gottessohnes deuten und verkünden. Hier ist an erster Stelle das Fest der Einführung der allheiligen Gottesgebärerin in den Tempel (21. November) zu nennen, welches im Westen auch als „Gedenktag Unserer Lieben Frau (wie die Gottesmutter auch genannt wird) in Jerusalem“ bekannt ist. Es stellt in seinen Hymnen und gesängen den Tempel des Alten Bundes dem neuen Tempel des Fleisch gewordenen Wortes Gottes gegenüber; denn alles Wohnen Gottes in Israel zielt auf seine Ankunft im Fleisch:

 

„Heute ist die Vorfeier des Wohlgefallens Gottes, kündet sich an die Erlösung der Menschen. Untrüglich erscheint im Tempel Gottes die Jungfrau und kündigt allen Christus an. Ihr laßt auch uns mit lauter Stimme rufen: Sei gegrüßt, Du Erfüllung der Heilsordnung des Schöpfers.“

Tropar des Festes

 

Durch das Fest der Empfängnis der allheiligen Gottesgebärerin (09. Dezember) wird die Kontinuität im Heilsplan Gottes deutlich. Schrittweise befreit der Herr durch die Gerechten des Alten Bundes, die mit seiner Gnade zusammenwirken, Sein Volk vom Fluch der Sünden und der geistlichen Unfruchtbarkeit, bis in der Empfängnis der heiligen Gottesgebärerin Sein Heilswerk einen ersten Höhepunkt erreicht.

 

Auch die Feste anderer Heiliger bilden gleichsam eine mystische Leiter des Aufstiegs zum Weihnachtsfest. So werden die Hymnen der Feste dieser Heiligen – z.B. die Feste des heiligen Andreas (30. November), der heiligen Barbara (04. Dezember) und des heiligen Nikolaus (o6. Dezember), die auch in der katholischen Kirche begangen werden – zu Quellen vorweihnachtlicher Freude, da sie die Propheten, Joseph, die Hirten, die Weisen aus dem Morgenland, aber auch Bethlehem, die Höhle, die Krippe und den Stern auffordern, sich auf das unbegreifliche Geheimnis der Menschwerdung Gottes einzustellen, um so auch die Gläubigen in diese Haltung einzustimmen:

 

„Bereite dich, Höhle; denn das Mutterlamm kommt Christus tragend in ihrem Schoß. Krippe, nimm den auf, der durch das Wort uns Erdgeborene von widersinnigem Wandel befreit. Ihr Hirten des Feldes, bezeugt das furchterregende Wunder! Ihr Weisen aus Persien, bringt dar dem König Gold, Weihrauch und Myrrhe. Denn erschienen ist der Herr aus der Jungfrau-Mutter.“

 

Theotokion der Vesper am 06. und 24. Dezember und am Sonntag vor Weihnachten

 

Außerdem gehen dem Hochfest der Geburt Christi zwei besondere Sonntage voraus. Der erste, der „Herrentag der Gottesahnen“, würdigt vor allem das geistige und moralische Zeugnis der Väter und Vorväter Christi. Zu ihnen zählen z.B. Adam, Abraham, Mose und Aaron, David und die Propheten, die bereits in der Zeit des Alten Bundes durch ihren Glauben die Hoffnung auf die Erlösung wachhielten und die endgültige Erlösung durch Christus ankündigten. Der „Herrentag der Genealogie“, der Sonntag vor Weihnachten, ruft uns nochmals die großen heiligen Gestalten des Alten Bundes, dieses Mal unter dem Gesichtspunkt der Blutsverwandtschaft zu Jesus, vor Augen. Dadurch werden die Glieder jener Ahnenkette, die von Abraham - oder gar von Adam - bis Jesus reicht (Mt 1:1-17; Lk 3: 23-38), in das Heilgeschehen mit einbezogen, obwohl sie sich teilweise großer Verfehlungen schuldig gemacht haben. So wird deutlich, dass sich Gott in der Geburt Seines Sohnes aus der Jungfrau vorbehaltlos in diese Verwandtschaft eingegliedert und sich so mit Israel und der gesamten Menschheitsfamilie verbunden hat. Das göttliche Kind ist folglich nicht nur Frucht einer fortschreitenden, in Maria gipfelnden Heiligung, sondern auch Erbe einer Genealogie des Unheils. Gerade deshalb ist Gott aber in Jesus Christus Mensch geworden, um die Menschen auf den Weg des Lebens zurückzuführen.

 

Die letzten fünf Tage vor Weihnachten (20. bis 24. Dezember) bilden die eigentliche Vorfeier der Geburt des Herrn, deren Hymnen das Festgeheimnis in seiner ganzen theologischen Breite bereits entfalten. Dabei umkreisen sie nicht zuletzt die Erfüllung der alttestamentlichen Heilserwartung in der Menschwerdung des Gottessohnes, die kosmische Dimension dieses Ereignisses, die Wesensgleichheit des Neugeborenen mit dem Vater und mit uns, aber auch seine unerklärliche Entäußerung. Schließlich kommt in ihnen zur Sprache, dass Gott schon in der Höhle von Betlehem das Ziel seiner Menschwerdung offenbart. Er wird Mensch, um uns allen das Paradies wieder zu öffnen, ja mehr noch: um sich uns als Speise des ewigen Lebens zu schenken und um uns als gefallene Menschen wieder aufzurichten. In diesem Sinne lädt der Mensch gewordene Gottessohn die Gläubigen gerade in der Vorfeier seiner Geburt ein, sich mit ihm in der Göttlichen Eucharistie auf unbegreifliche Weise – durch eine Teilhabe an den geheiligten Gaben – zu vereinigen und so das geistige Paradies zu erlangen:

 

„Bereite Dich Betlehem, offen steht allen Eden. Rüste Dich Ephrata; denn der Jungfrau entsprosst in der Höhle des Lebens Baum. Ihr Schoß ward offenbar als geistiges Paradies. In ihm wurzelt der göttliche Spross. Wenn wir von Ihm essen, werden wir leben, wir werden aber nicht sterben wie Adam. Christus wird geboren, um das einst gefallene Bild Gottes wieder aufzurichten.“

Tropar der Vorfeier

 

An Weihnachten beginnt also ein Opfer, das im Tod am Kreuz seinen Höhepunkt erreicht. Darauf verweisen schon auf der Weihnachtsikone das Dunkel der Höhle, die Einsamkeit des Kindes, die oft altarförmige Gestalt der Krippe, die Gestalt des Kindes in der Form eines Brotes, die den Grablinnen ähnelnden Windeln.

 

Die Feier des Vortags der Geburt Christi folgt dem liturgischen Vorbild des Großen Freitag und Samstag (Karfreitag und Karsamstag). Sie umfasst die Königlichen Stunden, die mit der Feier der Göttlichen Liturgie verbundene Vesper und die, um eine Segnung von Brot, Öl, Wein und Weizen erweiterte Große Komplet, an die sich dann der Morgengottesdienst (Utrenja) des Weihnachtsfestes anschließt.

 

Als Höhepunkt der vierzigtägigen Vorbereitung auf das Weihnachtsfest leitet dieser Tag mit seinem strengen Fasten und seiner liturgisch dichten Vergegenwärtigung des Geheimnisses der Menschwerdung Gottes dann unmittelbar zum Fest über, so dass die gottesdienstlichen Grenzen zwischen Vorbereitung und Fest uns wie aufgehoben erscheinen.

 

Gleich der Christvesper im Westen bildet die mit der Basiliusliturgie verbundene Vesper den Auftakt der orthodoxen Weihnachtsgottesdienste. In acht alttestamentliche Lesungen (Prophetien) kündigt sich die in der Menschwerdung Christi verwirklichte Neuschöpfung der Welt und Seine kommende messianischen Friedensherrschaft eines neuen Zeitalters an. Es folgen eine Lesung aus dem Hebräerbrief (Hebr 1:1- 12) und das Weihnachtsevangelium nach Lukas, in dem von der Herbergssuche, von der Geburt im Stall, von der Verkündigung der Engel an die Hirten und von der Auffindung des göttlichen Kindes durch Letztere die Rede ist (Lk 2,1- 20). Am Ende der Göttlichen Liturgie begibt sich der Priester feierlich in die Mitte der Kirche zu einer großen brennenden Kerze, die das neugeborene göttliche Kind symbolisiert, das der Priester hier zusammen mit der Gemeinde im Troparion von Christi Geburt besingt:

 

„Deine Geburt, Christus, unser Gott, ließ erstrahlen der Welt das Licht der Erkenntnis. Denn in ihr hat ein Stern die Verehrer der Sterne belehrt, Dich anzubeten als die Sonne der Gerechtigkeit, und Dich zu erkennen als den Aufgang aus der Höhe. Herr, Ehre sei Dir!“

 

Anschließend kommt im gemeinsam gesungenen Kontakion von Christi Geburt nicht zuletzt die im kleinen Kind offenbarte göttliche Entäußerung zum Ausdruck:

 

„Die Jungfrau gebiert heute Den, der über allem Sein ist, und die Erde bietet die Höhle dem Unzugänglichen. Die Engel lobpreisen mit den Hirten. Die Weisen wandern dem Sterne nach. Denn für uns ward geboren als kleines Kind der Gott vor den Zeiten.“

 

Der dritte große Gottesdienst am Vortag der Geburt Christi ist die Vigil des Weihnachtsfestes. Er wird am Abend oder in der Nacht zelebriert und besteht aus der Großen Komplet, der Segnung von Brot, Wein, Öl und Weizen und dem Morgengottesdienst (Utrenja) Besonders freudig stimmt dabei der heilige Hymnograph Kosmas von Majuma († nach 750) die feiernde Gemeinde im ersten Kanon des Festes in die Feier der Geburt Christi ein:

 

„Christus wird geboren, verherrlicht Ihn. Christus vom Himmel, zieht Ihm entgegen. Christus auf Erden, erhebet euch. Singet dem Herrn, alle Lande, in Jubel preist ihn, ihr Völker; denn Er ist verherrlicht!“

 

Am Weihnachtstag selbst feiern wir dann die Chrysostomusliturgie – oft nach dem Vorbild der Osternacht am frühen Morgen. Wie an Ostern, Pfingsten oder am Fest der Theophanie des Herrn wird dabei das Trisagion durch den Ruf „Die ihr auf Christus seid getauft, habt Christus angezogen! Alleluja.“ (Gal 3:27) ersetzt. Das erinnert uns daran, dass das Fest der Geburt des Herrn in der alten Kirche ein bevorzugter Tauftermin war.

 

Die Feier des Weihnachtsfestes dauert sechs Tage und umfasst insbesondere das Fest („Synaxis“) der Gottesgebärerin am 26. Dezember, das Fest des heiligen ersten Märtyrers Stephanus am 27. Dezember, den Herrentag (Sonntag) nach Weihnachten und den Festabschluss von Weihnachten am 31. Dezember.

 

Am 01. Januar feiern wir dann das Fest der Beschneidung des Herrn, das uns die Unwiderruflichkeit der Menschwerdung Gottes und den ewigen Bund Gottes mit der Menschheit vor Augen führt. Dieses Fest wird zwar vom Fest des heiligen Basilius des Großen fast überstrahlt, da sein Gedächtnis ebenfalls auf diesen Tag fällt und die Festtagshymnen dominiert. Dennoch ist es in erster Linie die Beschneidung Jesu am achten Tag, die den 1. Januar zu einem bedeutenden Fest des weihnachtlichen Zyklus macht. Seine Bedeutung besteht darin, dass der aus der Jungfrau geborene Sohn Gottes als wahrer Mensch in Seiner Beschneidung das jüdische Gesetz vollendet und so unser Herz und unseren Geist von der „Hülle unserer Leidenschaften“ (Troparion des Festes) befreit und für den Heiligen Geist öffnet. In ihm haben die Getauften „eine Beschneidung empfangen, die man nicht mit Händen vornimmt“ (Kol 2:11): die Öffnung ihrer geistigen Sinne, mit denen sie Gottes Wort empfangen und Christus erkennen können.

 

Das Fest der Taufe unseres Herrn Jesus Christus besitzt im Bewusstsein der orthodoxen Christen eine ganz besonders wichtige Bedeutung. So heißt es bezeichnenderweise im Gebet des Heiligen Sophronios von Jerusalem († 638) zur Großen Wasserweihe dieses Festtages:

 

„Wir preisen Dich, Gottes Eingeborener Sohn, der Du vaterlos aus der Mutter und mutterlos aus dem Vater hervorgegangen bist. Am vorangegangenen Fest sahen wir Dich als Kind. Am gegenwärtigen Fest sehen wir Dich als vollkommenen Menschen, der uns erscheint als unser Gott, als vollkommener Gott vom vollkommenen Gott.“

 

Die Vorfeier von Theophanie umfasst den Herrentag vor Theophanie und die vier Tage vom 2. bis zum 5. Januar. Am Herrentag (Sonntag) vor Theophanie steht in der Göttlichen Liturgie die eindrucksvolle Prophetengestalt Johannes des Täufers im Zentrum des Tagesevangeliums. Er bereitet die Gläubigen gewissermassen auf die Taufe Christi vor, indem er auf jenen verweist, der stärker ist als er und der die Menschen nicht nur mit Wasser, sondern mit dem Heiligen Geist taufen wird (Mk 1:1-8).

 

Innerhalb der zwölftägigen Festperiode, die Weihnachten und Theophanie verbindet, ist der Vorabend von Theophanie (5. Januar) der einzige Fasttag. Seine Gottesdienste gleichen denen des Vortags der Geburt Christi und umfassen am Vormittag die vier, zu einem einzigen Gottesdienst vereinigten, Königlichen Stunden und die mit der Basiliusliturgie verbundene Vesper. Im Unterschied zum Vortag von Weihnachten wird im Anschluss daran dann die Große Wasserweihe gefeiert.

 

Am Abend oder in der Nacht versammelt sich die Gemeinde zur Vigil, die aus der Großen Komplet, der Segnung von Öl, Brot, Wein und Weizen Die beiden Kanones der Heiligen Kosmas von Majuma († nach 750) und Johannes von Damaskus († 744/54), die dann im Morgengottesdienst gelesen werden, feiern mit der Taufe Christi schon Sein gesamtes Heilswerk, das die Erleuchtung der ganzen Schöpfung, die Reinigung Adams und seiner Nachfahren von der Sünde, den Sieg über den Teufel sowie die Heiligung der Gläubigen und ihre Erkenntnis Gottes durch den Sohn im Heiligen Geist herbeiführt. Am Morgen des Festes wird die Göttliche Liturgie nach der Ordnung des heiligen Johannes Chrysostomos gefeiert. Angesichts des unzerstörbaren Bandes, das demnach zwischen Christus und den Getauften besteht, ist es üblich, am Festtag selbst nach der Göttlichen Liturgie die Große Wasserweihe ein zweites Mal zu vollziehen. Diesesmal wird die Große Wasserweihe wenn möglich an einem nahe gelegenen Gewässer vollzogen. So soll liturgisch zum Ausdruck kommen, dass durch die Taufe Christi im Jordan nicht nur die Getauften, sondern die ganze Schöpfung erlöst und erleuchtet wird. Schließlich besitzt auch das orthodoxe Theophaniefest eine Nachfeier, die durch die Synaxis des Täufers am 07. Januar, den Herrentag (Sonntag) nach Theophanie und den Festabschluss am 14. Januar besonders akzentuiert wird.

 

 

Die symbolische Bedeutung der Gaben der drei heiligen Weisen aus dem Morgenland

 

Die Gaben der heiligen Drei könige stehen navch der Schrift "Gesta Romanorum" für:

 

1.: Das Gold des hl. Melchior steht für die Weisheit eines Königs

 

2.: Der Weihrauch des hl. Balthasar steht für das Gebet

 

3.: Die Myrrhe des hl. Caspar symbolisiert die  Reinheit und das Selbstopfer Christi am Kreuz.

 

Über das Weihnachtsfest

 

Das Weihnachtsfest wird am 25. Dezember gefeiert, neun Monate nach Mariä Verkündigung. Christi Geburt oder Weihnachten ist nach Ostern das fröhlichste und feierlichste Fest im Jahr.

Weihnachten geht die Weihnachtsfastenzeit, auch Fastenzeit des hl. Philippus genannt, voran, welche 40 Tage dauert. Der Vortag von Weihnachten ist ein strenger Fasttag und heißt sočel’nik (Heiliger Abend). Diese Namensbezeichnung kommt vom Namen einer Speise – sočivo, die aus gekochtem Getreide und Beeren besteht. Der Tradition nach ist dies die einzige Speise, die man am Vortag von Weihnachten zu sich nehmen darf. Gewöhnlich isst man bis zum Erscheinen des ersten Sterns nichts. Unter dem ersten Stern versteht man den Stern, der sich nach der Abenddämmerung als erster am Himmel zeigt. In der kirchlichen Praxis jedoch bedeutet der Stern bisweilen den Zeitpunkt des Anbrechens des Festtags, und zwar wenn am Vortag von Weihnachten nach der Liturgie das Troparion “Deine Geburt, Christus, unser Gott...” zum ersten Mal gesungen wird. In diesem Moment gehen alle Geistlichen zur Weihnachtsikone in die Mitte der Kirche. Ihnen wird eine große Kerze vorangetragen, die den Stern von Betlehem symbolisiert, der den Magiern das Gotteskind gezeigt hat. Eben bis zum Erscheinen dieses “Sterns” isst man nichts.

Die Geburt Christi geschah nach der Verlobung der heiligen Jungfrau Maria mit Josef, einem alten und gerechten Mann: er war schon achtzig Jahre alt.

Josef stammte aus königlichem Geschlecht, aus dem Hause der Könige David und Salomo. Aus erster Ehe hatte er vier Söhne – Jakobus, Simon, Judas und Joses – und zwei Töchter. Nachdem seine Frau Salome gestorben war, lebte Josef ziemlich lange als Witwer und verbrachte seine Tage makellos. Er war Zimmermann und ein sehr armer Mensch.

Die Jungfrau Maria wurde ihm anvertraut, damit er sich um sie kümmere und ihre Jungfräulichkeit bewahre. Ihre Ehe war also keine echte Ehe, sondern nur eine vermeintliche. Schon bald stellte sich heraus, dass Maria ein Kind vom Heiligen Geist in sich trug. Josef war Zeuge des makellosen Lebens der Jungfrau Maria und, obwohl er ihr Mann genannt wurde, war er nur ihr Beschützer. Der Herr wollte dem Teufel das Geheimnis der Geburt Seines Sohnes verbergen, und deshalb wurde die Heilige Jungfrau dem gerechten Josef zur Frau gegeben, damit der Feind nicht wisse, dass es ebendiese Jungfrau ist, über die der Prophet Jesaja gesagt hatte, dass sie den Erlöser gebären werde. Josef wusste am Anfang selbst nichts davon, dass Maria bald ein Kind gebären sollte. Nachdem Maria drei Monate bei Elisabet, ihrer Verwandten, gewesen war, wurde ihre Schwangerschaft offensichtlich, und Josef war sehr bestürzt und betrübt, als er davon erfuhr. Er dachte, dass Maria das Gelübde der Jungfräulichkeit gebrochen habe.

Er selbst war ein gerechter Mann, und wollte, dass das, was geschehen war, nicht überall bekannt wurde, und beschloss deshalb, Maria entweder heimlich fortzuschicken oder selbst zu gehen. Da aber erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte:

– Fürchte dich nicht, Josef, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen. Sie ist deine Frau, weil sie dir angetraut ist, aber auch Jungfrau, weil sie Gott ein Gelübde abgelegt hat. Fürchte dich nicht. Ihr Kind ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären, und du als Vater wirst ihm einen Namen geben, obwohl du nur sein vermeintlicher Vater bist. Du wirst das Kind Jesus nennen. Er ist der Erlöser und wird Sein Volk von seinen Sünden befreien. Als Josef erwachte, tat er alles so, wie es ihm der Engel gesagt hatte, und nahm Maria zu sich und diente ihr in Frömmigkeit und Furcht, weil er jetzt wusste, dass sie die Mutter des Erlösers sein wird. Vor der Geburt Christi und auch nach der Geburt wagte es der alte Mann nicht, Maria zu berühren, weil er sie so tief verehrte, wie ein Diener seine Herrin. Vor und nach der Geburt blieb Maria Jungfrau. So lehrt es die heilige Kirche, so sagen es einstimmig die Heiligen Väter.

In jener Zeit befahl der römische Kaiser Augustus, in allen Rom damals bekannten und unterstehenden Ländern eine Volkszählung durchzuführen. Augustus war der Neffe des Julius Caesar. Nachdem er alle Rivalen besiegt hatte, errang er die volle Macht und wurde zum einzigen Herrscher über das riesige Römische Reich.

Jetzt wollte er alle seine Untertanen zählen, darunter auch all jene, die in den Randgebieten und Provinzen lebten, deren eine Israel war. Alle mussten in die Stadt gehen, aus der sie stammten und sich dort bei den Volkszählern melden.

Josef lebte mit Maria in Galiläa in der Stadt Nazaret, aber sie stammten aus dem Geschlecht des Königs David, und mussten deshalb nach Betlehem gehen. Betlehem ist eine kleine Stadt unweit von Jerusalem, in südlicher Richtung. Es lag auf dem Weg nach Hebron, der Stadt der Priester, wo Maria unlängst bei ihrer Verwandten Elisabet und ihrem Mann, dem Priester Zacharias, den Eltern Johannes des Täufers, zu Gast gewesen war. Betlehem liegt etwa auf halbem Weg von Jerusalem nach Hebron. Von Nazaret bis nach Betlehem dauerte die Reise ungefähr drei Tage oder etwas länger. Der Vorfahre Josefs, der Prophet und Psalmensänger David, war in Betlehem geboren und hier auch zum König gesalbt worden. Östlich der Stadt befand sich der Brunnen Davids und ihm gegenüber eine Höhle in einem felsigen Berg, auf dem die Stadt Betlehem lag. Neben der Höhle war ein Feld, das Salome, einer Verwandten Marias und Josefs, gehörte. Als sich die heiligen Wanderer der Stadt näherten, kam die Zeit, da Maria gebären sollte. Josef suchte einen dafür geeigneten Ort, fand aber keinen. Auf Grund der Volkszählung waren sehr viele Menschen nach Betlehem gekommen. Die Herberge war überfüllt, und in allen Häusern waren Gäste untergebracht. Maria und Josef kehrten zu der Höhle zurück, da sie nirgends Platz gefunden hatten und der Tag zur Neige ging.

Diese Höhle war ein Ort, an dem man das Vieh für die Nacht unterstellte, und hier sollte der Erlöser der Welt geboren werden. Hier gebar die Jungfrau Maria, während sie zu Gott betete, in der Nacht schmerzlos unseren Herrn Jesus Christus. Niemand half ihr; es war auch nicht nötig. Maria wickelte den Neugeborenen selbst in Windeln.

Der Überlieferung nach erfolgte die Geburt Christi um Mitternacht von Samstag auf Sonntag. In der Welt geschahen während der Geburt Christi große Wunder. Zum Zeitpunkt der Geburt des Erlösers tat sich in der Höhle eine Quelle auf, die aus einem Stein sprudelte; weit davon entfernt, in Rom, entsprang eine Quelle wohlriechenden Öls und floss in den Fluss Tiber. Der heidnische Tempel, der Ewiger Tempel genannt wurde, stürzte ein, die Götzenbilder in ihm fielen zu Boden, und am Himmel erschienen drei Sonnen. In Spanien erschien in dieser Nacht eine Wolke, die in blendendem Licht erstrahlte, in Israel erblühten die Weingärten, obwohl es Winter war.

Besonders wunderbar war die Erscheinung der Engel, über die im Evangelium berichtet wird: Engel stiegen singend vom Himmel herab, und die Menschen konnten sie klar sehen. Es geschah so: Gegenüber der Höhle, in der Christus geboren wurde, war ein großer Turm, der Ader genannt wurde; in ihm lebten Hirten. Drei von ihnen schliefen in dieser Nacht nicht, sondern bewachten die Herde, und ihnen erschien in großem Glanz der Erzengel Gabriel, der in himmlischer Herrlichkeit erstrahlte. Als ihn die Hirten sahen, erschraken sie sehr. Aber Gabriel sprach zu ihnen: “Fürchtet euch nicht!” Er erzählte von der Freude, die mit der Geburt des Erlösers in die Welt gekommen war. Er sagte ihnen, wo sie das Kind finden konnten, das gewickelt in einer Krippe lag. In der Zeit, als Gabriel ihnen alles erzählte, hörte man plötzlich vom Himmel den Gesang vieler Engel, die Gott mit folgenden Worten priesen: “Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden, den Menschen ein Wohlgefallen.”

Nachdem sie sich beraten hatten, beschlossen die Hirten, zum Geburtsort des Kindes zu eilen und zu sehen, ob es wahr sei, was ihnen der Erzengel Gabriel erzählt hatte. Als sie dort angekommen waren, sahen sie alles so, wie es ihnen gesagt worden war: die Allreine Gottesmutter, den heiligen Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Die Hirten glaubten, dass Er Christus, der Herr und Erlöser, ist, den sie erwartet hatten und der nun endlich gekommen war, um die ganze Menschheit zu retten. Sie erzählten über die Erscheinung der Engel und verneigten sich vor dem Kind. Josef, Salome und alle, die zu der Höhle gekommen waren, wunderten sich über die Erzählung der Hirten. Maria aber hörte still zu und bewahrte diese Worte in ihrem Herzen. Etwas später kehrten die Hirten, Gott lobend und preisend, zu ihren Herden zurück.

Einige Monate vor der Geburt Christi war am Himmel ein seltsamer Stern erschienen. Die östlichen Gelehrten und Philosophen bemerkten ihn und begannen zu rätseln, warum er erschienen war. Wie die Heiligen Väter berichteten, begann der Weihnachtsstern genau in dem Augenblick am Himmel zu leuchten, als der Erzengel Gabriel der Jungfrau Maria verkündete, dass sie den Erlöser der Welt gebären werde. Die Weisen wussten dies nicht, wunderten sich sehr über die Erscheinung des Sterns und fragten sich, was sie zu bedeuten habe. Drei von ihnen, einer aus Persien, der zweite aus Äthiopien und der dritte aus Arabien, wurden von Gott auf wundersame Weise belehrt, dass der neue Stern die Geburt des Messias, Christi, des Königs des Himmels und der Erde, anzeige. Und als nur noch wenig Zeit bis zur Geburt Christi verblieb, brachen die Weisen eilig auf und gingen dem Stern nach, jeder aus seinem Land. Unterwegs trafen sie zusammen, und nachdem sie erfahren hatten, dass sie dasselbe Ziel hatten, glaubten sie noch mehr an die Wahrheit dessen, was ihnen durch Gott geoffenbart worden war. Die Weisen erreichten Palästina und kamen schließlich am Tag der Geburt Christi in die Hauptstadt Judäas, Jerusalem. Die Nachricht darüber, dass in die Stadt Weise aus dem Osten gekommen seien, die noch dazu in ihren Ländern angesehene Menschen und Herrscher waren und nach dem neuen König fragten, wurde Herodes hinterbracht, der zu jener Zeit über das Land herrschte. Der König Herodes erschrak sehr. Er ließ Priester und besonders gesetzeskundige Schriftgelehrte zu sich kommen und fragte sie, wo der Messias geboren werden sollte.

Die Berater des Herodes antworteten: Es soll in Betlehem in Judäa geschehen. Darauf schickte Herodes nach den Weisen, empfing sie mit Ehren und fragte sie nach der Zeit der Erscheinung des Sterns; schließlich sprach er zu ihnen, wobei er seine böse Absicht verheimlichte: “Geht, macht den neugeborenen König ausfindig. Wenn ihr ihn gefunden habt, sagt es mir, damit auch ich kommen und ihn verehren kann.”

Als die Weisen Jerusalem verlassen hatten, erschien ihnen sogleich wieder der wegweisende Stern. Sie freuten sich sehr und folgten ihm. Dieser Stern war ungewöhnlich, weil er der Erde sehr nahe gekommen war, und schließlich blieb er über der Höhle stehen, wo das Kind war. Als die östlichen Weisen und Herrscher die armselige Umgebung sahen, verstanden sie, dass das Reich des Neugeborenen nicht in Pracht und herrlichen Gemächern bestehe, sondern in Armut, Demut und Verachtung der weltlichen Ehren. Die heidnischen Weisen verloren jedoch den Glauben nicht, der sie hierher geführt hatte, selbst als sie ein für sie so unerwartetes Bild erblickten. Im Gegenteil, ohne jede Verwirrung und ohne Murren betraten sie den Viehstall. Sie gingen sofort zur Krippe, fielen auf die Erde nieder und beteten das Kind an. Sie verneigten sich vor ihm nicht nur als König, sondern auch als Gott.

Die Weisen hatten Gaben mitgebracht: einer Gold, der andere Weihrauch, der dritte ein wohlriechendes Öl (Myrrhe). Das Gold wurde Christus als König dargebracht, der Weihrauch Christus als Gott und die Myrrhe Christus als Menschen, weil man mit Myrrhe den Leichnam der Toten einbalsamierte.

Als die Weisen Betlehem verlassen hatten, erschien ein Engel des Herrn Josef im Traum und sagte ihm, dass er mit dem neugeborenen Kind Jesus Christus und mit Seiner Mutter, der Allreinen Jungfrau Maria, nach Ägypten fliehen und dort so lange bleiben solle, bis ihm der Engel befehlen werde zurückzukehren. Herodes trachte nach dem Leben des Kindes. Josef erwachte, stand sogleich auf, nahm das Kind und Seine Mutter und brach noch in der Nacht nach Ägypten auf.

Es begleitete sie der älteste Sohn Josefs, Jakobus, der später Bruder des Herrn genannt wurde. Er half unterwegs dem betagten Josef und Maria mit dem Kind.

Es ist nicht bekannt, wie lange Zeit der Herr in Ägypten verbrachte. Einige sagen, es seien zwei Jahre gewesen, andere meinen fünf Jahre, wieder andere nennen die Zahl sieben. Eines ist aber sicher: Die Heilige Familie lebte dort, bis Herodes starb. Nach seinem Tod erschien der Engel des Herrn Josef wieder im Traum und befahl ihm, in seine Heimat zurückzukehren.

Zuerst wollte Josef nach Judäa gehen, aber als er erfuhr, dass dort an Stelle des Herodes sein Sohn Archelaus regierte, überlegte er es sich anders. Archelaus war der grausamste der drei Söhne des Herodes. Er begann seine Herrschaft damit, dass er dreitausend Menschen töten ließ, viele ließ er an Festen mitten im Tempel martern, und er war deshalb bei seinem Volk verhasst.

Die Söhne des Herodes hatten das Reich in vier Teile geteilt. In Galiläa herrschte Herodes Antipas, der sanfter als sein Bruder Archelaus war, und deshalb beschloss Josef, nach Galiläa zu ziehen. Ebendas hatte der Engel gesagt, als er Josef abermals erschien. Die Heilige Familie zog in das Haus, wo sie auch früher gewohnt hatte.


Die Gottesdienste des Weihnachtsfestes sind feierlich und erhaben. Viele Gesänge sind speziell für dieses Fest geschrieben worden. Die Farbe der liturgischen Kleidung ist Gold.


Troparion im 4. Ton

Deine Geburt, Christus, unser Gott, ließ erstrahlen der Welt das Licht der Erkenntnis; denn in ihm wurden die Anbeter der Gestirne von einem Stern belehrt, Dich anzubeten als die Sonne der Gerechtigkeit und Dich zu erkennen als den Aufgang aus der Höhe. Herr, Ehre sei Dir!


Kontakion im 3. Ton

Die Jungfrau gebiert heute den, der vor allem Sein ist, und die Erde bietet eine Höhle dar dem Unfassbaren; die Engel lobpreisen mit den Hirten; die Magier wandern dem Sterne nach; denn für uns ist geboren worden als kleines Kind der urewige Gott!

Die Kirchen und die Häuser werden für dieses Fest mit Weihnachtsbäumen geschmückt. Zu Hause wird auf den Baum außer dem üblichen Schmuck ein achtzackiger Stern angebracht als Symbol des Sterns von Betlehem, der die Weisen zum Gotteskind geführt hat.

Die dem Weihnachtsfest folgenden zehn Tage werden auch "Heilige Tage" genannt. An diesen Tagen gibt es kein Fasten. Es sind Tage der Freude.

 

Quelle: Orthodoxes Glaubensbuch; Einführung in das Glaubens- und Gebetsleben der russischen orthodoxen Kirche.

 

 

Lobpreis auf die Menschwerdung Gottes 

 

Kind, älter als der Himmel! O dreimal gesegneter Sohn, der auf seinen Schultern seine Herrschaft trägt und nicht nach Würde aus fremder Hand zu trachten braucht. Denn von Natur ist dem göttlichen WORT als dem Sohn Gottes die Herrschaft über das All eigen; nichts ist ihm gegeben worden, wie es einem Geschöpf zukommt. Es heißt: »Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter« (Jesaja 9:5). O allmächtige Gewalt! »Wunderbarer Ratgeber und Friedensfürst ist er« (Jes 9,5). Wie sollen wir das heutige Fest ruhmvoll feiern? Wie sollen wir die gegenwärtige mystische Feier herrlich begehen? Wer kann den unvergänglichen Reichtum dieses Tages ausschöpfen? Mit welchen klangvollen und machtvollen Worten sollen wir das hochgepriesene und siegreiche Mysterium der Unvergänglichkeit verkünden? O Tag, unzähliger Gesänge wert, an dem für uns der Stern aus Jakob aufging und der himmlische Mensch aus Israel erstrahlte und der gewaltige Gott unter uns Wohnung nahm! »Die Sonne der Gerechtigkeit« (Malachias 3:20) vertrieb die Dunkelheit; der Schatz göttlicher Tugenden wurde aufgeschlossen; der Baum des ewigen Lebens hat für uns zu sprossen begonnen und die aufgehende Sonne leuchtete aus der Höhe. Der Herr des Himmels und der Erde kam aus jungfräulichem Schoß in die vergängliche Welt, um sie zu erlösen. Denn »heute wurde uns der Retter geboren, der Messias, der Herr« (Lukas 2:11), »das Licht für die Heiden« (Lukas 2:32) und die Rettung des Hauses Israel. O Wunder! Als Kind in der Krippe liegt der, den die Himmel nicht fassen können, und in den Armen einer Frau ruht der, der durch kurzen Befehl das All erschaffen hat. Von den makellosen Brüsten der heiligen Jungfrau wird genährt, der allen himmlischen Mächten das Dasein geschenkt hat. ... Durch eine Jungfrau wird die Welt befreit, die einst durch eine Jungfrau der Sünde unterlegen war. Durch die Geburt aus der Jungfrau sind die unsichtbaren Dämonen jeder Zahl und jeder Art in die Unterwelt gebannt worden. Der Herr nahm die Gestalt der Knechte an, damit die Knechte Gottes Gestalt erlangen können. ... O Bethlehem, geheiligte Stadt, aller Menschen gemeinsames Erbe! O Krippe, Gefährtin der Cherubim, gleicher Ehren wert wie die Seraphim! Denn der auf jenen in göttlicher Ewigkeit thront, ist nun dem Leib nach in dir eingeschlossen. O Maria, o Maria, die du den Schöpfer des Alls als deinen Erstgeborenen geboren hast. O Menschennatur, dem WORT Gottes schenkst du leibliches Sein. Mehr Ehre verdienst du deshalb in dieser Hinsicht als die himmlischen und geistigen Kräfte. Denn nicht die Gestalt der Erzengel wollte Christus annehmen, noch der Herrschaften, Mächte und Gewalten unwandelbare Erscheinungen, sondern die deine hat er angenommen, die dem Untergang unterworfen und unvernünftigen Wesen gleichgestaltet ist. Doch bedürfen nicht die Gesunden des Arztes (vgl. Matthäus 9:12); deshalb hat die von großer Krankheit befallene Menschheit einen solchen Arzt erhalten, damit sie, von der Krankheit geheilt, das Glück der größeren Gesundung genieße. ... Brüder, seliger himmlischer Berufung teilhaftig, zu Söhnen und Brüdern Gottes seid ihr berufen! Darum ist es unsere Pflicht, dankbar Den zu preisen, der uns berufen hat.

 

Quelle: Amphilochios von Ikonium, Predigt zur Geburt Christi.

 

 

Warum fasten wir noch?

 

Gedanken zum Sinn des Fastens anlässlich des Beginn des Weihnachtsfastens am 15. November

 

von Erzpriester John Breck

 

Vater John Breck (geboren 1939) ist Erzpriester und Theologe der Orthodoxen Kirche in Nordamerika. Von 1984 bis 1996 war er Professor für Neues Testament und Ethik am St. Vladimir’s Seminary in Crestwood, New York, USA. Danach lehrte er biblische Exegese am Stainte-Serge-Institute in Paris. Seit 1995 ist er Leiter der Saint-Silouan-Retreat, eines seelsorgerlich-geistlichen Rüstzentrums auf der Wadmalaw-Insel bei Charleston, South Carolina, USA.

 

Die meisten Christen haben die überkommene Fastenpraxis aufgegeben. In den heutigen westlichen Gesellschaften scheint sie mühsam und unwesentlich. Für diejenigen aber, die ihre eschatologische und sakramentale Bedeutung schätzen, ist sie so wesentlich wie Essen und Trinken. 

 

Warum aber fasten die orthodoxen Christen? Für die meisten ist das Leben schon herausfordernd genug ohne selbstauferlegte Schranken für das, was wir an gewissen Wochentagen und während langer Perioden des Kirchenjahres essen, trinken und tun. Sorgt sich Gott wirklich darum ob wir freitags Fleisch essen oder den Kühlschrank während der Fastenzeit von Milchprodukten befreien? Ist das wirklich wichtig? Zusätzlich zu Fragen dieser Art haben manche noch Bedenken wegen der Scheinheiligkeit, die das Fasten manchmal begleitet. Wir weigern uns aus spirituellen Gründen manche Lebensmittel zu essen, tun aber wenig oder gar nichts dafür, unser Verhalten gegenüber Anderen zu ändern. Eine mit der Fastenzeit verbundene Klage (sowohl dem heiligen Basilios dem Großen wie dem heiligen Johannes Chrysostomos zugeschrieben) fasst das mit erschreckender Genauigkeit zusammen: „Du enthältst dich der Fleischspeise – und verschlingst deinen Bruder!“

 

Für den Heiligen Johannes vom Sinai aber liegt die wirkliche spirituelle Gefahr im übermäßigen Genuss. „Gefräßigkeit,“ sagt er, „ist eine Verstellung des Magens ... Wenn wir nachforschen, werden wir herausfinden, dass unsere Schiffbrüche ausschließlich vom Bauch herrühren!“ 

 

Diese Erkenntnis findet sich im ganzen asketischen Schrifttum der Kirche, sowohl für die Mönche wie für die Laien. Der heilige Johannes Cassianus erklärt den Zweck des Fastens ganz einfach. Es dient dazu, sagt er, „Überessen und das Füllen unseres Bauchs zu vermeiden.“ Und er fügt hinzu: „Nahrung muss man nehmen, sofern sie unser Leben erhält, aber nicht in dem Maße, dass sie uns dem Drängen unserer Wünsche versklavt. Bescheiden und vernünftig essen soll den Körper gesund erhalten und ihn nicht der Heiligkeit berauben.“

 

Diese Bemerkungen gründen auf der pastoralen Erfahrung der Väter, doch die Absicht dahinter wurzelt in biblischen Mahnungen wie die des Apostels Paulus: „... sorgt nicht so für euren Leib, dass die Begierden erwachen“ (Römer 13,14). Die asketische Tradition der Alten Kirche kennt mehrere Gründe für das Fasten. Richtiges Fasten reinigt den Körper von Giften, es erleichtert das Gebet, es hilft verschiedene Leidenschaften und Versuchungen zu beherrschen, und es hilft Solidarität mit den Armen zu fühlen. Diese Tradition aber besteht auf einem Zugang zum Fasten, der heute oft vergessen wird: Ausgewogenheit und Maßhalten. Wir können uns zwanghaftes „Etikettenlesen“ auferlegen, nur um sicher zu sein, dass das, was wir im Laden kaufen auch nicht eine Spur von Milch enthält; wir können hungern bis unsere Gesundheit in Gefahr ist; wir können uns hämisch freuen über unseren „Erfolg“ und die weniger Eifrigen unter uns verurteilen. Das alles macht die Fastendisziplin zu einer Farce. 

 

Viele, die Mitglied der Orthodoxen Kirche werden, stehen vor einem Dilemma, wenn sie nach Hause kommen oder von Nicht-Orthodoxen eingeladen werden, die unsere Fastenpraxis nicht kennen oder sich nicht darum scheren. In diesen Fällen ist Ausgewogenheit und Maßhalten besonders gefragt. Um Stolz auf unser Fasten zu vermeiden, ist es gesund und vernünftig, das Gebot zur richtigen Zeit zu lockern. „Durch die Lockerung unserer gewöhnlichen Praxis,“ rät der heilige Diodokus von Photiki, „können wir das Geheimnis unserer Selbstbeherrschung verborgen halten.“ Wenn wir in Gefahr sind andere mit unserem Fasten zu beleidigen, ist der Rat des heiligen Pauls eine gesunde Daumenregel: „... esst, was euch vorgesetzt wird“ (1Korinther 10,27). Doch beantwortet ein solcher Rat nicht die Frage, warum wir gerufen – eingeladen – sind, Fastenregeln zu akzeptieren, sei es eine totale Abstinenz für kurze Zeit oder eingeschränkte Nahrung während längerer Fastenzeiten. Evagrios Pontikos, ein georgischer Mönch, der im Jahre 399 in der Abgeschiedenheit der ägyptischen Wüste starb, beschreibt wohl die richtigen Gründe, warum das Fasten im christlichen Leben so wichtig war. „Faste vor den Herrn nach deinem Vermögen,“ rät er, „denn damit wirst du von deinen Lastern und Sünden gereinigt; es erhöht die Seele, heiligt den Geist, treibt Dämonen aus und bereitet dich auf die Gegenwart Gottes vor ... Sich der Nahrung zu enthalten sollte alsdann deine eigene Wahl sein und asketische Mühe.“

 

Elias der Presbyter, ein Priestermönch des 11./12. Jahrhunderts, verdeutlicht dieses Ziel mit dem Bild des kommenden Reiches. Wer Fasten und das unablässige Gebet praktiziert, „das eine zusammen mit dem anderen, wird sein Ziel, die Stadt aus der ‚Kummer und Seufzen entfliehen’ (Jes 35,10 (Text der Septuginta (griechischen alten Testamentes (LXX)) erreichen.“ 

 

Fasten ist nur sinnvoll sofern es in Beziehung auf das Reich Gottes gehalten wird. Wenn es auch dazu dienen mag den Leib zu entgiften und uns hilft unsere Versuchungen zu Völlerei und Genusssucht in den Griff zu bekommen, rechtfertigt dies keineswegs ihre Strenge. Die Fastendisziplin hat nur einen grundlegenden Zweck: uns auf das folgende Fest vorzubereiten. 

 

Wir enthalten uns völlig des Essens bevor wir die Heilige Kommunion empfangen, nicht nur um den Bauch zu leeren, sondern um Hunger für die wahre Eucharistie zu schaffen, das Himmlische Mahl, das für uns bereitet wurde vor der Erschaffung der Welt. Das gleiche gilt für die langen Fastenzeiten unseres Kirchenjahres. Sie helfen sehr bei der lebenswichtigen Aufgabe die „Zeit zu heiligen“, Herz und Geist der überweltlichen Wirklichkeit und dem Versprechen der erfüllten Hoffnung zu öffnen. 

 

Das Fasten hat seine wahre Grundlage im gesamten sakramentalen Leben der Kirche, das den Gläubigen nährt und zum ewigen Leben, zu Freude und Frieden im Himmelreich führt. Es erhebt uns über die täglichen Sorgen unserer irdischen Existenz, um uns fest auf die Flugbahn zu setzen, die uns von diesem Leben ins nächste bringt. 

 

Fasten ist kein Sakrament im strikten Sinne, aber es ist zu tiefst „sakramental“. Sakramental und eschatologisch, weil es unser gegenwärtiges Leben und unser Tun heiligt, unser Gebet – das persönliche wie das gemeinschaftliche – vertieft und verstärkt, und in unserem innersten Sein einen entscheidenden Durst nach dem versprochenen Mahl schafft, dem kommenden ewigen Fest. 

 

Fasten ist die Mahnung, dass der Weg zur Herrlichkeit der Weg des Kreuzes ist. Fasten mag kleinere Unannehmlichkeiten auferlegen: unseren Drang nach sofortiger Befriedigung enttäuschen und uns schmerzlich daran erinnern, wie viele der Menschen dieser Erde jede Nacht hungrig zu Bett gehen. Aber das alles hat sein Gutes. Denn diese Unannehmlichkeiten führen den Leib, den Geist und die Seele zu dem was wirklich wichtig ist: zum himmlischen Jerusalem in dem die Seele erhöht wird, der Geist geheiligt und die Dämonen besiegt, und wir alle auf ewig in der Gegenwart Gottes weilen. 

 

Quelle des englischen Orginaltextes: www.holyapostles.org übersetzt von G. Wolf und veröffentlicht in der Novemberausgabe des Andreasboten 2007. 

 

 

 

Die Fastenzeiten in der orthodoxen Kirche:

 

Zu den eintägigen Fastenzeiten gehören die Fasttage am Mittwoch und Freitag jeder Woche zum Gedenken an den Verrat und das Todesleiden des Erlösers.

Dennoch gibt es an Mittwochen und Freitagen einiger Wochen kein Fasten

Es sind dies: 

- die Woche nach Ostern, die als ein einziger lichtvoller Tag gilt 

- die Woche nach Pfingsten

- die Heiligen Tage:

     - die Tage zwischen Weihnachten und der Taufe Christi (außer dem letzten Tag vor der Taufe Christi - dem Vortag von Epiphanie)

     - die Woche des Zöllners und Pharisäers in der Vorfastenzeit

     - die Butterwoche unmittelbar vor der Großen Fastenzeit, obwohl in dieser Woche bereits Fleisch nicht erlaubt ist.

Eintägige Fasttage sind weiterhin: 

- das Fest der Kreuzerhöhung am 27. September 

- der Tag der Enthauptung des Vorläufers und Täufers Johannes am 11. September 

- der Vortag von Epiphanie am 18. Januar

 

 

 

 

Geschichte und Bedeutung der Geburt des Herrn

 

von Erzpriester Sergej V. Bulgakov

 

Am heutigen Tag wird die Geburt unseres Herrn Jesus Christus in Bethlehem von der Immerjungfrau Maria gefeiert (Matthäus 1: 1-18; 2: 1-12; Lukas 2: 1-20). Der Ursprung der Einrichtung dieses Festes liegt in den allerersten Zeiten der Kirche. Nach der allgemein angenommenen Auffassung ist das Fest der Geburt Christi in den westlichen Kirchen älter als in den östlichen. Aber dieses ist nur in Bezug auf die Zeit der Feier des Festes zu verstehen, nämlich dem 25. Dezember. In den östlichen Kirchen bis zum 4. Jahrhundert nämlich, wurde es am 6. Januar gefeiert und war unter dem Namen Gotteserscheinung bekannt. Dieses Fest hatte einen besonderen Charakter und war nicht eigens dem Gedächtnis der Geburt oder der Taufe Christi gewidmet, sondern allgemein der Erscheinung Gottes im Fleische, der Offenbarung der göttlichen Gnade in Jesus Christus und durch Jesus Christus. 

 

Von daher wurde es auch Gotteserscheinung oder genauer Erscheinung – „Epiphania“ – genannt. Als ursprüngliche Grundlage dafür, die Geburt Christi am 6. Januar zu feiern, diente nicht eine historische Übereinstimmung dieses Datums mit dem Tag der Geburt des Herrn, welcher auch im Altertum unbekannt geblieben war. Sondern das mystische Verständnis des Verhältnisses zwischen dem ersten und dem Zweiten Adam, zwischen dem Verursacher der Sünde und des Todes und dem Erstling des Lebens und der Rettung. 

 

Der „Zweite Adam“ wurde nach der typologischen Betrachtungsweise der Alten Kirche geboren und starb am gleichen Tage, an welchem der „Erste Adam“ geschaffen wurde. So starb der „Zweite Adam“ am 6. Tage der Schöpfung, welcher dem 6. Tag des Januars, des ersten Monats des neuen Jahres entspricht.

 

Auf diese Weise wurde im 4. Jahrhundert die Einheit zwischen den östlichen und den westlichen Kirchen nur bezüglich der Zeit des Festes, eben des 25. Dezembers, hergestellt. 

 

Zuerst wurde der Feiertag in dieser Art in der Kirche von Konstantinopel, ungefähr im Jahre 377, eingeführt und zwar auf Befehl des Kaisers Arkadius, gemäß der Sitte der römischen Kirche und dank der Energie und Wortgewaltigkeit des heiligen Johannes Chrysostomus (= Goldmund), und von dort verbreitete es sich über den ganzen orthodoxen Osten.

 

Schon der Gegenstand des Festes selbst weist auf den Sinn seiner Einrichtung hin, nämlich die Erinnerung und Verherrlichung der Geburt unseres Herrn Jesus Christus nach dem Fleische von der Allerheiligsten Jungfrau Maria. Dieses ist der ursprüngliche und grundsätzliche Sinn der Einrichtung des Festes. 

 

Zu diesem kam sehr früh auch ein anderer: In der genauen Einsetzung des Festes mittels der Offenlegung der wahren Lehre der Fleischwerdung und der Geburt des Retters wurde auch den Lästerungen der Häretiker Einhalt geboten: Den Evioniten, Doketen und Basilidianern. Aus Ursache dieser Lügenlehren wandte die Alte Kirche auch am Fest des 6. Januars selbst ihr Hauptaugenmerk auf das Gedächtnis der Geschehnisse der Geburt Christi als der eigentlichen Erscheinung Gottes im Fleische. 

 

Im 4. Jahrhundert erschien mit dem Auftreten und der Verbreitung des Arianertums für die Orthodoxe Kirche eine neue und überaus starke Veranlassung, die Geschehnisse der Geburt Christi zu verherrlichen. Mit der Verlegung des Festes auf den 25. Dezember hatte die Kirche schließlich im Blick, dem heidnischen Kult ein Gegengewicht zu setzen und die Gläubigen vor der Teilnahme an einem solchen zu bewahren. 

 

Es ist bekannt, dass bei den Römern auf den 25. Dezember ein Fest fiel, das sogenannte „Dies natalis solis invicti“ (Tag der Geburt der unbesiegten Sonne), das als Ausdruck des Gedankens von einer andauernd im Jahr wiederkehrenden und sich gleichsam erneuernden Sonne diente und ein Tag der ungezügelten Belustigung des Volkes war, ein Tag der Erheiterung der Sklaven und Kinder usw. Auf diese Weise bot sich dieser Tag als sehr geeignet für die Erinnerung der Geschehnisse der Geburt Jesu Christi an, der im Neuen Testament oft als die Sonne der Gerechtigkeit, als das Licht der Welt, als das Heil der Menschen und als Überwinder des Todes bezeichnet wird. Die anstößige heidnische Feier dieses Tages war eine hinreichende Veranlassung für die Kirche, ihn im Sinne einer erhabenen christlichen Erinnerung zu erhöhen. 

 

Deswegen gab schon die Alte Kirche, um ein Nebeneinander zweier ähnlicher Feste – des heidnischen und des christlichen – zu vermeiden, dem Fest der Geburt Christi die Bedeutung einer anschaulichen und ausdrucksvollen Abkehr vom heidnischen Aberglauben und seinen Gebräuchen. Die Kirche kräftigt unseren Glauben an das großartige Geheimnis der Fleischwerdung unseres Herrn Jesus Christus und, indem sie die Geburt Christi feiert, überführt sie alle Häretiker, die durch ihren Aberwitz diese Lehre verdrehten. 

 

In ihren Gesängen versinnbildlicht sie dieses Fest als einen Tag der allgemeinen Freude, „Denn heute wird der Retter geboren, welcher ist Christus der Herr“ (Lukas 2: 10-11). „Himmel und Erde jauchzet prophetisch!“, ruft die heilige Kirche, „Alle Schöpfung jauchze um des in Bethlehem Geborenen willen, des Retters und Herrn: denn jeglicher Götzentrug ist vergangen, und Christus regiert in Ewigkeit.“ 

 

Ebenso belehrt uns die Heilige Kirche durch die Feier der Geburt Christi über das heilige Leben, das dem geborenen Herrn würdig ist. „Heute wird uns der Retter geboren, welcher ist Christus der Herr“, „um uns Menschen und um unserer Rettung willen“ und wir müssen folglich, wenn wir nun diese Geburt Christi des Herrn feiern, in uns die Entschlossenheit entzünden, aus dem Leben der Sünde hineingeboren zu werden in das Leben der Heiligkeit und Gottgefälligkeit. 

 

Der auf die Erde herabgekommene Jesus Christus trat in eine gnadenhafte Verwandtschaft mit uns und „schämte sich nicht, uns Brüder zu heißen“ (Hebräer 2:11); aber, damit wir in dieser hohen Gemeinschaft und Verbindung sind, damit wir den vom Himmel herabgekommenen Herrn nicht von uns abweisen, ist es unumgänglich, uns vom Dunkel der Sünde zu entfernen und uns anzunähern dem Licht des Glaubens, der Frömmigkeit und der guten Werke. Nicht in Herrlichkeit und Pracht, sondern in Armut, Niedrigkeit und Verachtung erscheint der Schöpfer und Gebieter der Himmels und der Erde in der Welt; nicht luxuriöse Paläste sondern eine armselige Höhle nimmt den König der Könige und den Herrn der Herrscher auf. Hierdurch wird uns die Erhabenheit der Demut, der Armut, der Bescheidenheit und der Einfachheit gezeigt und auch die Verderblichkeit des Hochmuts, des Reichtums, der Eitelkeit und des Luxus.

 

Die Ersten, die gewürdigt werden, die frohe Kunde der Engel von der Geburt des Retters der Welt zu hören, und die Ersten, die sich Ihm verneigen, sind einfache Hirten aus Bethlehem. 

 

Quelle: Andreasbote; aus „Nastolnaja kniga dlja svjaschennoschluschitelej, Charkov 1900; S. 472; Übersetzt Stefan von Wachter.

 

 

Die Ikone von der Geburt Christi

 

Die Weihnachtsikone erzählt die Geschichte von Christi Geburt, wie sie in den heiligen Evangelien steht. Sie zeigt auch, dass die ganze Schöpfung an dieser Geburt teilnimmt. Die Engel danken mit ihrem Lied; die Himmel spenden den Stern; die Weisen legen ihre Gaben von Gold, Weihrauch und Myrrhe vor. Die armen, einfachen Hirten spenden ihr Loblied und ihr Erstaunen; die Erde bietet die Höhle und die Menschheit schenkt die Jungfrau. 

 

 

Es ist eine Ikone mit vielen Szenen. Zuerst betont sie die Wichtigkeit der allheiligen Gottesgebärerin, der Mutter Jesu. Sie ist in den Mittelpunkt gestellt und die größte Figur auf der Ikone. Die drei Sterne auf ihrem Gewand deuten auf ihre Jungfräulichkeit hin, vor, während und nach der Geburt unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus. 

 

 

Das Christuskind, genau in der Mitte der Ikone, liegt in Windeln gewickelt in der Krippe. Im Hintergrund sieht man die dunkle Höhle, in dem es geboren wurde. In der Höhle sind ein Ochse und ein Esel, die das Neugeborene beschützen. Wenn auch die Evangelien nicht von der Höhle berichten, ist das doch Teil der heiligen Tradition. Die Evangelien sprechen auch nicht von Ochs und Esel, aber alle Weihnachtsikonen stellen diese Tiere dar. Sie mit aufzunehmen erfüllt die Prophezeiung des heiligen Propheten Jesaja 1:3 „der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keine Einsicht.“ Der lange Lichtstrahl aus dem Stern deutet direkt auf die Höhle. Der Strahl kommt vom Stern und findet zu allen Teilen der Welt. Er lehrt, dass dieser glänzende Stern ein Himmelsbote ist, der die Geburt Jesu verkündet. 

 

 

Auf der linken Seite der Ikone ist eine andere Szene dargestellt. Die Drei Weisen, geführt vom Stern, reiten herbei ihre Gaben von Gold, Weihrauch und Myrrhe zu Jesus zu bringen. Die Weisen sind unterschiedlich alt. Einer ist bartlos. In jenen Tagen trugen die jungen Männer keinen Bart. Der Andere hat langes Haar und einen langen Bart, was andeutet, dass er viel älter ist. Diese Details lehren, dass die Gute Nachricht (das genau bedeutet nämlich das griechische Wort εύαγγέλιον (Evangelium)) zu jedem kommt, ungeachtet des Alters und der persönlichen Erscheinung. 

 

 

Gegenüber den Weisen ist die Szene mit den einfachen Schäfern. Ein Engel verkündet die frohe Nachricht. Ein junger Hirte spielt ein Blasinstrument. Diese Szene offenbart, dass die Musik der Menschen dem himmlischen Chor der Engel zugesellt wurde. 

 

 

Gegenüber der Hirtenszene sieht man den Chor der heiligen Engel. Sie verherrlichen Gott. Die heiligen Engel dienen zwei Zwecken bei der Geburt Christi. Sie verherrlichen Gott und verkünden allen Menschen die gute Nachricht. 

 

 

Der Hintergrund zeigt eine sehr zerklüftete Landschaft. Das gibt nicht die tatsächliche Form dieser Gegend wieder. Joseph konnte in Bethlehem keine Bleibe finden, deshalb ging er außerhalb Bethlehems in eine Höhle. Die felsige Gebirgslandschaft dient nur als Hintergrund für das Ereignis. 

 

 

Im unteren Teil der Ikone sind noch zwei Szenen. In der rechten Ecke sind die beiden Frauen, die Joseph mitgebracht hatte, um sich um das Kind zu kümmern. Sie baden Ihn wie ein Kind eben gebadet wird. Die menschliche Natur Christi wird hier klar gezeigt.

 

 

Gegenüber der Badeszene sitzt ein trauriger und bestürzter Joseph. Er ist nicht Teil der zentralen Gruppe Christuskind und Gottesgebärerin. Der heilige Joseph ist nicht der natürliche Vater. Joseph ist besorgt und verzagt. Ein alter Mann spricht mit ihm. Der alte Mann ist Satan. Satan kann in vielen Formen auftreten. Hier ist er ein alter Mann, der Josef in Versuchung führen und verwirren will. Satan sagt zu Josef, dass eine jungfräuliche Geburt nicht möglich ist. Er sagt zu Josef, dass er ein Narr sei, wenn er das glaube. Diese Erklärung kommt zu uns durch die heilige Tradition. Der traurige Joseph zeigt uns nicht nur seine persönliche „Klemme“, sondern das Dilemma der ganzen Menschheit in der Schwierigkeit das Geheimnis des Glaubens anzunehmen, das „jenseits aller Logik und Vernunft“ ist.

 

 

Der Baum in der Mitte des unteren Teils der Ikone ist ein Symbol für die Wurzel Jesse. Der Baum bezieht sich auf Jesaja 11:1-2, „doch aus dem Baumstumpf Jesse wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht. Der Geist des Herrn lässt sich nieder auf ihm.“ Der Prophet König David wurde oft als der Sohn Jesse bezeichnet und Jesus war aus dem Hause Davids. 

 

Die Ikone der Geburt mahnt uns die Geburt Christi zu lobpreisen und zu verherrlichen. Die Feier des Weihnachtsfestes jedes Jahr dient dazu, alle und jeden daran zu erinnern, dass Christus für dich und für mich gekommen ist. Der lebendige Gott ist im Ihm Mensch geworden. 

  

 

Der Baum in der Mitte des unteren Teils der Ikone ist ein Symbol für die Wurzel Jesse. Der Baum bezieht sich auf Jesaja 11:1-2, „doch aus dem Baumstumpf Jesse wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht. Der Geist des Herrn lässt sich nieder auf ihm.“ Der Prophet König David wurde oft als der Sohn Jesse bezeichnet und Jesus war aus dem Hause Davids. 

 

Die Ikone der Geburt mahnt uns die Geburt Christi zu lobpreisen und zu verherrlichen. Die Feier des Weihnachtsfestes jedes Jahr dient dazu, alle und jeden daran zu erinnern, dass Christus für dich und für mich gekommen ist. Der lebendige Gott ist im Ihm Mensch geworden. 

 

Quelle: Andreasbote Dezember 2007.

 

 

Zur Genealogie Christi

 

Predigt von Metropolit Anthony von Souroš

 

Jedes Jahr lesen wir vor Weihnachten die Genealogie Christi im Matthäus-Evangelium (1:1-17) und jahrelang habe ich mich gefragt, warum? Warum müssen wir denn alle diese Namen lesen, die uns so wenig, wenn überhaupt etwas, bedeuten? Doch dann wurde ich aufmerksamer für das, was sie uns sagen wollen. 

 

Erst einmal sind es die Menschen, zu deren Familie der Herr Jesus Christus durch Seine Menschlichkeit gehört. Es sind Seine Verwandten, und das allein sollte uns genügen, dass wir ihre Namen rührend finden: Christus ist von ihrem Blut, Christus ist aus ihrer Familie. Jeder von ihnen kann von der Gottesmutter sagen: „Sie ist ein Kind unserer Familie“, und dasselbe von Christus: „Auch Er ist ein Kind unserer Familie, obwohl Er unser Gott ist, unser Retter, die wahrhafte Göttliche Gegenwart in unserer Mitte“. Zudem gibt es einige hervorragende Namen: Namen von Heiligen, Heroen des Geistes und Namen von Sündern. Die Heiligen unter ihnen könnten uns wirklich lehren, was es heißt zu glauben; nicht einfach einen intellektuellen Glauben zu haben, eine Weltsicht, die, soweit als es ihr möglich ist, mit der Sicht Gottes übereinstimmt, sondern einen Glauben, der völliges Vertrauen in Gott bedeutet, eine unbegrenzte Treue zu Ihm, die Bereitschaft unser Leben zu geben für das, wofür Er steht, was Er ist, begründet in dem, was wir von Ihm wissen. In diesem Zusammenhang können wir uns an Abraham erinnern, dessen Glaube bis zum Äußersten geprüft wurde. Wie schwierig finden wir es Gott etwas von uns zu geben: aber von Abraham wurde verlangt seinen eigenen Sohn als Blutopfer zu bringen – und er zweifelte nicht an Gott. Und Isaak? Er gab sich ohne Widerstand hin, in völligem Gehorsam zu seinem Vater, und durch ihn – zu Gott. 

 

Denken wir an den Kampf Jakobs in der Finsternis mit dem Engel, wie auch wir manchmal um unseren Glauben kämpfen, um unsere Rechtschaffenheit, um unsere Treue, in der Dunkelheit der Nacht oder des Zweifels, in der Dunkelheit, die uns manchmal von allen Seiten einschließt. Aber wir können auch etwas von denen lernen, die uns in der Geschichte, in der Bibel als Sünder erscheinen. Sie waren schwach, diese Schwäche besiegte sie, sie hatten nicht die Kraft den Forderungen ihres Leibes und ihrer Seele zu widerstehen, den vielfältigen Leidenschaften des Menschen. Und doch – und doch glaubten sie mit Leidenschaft an Gott.

 

 

Einer von ihnen war David, einer seiner Psalmen (Psalm 129 nach der Zählung der Septuaginta (LXX)) drückt das so gut aus: „Aus der Tiefe rufe ich zu Dir...“ Aus der Tiefe der Verzweiflung, der Schande, aus der Tiefe seines Falls, aus der Tiefe seiner Entfremdung von Gott, aus der dunkelsten Tiefe seiner Seele ruft er immer noch nach Gott. Er versteckt sich nicht vor Ihm, er läuft nicht weg von Ihm, er kommt zu Ihm mit dem verzweifelten Schrei eines hoffnungslosen Menschen. Und auch andere, Männer wie Frauen, sind gleich wirklich, wie Rahab, die Hure – und so viele andere. 

 

Wenn wir am dunkelsten Punkt unseres Lebens stehen, wenn wir eingehüllt sind in die Dunkelheit in uns – wenden wir uns Gott zu und sagen: Zu Dir rufe ich, o Gott! Ja – ich bin im Dunkel, aber Du bist mein Gott. Du bist der Gott, der das Licht geschaffen hat und die Dunkelheit, und Du bist in der Dunkelheit wie Du auch im blendend hellen Licht bist; Du bist im Tod wie Du im Leben bist; Du bist im Hades, wie Du auch auf dem Throne sitzt; und wo ich auch immer bin, ich kann zu Dir rufen.

 

 

nd dann möchte ich, dass ihr zuletzt noch daran denkt. Für uns sind diese Personen nur Namen; von einigen wissen wir etwas aus der Bibel, über andere wissen wir nichts. Aber alle waren wirkliche menschliche Wesen, Männer und Frauen wie wir, mit all unserer Schwachheit und all unseren Hoffnungen, mit aller Unentschlossenheit und Zögerlichkeit, mit all der beginnenden Liebe, die so oft gestört wird, und doch Licht und Feuer bleibt. Sie sind konkret und real und wir können ihre Namen voll Mitgefühl lesen: Ja – ich kenne dich nicht, aber du bist einer aus der Familie Gottes, wirklich, real, der durch die inneren und äußeren Wechselfälle des Lebens zu Gott gehört. Und wir selbst können versuchen in der Realität unseres Lebens, ob wir nun zu einem gegebenen Augenblick schwach oder stark sind, Gott zu eigen zu sein. 

 

Denken wir nach über diese Genealogie, hören wir sie doch das nächste Mal mit einem Funkeln in unseren Augen, mit einem warmen Gefühl in unserem Herzen. Aber das wird nur möglich sein in dem Maß, in dem Christus immer realer wird für uns und wenn wir sie alle in Ihm und durch Ihn entdecken als wirklich und lebendig und als uns und Gott zu eigen. Amen. 

 

 

Weihnachten -

die Feier der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus

 

Textauszüge aus : Das Kirchenjahr in der Tradition des Ostens und des Westens. III. Weihnachten - die Feier der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. Ein Dokument der Gemeinsamen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz und der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland.

 

 

Die Vorbereitung des Weihnachtsfestes

 

Das Weihnachtsfasten und die Vorfeier von Weihnachten in der orthodoxen Kirche

 

Bereits seit dem 7. Jahrhundert beginnt die vierzigtägige Zeit des Weihnachtsfastens am 15. November. Diese Fastenzeit verbindet Verzicht, Buße und Erneuerung mit einer Reihe von Festen, die einen ausgesprochen vorweihnachtlichen Charakter tragen, indem sie in ihren Hymnen die Geburt des Gottessohnes deuten und verkünden. Hier ist an erster Stelle das Fest der Einführung der allheiligen Gottesgebärerin in den Tempel (21. November) zu nennen, das im Westen auch als Gedenktag Unserer Lieben Frau (wie die Gottesmutter auch genannt wird) in Jerusalem bekannt ist. Es stellt den Tempel des Alten Bundes dem neuen Tempel des Fleisch gewordenen Wortes Gottes gegenüber; denn alles Wohnen Gottes in Israel zielt auf seine Ankunft im Fleisch:

 

Heute ist die Vorfeier des Wohlgefallens Gottes, kündet sich an die Erlösung der Menschen. Untrüglich erscheint im Tempel Gottes die Jungfrau und kündigt allen Christus an. Ihr laßt auch uns mit lauter Stimme rufen: Sei gegrüßt, Du Erfüllung der Heilsordnung des Schöpfers.

Apolytikion des Festes

 

Am Fest der Empfängnis der allheiligen Gottesgebärerin (9. Dezember) wird die Kontinuität im Heilsplan Gottes deutlich. Schrittweise befreit der Herr durch die Gerechten des Alten Bundes, die mit seiner Gnade zusammenwirken, sein Volk vom Fluch der Sünde und der geistlichen Unfruchtbarkeit, bis in der Empfängnis der heiligen Gottesgebärerin sein Heilswerk einen ersten Höhepunkt erreicht.

 

Auch die Feste anderer Heiliger bilden eine mystische Leiter des Aufstiegs zum Weihnachtsfest. So werden die Hymnen der Feste dieser Heiligen – z.B. die Feste des heiligen Andreas (30. November), der heiligen Barbara (4. Dezember) und des heiligen Nikolaus (6. Dezember), die auch in der katholischen Kirche begangen werden – zu Quellen vorweihnachtlicher Freude, da sie die Propheten, Josef, die Hirten, die Weisen aus Persien, aber auch Betlehem, die Höhle, die Krippe und den Stern auffordern, sich auf das unbegreifliche Geheimnis der Menschwerdung Gottes einzustellen, um so auch die Gläubigen in diese Haltung einzustimmen:

 

Bereite dich, Höhle; denn das Mutterlamm kommt Christus tragend in ihrem Schoß. Krippe, nimm den auf, der durch das Wort uns Erdgeborene von widersinnigem Wandel befreit. Ihr Hirten des Feldes, bezeugt das furchterregende Wunder! Ihr Weisen aus Persien, bringt dar dem König Gold, Weihrauch und Myrrhe. Denn erschienen ist der Herr aus der Jungfrau-Mutter.

Theotokion der Vesper vom 6. und 24. Dezember und vom Sonntag vor Weihnachten

 

Außerdem gehen dem Fest der Geburt Christi zwei besondere Sonntage voraus. Der erste, der Herrentag der Gottesahnen, würdigt vor allem das geistige und moralische Zeugnis der Väter und Vorväter des Messias. Zu ihnen zählen z.B. Adam, Abraham, Mose und Aaron, David und die Propheten, die bereits in der Zeit des Alten Bundes durch ihren Glauben die Hoffnung auf die Erlösung wach hielten und die endgültige Erlösung durch Christus ankündigten. Der Herrentag der Genealogie, der Sonntag vor Weihnachten, befasst sich nochmals mit Gestalten des Alten Bundes, dieses Mal unter dem Gesichtspunkt der Blutsverwandtschaft. Nun werden auch die Glieder jener Ahnenkette, die von Abraham oder gar von Adam bis Jesus reicht (Mt 1,1-17; Lk 3,23-38), in das Heil einbezogen, obwohl sie sich teilweise großer Verfehlungen schuldig gemacht haben. So wird deutlich, dass sich Gott in der Geburt seines Sohnes aus der Jungfrau vorbehaltlos in diese Verwandtschaft eingegliedert und sich so mit Israel und der gesamten Menschheitsfamilie verbunden hat. Das göttliche Kind ist folglich nicht nur Frucht einer fortschreitenden, in Maria gipfelnden Heiligung, sondern auch Erbe einer Genealogie des Unheils. Gerade deshalb ist Gott aber in Jesus Christus Mensch geworden, um die Menschen auf den Weg des Lebens zurückzuführen.

 

Die letzten fünf Tage vor Weihnachten (20. bis 24. Dezember) bilden die Vorfeier der Geburt des Herrn, deren Hymnen das Festgeheimnis in seiner ganzen theologischen Breite entfalten. Dabei umkreisen sie nicht zuletzt die Erfüllung der alttestamentlichen Erwartung in der Menschwerdung des Gottessohnes, die kosmische Dimension dieses Ereignisses, die Wesensgleichheit des Neugeborenen mit dem Vater und mit uns, aber auch seine unerklärliche Entäußerung. Schließlich kommt in ihnen zur Sprache, dass Gott schon in der Höhle von Betlehem das Ziel seiner Menschwerdung offenbart. Er wird Mensch, um uns allen das Paradies wieder zu öffnen, ja mehr noch, um sich uns als Speise des ewigen Lebens zu schenken und um so den gefallenen Menschen wieder aufzurichten. In diesem Sinne lädt der Mensch gewordene Gottessohn die Gläubigen gerade in der Vorfeier seiner Geburt ein, sich mit ihm in der Eucharistie auf unbegreifliche Weise – durch ein Mahl – zu vereinigen und so das geistige Paradies zu erlangen:

 

Bereite Dich Betlehem, offen steht allen Eden. Rüste Dich Ephrata; denn der Jungfrau entsprosst in der Höhle des Lebens Baum. Ihr Schoß ward offenbar als geistiges Paradies. In ihm wurzelt der göttliche Spross. Wenn wir von Ihm essen, werden wir leben, wir werden aber nicht sterben wie Adam. Christus wird geboren, um das einst gefallene Bild Gottes wieder aufzurichten.

Troparion der Vorfeier

 

An Weihnachten beginnt also ein Opfer, das im Tod am Kreuz seinen Höhepunkt erreicht. Darauf verweisen schon auf der Weihnachtsikone das Dunkel der Höhle, die Einsamkeit des Kindes, die oft altarförmige Gestalt der Krippe, die Gestalt des Kindes in der Form eines Brotes, die den Grablinnen ähnelnden Windeln.

 

Der Vortag der Geburt Christi und das Weihnachtsfest in der orthodoxen Kirche

 

Die Feier des Vortags der Geburt Christi folgt dem Vorbild des Großen Freitags und Samstags (Karfreitag und Karsamstag). Sie umfasst die Königlichen Horen, die mit der Göttlichen Liturgie verbundene Vesper und die um eine Litia und Artoklasia erweiterte Große Komplet, an die sich meistens der Orthros des Weihnachtsfestes anschließt. Als Höhepunkt der vierzigtägigen Vorbereitung auf Weihnachten leitet dieser Tag mit seinem strengen Fasten und seiner liturgisch dichten Vergegenwärtigung des Geheimnisses der Menschwerdung Gottes so unmittelbar zum Fest über, dass die Grenze zwischen Vorbereitung und Fest wie aufgehoben erscheint.

 

Den Höhepunkt der am Vormittag gefeierten Königlichen Horen, in denen die Gebete, Gesänge und Lesungen der ersten, dritten, sechsten und neunten Stunde des Stundengebets zusammengefasst sind, bildet die neunte Stunde mit einem besonderen Hymnus. Dieser ist dem entsprechenden Text des Großen Freitags nachgebildet und stellt die Menschwerdung Gottes als Beginn der göttlichen Entäußerung dar, die im Kreuz und Grab ihren Gipfel erreicht:

 

Heute wird von einer Jungfrau geboren, der die ganze Schöpfung hält in seiner Hand. Mit einem Tuch wird wie ein Sterblicher umwickelt, der von Natur unberührbar ist. Gott wird in eine Krippe gelegt, Er, der einst am Anfang die Himmel befestigt hat. Aus Brüsten wird mit Milch ernährt, der dem Volk in der Wüste das Manna regnen ließ. Die Weisen ruft herbei der Bräutigam der Kirche. Ihre Gaben empfängt der Sohn der Jungfrau. Wir verehren, Christus, Deine Geburt. Zeige uns auch Deine göttliche Erscheinung!

 

Den zentralen Gottesdienst am Vortag der Geburt Christi bildet die am Nachmittag mit der Basiliusliturgie verbundene Vesper. Acht alttestamentliche Lesungen (Prophetien) kündigen dabei die in der Menschwerdung Christi verwirklichte Neuschöpfung an, die alle Welt in der messianischen Friedensherrschaft des neuen Zeitalters erkennen darf. Es folgen eine Lesung aus dem Hebräerbrief (Hebr 1,1- 12) und das klassische Weihnachtsevangelium nach Lukas, in dem von der Herbergssuche, von der Geburt im Stall, von der Verkündigung der Engel an die Hirten und von der Auffindung des göttlichen Kindes durch Letztere die Rede ist (Lk 2,1- 20). Am Ende der Göttlichen Liturgie begibt sich der Priester feierlich in die Mitte der Kirche zu einer großen brennenden Kerze, die das neugeborene göttliche Kind symbolisiert, das der Priester hier zusammen mit der Gemeinde im Troparion von Christi Geburt besingt:

 

Deine Geburt, Christus, unser Gott, ließ erstrahlen der Welt das Licht der Erkenntnis. Denn in ihr hat ein Stern die Verehrer der Sterne belehrt, Dich anzubeten als die Sonne der Gerechtigkeit, und Dich zu erkennen als den Aufgang aus der Höhe. Herr, Ehre sei Dir.

 

Anschließend kommt im gemeinsam gesungenen Kontakion von Christi Geburt nicht zuletzt die im kleinen Kind offenbarte göttliche Entäußerung zum Ausdruck: 

 

Die Jungfrau gebiert heute Den, der über allem Sein ist, und die Erde bietet die Höhle dem Unzugänglichen. Die Engel lobpreisen mit den Hirten. Die Weisen wandern dem Sterne nach. Denn für uns ward geboren als kleines Kind der Gott vor den Zeiten.

 

Der dritte Gottesdienst des Vortags der Geburt Christi stellt zugleich die Vigil des Weihnachtsfestes dar, wird am frühen Abend zelebriert und besteht aus der Gro- ßen Komplet, der Litia, der Artoklasia und dem Orthros. Besonders freudig stimmt dabei der heilige Hymnograph Kosmas von Majuma († nach 750) die feiernde Gemeinde im ersten Kanon des Festes in die Feier der Geburt Christi ein:

 

Christus wird geboren, verherrlicht Ihn. Christus vom Himmel, zieht Ihm entgegen. Christus auf Erden, erhebet euch. Singet dem Herrn, alle Lande, in Jubel preist ihn, ihr Völker; denn Er ist verherrlicht

 

Am Weihnachtstag selbst feiert man die Chrysostomusliturgie – nach dem Vorbild der Osternacht oft am frühen Morgen. Wie an Ostern, Pfingsten oder am Fest der Theophanie des Herrn wird dabei das Trisagion durch den Ruf

 

Die ihr auf Christus seid getauft, habt Christus angezogen! Alleluja. (Gal 3,27)

 

ersetzt. Das erinnert nicht nur daran, dass das Fest der Geburt des Herrn ein bevorzugter Tauftermin war, sondern dass die Taufe auch jene Annahme an Kindes statt schenkt, von der die knappe Lesung aus dem Galaterbrief des heiligen Apostels Paulus in der Weihnachtsliturgie spricht:

 

Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt, damit Er die freikaufe, die unter dem Gesetz stehen, und damit wir die Sohnschaft erlangen. (Gal 4,4f.)

 

Wie schon im Weihnachtstroparion geht es auch im Festtagsevangelium nach Matthäus um die Weisen aus dem Morgenland, die dem in der Krippe liegenden göttlichen Kind huldigen (Mt 2,1-12). So wird deutlich, dass der Gottessohn durch seine Menschwerdung nicht nur dem Volk Israel, sondern auch den Heidenvölkern und damit der gesamten Menschheit die Erlösung schenken will.

 

Mit dem Weihnachtsfest sind in der orthodoxen Kirche auch Volksbräuche verbunden, die allerdings von Volk zu Volk, von Landschaft zu Landschaft variieren. So ziehen in Griechenland und Rumänien am Morgen des Vortags der Geburt Christi kleine Gruppen von Kindern, manchmal auch Erwachsene, von Haus zu Haus und tragen die „Kalanta“ bzw. „Colinde“ vor, einfache strophische Lieder, die das Ereignis der Geburt Christi und alle damit verbundenen Einzelheiten in der Volkssprache in einprägsamen Versen besingen. Dieser Brauch wird auch in Deutschland geübt. Darüber hinaus gibt es in Rumänien und in der Ukraine ein reiches weihnachtliches Liedgut, das auch hierzulande durch die immer beliebter und zahlreicher werdenden weihnachtlichen Chorkonzerte Verbreitung findet.

 

Die Weihnachtszeit

 

Die Nachfeier von Weihnachten in der orthodoxen Kirche

 

Die Nachfeier von Weihnachten dauert sechs Tage und umfasst insbesondere das Fest („Synaxis“) der Gottesgebärerin am 26. Dezember, das Fest des heiligen ersten Märtyrers Stephanus am 27. Dezember, den Herrentag (Sonntag) nach Weihnachten und den Festabschluss von Weihnachten am 31. Dezember. 

 

Wie jedes Hochfest wird auch das Fest der Geburt des Herrn von einem Mitfest, von einer sogenannten Synaxis, begleitet. Als solches feiert es die heilige Gottesgebärerin Maria, die durch ihre Erwählung, Hingabe und Indienstnahme zur hervorragendsten Zeugin und Teilhaberin am Mysterium unserer Erlösung geworden ist. Sie ist die „Jungfrau“ (Jes 7,14; vgl. Mt 1,23) und die „verschlossene Pforte“ (Ez 44,2), durch die das Wort Gottes in die Welt eingetreten ist und Fleisch angenommen hat.

 

Der Herrentag nach Weihnachten dehnt das Thema der Zeugenschaft auf drei nahe Verwandte des Herrn aus, die in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft das in der Menschwerdung Gottes vermittelte Heil bezeugen. An erster Stelle wird des Gerechten Josef gedacht, der als Pflegevater unmittelbarer Zeuge des Mensch gewordenen Gottessohnes ist. Es folgt der heilige König und Prophet David, der als Ahne unseres Herrn seine Geburt schon Jahrhunderte vor der Menschwerdung in prophetischer Schau voraussieht. Die Frühzeit der Kirche vertritt schließlich der heilige Herrenbruder Jakobus, ein Verwandter unseres Erlösers, der als erster Bischof von Jerusalem den künftigen Gläubigen das Geheimnis der Menschwerdung Gottes überliefert.

 

In gewisser Weise gehört auch das Fest der Beschneidung des Herrn am 1. Januar dazu, weil es die Unwiderruflichkeit der Menschwerdung Gottes, den ewigen Bund Gottes mit der Menschheit, bekräftigt. Dieses Fest wird zwar vom Fest des heiligen Basilius des Großen überstrahlt, da sein Gedächtnis ebenfalls auf diesen Tag fällt und die Festtagshymnen dominiert. Dennoch ist es in erster Linie die Beschneidung Jesu am achten Tag, die den 1. Januar zu einem bedeutenden Fest des weihnachtlichen Zyklus macht. Seine Bedeutung besteht darin, dass der aus der Jungfrau geborene Sohn Gottes als wahrer Mensch in seiner Beschneidung das jüdische Gesetz vollendet und so unser Herz und unseren Geist von der „Hülle unserer Leidenschaften“ (Troparion des Festes) befreit und für den Heiligen Geist öffnet. In ihm haben die Getauften „eine Beschneidung empfangen, die man nicht mit Händen vornimmt“ (Kol 2,11): die Öffnung ihrer geistigen Sinne, mit denen sie Gottes Wort empfangen und Christus erkennen können. Gläubig bekennen sie im ersten Stichiron der Festtagsvesper seinen heilbringenden Abstieg und bitten ihn um sein Erbarmen:

 

Da der Erlöser zum Menschengeschlecht hinabgestiegen ist, hat Er in Windeln gewickelt zu werden sich gewürdigt. Nicht verschmähte des Fleisches Beschneidung, der acht Tage alt war als Sohn seiner Mutter, anfangslos aber als Sohn seines Vaters. Ihm lasset, Gläubige, uns rufen: Du bist unser Gott, erbarme Dich unser.

 

Die Feier von Theophanie in der orthodoxen Kirche

 

Das Fest der Theophanie unseres Herrn Jesus Christus besitzt im Bewusstsein der orthodoxen Christen eine ganz besondere Bedeutung. So heißt es bezeichnenderweise im Gebet des Heiligen Sophronios von Jerusalem († 638) zur Großen Wasserweihe dieses Festtages:

 

Wir preisen Dich, Gottes eingeborener Sohn, der Du vaterlos aus der Mutter und mutterlos aus dem Vater hervorgegangen bist. Am vorangegangenen Fest sahen wir Dich als Kind. Am gegenwärtigen Fest sehen wir Dich als vollkommenen Menschen, der uns erscheint als unser Gott, als vollkommener Gott vom vollkommenen Gott.

 

Die Vorfeier von Theophanie umfasst den Herrentag vor Theophanie und die vier Tage vom 2. bis zum 5. Januar. Am Herrentag (Sonntag) vor Theophanie steht in der Göttlichen Liturgie die eindrucksvolle Prophetengestalt Johannes’ des Täufers im Zentrum des Tagesevangeliums. Er bereitet die Gläubigen gewissermaßen auf die Taufe Christi vor, indem er auf jenen verweist, der stärker ist als er und der die Menschen nicht nur mit Wasser, sondern mit dem Heiligen Geist taufen wird (Mk 1,1-8).

 

Innerhalb der zwölftägigen Festperiode, die Weihnachten und Theophanie verbindet, ist der Vorabend von Theophanie (5. Januar) der einzige Fasttag. Seine Gottesdienste gleichen denen des Vortags der Geburt Christi und umfassen am Vormittag die vier zu einem einzigen Gottesdienst vereinigten Königlichen Horen und am Nachmittag die mit der Basiliusliturgie verbundene Vesper. Im Unterschied zum Vortag von Weihnachten wird im Anschluss daran die Große Wasserweihe gefeiert.

 

Trefflich fasst das Doxastikon der Vesper das Festgeheimnis zusammen. Demnach vernichtet der demütige Erlöser die finstere Macht des Fürsten dieser Welt und erleuchtet im Urelement des Wassers die ganze Schöpfung und die Seelen der Gläubigen:

 

Du hast Dein Haupt dem Vorläufer geneigt. Du hast die Häupter der Drachen zertreten. Du bist in Wassers Strom hinabgestiegen und hast erleuchtet das All, um Dich herrlich zu erweisen, Erlöser, als die Erleuchtung unserer Seelen.

 

Auf die dreizehn alttestamentlichen Lesungen der Vesper, in denen in prophetischer Schau das Wasser des Jordan und das heilbringende Hinabsteigen des Messias in seine Fluten angekündigt wird, folgt die Göttliche Liturgie, in deren Evangelium die Bußpredigt Johannes’ des Täufers im Zentrum steht (Lk 3,1-18). An die Liturgie schließt sich der Gottesdienst der Großen Wasserweihe an, die neben dem eindrucksvollen Wasserweihegebet vom Evangelium von der Taufe Christi (Mk 1,9-11) und vom Troparion des Festes geprägt ist:

 

Als Du, Herr, im Jordan getauft wurdest, ward offenbar die Anbetung der Dreiheit. Denn Dir gab Zeugnis die Stimme des Vaters, da sie Dich den geliebten Sohn nannte. Und der Geist in Gestalt der Taube verbürgte des Wortes Untrüglichkeit. Der Du erschienen bist, Christus Gott, und die Welt erleuchtet hast, Ehre sei Dir.

 

Am Abend versammelt man sich zur Vigil, die aus der Großen Komplet, der Litia, Artoklasia und dem Orthros besteht. Die beiden Kanones der Heiligen Kosmas von Majuma († nach 750) und Johannes von Damaskus († 744/54) feiern dabei mit der Taufe Christi schon sein gesamtes Heilswerk, das die Erleuchtung der ganzen Schöpfung, die Reinigung Adams und seiner Nachfahren von der Sünde, den Sieg über den Teufel sowie die Heiligung der Gläubigen und ihre Erkenntnis Gottes durch den Sohn im Heiligen Geist herbeiführt.

 

Am Morgen des Festes wird die Göttliche Liturgie gefeiert, in der – wie auch für den Weihnachtstag erwähnt – als Erinnerung an den altkirchlichen Tauftermin anstelle des Trisagions der alte Taufhymnus erhalten blieb:

 

Die ihr auf Christus seid getauft, habt Christus angezogen! Alleluja. (Gal 3,27)

 

Angesichts des unzerstörbaren Bandes, das demnach zwischen Christus und den Getauften besteht, ist es üblich, am Festtag selbst – entweder nach dem Orthros oder nach der Göttlichen Liturgie – die Große Wasserweihe ein zweites Mal zu vollziehen – dieses Mal an einem nahe gelegenen Gewässer. So soll zum Ausdruck kommen, dass durch die Taufe Christi im Jordan nicht nur die Getauften, sondern die ganze Schöpfung erlöst und erleuchtet werden. Denn in der Entblößung des Herrn und Schöpfers, in seinem Abstieg ins Wasser und in der Neigung seines Hauptes unter die Hand des Vorläufers und Täufers Johannes ereignet sich neben der Errettung der Gläubigen auch die Heimführung der Welt aus ihrem bisherigen Irrsal:

 

In Jordans Ströme hast Du Dich, Retter, gehüllt, der Du in Licht Dich hüllst wie in ein Gewand. Du hast Dein Haupt dem Vorläufer geneigt, der Du den Himmel ausmaßest mit Deiner Hand, um heimzuführen aus dem Irrsal die Welt und unsere Seelen zu retten.

Doxastikon des Orthros

Schließlich besitzt das orthodoxe Theophaniefest eine Nachfeier, die durch die Synaxis des Täufers am 7. Januar, den Herrentag (Sonntag) nach Theophanie und den Festabschluss am 14. Januar besonders akzentuiert wird.

 

 

Die Gottesdienste der Orthodoxen Kirche an Weihnachten

 

von Erzpriester Alexander Schmaemann

 

Als orthodoxe Christen beginnen wir die Feier der Geburt Christi (am 25. Dezember) mit einer Zeit der Vorbereitung. Vierzig Tage vor dem Fest der Geburt unseres Herrn beginnen wir die weihnachtliche Fastenzeit zur Reinigung von Seele und Leib, um angemessen in die große geistige Wirklichkeit des Kommens Christi einzutreten und an ihr teilzuhaben.

 

Diese Fastenzeit bildet keine so intensive liturgische Zeit, wie sie für die Große Fastenzeit typisch ist, vielmehr ist die Weihnachts- Fastenzeit mehr „asketischer“ als „liturgischer“ Natur. Auf jeden Fall spiegelt sich die weihnachtliche Fastenzeit im Leben der Kirche in einer Anzahl liturgischer Merkmale, die das kommende Fest ankündigen.

 

In den vierzig Tagen der Vorbereitung wird das Thema der kommenden Geburt in die Gottesdienste und liturgischen Gedenkfeiern Schritt für Schritt eingeführt. Wenn auch der Beginn des Fastens am 15. November liturgisch nicht durch einen Hymnus gekennzeichnet wird, hören wir doch fünf Tage später, am Vorabend des Festes des Einzugs Mariä in den Tempel die erste Ankündigung in den neun „Hirmoi“ des Weihnachtskanons. 

 

„Christus ist geboren, verherrlicht Ihn!“ 

 

Bei diesen Worten ändert sich etwas in unserem Leben, sogar die Luft, die wir atmen, die ganze Stimmung des Lebens der Kirche. Es ist, als würden wir ganz in der Ferne das erste Licht der größtmöglichen Freude wahrnehmen – das Kommen Gottes in Seine Welt. So kündigt die Kirche das Kommen Christi an, die Inkarnation Gottes, Seinen Eintritt in die Welt zu unserem Heil. 

 

An den zwei Sonntagen vor Weihnachten gedenkt die Kirche dann der Vorväter und Väter: der Propheten und Heiligen des Alten Testaments, die dieses Kommen vorbereiteten, das selbst Geschichte machte durch seine Erwartung, die Rettung und die Versöhnung der Menschheit mit Gott. 

 

Schließlich, am 20. Dezember, beginnt die Kirche das Vorfest der Geburt, dessen liturgische Struktur ähnlich der Karwoche ist – denn die Geburt des Gottessohnes ist der Anfang Seines Dienstes zu unserer Rettung und zu unserem Heil, der Ihn schließlich zum Kreuzesopfer führen wird. 

 

 

Kondakion zu Weihnachten im 3. Ton

 

Heute gebiert die Jungfrau den Überseienden

und die Erde gewährt dem Unzugänglichen eine Höhle.

Engel lobsingen mit den Hirten,

Weise ziehen mit einem Stern.

Denn für uns wurde das Kind neugeboren,

der urewige Gott. 

 

Der heilige Abend

 

Die Gottesdienste am 24. Dezember, dem Vorabend der Geburt, sind: Die Stunden, die Vesper und die Göttliche Liturgie des Hl. Basilios. Am Ende der Vorfestes und damit auch des ganzen „Advents“, fassen die Großen Stunden alle Themen des Festes zusammen zu einer letzten feierlichen Verkündigung. In den besonderen Psalmen, Hymnen und Schriftlesungen, 

 

die für jede Stunde vorgeschrieben sind, wird die Freude und die Macht des Kommens Christi verkündet. Es ist eine der letzten Betrachtungen über die kosmische Bedeutung der Geburt, über die entscheidende und radikale Änderung, die sie der ganzen Schöpfung gebracht hat. 

 

Die Vesper, die normalerweise den Großen Stunden folgt, leitet die Feier des eigentlichen Festes ein, denn, wie wir wissen, beginnt der liturgische Tag am Vorabend. Die Stimmung dieser Feier wird durch die fünf Stichera zum Psalm 140, „Herr, ich rufe zu Dir“ bestimmt. Sie sind ein wahrer Ausbruch der Freude über das Geschenk der Inkarnation Christi, die nun vollbracht ist. Acht Schriftlesungen zeigen, dass Christus die Erfüllung aller Prophezeiungen ist, dass Sein Reich das Reich in Ewigkeit ist, in dem die ganze menschliche Geschichte ihren Sinn findet und der ganze Kosmos seinen Mittelpunkt. 

 

 

Die auf die Vesper folgende Liturgie des Hl. Basilios, war in der Vergangenheit die Taufliturgie, während der die Katechumenen getauft, gesalbt und in die Kirche, den Leib Christi, aufgenommen wurden. Die doppelte Freude des Festes für die neugetauften und die anderen Mitglieder der Kirche spiegelt sich im Prokimenon des Tages: 

 

Der Herr sprach zu mir: Mein Sohn bist du; ich habe dich heute gezeugt. Erbitte es von mir, und ich will dir Völkerschaften zu deinem Erbe geben.“ 

 

Am Ende der Liturgie geht der Zelebrant mit einer brennenden Kerze in die Mitte der Kirche und singt, umgeben von der ganzen Gemeinde, das Weihnachtstropar:

 

Deine Geburt, o Du Christus, unser Gott,

ließ erstrahlen der Welt das Licht der Erkenntnis.

In ihr wurden, die die Sterne verehren von einem Sterne belehrt,

Dich zu verehren, die Sonne der Gerechtigkeit,

und Dich zu erkennen als den Aufgang aus der Höhe,

Herr, Ehre sei Dir! 

 

Vigil und Liturgie

 

Da die Vesper des Festes bereits gefeiert wurde, beginnt die Vigil mit der Großen Komplet und der freudigen Verkündigung durch Jesaja „Gott ist mit uns!“ Die Struktur des Morgengottesdienstes ist die der großen Feste. Jetzt wird zum ersten Mal der ganze Kanon „Christus wird geboren, verherrlicht Ihn!“ gesungen, einer der schönsten Kanones der orthodoxen Gottesdienste, während die Gläubigen die Geburtsikone verehren. Die folgenden Lobpsalmen fassen die Freude und die Themen des ganzen Festes zusammen: 

 

Freut euch, ihr Gerechten, ihr Himmel jauchzet! * Neigt euch, ihr Berge, Christus ist geboren; * die Jungfrau thront den Cherubim gleich, * tragend in ihrem Schoß das fleischgewordene Wort. * Hirten bestaunen den Neugeborenen. * Sterndeuter bringen dem Herrn ihre Gaben dar. Engel singen und rufen: Unvergleichlicher Herr, Ehre sei Dir.

 

1. Stichiron zu den Lobpsalmen vom heiligen Andreas von Jerusalem. 

 

Die Liturgie des Tages selbst beschließt die Feier der Geburt Christi mit den Festantiphonen (3. Antiphon Ps 109: 2.3): 

 

„Den Stab Deiner Macht wird der Herr von Sion Dir aussenden und so herrsche inmitten Deiner Feinde. Mit Dir ist die Herrschaft am Tag Deiner Macht im Glanz Deiner Heiligen.“ 

 

Die Nachfeier

 

Am zweiten Tag des Festes wird die Synaxis, das ist die Versammlung zu Ehren der Allheiligen Gottesgebärerin gefeiert. Durch die Zusammenführung der Geburtshymnen mit denen, welche die Mutter Gottes besingen, zeigt die Kirche auf Maria als die Eine, durch welche die Inkarnation möglich wurde. Christi menschliche Natur ist – konkret und historisch – die Natur des Menschen, die Er von Maria empfing. Sein Leib ist zuallererst ihr Leib, Sein Leben ist ihr Leben. Dieses Fest der Versammlung zu Ehren der Gottesgebärerin ist wahrscheinlich das älteste Marienfest der christlichen Tradition, eingeführt ganz zu Anfang ihrer Verehrung durch die Kirche. 

 

 

 

Nach sieben Tagen der Nachfeier geht die Weihnachtszeit am 31. Dezember zu Ende. In allen Gottesdiensten dieser Tage wiederholt die Kirche die Hymnen und Lieder, welche die Inkarnation Christi verherrlichen und erinnert uns daran, dass Quelle und Basis unseres Heils nur in dem Einen zu finden ist, der, als Gott vor aller Zeit, zu uns in die Welt kam und um unsretwillen geboren wurde „als kleines Kind“

 

Quelle: The Services of Christmas, published by the Orthodox Church in America. 

 

 

Die Geburt unseres Herrn und Erretters und Gottes Jesus Christus dem Fleische nach

 

 

Das Fest der Geburt unseres Herrn und Erlösers Jesu Christi dem Fleische nach beginnt am Vortag. Dieser dem Fest am 25. Dezember vorausgehende Heilige Abend ist in der orthodoxen Tradition ein Fasttag, sofern er nicht auf einen Samstag oder Sonntag fällt. In diesem Fall wird der vorangehende Freitag als Fasttag gehalten und am 24. Dezember wir dann am Morgen die Chrysostomus-Liturgie gefeiert, während die Vesper dann nicht mit der Feier der göttlichen Liturgie verbunden ist. Die Basilius-Liturgie wird dann am 25. Dezember gefeiert. Fällt der 25. Dezember auf einen Sonntag, werden keine sonntäglichen Wechseltexte gesungen, sondern alle Texte der Liturgie entstammen nur dem Weihnachtsfest.

 

Der Vortag von Weihnachten oder gegebenenfalls der Freitag vorher ist ausgefüllt durch das kaiserliche Stundengebet. Es ist eine Paramonie, ein "in-der-Kirche-bleiben" der Gläubigen, das ursprünglich bis zum Morgengottesdienst andauerte, sich heute jedoch meist in die Gottesdienste der kaiserlichen Stunden, der Vesper mit der Basilius-Liturgie und dem Morgengottesdienst aufteilt. Je nach örtlichem Brauch wird die Festliturgie des 25. Dezembers als nächtliche Liturgiefeier wie auch am Osterfest vollzogen. Die kaiserlichen Stunden heißen so, weil in Konstantinopel der byzantinische Kaiser an diesem Gottesdienst persönlich teilnahm.  Das strenge Fasten des Vortages endet mit der mit der Vesper verbundenen Feier der Göttlichen Liturgie, die nach der Ordnung der Basilius-Liturgie begangen wird. In der Volkstradition fasten die Gläubigen deshalb bis zum erscheinen des ersten Sterns am weihnachtlichen Nachthimmel, das heißt sie essen und trinken bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Auch danach sind nur Fastenspeisen für die Festtafel des Weihnachtsabends erlaubt. In der Ukraine ist diese besonders feierlich. Es werden zwölf verschiedene Speisen zu Ehren der heiligen Apostel aufgetischt. Das Tischtuch aus Leinen symbolisiert die Tücher und Binden des Christuskindes in der Krippe, ebenso das unter dem Tischtuch auf der Festtafel ausgebreitete Stroh. Auf das Stroh werden Münzen gelegt als Symbol der Gaben der heiligen drei Magier aus dem Morgenland. In allen orthodoxen Volkskulturen gibt es solches Brauchtum, die das Geschehen zu Betlehem symbolisch vergegenwärtigen und ausdeuten.

 

Der Geburt Christi wurde seit dem zweiten Jahrhundert zunächst im Rahmen des Epiphaniefest am 05./06. Januar gedacht. Deshalb sind die liturgischen Ordnungen und der Ablauf der Gottesdienste der beiden Feiertage so gut wie identisch. Man feierte damals die Geburt des Herrn, die Anbetung Christi durch die Magier, Seine Taufe und Seinem ersten öffentlichen Auftreten bei der Hochzeit zu Kana in einem Fest der Gotteserscheinung, was das griechische Wort Theophanie (griechisch θεός "theos" = Gott; φαίνεσθαι "phainesthai" =sich zeigen oder erscheinen) auf deutsch bedeutet.

 

 

m die Mitte des vierten Jahrhunderts trennte man in der römischen Kirche das Christi-Geburts- Fest von der Feier der Theophanien und verlegte es auf das Datum des heidnischen Feiertag des „Sol invictus“ (der unbesiegbaren Sonne), der im römischen Reich am 25. Dezember festlich begangen wurde. Rund fünfzig Jahre später ist dann das vorgezogene Christi-Geburts-Fest in Konstantinopel vom heiligen Johannes Chrysostomus erstmals feierlich begangen worden. Die Predigt dieser ersten Feier ist uns bis heute erhalten.

 

"Ein seltsames und paradoxes Mysterium sehe ich. Stimmen von Hirten dringen an mein Ohr. Sie spielen heute nicht irgendeine Melodie auf ihren Flöten, sondern ein himmlisches Lied erklingt von ihren Lippen. Engel singen, Erzengel lobpreisen, die Cherubim verkünden Ruhm, die Seraphim verherrlichen. Alle frohlocken, da sie Gott auf Erden sehen und den Menschen in den Himmeln - den Hohen unten, der Heilsökonomie wegen, den Niedrigen oben, der Liebe zum Menschen wegen.

 

Heute ahmt Bethlehem den Himmel nach. Statt Sternen empfängt es Engel, statt der natürlichen Sonne nimmt es unbeschreibbar die Sonne der Gerechtigkeit auf. Frag nicht nach dem Wie. Denn wo Gott will, wird die natürliche Ordnung besiegt. Er wollte es, Er vermochte es, kam herab und erlöste. Alle Dinge wirkten zusammen mit Gott. Heute wird der Seiende geboren. Er, Der von jeher ist, wird das, was Er nie war. Er ist Gott und wird Mensch, doch ohne aufzuhören, Gott zu sein. Denn nicht durch Ablegen der Göttlichkeit wurde Er Mensch, noch auch wurde Er Gott wie ein Mensch, der durch geistigen Fortschritt die Vergöttlichung erlangt. Sondern Er Selbst, der Logos Gottes, wurde Fleisch, ohne dadurch irgendeine Veränderung zu erleiden. Seine göttliche Natur blieb unverändert.

 

Als Er geboren wurde, bestritten die Juden die seltsame Geburt. Die Pharisäer verdrehten die göttlichen Schriften, und die Schriftgelehrten redeten in Widerspruch zum Gesetz. Herodes suchte nach dem Neugeborenen, nicht etwa um Ihn zu ehren, sondern um Ihn zu töten (Matthäus 2:13). Heute sehen sie, dass alles ihnen widerspricht. Denn es blieb nicht verborgen vor ihren Kindern in einer anderen Generation, wie der Psalmist sagt (Psalm 77:4). Könige kamen, um dem himmlischen König zu huldigen, voller Verwunderung darüber, wie Er auf die Erde kam, ohne die Hilfe von Engeln, Erzengeln, Thronen, Herrschaften, Mächten oder Gewalten. Denn auf einem seltsamen und unbegangenen Weg kam Er herab, aus einem unbesamten Schoß ging Er hervor, und dies, ohne dass die Engel deswegen Seiner Lenkung entbehrten, ohne dass durch die Menschwerdung Seine Göttlichkeit eine Minderung erlitt.

 

Deshalb also kamen Könige, um den himmlischen König der Herrlichkeit anzubeten. Krieger kamen, um dem Obersten Heerführer der himmlischen Scharen zu dienen. Die Frauen kamen, um dem aus der Frau Geborenen zu huldigen, damit Er die Betrübnis der Frau in Freude verwandle.

 

Die Jungfrauen kamen, um den aus der Jungfrau Geborenen zu verehren, und bewunderten, wie der Schöpfer der Milch und der Brust, Der aus dieser wie aus Quellen Ströme fließen läßt, von einer jungfräulichen Mutter die Nahrung eines Kindes empfing. 

 

Die Säuglinge kamen, um Den zu preisen, Der zum Säugling wurde, damit Er aus dem Mund von Kindern und Säuglingen Lobpreis empfange (Psalm 8:3).

 

Die kleinen Kinder kamen, um das kleine Kind anzubeten, um Dessentwillen sie durch die Raserei des Herodes zu Martyrern wurden.

 

Die Männer kamen, um den Menschgewordenen anzubeten, Der die Übel Seiner Knechte heilt.

 

Die Hirten kamen, um den Guten Hirten anzubeten, Der Sein Leben hingab für die Schafe.

 

Die Priester kamen, um Den anzubeten, Der Hohepriester wurde nach der Ordnung des Melchisedek (Hebräer 5:10).

 

Die Knechte kamen, um Ihn anzubeten, Der Knechtsgestalt annahm, damit Er uns ehre mit der Freiheit von Knechtschaft.

 

Die Fischer kamen, um Ihn anzubeten, Der sie zu Menschenfischern machte (Matthäus 4:19).

 

Die Zöllner kamen, um Ihn anzubeten, Der den Zöllner als Evangelisten erwies. Die Dirnen kamen, um Den anzubeten, Der Seine Füße den Tränen der Dirne überließ.

 

Um es kurz zu fassen - alle Sünder kamen, um das Lamm Gottes zu sehen, Das die Sünde der Welt wegnimmt:

 

die Magier, um ihre Geschenke zu bringen,

die Hirten, um Ihn zu lobpreisen,

die Zöllner, um die frohe Botschaft von Ihm zu verkünden,

die Dirnen, um ihm kostbares Salböl darzubringen,

die Samariterin im Dürsten nach dem Wasser des Lebens,

die Kanaaniterin mit unerschütterlichem Glauben. 

 

Alle hüpfen vor Freude, und auch ich will hüpfen, ja, tanzen will ich, feiern und frohlocken. Tanzen nicht indem ich die Saiten der Zither zupfe, nicht indem ich den Thyrsos Stab schwenke, nicht mit Flöten und Zimbeln, sondern indem ich anstelle von Musikinstrumenten die Wickelbinden Christi in meinen Händen halte. Diese sind mir Hoffnung, sind mir Leben und Erlösung. Diese sind mir Flöte und Zither. Deshalb komme ich und bringe sie her, damit ich daraus Kraft schöpfe zum Reden und zusammen mit den Engeln sage: Ehre sei Gott in den Höhen. Mit den Hirten aber: Und Friede auf Erden und Wohlwollen unter den Menschen (Lukas 2,14). 

 

Heute wird Derjenige, Der auf unsagbare Weise geboren wurde aus dem Vater, um meinetwillen geboren auf übernatürliche Art aus der Jungfrau. So wie Er vor aller Zeit der göttlichen Natur gemäß aus dem Vater geboren wurde, auf eine Art, die der Gebärende weiß, so wurde Er auch heute geboren auf eine Art, die über den Naturgesetzen und dem menschlichen Begreifen ist, doch bekannt der Gnade des Heiligen Geistes. Seine himmlische Geburt ist wahr, und ebenso unzweifelhaft ist Seine Geburt auf Erden. Er wurde wahrhaftig als Gott aus Gott geboren, und ebenso wahrhaftig wurde Derselbe als Mensch aus der Jungfrau geboren. In den Himmeln oben als der Einziggeborene aus dem Einzigen allein, auf Erden unten Derselbe als Einziggeborener aus der Jungfrau allein. Denn ebenso pietätlos und blasphemisch wie die Beigesellung einer Mutter bei Seiner himmlischen Geburt ist auch die Beigesellung eines Vaters bei Seiner irdischen Geburt.

 

Der Vater gebar, ohne eine Veränderung zu erleiden, und die Jungfrau gebar, ohne ihre Jungfräulichkeit zu verlieren. Gott erlitt keinerlei Veränderung, indem Er gebar, denn Er gebar auf die Gott gebührende Weise. Ebensowenig verlor die Jungfrau ihre Jungfräulichkeit, indem sie gebar, denn sie gebar auf geistige Art. Deshalb gibt es weder für die himmlische Geburt vor aller Zeit eine Erklärung, noch auch kann der Hervorgang in diesen letzten Zeiten ergründet werden. Dass die Jungfrau Ihn heute geboren hat, das sehe ich, und dass Gott Ihn zeitlos geboren hat, das glaube ich, doch die Art des Gebärens habe ich nicht mit Worten neugierig zu durchstochern, sondern im Schweigen zu ehren gelernt. Denn in dem, was Gott betrifft, ist nicht das Untersuchen der Natur der Dinge am Platz, sondern der Glaube an die Macht Dessen, Der alles wirkt. Wenn eine Frau, die sich verehelicht hat, ein Kind gebiert, so geschieht das gemäß den Gesetzen der Natur, doch wenn eine Jungfrau, die keinen Mann gekannt hat, ein Kind gebiert und auch danach Jungfrau bleibt, so ist das eine Sache über der Natur. Was gemäß den Naturgesetzen geschieht, darüber kann man diskutieren, doch was über der Natur ist, das ehre man im Schweigen, nicht als etwas Unmögliches, sondern als etwas, das unbegreiflich und des ehrfürchtigen Schweigens würdig ist.

 

Vergebt mir, ich bitte euch, wenn ich schon am Anfang die Rede beenden möchte. Doch Furcht ergreift mich vor dem Erforschen der göttlichen Dinge, und ich weiß nicht, wie und wohin ich das Steuerruder meiner Worte wenden soll. 

 

Was sagen, wie es zum Ausdruck bringen? 

 

Ich sehe jene, die geboren hat, ich sehe den Geborenen, doch die Art des Gebärens vermag ich nicht zu begreifen. Wo Gott will, wird die Natur besiegt, das Gesetz der Natur außer Kraft gesetzt. Denn nicht der Natur gemäß geschah diese Geburt, sondern sie ist ein Wunder über der Natur. Die Natur setzte aus, und es wirkte der Wille des Gebieters. O unaussprechliche Gnade! Der Einziggeborene vor aller Zeit, der Unberührbare, Einfache, Körperlose, kam hinab in meinen sterblichen, sichtbaren Leib. Wozu? Damit Er uns als sichtbar Gewordener lehre und uns nach der Belehrung hinführe zum Unsichtbaren. Denn wir Menschen vertrauen mehr dem, was wir sehen, als dem, was wir hören. Was wir nicht sehen, bezweifeln wir. Deshalb ließ Er Sich herab, einen menschlichen Leib anzunehmen, damit wir Ihn durch diesen mit unseren Augen sehen können und der Zweifel verschwinde. 

 

 Geschehen, noch beitrug zu dem, was gewirkt ward, sondern bloßes Instrument Seiner unaussprechlichen Kraft war. Sie wußte nur das, was Gabriel ihr sagte als Antwort auf ihre Frage: Wie wird mir dies geschehen, da ich doch einen Mann nicht kenne? Er sagte nämlich zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten (Lukas 1:34-35). 

 

Wie aber fand Er Sich in ihr und wie ging Er aus ihr hervor? So wie ein Kunsthandwerker, der vortreffliches Material findet, ein wunderbares Gefäß daraus fertigt, so auch bereitete Sich Christus, da Er die Jungfrau heilig fand an Leib und Seele, einen beseelten Tempel, indem Er in der Jungfrau den Menschen in der Weise formte, wie Er wollte. Und nachdem Er denselben angezogen hatte, kam Er am heutigen Tag hervor, ohne Sich der Unansehnlichkeit der menschlichen Natur zu schämen. Denn für Ihn war es nicht ein Schimpf, die Gestalt Seines eigenen Geschöpfs zu tragen. Das Geschöpf aber gewann größte Ehre daraus, zum Gewand seines Schöpfers geworden zu sein. Geradeso nämlich wie es bei der ersten Schöpfung unmöglich war, den Menschen zu formen, ohne dass der Schöpfer zuvor den Lehm in Seine Hände nahm, so auch war es unmöglich, das verdorbene Gefäß umzugestalten, ohne dass es zum Gewand seines Gestalters wurde.

 

Doch was sagen, wie es zum Ausdruck bringen? Mit Staunen betrachte ich das Wunder. 

 

Der Alte der Tage (Daniel 7:13 ff) ist zum Kind geworden.

Der auf dem hohen und erhabenen Throne sitzt, wird in die Krippe gelegt.

Der Unberührbare, der Einfache und Nicht-zusammen-gesetzte,

der Körperlose wird von Menschenhänden umfangen.

Der die Bande der Sünde zerreißt, wird in Windeln gebunden, weil Er es so will.

Denn Er will die Unehre in Ehre verwandeln,

die Ruhmlosigkeit in Herrlichkeit gewanden,

die Sündhaftigkeit umformen zu einem Leben der Tugend.

Deshalb nimmt Er meinen Leib auf Sich - damit ich fähig werde, Seinen Logos, zu fassen.

Er nimmt mein Fleisch und gibt mir Seinen Geist, damit ich durch dies Nehmen und Geben das ewige Leben erlange.

Er nimmt mein Fleisch, um mich zu heiligen. Er gibt mir Seinen Geist, um mich zu beleben. 

 

Doch was sagen, wie es zum Ausdruck bringen?

 

Siehe, die Jungfrau wird in ihrem Schoß empfangen (Isaias 7:14). Nun sagt man es nicht mehr als etwas, das in Zukunft geschehen wird, sondern bewundert es als das, was geschehen ist. Es ist geschehen bei den Juden, denen es auch angekündet worden war, doch geglaubt wird es von uns, denen es nicht angesagt worden war.

 

Siehe, die Jungfrau wird in ihrem Schoß empfangen.

Der Buchstabe gehört der Synagoge, die Wirklichkeit der Kirche.

Jene hatte die Schriftrolle, in der es geschrieben war,

diese fand die Perle, die darin verborgen war.

Jene färbte die Wolle, diese legte den Purpur an.

Judäa hat Ihn geboren, doch angenommen hat Ihn die übrige Welt.

Die Synagoge hat Ihn gesäugt und ernährt,

doch die Kirche hat Ihn zu eigen und trägt Frucht in Ihm.

In jener sproß der Weinstock,

wir aber genießen die Trauben der Wahrheit.

Jene schnitt die Trauben, d

en mystischen Trank aber trinken die Völker.

Jene säte das Weizenkorn in Judäa,

die Völker aber ernteten mit der Sichel des Glaubens die Ähren.

Die Völker schnitten mit Gottesfurcht die Rose,

den Judäern verblieb der Dorn des Unglaubens.

Der junge Vogel ist entflogen,

die Toren aber verharren beim leeren Nest.

Die Blätter des Buchstabens studieren die Judäer,

die Frucht des Heiligen Geistes aber ernten die Völker. 

 

Siehe, die Jungfrau wird in ihrem Schoß empfangen.

Sag mir, o Judäer, sag mir doch, Wen hat sie geboren? Sprich freimütig zu mir, so wie du es vor Herodes tatst. Doch du willst nicht, und ich weiß warum - der Hinterlist wegen. Vor jenem hast du geredet, damit er Ihn beiseite schaffe. Doch mir antwortest du nicht, weil du nicht willst, dass ich Ihn anbete. Wen also hat sie geboren? Wen? Den Gebieter der Natur. Selbst wenn du schweigst, ruft es doch die Natur selbst mit lauter Stimme. Sie gebar Ihn so, wie der Geborene geboren werden wollte. Zwar gibt es in der Natur keine Möglichkeit einer solchen Geburt, doch als Gebieter der Natur brachte Er eine seltsame Art der Geburt zum Vollzug, um zu zeigen, dass Er wohl als Mensch geboren wurde, doch nicht auf dieselbe Art wie ein Mensch, sondern auf Gottes Art.

 

Aus der Jungfrau mithin ist Er heute hervorgegangen, auf eine Art, die die Natur besiegt, die der ehelichen Zeugung überlegen ist. Denn es geziemte sich für das Haupt aller Heiligkeit, durch ein reines und heiliges Gebären geboren zu werden, ist Er doch Derjenige, Der vormals Adam aus jungfräulicher Erde formte und aus Adam ohne Frau die Frau erschuf (Genesis 2:21 ff). So wie Adam einst ohne Frau die Frau hervorbrachte, so auch gebar die Jungfrau heute ohne Mann den Mann. Denn ein Mann ist Er, heißt es, und wer wird Ihn erkennen? Da das weibliche Geschlecht dem männlichen Dank schuldete dafür, dass die Frau ohne Frau aus Adam entsproß, gebar die Jungfrau heute ohne Mann, womit sie an Evas Stelle jene Schuld gegenüber den Männern beglich. 

 

Damit Adam sich nicht für groß halte, weil er ohne Frau die Frau hervorbrachte, gebar die Jungfrau ohne Mann den Mann, sodass durch das beiden gemeinsame Wunder die Gleichwertigkeit der Natur erzeigt wurde. So wie Adam keine Verminderung erlitt durch die Wegnahme der Rippe (Genesis 2:21), so verlor die Jungfrau, als in ihr der beseelte Tempel geformt wurde, nicht ihre Jungfräulichkeit. Adam blieb lebendig auch nach der Entnahme der Rippe, und die Jungfrau blieb Jungfrau auch nach der Geburt des Kindes. 

 

Aus diesem Grund bereitete der Herr Seinen Tempel nicht anderswoher, schuf Sich nicht irgendeinen anderen Leib, um auf Erden zu erscheinen, sondern den Leib des Menschen nahm Er an, damit es nicht scheine, als ob Er die Materie verachte, aus welcher Er Adam erschuf. Nachdem der Mensch vom Teufel getäuscht worden war, wurde er dessen Werkzeug. Deshalb nahm der Herr eben jenen selben beseelten Tempel an, der zu Fall gekommen war, um ihn durch die enge Verbindung mit seinem Bildner zu lösen vom Umgang mit dem Teufel. 

 

Doch obwohl Er Mensch wurde, wurde Er doch nicht geboren wie ein Mensch, sondern wie Gott. Wäre Er nämlich auf gewöhnliche Art geboren worden, aus ehelicher Zeugung wie ich, würden die Vielen Seine Herabkunft für unglaubhaft halten. Deshalb wurde Er aus der Jungfrau geboren und bewahrte zudem ihren Schoß unberührt und ihre Jungfräulichkeit unversehrt, auch nachdem Er geboren worden war, damit die Seltsamkeit der Empfängnis und der Geburt für mich zur Ursache unerschütterlichen Glaubens werde. 

 

 Fragt mich deshalb einer, sei er Hellene oder Jude, ob Christus, Der Gott ist gemäß Seiner Natur, auf übernatürliche Weise Mensch geworden sei, so antworte ich: "Ja", und rufe als Zeuge für mein Wort das unversehrte Siegel der Jungfräulichkeit an. Dazu nämlich besiegte Gott die Ordnung der Natur, dazu formte Er den Mutterschoß und erdachte die Jungfräulichkeit, damit Er auf unbefleckte Weise geboren werde und Sich auf unsagbare Weise einen Tempel erbaue, so wie Er es wollte.

 

Sag mir deshalb, o Jude, hat die Jungfrau geboren oder nicht? Wenn sie geboren hat, dann bekenne die seltsame Geburt. Hat sie aber nicht geboren, warum hast du Herodes getäuscht? Denn als du von diesem gefragt wurdest: Wo wird der Messias geboren? da antwortetest du: In Bethlehem in Judäa (Matthäus 2:4). Wußte vielleicht ich den Ort und das Land? Oder schaute vielleicht ich die Hoheit Dessen, Der geboren werden sollte? Hat nicht Isaias Ihn als Gott bezeichnet? Sie wird einen Sohn gebären, sagt er doch, und man wird Ihn benennen mit dem Namen Immanuel (Isaias 7:14). Habt nicht ihr selbst, ihr trotzigen Widersacher, die Wahrheit vorgebracht? Habt nicht ihr selbst, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, die ihr das Gesetz mit Genauigkeit einhaltet, uns alles gelehrt, was Ihn betrifft? Sind wir denn der Sprache der Hebräer mächtig? Wart nicht ihr selbst es, die die Schriften auslegtet? Nachdem die Jungfrau geboren hatte und noch bevor sie gebar, habt ihr nicht, um zu verbergen, dass das Geschriebene als auf Gott bezogen ausgelegt wird, zur Beantwortung der Frage des Herodes den Propheten Micha herangezogen, um eure Worte zu beglaubigen? Denn er sagt: Und du Bethlehem, Haus des Ephratha, du bist nicht der geringste unter den Führern Judas. Denn aus dir wird hervorgehen ein Führer, Der Mein Volk Israel weiden wird (Micha 5:1).

 

 Zu Recht sagte der Prophet: aus Dir, denn aus euch ist Er hervorgegangen, und danach zeigte Er Sich der ganzen Welt. Denn der Seiende kommt hervor, der Nichtseiende aber wird erschaffen oder entsteht. Der Seiende ist und war von jeher und wird immerdar sein. Er ist immerdar als Gott und lenkt die Welt, doch heute kam Er hervor - als Mensch, um das Volk zu weiden, und als Gott, um die ganze Welt zu retten. 

 

O ihr nützlichen Gegner! O ihr menschenfreundlichen Ankläger! die ihr aus Irrtum den in Bethlehem Geborenen als Gott aufgezeigt, den in der Krippe Liegenden als Gebieter verkündet und den in der Höhle Verborgenen unfreiwillig bekannt gemacht habt! Ohne es zu wollen, erwiesen sie Ihm einen großen Dienst, indem sie offenbarten, was sie verbergen wollten. Siehst du die unwissenden Lehrer? Was sie lehren, wissen sie selbst nicht. Sie hungern und ernähren andere. Sie dürsten und tränken andere. Sie darben und machen andere reich. 

 

Kommt mithin und laßt uns feiern! Kommt, laßt uns in Freude dies Fest begehen. Seltsam in der Tat ist die Art dieses Festes, so wie auch die Art dieser Geburt eine seltsame ist. 

 

Heute wird die Fessel langer Jahre gelöst,

der Teufel beschämt.

die Dämonenschar in die Flucht getrieben,

der Tod abgeschafft, das Paradies geöffnet,

der Fluch gelöscht,

die Sünde verjagt, die Verirrung entlassen.

Die Wahrheit ist zurückgekehrt,

das Wort des wahren Glaubens wird ausgesät und überall verbreitet,

die Lebensweise der Himmlischen eingepflanzt auf Erden.

Die Engel kommunizieren mit den Menschen,

die Menschen halten furchtlos Zwiesprache mit den Engeln.

 

Warum?

 

Weil Gott herabgekommen ist auf die Erde,

und der Mensch emporgehoben wurde in den Himmel.

Alles ist eins geworden.

Gott ist herabgekommen auf die Erde,

und ist zugleich zur Gänze in den Himmeln.

Während Er zur Gänze in den Himmeln ist,

ist Er zugleich auch zur Gänze auf Erden.

Er ist Gott und wurde Mensch,

ohne aufzuhören, Gott zu sein.

Er ist der wandellose, unveränderliche Logos

und wurde Fleisch,

um in uns Wohnung zu nehmen.

Er ist nicht Gott geworden,

sondern Er ist Gott.

Er wurde Fleisch,

damit Er, Den die Himmel nicht fassen,

Platz finde in der Krippe.

Er wurde in die Krippe gelegt,

damit der Ernährer des Alls

die Nahrung eines Kindes empfange

von einer jungfräulichen Mutter.

Er, der Vater der künftigen Äonen,

läßt Sich als Säugling umfangen von jungfräulichen Armen,

um Sich auch Magiern zugänglich zu machen.

 

Denn heute sind selbst Magier gekommen und haben angefangen mit der Verleugnung des Tyrannen. Es frohlockt der Himmel, denn ein Stern hat seinen Gebieter verkündet (Matthäus 2:1 ff). Danach zieht der Herr, leiblich auf einer leichten Wolke sitzend, nach Ägypten (Mt 2,13ff), dem Anschein nach, um den Nachstellungen des Herodes zu entgehen, in Wirklichkeit aber um zu erfüllen, was Isaias weissagte: An jenem Tag wird Israel Dritter sein nach den Assyrern und den Ägyptern. Gesegnet wird mein Volk sein im Land, das der Herr Sabaoth gesegnet hat, als Er sagte: Gesegnet ist Mein Volk, das in Ägypten ist und in Assyrien und in Israel (Isaias 19:24). Was sagst du, o Jude? Du warst erster und bist dritter geworden? Die Ägypter und die Assyrer sind vorangestellt und das erstgeborene Israel folgt hintan? Ja, zu Recht wurden die Assyrer an die erste Stelle gesetzt, denn sie waren auch die ersten, die, durch die Magier, dem Herrn gehuldigt haben. Nach den Assyrern kommen die Ägypter, denn als Er vor den Nachstellungen des Herodes floh, nahmen sie Ihn auf. An letzter Stelle wird Israel genannt, weil es, durch die Apostel, den Herrn anerkannte, nachdem Er vom Jordan heraufgekommen war. 

 

Als Er nach Ägypten kam, erzitterten die Götzen Ägyptens, und das nicht von ungefähr, sondern weil Er durch die Vernichtung der Erstgeburt (Ex 11,1ff) die Tore Ägyptens verschloß. Deshalb ist Er heute gekommen als Erstgeborener, um die Trauer über jenes Unheil der alten Zeit hinwegzunehmen. Dass Christus der Erstgeborene genannt wird, bezeugt heute der Evangelist Lukas, da er sagt: Und sie gebar ihren erstgeborenen Sohn und wickelte Ihn in Windeln und legte Ihn in die Krippe, denn es gab keinen Platz in der Herberge für sie (Lukas 2:7).

 

Er kam also nach Ägypten, um die Trauer jenes Unheils der alten Zeit hinwegzunehmen, um anstelle der Plagen die Freude zu bringen, anstelle der Nacht und der Finsternis das Licht des Heils. Damals war das Wasser des Stroms ungenießbar geworden wegen der Tötung jener kleinen Kinder (Exodus 12:29 ff). Nun aber, als Derjenige, Der einst das Wasser rötete, nach Ägypten kam, machte Er jene Wasser zu Quellen des Heils, indem Er sie von der Verunreinigung reinigte durch den Heiligen Geist. Damals wüteten die Ägypter, taten Böses und verleugneten Gott. Nun aber, als der Herr nach Ägypten kam, erfüllte Er die gottesfürchtigen Seelen mit der Erkenntnis Gottes, und dem Strom verlieh Er, reichere Ernte an Martyrern hervorzubringen als an Ähren.

 

Doch da die Zeit begrenzt ist, will ich hier meine Rede beenden mit der Darlegung, wie der wandellose Logos Fleisch wurde, ohne in Seiner Natur irgendeine Wandlung zu erfahren.

 

Wie aber kann ich es sagen, wie es zum Ausdruck bringen?

 

Ich sehe den Schöpfer und die Krippe,

das neugeborene Kind, die Wickelbinden,

die jungfräuliche Wöchnerin,

das Fehlen des Lebensnotwendigen,

Armut überall,

alles voll Entbehrung.

Siehst du den Reichtum in dieser großen Not?

Wie Er, Der reich ist, arm wurde um unsertwillen?

Wie Er nicht einmal ein Bett noch Bettzeug hatte,

sondern in eine bare Krippe gelegt wurde?

O Armut, du Quelle des Reichtums!

O grenzenloser Reichtum, verborgen unter dem Mantel der Armut!

Er liegt in der Krippe und bewegt die ganze Welt.

Er wird in Windeln gewickelt und löst die Bande der Sünde.

Noch bevor Er ein Wort geäußert hat, belehrt Er die Magier und bringt sie zur Umkehr.

 

Was kann ich sagen, wie es zum Ausdruck bringen?

 

Siehe ein Kind, in Windeln gewickelt und in der Krippe liegend. Maria ist bei ihm, Jungfrau und Mutter zugleich. Auch Joseph ist da, bezeichnet als der Vater. Man nennt ihn ihren Mann, und sie seine Frau. Benennung dem Gesetz gemäß, doch ohne Vollzug der Ehe. Begreife, dass die Sache nur bis zum Namen geht, nicht bis zum Geschehen. Dies nur geschah: Er wurde ihr anverlobt, und der Heilige Geist überschattete sie. Deshalb war Joseph ratlos und wußte nicht, wie er das Kind nennen sollte. Es als Frucht des Ehebruchs zu bezeichnen, wagte er nicht, denn er konnte kein blasphemisches Wort gegen die Jungfrau sagen. Das Kind als sein eigenes bezeichnen konnte er ebensowenig. Er sah klar, dass er nicht wußte, wie und woher das Kind gekommen war. Und während er in dieser Ratlosigkeit war wegen der Sache, wurde vom Himmel her durch die Stimme des Engels die Botschaft zu ihm getragen: Fürchte dich nicht, Joseph, denn was aus ihr geboren werden soll, stammt vom Heiligen Geist (siehe Matthäus 1:20). Denn der Heilige Geist hatte die Jungfrau überschattet.

 

Doch warum wird Er aus einer Jungfrau geboren und bewahrt ihre Jungfräulichkeit unversehrt? Als Jungfrau wurde Eva vormals vom Teufel getäuscht, und deshalb wurde auch Maria als Jungfrau die frohe Botschaft verkündet durch den Engel Gabriel. Während Eva, getäuscht vom Widersacher, ein Wort hervorbrachte (Genesis 3:2 ff), das zur Ursache des Todes wurde, gebar Maria auf die Verkündigung des Engels hin das fleischgewordene Wort Gottes, Das uns zum ewigen Leben verholfen hat. Evas Wort zeigte den Baum, dessentwegen Adam aus dem Paradies vertrieben wurde, doch das Wort Gottes, das aus der Jungfrau geboren wurde, zeigte das Kreuz, durch welches Er Adam in der Person des Schächers wieder ins Paradies einziehen ließ.

 

Weil aber weder die Hellenen, noch die Juden, noch die Söhne der Häretiker glauben wollen, dass Gott Seinen Sohn ohne irgendeine Veränderung oder Versehrung geboren hat, kam Er heute hervor aus einem der Versehrung unterworfenen Leib, indem Er denselben unversehrt bewahrte, um zu zeigen, dass auch Er als Gott auf eine Gottes würdige Weise Gott geboren hat, ohne irgendeine Veränderung oder Versehrung des göttlichen Wesens zu bewirken, geradeso wie Er bei Seiner Geburt aus der Jungfrau deren Jungfräulichkeit unversehrt bewahrte.

 

Weil die Menschen Gott verlassen hatten und sich Götzen in Menschengestalt meißelten, die sie auch anbeteten, womit sie den Schöpfer verhöhnten, ist der Logos Gottes, Der Gott ist, heute in Menschengestalt erschienen, damit Er zugleich die Lüge abschaffe und auf verhüllte Art die Anbetung auf Sich Selbst zurückführe. Ihn mithin, Christus, Der uns den Weg hinaus aus dem Weglosen geöffnet hat, verherrlichen wir, zusammen mit dem Vater und dem Heiligen Geist, jetzt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit. Amen."

 

Zweite Homilie des heiligen Johannes Chrysotomus zur Geburt unseres Erlösers Jesus Christus, gehalten in Antiocheia

 

 

Die gottesdienstlichen des Weihnachtsfestes feiern im Osten der Christenheit die Geburt und Fleischwerdung des Erlösers. Er ist die wahren Sonne der Gerechtigkeit (Matthäus 3:1-2). Im Weihnachtsfest leuchtet  von Anfang an auch Christi Verehrung durch die Völker ( (griechisch ἔθνος; "éthnos" = fremdes Volk, Heiden) in der Anbetung der Magier aus dem Morgenland auf. Auch wird in der Geburt Christi das unbegreifliche Paradoxon des Glaubens deutlich, auf das bereits der heilige Symeon der Gottesträger bei seiner Rede an die allheilige Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria hinwies: " Siehe, Dieser ist gesetzt zum Fall und Aufstehen vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird". Das Paradoxon der Geburt Christi ist zu allen Zeiten für Vernunft und Verstand unfassbar: Gott wurde Mensch, ohne sein Gottsein preiszugeben. Der Unbegrenzbare hat sich selbst begrenzt. Der Reiche wurde arm. Der Allherrscher hat sich erniedrigt zu unserem Heil. Das Mysterium der Geburt des Gottessohnes ist keine mythische Verschleierung oder Überhöhung der Geburt eine jüdischen Kindes in Bethlehem, sondern die alles Verstehen übersteigende Tatsache, die uns Gläubigen zumutet, die törichte und störrische Selbstgerechtigkeit abzulegen und mit einzustimmen in den Chor der Engel und Heiligen, die die Größe der Herablassung Gottes verherrlichen.

 

 

Die jungfräuliche Geburt

 

Wenn Christus, von dem Jesaja gesprochen hat, nicht von einer Jungfrau geboren werden sollte, von wem hat dann der Heilige Geist verkündet: „Der Herr wird euch selbst ein Zeichen geben: Seht, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären!“ (Isaias 7:14)? Wenn Christus wie alle anderen Erstgeborenen aus geschlechtlichem Beisammensein geboren werden sollte, warum sprach Gott davon, er werde ein Zeichen geben? Das wäre es doch nicht, wenn es allen Erstgeborenen zuteil wird. Ja dies ist tatsächlich ein Zeichen, und gläubig sollte es vom Menschengeschlecht angenommen werden, dass aus jungfräulichem Mutterleib „der Erstgeborne aller Geschöpfe“ (Kolosser 1:15) wahrhaft Fleisch annimmt und ein Kind wird. Dies hat er durch prophetischen Geist bald in dieser, bald in jener Weise vorherverkündet, damit man ihn bei seiner Geburt erkenne, wenn er durch die Macht und nach dem Willen des Schöpfers aller Dinge geboren wird. ... Ihr Juden aber stellt die Behauptung auf, die Schrift laute: „Seht, die junge Frau wird empfangen“, als ob es ein großes zeichenhaftes Ereignis wäre, wenn eine Frau infolge geschlechtlicher Vereinigung gebären sollte. Das tun ja alle jungen Frauen mit Ausnahme der unfruchtbaren. Doch auch diese kann Gott, wenn er will, gebären lassen. Denn die Mutter Samuels, die nicht geboren hatte, gebar doch durch göttlichen Willen (1. Samuel 1:20), ebenfalls die Frau des heiligen Patriarchen Abraham (Genesis 21:2) und Elisabeth, die Johannes den Täufer gebar (Lukas 1:57), und manche andere in ähnlicher Weise. Ihr dürft aber nicht für unmöglich halten, dass Gott alles kann, was er will. 

 

Quelle: Heiliger Justin der Märtyrer: Dialog mit dem Juden Tryphon.

 

 

Erste Predigt auf Weihnachten

des heiligen Leo der Großen, des Bischofs von Rom

 

Lasst uns frohlocken, Geliebteste; denn heute ist uns der Heiland geboren! Darf doch dort keine Trauer aufkommen, wo das Leben selbst zur Welt kommt, das die Furcht vor dem Tode benimmt und uns durch die Verheißung ewigen Lebens mit Freude erfüllt. Niemand wird von der Teilnahme an dieser Jubelfeier ausgeschlossen, alle haben den gleichen Grund, in festlicher Stimmung zu sein; denn da unser Herr, der die Sünde und den Tod vernichtet, niemand findet, der ohne Schuld ist, so kommt Er, um alle zu befreien. Es jauchze der Heilige, weil er sich der Siegespalme naht; es frohlocke der Sünder, weil ihm Verzeihung winkt, und neuer Mut belebe den Heiden, weil ihn das Leben ruft! Denn nachdem sich die Zeit erfüllt, welche die unerforschliche Tiefe des göttlichen Ratschlusses dazu bestimmte, nahm der Sohn Gottes die Natur des Menschengeschlechtes an, das wieder mit seinem Schöpfer versöhnt werden sollte, damit der Teufel, der den Tod in die Welt gebracht, gerade durch die menschliche Natur, die er bezwungen hatte, wieder bezwungen würde. In diesem für uns unternommenen Kampfe wurde der Streit nach dem erhabenen und bewunderungswürdigen Grundsatz der Gleichheit geführt, indem sich der allmächtige Herr mit dem so wütenden Feinde nicht in Seiner Majestät, sondern in unserer Niedrigkeit misst. Er stellt ihm den gleichen Leib entgegen und die gleiche Natur, die zwar wie die unsrige sterblich, aber frei von jeder Sünde ist. Gilt doch von Seiner Geburt nicht, was von der aller zu lesen steht: „Niemand ist rein von dem Schmutze der Sünde, nicht einmal das Kind, dessen Lebenshauch nur einen Tag auf Erden währt.“ Keinerlei Makel ist auf diese Geburt, die nicht ihresgleichen hat, von der Begierlichkeit des Fleisches übergegangen, keinerlei Schuld von dem Gesetze der Sünde auf sie entfallen. Eine königliche Jungfrau aus dem Stamme Davids wird dazu auserwählt, die heilige Frucht in sich aufzunehmen und Gottes und der Menschen Sohn zunächst im Geiste und dann in ihrem Schoße zu empfangen. Und damit sie nicht, unbekannt mit dem himmlischen Ratschlusse, über eine so ungewöhnliche Wirkung erschrecke, erfährt sie durch die Unterredung mit dem Engel, was in ihr der Heilige Geist wirken sollte. Auch glaubt die nicht an Verlust der Jungfräulichkeit, die bestimmt ist, bald „Gottesgebärerin“ zu werden. Denn warum hätte sie in diese neue Art der Empfängnis Zweifel setzen sollen, da ihr die Macht des Allerhöchsten dies zu vollbringen verspricht? Gestärkt wird ihr gläubiges Vertrauen auch noch durch das Zeugnis eines vorausgehenden Wunders: Der Elisabeth, die nicht mehr darauf hoffen konnte, wird Kindersegen verliehen, damit man nicht daran zweifle, dass derjenige, der einer Unfruchtbaren die Kraft zu empfangen gegeben hatte, auch eine Jungfrau empfangen lassen würde. So ist also das „Wort Gottes“, „Gott“, „Gottes Sohn“, „der im Anfang bei Gott war, durch den alles gemacht worden ist, und ohne den nichts gemacht wurde“, Mensch geworden, um den Menschen vom ewigen Tode zu befreien. Dabei hat Er sich ohne Minderung Seiner Majestät in der Weise zur Annahme unserer Niedrigkeit herabgelassen, dass Er die wahre Knechtsgestalt mit jener verband, worin Er Gott dem Vater gleich ist. Er blieb, was Er war, und nahm an, was Er nicht war. In der Weise hat Er sich herabgelassen, dass Er beide Naturen so miteinander vereinte, dass weder die Erhebung der niedrigeren Natur diese aufgehen ließ, noch ihre Annahme der höheren Abbruch tat. Indem also die Eigenart beider Wesenheiten gewahrt bleibt und sich zu ein und derselben Person verbindet, bekleidet sich die Majestät mit Niedrigkeit, die Stärke mit Schwachheit, die Ewigkeit mit Sterblichkeit. Und um die Schuld unseres Sündenzustandes zu tilgen, hat sich die unversehrbare Natur mit der leidensfähigen vereint, sind wahrer Gott und wahrer Mensch zur Einheit des Herrn verbunden. Dadurch sollte wie dies unserer Erlösung entsprach ein und derselbe „Mittler zwischen Gott und den Menschen“ einerseits sterben, andererseits auferstehen können. Billigenderweise also brachte die Geburt des Heils der jungfräulichen Reinheit keinerlei Schaden; denn das Erscheinen der Wahrheit war ein Schutz der Keuschheit. Eine solche Geburt, durch die in Seiner Menschlichkeit uns gleich, in Seiner Göttlichkeit uns überlegen sein sollte, ziemte, Geliebteste, Christus, „Gottes Macht und Weisheit“. Wäre Er nicht wahrer Gott, so brächte Er keine Erlösung, wäre Er nicht wahrer Mensch, so böte Er uns kein Beispiel. Darum wird auch von den jauchzenden Engeln bei der Geburt des Herrn gesungen: „Ehre sei Gott in der Höhe!“ Darum wird auch „den Menschen auf Erden, die guten Willens sind“, Friede verheißen. Sehen sie doch, wie sich das himmlische Jerusalem aus allen Völkern der Erde erbaut. Wie sehr muss sich da menschliche Niedrigkeit über dieses unbeschreibliche Werk der göttlichen Liebe freuen, wenn die hehren Engel darüber in solchen Jubel ausbrechen!

 

Quelle: Bibliotek der Kirchenväter.

Band 2 Leo der Große.

Kempten 1927.

 

 

Die Gottesdienste der orthodoxen Kirche

an Weihnachten

 

Zusammengestellt von Thomas Zmija

 

Als orthodoxe Christen beginnen wir die Feier der Geburt Christi mit einer Zeit der Vorbereitung. Vierzig Tage vor dem Fest der Geburt unseres Herrn beginnen wir die weihnachtliche Fastenzeit zur Reinigung von Seele und Leib, um angemessen in die große geistige Wirklichkeit des Kommens Christi einzutreten und an ihr teilzuhaben.

 

Diese weihnachtliche Fastenzeit bildet keine so intensive liturgische Zeit, wie sie für die Große Fastenzeit typisch ist, vielmehr ist die Weihnachts- Fastenzeit mehr„asketischer“ als „liturgischer“ Natur.  Auf jeden Fall spiegelt sich die weihnachtliche Fastenzeit im Leben der Kirche in einer Anzahl liturgischer Merkmale, die das kommende Fest ankündigen.

 

In den vierzig Tagen der Vorbereitung wird das Thema der kommenden Geburt in die Gottesdienste und liturgischen Gedenkfeiern Schritt für Schritt eingeführt. Wenn auch der Beginn des Fastens am 15. November liturgisch nicht durch einen Hymnus gekennzeichnet wird, hören wir doch fünf Tage später, am Vorabend des Festes des Einzugs Mariä in den Tempel die erste Ankündigung in den neun Irmen, den gesungenen Einleitungsversen der Kanonlesung während der Nachtwache schon das Thema des Weihnachtskanons:

 

Christus ist geboren, verherrlicht Ihn!

 

 

Bei diesen Worten ändert sich etwas in unserem Leben, sogar die Luft, die wir atmen, die ganze Stimmung des Lebens der Kirche. Es ist, als würden wir ganz in der Ferne das erste Licht der größtmöglichen Freude wahrnehmen – das Kommen Gottes in Seine Welt. So kündigt die Kirche das Kommen Christi an, die Inkarnation Gottes, Seinen Eintritt in die Welt zu unserem Heil.

 

An den zwei Sonntagen vor Weihnachten gedenkt die Kirche dann der Vorväter und Väter: der Propheten und Heiligen des Alten Testaments, die das Kommen vorangekündigt und bereitet haben , in dem dann die Errettung und die Versöhnung der Menschheit mit Gott geschah.

 

Schließlich beginnt am 20. Dezember die Kirche das Vorfest der Geburt Christi, dessen liturgische Struktur ähnlich der der Karwoche ist – denn die Geburt des Gottessohnes ist der Anfang Seines Dienstes zu unserer Rettung und zu unserem Heil, der Ihn schließlich zum Kreuzesopfer führen wird.

 

Der heilige Abend

 

Die Gottesdienste am 24. Dezember, dem Vorabend der Geburt, sind: Die Stunden, die Vesper und die Göttliche Liturgie des heiligen Basilius des Großen. Am Ende des Vorfestes und damit auch des ganzen „Advents“, fassen die Großen Stunden alle Themen des Festes zusammen zu einer letzten feierlichen Verkündigung mit  besonderen Psalmen, Hymnen und Schriftlesungen, die für jede Stunde vorgeschrieben sind. In diesem besonders feierlichen Stundengebet, an dem in Konstantinopel auch der Kaiser und sein Hofstaat teilnahm und deshalb „kaiserliche Stunden“ heißen, wird die Freude über das Kommen Christi verkündet. Es ist eine der letzten Betrachtungen über die kosmische Bedeutung der Geburt des Erlösers, über die entscheidende und radikale Änderung, die sie der ganzen Schöpfung gebracht hat.

 

Die Vesper, die normalerweise den Großen Stunden folgt, leitet die Feier des eigentlichen Festes ein, denn, wie wir wissen, beginnen die liturgische Tag am Vorabend. Die Stimmung dieser Feier wird durch die fünf Stichera zum Psalm 140: „Herr, ich rufe zu Dir“ bestimmt. Sie sind ein wahrer Jubel, ein Ausdruck der Freude über das Geschenk der Inkarnation unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus, die wir nun liturgisch verherrlichen. 

 

 

Die acht Schriftlesungen zeigen, dass Christus die Erfüllung aller Prophetien des Alten Bundes und die Erfüllung seiner Heilserwartung ist; dass Seine Königsherrschaft in Ewigkeit bestehen wird, dass in Seinem Kommen die ganze menschliche Geschichte ihren Sinn findet und der ganze Kosmos in IHM seinen Mittelpunkt hat.

 

Die auf die Vesper folgende Liturgie des heiligen Basilius, war in der Vergangenheit die Taufliturgie, während der die Katechumenen getauft wurden, die Myronsalbung empfingen und in die Kirche, den Leib Christi, aufgenommen wurden. In dieser festlichen Liturgie am Heiligen Abend liegt auch der Sinn des strengen Fastens während des 24. Dezembers. Es handelt sich nämlich um ein eucharistisches Fasten, das auf dem Empfang der heiligen Kommunion vorbereitet. Als in der russischen Synodalepoche seit dem 17. Jahrhundert die Feier der Basiliusliturgie auf den Vormittag verlegt wurde, verbreitete sich im Volk die Tradition, das strenge Fasten bis zum Erscheinen des ersten Sterns am Abendhimmel zu halten. Heute wird in Russland und der Ukraine an vielen Orten die Basiliusliturgie am Weihnachtsabend gefeiert.

 

Die doppelte Freude des Festes für die Neugetauften und die übrigen Glieder der Kirche spiegelt sich im Prokimenon des Tages: Der Herr sprach zu mir:

 

Mein Sohn bist du; ich habe dich heute gezeugt. Erbitte es von mir, und ich will dir Völkerschaften zu deinem Erbe geben.

 

Am Ende der Liturgie geht der Zelebrant mit einer brennenden Kerze in die Mitte der Kirche und singt, umgeben von der ganzen Gemeinde, das Weihnachtstropar:

 

Deine Geburt, o Du Christus, unser Gott, * ließ erstrahlen der Welt das Licht der Erkenntnis. * In ihr wurden, die, die Sterne verehren * von einem Sterne belehrt, Dich zu verehren, * die Sonne der Gerechtigkeit, * und Dich zu erkennen als den Aufgang der Sonne, * Herr, Ehre sei Dir!

 

Die Nachtwache und die Liturgie

 

Da die Vesper des Festes bereits gefeiert wurde, beginnt die Vigil mit der Großen Komplet und der freudigen Verkündigung durch Jesaja „Mit uns ist Gott!“ Die Struktur des Morgengottesdienstes ist die der großen Feste. Jetzt wird zum ersten Mal der ganze Kanon „Christus wird geboren, verherrlicht Ihn!“ gesungen, einer der schönsten Kanon- Dichtungen der orthodoxen Gottesdienste, während die Gläubigen die Weihnachtsikone, die die Ereignisse der Geburt unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus in einer Zusammenschau (Synaxis) darstellt, verehren. Die folgenden Lobpsalmen fassen die Freude und die Themen des ganzen Festes zusammen:

 

Freut euch, ihr Gerechten, ihr Himmel jauchzet! * Neigt euch, ihr Berge, Christus ist geboren; * die Jungfrau thront den Cherubim gleich, * tragend in ihrem Schoß das fleischgewordene Wort. * Hirten bestaunen den Neugeborenen. * Sterndeuter bringen dem Herrn ihre Gaben dar. Engel singen und rufen: Unvergleichlicher Herr, Ehre sei Dir.

 

1. Stichire zu den Lobpsalmen vom heiligen Andreas von Jerusalem.

 

Die Göttliche Liturgie des Tages (25. Dezember/ 07. Januar) selbst beschließt die Feier der Geburt Christi mit den Festantiphonen (3. Antiphon Ps 109,2.3):

 

Den Stab Deiner Macht wird der Herr von Sion Dir aussenden und so herrsche inmitten Deiner Feinde. Mit Dir ist die Herrschaft am Tag Deiner Macht im Glanz Deiner Heiligen.

 

Die Nachfeier

 

Am zweiten Tag des Festes wird die Synaxis, das ist die Versammlung zu Ehren der Allheiligen Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria gefeiert. Durch die Zusammenführung der Geburtshymnen mit denen, welche die Mutter Gottes besingen, zeigt die Kirche auf Maria als die Eine, durch welche die Inkarnation möglich wurde. Christi menschliche Natur ist, ganz konkret, die menschliche Natur, die ER von Maria empfing. Dieses Fest der Versammlung zu Ehren der Allheiligen Gottesgebärerin ist wahrscheinlich das älteste Marienfest der christlichen Kirche.

 

Nach sieben Tagen der Nachfeier geht die Weihnachtszeit am 31. Dezember zu Ende. In allen Gottesdiensten dieser Tage wiederholt die Kirche die Hymnen und Lieder, welche die Inkarnation Christi verherrlichen und erinnert uns daran, dass Quelle und Basis unseres Heils nur in dem EINEN zu finden ist, der, als Gott vor aller Zeit, zu uns in die Welt kam und um unsres Heiles willen geboren wurde „als kleines Kind“.

 

So  singen wir in der Vesper des ersten Weihnachtsfeiertages: 

 

Was sollen wir Dir darbringen, Christus? Erschienen bist Du auf Erden als Mensch unsretwillen. Jedes Deiner Geschöpfe bringt Dir ein Dankgeschenk: die Engel ihr Singen, der Himmel den Stern, die Weisen ihre Gaben, die Hirten ihr Staunen, die Erde die Höhle, die Einöde die Krippe, wir aber die Mutter und Jungfrau. Du unser Gott vor aller Zeit, erbarme Dich unser. 

 

Und in der Komplet heißt es im Preisgesang (Ideomelon):

 

Himmel und Erde sollen sich heute prophetisch freuen, Engel und Menschen, lasset, vom Geist erfüllt, uns feiern das Fest, denn Gott ist, von einer Jungfrau geboren, denen im Fleische erschienen, die in Finsternis und Todesschatten sitzen. Die Höhle und die Krippe nahmen ihn auf. Hirten verkünden das Wunder. Magier aus dem Morgenland bringen Geschenke in Bethlehem dar. Auch wir wollen ihm mit unwürdigen Lippen das Lob der Engel darbringen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden. Denn gekommen ist die Erwartung der Völker. Er ist gekommen und hat uns aus der Knechtschaft des Feindes befreit. 

 

Quelle: Zusammengestellt unter Verwendung von Alexander Schmaemann: The Services of Christmas.

 

 

Kanon auf die Geburt Christi

 

Heiliger Cosmas von Majûma der Melode

 

Christus wird geboren: rühmt Ihn!

Christus aus dem Himmel: eilt Ihm entgegen!

Christus auf Erden: erhebt euch!

Singt dem Herrn alle Lande,

mit Jubel besingt Ihn, ihr Völker;

denn Er ist voller Herrlichkeit. 

 

Dem vor Ewigkeit aus dem Vater

unveränderlich hervorgegangenen Sohn,

der am Ende der Zeiten aus der Jungfrau

ohne Zeugung Fleisch angenommen hat,

Christus, Gott, Ihm wollen wir zurufen:

Du hast unsere Würde erhöht;

heilig bist Du, Herr!

 

Spross aus der Wurzel Jesse,

Blume aus ihr,

Christus; aus der Jungfrau

bist Du erblüht, aus dem Berg,

Du Gepriesener,

aus der dunklen Höhle bist Du gekommen.

Du hast Fleisch angenommen aus der Unvermählten,

der Du Geist bist und Gott.

Ehre sei Deiner Macht, o Herr! 

 

Ein Gott des Friedens bist Du,

Vater des Erbarmens;

Deines großen Ratschlusses Boten,

der uns den Frieden verleiht,

hast Du uns gesandt.

Von Ihm zum Licht der Gotteserkenntnis geführt

und aus der Nacht ins Morgenlicht schreitend,

preisen wir Dich, Du Menschenliebender.

 

Aus seinem Innern wie eine Leibesfrucht

spie das Seetier Jona aus,

unversehrt, wie es ihn aufgenommen hatte.

Das in der Jungfrau wohnende göttliche Wort

ging aus ihr hervor

und bewahrte sie unversehrt.

Da Es Selbst die Verwesung nicht erlitt,

bewahrte es auch Seine Mutter unverletzt.

 

Die jungen Männer, zur Gottesfurcht erzogen,

verachteten den gottwidrigen Befehl

und erschraken nicht vor des Feuers Drohung;

mitten in der Flammenglut

sangen sie aufrecht stehend:

Gott der Väter, gelobt seist Du! 

 

Zum Vorbild eines großartigen Wunders

ward der Tau spendende Feuerofen:

Er verbrannte nicht die jungen Männer in ihm.

So verbrannte auch das Feuer der Gottheit

nicht der Jungfrau Leib, der Es trug.

Deshalb wollen wir preisen und singen:

Es lobe die ganze Schöpfung den Herrn,

sie preise Ihn hoch in alle Ewigkeit!

 

Ein Mysterium schaue ich,

fremdartig und unbegreiflich:

als Himmel die Höhle,

als Cherubim-Thron die Jungfrau,

als unbegrenzten Raum die Krippe,

in die gelegt wurde der Unbegrenzte,

Christus, Gott;

Ihn lasst uns hochpreisen und Ihn rühmen!

 

Irmen des Weihnachtskanons des Kosmas im Orthros.

 

 

Zur Geschichte des Weihnachtsfestes

 

Thomas Zmija

 

Das Weihnachtsfest wurde ursprünglich nicht als eigenes Fest gefeiert, sondern war mit dem Fest der Taufe Christi verbunden. Der Festcharakter dieser Feier war geprägt durch das Glaubensgeheimnis der Selbstoffenbarung Gottes (griechisch: Theophanie von θεός/ theos = Gott; φαίνεσθαι/ phainesthai = sich zeigen, erscheinen, slawisch: Богоявление) während der Taufe Christi  im Jordan. Ab dem 4. Jahrhundert begann man, zunächst in Rom, das Fest der Geburt Christi gesondert zu begehen. Dabei wurde ein heidnischer Festtagstermin zur Ehre der Wintersonnenwende als Termin übernommen, denn für uns Christen Jesus Christus die wahre Sonne der Gerechtigkeit ist. (Offenbarung 22:16; Lk 1:78-79) So kam es, dass die Feier des Weihnachtsfestes auf den 25. Dezember festgelegt wurde. Doch die Wahl dieses Termins hat keinen historischen Hintergrund im Jahreskreislauf.

 

Wenn wir die Frage beantworten wollen, wann Christus geboren wurde, gibt es einige Anhaltspunkte im Weihnachtsevangelium. Nach dem Bericht der Weihnachtsgeschichte im Lukasevangelium (Lk 2:1-20) waren die Hirten bei ihren Herden auf dem Felde. Die Herden gingen aber in antiker Zeit im Nahen Osten zur Zeit, also auch in Palästina, erst im Frühjahr wieder auf die Weide, währen sie in den Wintermonaten in den Ställen oder dicht bei den Wohnhäusern gehalten wurden. Dies würde auch mit dem angenommenen Termin der Steuerschätzung unter Kaiser Augustus, von dem uns die außerbiblischen, antike Quellen berichten, übereinstimmen. Das Lukasevangelium berichtet uns des Weiteren von einem römischen Beamten namens Quirinius, der mit dieser Steuerschätzung im damaligen Palästina in Verbindung gebracht wird. Er ist den Historikern aus den antiken Dokumenten sowohl als römischer Konsul, als auch für die Zeit rund um das Jahr 7 vor Christus als Statthalter in Syrien bekannt. Darüber hinaus lässt sich den Todeszeitpunkt von König Herodes anhand der antiken Quellentexte auf das Jahr 4 vor Christus eingrenzen. So geht man heute in der Altertumswissenschaft davon aus, dass die Geburt unseres Erlösers Jesus Christus nicht im Winter, sondern erst im März des Jahres 7 vor Christus stattgefunden hat. 

 

Ab dem 5. Jahrhundert entwickelte sich dann im Heiligen Land die Feier der Gottesdienste während des Weihnachtsfestes, wie die Orthodoxe Kirche sie bis heute begeht. Die meisten Texte der Gesänge in den Weihnachtgottesdiensten wurden in ihrer heutigen Form dann im 6. Jahrhundert (zur Zeit des Kaisers Justinian, von dem auch der Hymnus „O eingeborener Sohn“ in der Göttlichen Liturgie stammt) vor allem vom heiligen Roman dem Meloden und einem weithin unbekannten Mönch Namens Antalios verfasst. Nur die armenische Kirche begeht bis heute das Weihnachtsfest zusammen mit der Taufe Christi am 7. Januar.

 

 

Geschichte und Bedeutung der Geburt des Herrn

 

Erzpriester Sergej V. Bulgakov 

 

Am heutigen Tag wird die Geburt unseres Herrn Jesus Christus in Bethlehem von der Immerjungfrau Maria gefeiert (Mt 1,1-18; 2,1-12; Lk 2,1-20). Der Ursprung der Einrichtung dieses Festes liegt in den allerersten Zeiten der Kirche. Nach der allgemein angenommenen Auffassung ist das Fest der Geburt Christi in den westlichen Kirchen älter als in den östlichen. Aber dieses ist nur in Bezug auf die Zeit der Feier des Festes zu verstehen, nämlich dem 25. Dezember. In den östlichen Kirchen bis zum 4. Jahrhundert nämlich, wurde es am 6. Januar gefeiert und war unter dem Namen Gotteserscheinung bekannt. Dieses Fest hatte einen besonderen Charakter und war nicht eigens dem Gedächtnis der Geburt oder der Taufe Christi gewidmet, sondern allgemein der Erscheinung Gottes im Fleische, der Offenbarung der göttlichen Gnade in Jesus Christus und durch Jesus Christus. 

 

Von daher wurde es auch Gotteserscheinung oder genauer Erscheinung – „Epiphania“ – genannt. Als ursprüngliche Grundlage dafür, die Geburt Christi am 6. Januar zu feiern, diente nicht eine historische Übereinstimmung dieses Datums mit dem Tag der Geburt des Herrn, welcher auch im Altertum unbekannt geblieben war. Sondern das mystische Verständnis des Verhältnisses zwischen dem ersten und dem Zweiten Adam, zwischen dem Verursacher der Sünde und des Todes und dem Erstling des Lebens und der Rettung. 

 

Der „Zweite Adam“ wurde nach der typologischen Betrachtungsweise der Alten Kirche geboren und starb am gleichen Tage, an welchem der „Erste Adam“ geschaffen wurde. So starb der „Zweite Adam“ am 6. Tage der Schöpfung, welcher dem 6. Tag des Januars, des ersten Monats des neuen Jahres entspricht.

 

Auf diese Weise wurde im 4. Jahrhundert die Einheit zwischen den östlichen und den westlichen Kirchen nur bezüglich der Zeit des Festes, eben des 25. Dezembers, hergestellt. 

 

Zuerst wurde der Feiertag in dieser Art in der Kirche von Konstantinopel, ungefähr im Jahre 377, eingeführt und zwar auf Befehl des Kaisers Arkadius, gemäß der Sitte der römischen Kirche und dank der Energie und Wortgewaltigkeit des heiligen Johannes Chrysostomus (= Goldmund), und von dort verbreitete es sich über den ganzen orthodoxen Osten.

 

Schon der Gegenstand des Festes selbst weist auf den Sinn seiner Einrichtung hin, nämlich die Erinnerung und Verherrlichung der Geburt unseres Herrn Jesus Christus nach dem Fleische von der Allerheiligsten Jungfrau Maria. Dieses ist der ursprüngliche und grundsätzliche Sinn der Einrichtung des Festes. 

 

Zu diesem kam sehr früh auch ein anderer: In der genauen Einsetzung des Festes mittels der Offenlegung der wahren Lehre der Fleischwerdung und der Geburt des Retters wurde auch den Lästerungen der Häretiker Einhalt geboten: Den Evioniten, Doketen und Basilidianern. Aus Ursache dieser Lügenlehren wandte die Alte Kirche auch am Fest des 6. Januars selbst ihr Hauptaugenmerk auf das Gedächtnis der Geschehnisse der Geburt Christi als der eigentlichen Erscheinung Gottes im Fleische. 

 

Im 4. Jahrhundert erschien mit dem Auftreten und der Verbreitung des Arianertums für die Orthodoxe Kirche eine neue und überaus starke Veranlassung, die Geschehnisse der Geburt Christi zu verherrlichen. Mit der Verlegung des Festes auf den 25. Dezember hatte die Kirche schließlich im Blick, dem heidnischen Kult ein Gegengewicht zu setzen und die Gläubigen vor der Teilnahme an einem solchen zu bewahren. 

 

Es ist bekannt, dass bei den Römern auf den 25. Dezember ein Fest fiel, das sogenannte „Dies natalis solis invicti“ (Tag der Geburt der unbesiegten Sonne), das als Ausdruck des Gedankens von einer andauernd im Jahr wiederkehrenden und sich gleichsam erneuernden Sonne diente und ein Tag der ungezügelten Belustigung des Volkes war, ein Tag der Erheiterung der Sklaven und Kinder usw. Auf diese Weise bot sich dieser Tag als sehr geeignet für die Erinnerung der Geschehnisse der Geburt Jesu Christi an, der im Neuen Testament oft als die Sonne der Gerechtigkeit, als das Licht der Welt, als das Heil der Menschen und als Überwinder des Todes bezeichnet wird. Die anstößige heidnische Feier dieses Tages war eine hinreichende Veranlassung für die Kirche, ihn im Sinne einer erhabenen christlichen Erinnerung zu erhöhen. 

 

Deswegen gab schon die Alte Kirche, um ein Nebeneinander zweier ähnlicher Feste – des heidnischen und des christlichen – zu vermeiden, dem Fest der Geburt Christi die Bedeutung einer anschaulichen und ausdrucksvollen Abkehr vom heidnischen Aberglauben und seinen Gebräuchen. Die Kirche kräftigt unseren Glauben an das großartige Geheimnis der Fleischwerdung unseres Herrn Jesus Christus und, indem sie die Geburt Christi feiert, überführt sie alle Häretiker, die durch ihren Aberwitz diese Lehre verdrehten. 

 

In ihren Gesängen versinnbildlicht sie dieses Fest als einen Tag der allgemeinen Freude, „Denn heute wird der Retter geboren, welcher ist Christus der Herr“ (Lk 2,10-11). „Himmel und Erde jauchzet prophetisch!“, ruft die hl. Kirche, „Alle Schöpfung jauchze um des in Bethlehem Geborenen willen, des Retters und Herrn: denn jeglicher Götzentrug ist vergangen, und Christus regiert in Ewigkeit.“ 

 

Ebenso belehrt uns die Heilige Kirche durch die Feier der Geburt Christi über das heilige Leben, das dem geborenen Herrn würdig ist. „Heute wird uns der Retter geboren, welcher ist Christus der Herr“„um uns Menschen und um unserer Rettung willen“ und wir müssen folglich, wenn wir nun diese Geburt Christi des Herrn feiern, in uns die Entschlossenheit entzünden, aus dem Leben der Sünde hineingeboren zu werden in das Leben der Heiligkeit und Gottgefälligkeit. 

 

Der auf die Erde herabgekommene Jesus Christus trat in eine gnadenhafte Verwandtschaft mit uns und „schämte sich nicht, uns Brüder zu heißen“ (Heb 2,11); aber, damit wir in dieser hohen Gemeinschaft und Verbindung sind, damit wir den vom Himmel herabgekommenen Herrn nicht von uns abweisen, ist es unumgänglich, uns vom Dunkel der Sünde zu entfernen und uns anzunähern dem Licht des Glaubens, der Frömmigkeit und der guten Werke. Nicht in Herrlichkeit und Pracht, sondern in Armut, Niedrigkeit und Verachtung erscheint der Schöpfer und Gebieter der Himmels und der Erde in der Welt; nicht luxuriöse Paläste sondern eine armselige Höhle nimmt den König der Könige und den Herrn der Herrscher auf. Hierdurch wird uns die Erhabenheit der Demut, der Armut, der Bescheidenheit und der Einfachheit gezeigt und auch die Verderblichkeit des Hochmuts, des Reichtums, der Eitelkeit und des Luxus.

 

Die Ersten, die gewürdigt werden, die frohe Kunde der Engel von der Geburt des Retters der Welt zu hören, und die Ersten, die sich Ihm verneigen, sind einfache Hirten aus Bethlehem. 

 

Quelle: Andreasbote; aus „Nastolnaja kniga dlja svjaschennoschluschitelej, Charkov 1900; S. 472; Übersetzt Stefan von Wachter.

 

 

Die Gottesdienste an Weihnachten

 

von Vater Alexander Schmemann

 

Als orthodoxe Christen beginnen wir die Feier der Geburt Christi am 25. Dezember mit einer Vorbereitungszeit. Vierzig Tage vor dem Fest treten wir in die Zeit des Weihnachtsfastens ein: um Seele und Leib zu reinigen, damit sie angemessen in die große geistige Wirklichkeit des Kommens Christi eintreten und an ihr teilhaben können. Diese Fastenzeit ist nicht so intensiv liturgisch, wie es für die Große Fastenzeit typisch ist. Das Weihnachtsfasten ist mehr „asketischer“ als „liturgischer“ Natur. Trotzdem spiegelt sich die weihnachtliche Fastenzeit im Leben der Kirche in einer Reihe liturgischer Zeichen, die das kommende Fest ankündigen. 

 

Während der 40 Tage der Vorbereitung wird das Thema der kommenden Geburt allmählich in die Gottesdienste und liturgischen Feiern eingeführt. Wenn auch der Beginn der Fastenzeit am 15. November liturgisch nicht durch einen Hymnus gekennzeichnet wird, so hören wir doch fünf Tage später, am Vorabend des Festes des Einzugs Mariae in den Tempel, die erste Ankündigung aus den neun Irmen des Weihnachtskanons: „Christus ist geboren, verherrlicht Ihn!“ Bei diesen Worten verändert sich etwas in unserem Leben, in der Luft, die wir atmen, in der ganzen Stimmung des Lebens der Kirche. Es ist, als ob wir ganz weit weg das erste Licht der größtmöglichen Freude wahrnehmen würden – die Ankunft Christi in Seiner Welt! So kündigt die Kirche das Kommen Christi an, die Fleischwerdung Gottes, Seinen Eintritt in die Welt zu ihrer Erlösung. Dann, an den beiden Sonntagen vor Weihnachten gedenkt die Kirche der Vorväter und Väter: der Propheten und Heiligen des Alten Testaments, die dieses Kommen vorbereiteten, die die Geschichte selbst zur Erwartung machten, zum Warten auf die Erlösung und auf die Versöhnung der Menschheit mit Gott. Schließlich beginnt die Kirche am 20. Dezember die Vorfeier zur Geburt, deren liturgische Struktur ähnlich ist der Großen Woche vor Ostern – denn die Geburt des Sohnes Gottes als Kind ist der Anfang Seines Erlösungsdienstes, der Ihn zu unserem Heil zum höchsten Opfer am Kreuz führen wird. 

 

 

Heiliger Abend

Die Gottesdienste am 24. Dezember, dem Vorabend von Weihnachten

 

1. Stunden (Horen)

2. Vesper

3. Göttliche Liturgie des Heiligen Basilius.

 

Am Ende der Vorfeier und damit des Advents, fassen die Stunden die ganze Thematik des Festes zusammen und machen sie zu einer letzten feierlichen Ankündigung. In den besonderen Psalmen, Hymnen und Schriftlesungen, die für jede Stunde bestimmt sind, wird die Freude und die Macht des Kommens Christi kund - die entscheidende und drastische Änderung in der ganzen Schöpfung.

 

Die Vesper, die meist auf die Stunden folgt, eröffnet die eigentliche Feier des Festes – denn wir wissen ja, dass der liturgische Tag am Abend davor beginnt. Die Atmosphäre des Festes wird durch die fünf Stichera zum Psalm 140 „Herr, ich rufe zu Dir ...“ vorgegeben. Sie sind ein Ausbruch der Freude über das Geschenk der Menschwerdung Christi, die nunmehr erfüllt ist! 

 

Kommt, lasst uns jubeln im Herrn, auslegen das heutige Geheimnis. Die Scheidewand ist niedergerissen, das Flammenschwert wendet sich ab, die Cherubim weichen vom Baum des Lebens, und ich habe teil an des Paradieses Köstlichkeit, von der mich der Ungehorsam früher vertrieben. Denn des Vaters gleiches Bild, die Prägung Seiner Ewigkeit, nimmt Knechtsgestalt an, tritt hervor aus der Mutter, die vom Manne nichts weiß, und erleidet doch keine Veränderung. Denn Er blieb, was er war: der wahre Gott – und nahm an, was Er nicht war: Mensch geworden aus Menschenliebe. Ihm rufen wir zu: Aus der Jungfrau geborener Gott, erbarme Dich unser. 

 

Acht Schriftlesungen zeigen, dass Christus die Erfüllung aller Prophezeiungen ist, dass Sein Königreich das Reich „auf ewig“ ist, dass die menschliche Geschichte darin ihren Sinn findet und das gesamte Weltall seinen Mittelpunkt. Die Liturgie des heiligen Basilius, nach der Vesper, war in der Vergangenheit die Taufliturgie, bei der die Katechumenen getauft, gesalbt und in die Kirche – den Leib Christi – aufgenommen wurden. Die doppelte Freude des Festes für die neugetauften und die anderen Mitglieder der Kirche spiegelt sich im Prokimenon des Tages: 

 

Der Herr sagte zu mir: Du bist Mein Sohn, heute habe ich Dich gezeugt. Fordere von mir, und ich gebe Dir die Völker zum Erbe, die Enden der Erde zum Eigentum. 

 

 

Am Ende der Liturgie nimmt dann der Zelebrant eine brennende Kerze, geht in die Mitte der Kirche und singt, umringt von der ganzen Gemeinde, das Troparion und das Kontakion des Festes:

 

Deine Geburt, o Christus, unser Gott, ließ erstrahlen der Welt das Licht der Erkenntnis; in ihr wurden, die die Sterne verehren, voneinem Stern belehrt, Dich zu verehren, die Sonne der Gerechtigkeit und Dich zu erkennen als den Aufgang der Sonne. Herr, Ehre Dir!

 

Vigil und Liturgie

 

Da die Vesper des Festes bereits gefeiert wurde, beginnt die Vigil mit der Großen Komplet und der freudigen Verkündigung aus Jesaja „Gott ist mit uns!“ Die Ordnung der Morgenfeier (griechisch des Orthros, slavisch Utrenja) ist die eines großen Festes. Nun wird, zum ersten Mal der ganze Kanon „Christ ist geboren ...“ gesungen, einer der schönsten Kanones des orthodoxen Gottesdienstes, während die Gläubigen die Ikone von der Geburt Christi verehren. Die Lobpsalmen folgen und fassen die Freude und die Thematik des ganzen Festes zusammen: 

 

Freut euch, ihr Gerechten, ihr Himmel jauchzet! Neigt euch, ihr Berge, Christus ist geboren; die Jungfrau thront den Cherubim gleich, tragend in ihrem Schoße das fleischgewordene Wort. Die Hirten bestaunen den Neugeborenen. Die Magier bringen dem Herrn ihre Gaben dar. Die Engel singen, rufend: Unvergleichlicher Herr, Ehre sei dir! 

 

 

Die Liturgie des Tages beschließt die Feier der Geburt Christi mit ihren Festantiphonen, die verkünden:

 

Das Szepter Deiner Macht wird der Herr ausgehen lassen aus Zion, herrsche inmitten Deiner Feinde!

 

Bei Dir ist die Herrschaft am Tage Deiner Kraft im Glanze der Heiligen.

 

Die Nachfeier 

 

Am 2. Tag des Festes wird die Synaxis der Gottesmutter gefeiert. Die Kirche verbindet die Hymnen der Geburt mit denen, die die Gottesmutter preisen und deutet damit auf Maria als die Eine, durch die die Fleischwerdung Christi möglich wurde. Sein Mensch-Sein – greifbar und historisch – ist das Mensch-Sein, das Er von Maria empfing. Sein Leib ist zuallererst ihr Leib; Sein Leben ist ihr Leben. Dieses Fest der Versammlung zu Ehren der Gottesgebärerin(Theotokos), ist wahrscheinlich das älteste Marienfest der christlichen Tradition, der Anfang ihrer Verehrung durch die Kirche. Sechs Tage Nachfeier bringen die Weihnachtszeit am 31. Dezember zum Abschluss. In allen Gottesdiensten dieser Tage wiederholt die Kirche die Hymnen und Lieder, die die Menschwerdung Christi verherrlichen und erinnern uns daran, dass die Quelle und das Fundament unserer Erlösung nur in Dem gefunden werden kann, Der als Gott vor aller Zeit in die Welt kam und um unsertwillen „als kleines Kind geboren“ wurde.

 

Quelle: Father Alexander Schmemann in: The Services of Christmas:

The Nativity of Our Lord Jesus Christ, New York 1981.

 

 

Hochfest der Geburt unseres Herrn,

Gottes und Erlösers Jesus Christus 

 

Die Großen Stunden am Vortag

 

Der Vorabend der Geburt unseres Herrn und Erlösers und Gottes Jesus Christus, in der westlichen Tradition "heiliger Abend" genannt,  beginnt am Vortag (24. Dezember), der ein Fasttag ist, sofern er nicht auf einen Samstag oder Sonntag fällt. Sonst wird der vorangehende Freitag als Fasttag gehalten und am 24. Dezember selbst die Chrysostomus-Liturgie am Morgen gefeiert, während die Vesper dann liturgielos ist und die Basilius-Liturgie auf den 25. Dezember fällt. Ist der 25. Dezember ein Sonntag, werden keine sonntäglichen Wechseltexte gesungen. Der Vortag oder gegebenenfalls der Freitag vorher ist ausgefüllt durch das Kaiserliche Stundengebet und eine Paramonie, ein In-der-Kirche-Bleiben der Gläubigen, die ursprünglich bis zum Morgengottesdienst dauert; faktisch aber mit der an die Vesper angeschlossenen Basileius- Liturgie beendet wird.

 

Da in vielen Gemeindekirchen heute die Kaiserlichen Stunden  nicht mehr gebetet werden können, ist es sicherlich gut, in der vorweihnachtlichen Fastenzeit (Adventszeit) oder am 24.Dezember (Heiliger Abend) selbst zumindest einen Teil zu betrachten und zu beten, um zumindest an einem kleinen Teil der Fülle des weihnachtlichen Festgeheimnisses teilhaben zu können.

 

Die erste Stunde

 

Priester: Gepriesen sei unser Gott, allezeit, jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit. Amen.

 

Leser: Ehre sei Dir, unser Gott, Ehre sei Dir.

 

Himmlischer König, Tröster, Geist der Wahrheit, Allgegenwärtiger und Alleserfüllender, Hort der Güter und Chorführer des Lebens, komm und wohne in uns, reinige uns von allem Makel und rette, Gütiger, unsere Seelen.

 

Heiliger Gott, Heiliger Starker, Heiliger Unsterblicher, erbarme Dich unser dreimal

 

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit. Amen.

 

Allheilige Dreieinheit, erbarme Dich unser. Herr, verzeih unsere Sünden. Gebieter, vergib uns unsere Frevel. Heiliger, sieh an und heile unsere Krankheiten um Deines Namens willen. Herr, erbarme Dich! dreimal 

 

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit. Amen.

 

Vater unser Du in den Himmeln, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.

 

Priester: Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit. Amen.

 

Herr, erbarme Dich! zwölfmal

 

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit. Amen.

 

Kommt, lasst uns anbeten und niederfallen vor Gott, unserem König.

Kommt, lasst uns anbeten und niederfallen vor Christus, Gott, unserem König.

Kommt, lasst uns anbeten und niederfallen vor Christus Selbst, unserem König und Gott.

 

Psalm 5

 

Meine Worte vernimm, Herr, nimm mein Geschrei wahr. Achte auf die Stimme meines Flehens, mein König und mein Gott. Denn zu dir will ich beten, Herr. Am Morgen wirst du meine Stimme anhören; am Morgen will ich zu dir treten und du wirst mich sehen. Denn du bist kein Gott, der an der Gesetzlosigkeit Gefallen hat, und der Übeltäters wird nicht bei dir weilen. Vor deinen Augen werden die Gesetzesbrecher keinen Bestand haben, du hasst alle, die die Gesetzlosigkeit verüben. Du wirst alle die zugrunde richten, die die Lüge aussprechen; einen Mörder und einen Betrüger verabscheut der Herr. Ich aber werde in der Fülle deines Erbarmens in dein Haus eintreten, werde niederfallen vor deinem heiligen Tempel in Furcht vor dir. Herr, führe mich in deiner Gerechtigkeit wegen meiner Feinde. mache vor mir deinen Wega gerade. Denn es gibt in ihrem Mund keine Wahrheit, ihr Herz ist lügenhaft; ein geöffnetes Grab ist ihre Kehle, mit ihren Zungen haben sie betrogen. Richte sie, Gott; ablassen sollen sie von ihren Vorhaben; da ihre gottlosen Handlungen zahlreich sind, verstoße sie, denn sie haben dich erbittert, Herr. Und freuen sollen sich alle, die auf dich hoffen, (bis) in Ewigkeit sollen sie jubeln, und du wirst unter ihnen wohnen, und rühmen werden sich in dir alle, die deinen Namen lieben. Denn du wirst den Gerechten segnen; Herr, wie mit einem Schild des Wohlgefallens hast du uns gekrönt. 

 

Psalm 44

 

Mein Herz sprudelte ein gutes Wort heraus, ich sage meine Werke dem König, meine Zunge ist das Rohr eines flink schreibenden Schreibers. Lieblicher bist du an Schönheit als die Menschenkinder, Gnade wurde ausgegossen über deine Lippen deshalb hat Gott dich gesegnet bis in Ewigkeit. Gürte dir dein Schwert auf deinen Schenkel, Mächtiger, in deiner Lieblichkeit und deiner Schönheit, und spanne den Bogen und sei erfolgreich und herrsche als König um der Wahrheit und der Sanftmut und der Gerechtigkeit willen, und deine Rechte wird mich wunderbar führen. Deine Pfeile sind geschärft, Mächtiger, - Völker werden unter dich fallen - im Herzen der Feinde des Königs. Dein Thron, Gott, ist von Ewigkeit zu Ewigkeit, ein Stab der Aufrichtigkeit ist der Stab deines Königtums. Du hast Gerechtigkeit geliebt und Gesetzlosigkeit gehasst; deshalb hat Gott, dein Gott, dich gesalbt mit Freudenöl anstatt deiner Gefährten. Myrrhe und Myrrhenöl und Kassia gingen von deinen Gewändern aus, von den elfenbeinernen Palästen, aus denen sie dich erfreuten. Töchter von Königen waren in deiner Ehre; die Königin stand da zu deiner Rechten, mit golddurchwirktem Gewand umhüllt, bunt geschmückt. Höre, Tochter, und sieh, und neige dein Ohr, und vergiss dein Volk und das Haus deines Vaters, denn der König begehrte deine Schönheit. denn er ist dein Herr Und man wird vor ihm niederfallen. Die Töchter von Tyrus werden mit Geschenken kommen, dein Angesicht werden anflehen die Reichen des Volkes. Alle Herrlichkeit der Tochter des Königs kommt von innen, mit goldenen Fransen- (kleidern) ist sie umhüllt, bunt geschmückt. Es werden dem König Jungfrauen überbracht werden, ihr nachfolgend, die ihr Nahestehenden werden dir überbracht werden; sie werden überbracht werden in Freude und Jubel, sie werden geführt werden in den Tempel des Königs. Anstelle deiner Väter sind dir Söhne geboren worden; du wirst sie einsetzen als Herrscher über die ganze Erde. Ich werde deines Namens gedenken in jeder Generation um Generation; deshalb werden Völker dich preisen (bis) in Ewigkeit und bis in alle Ewigkeit.

 

Psalm 45

 

Unser Gott ist Zuflucht und Kraft, Helfer in den Bedrängnissen, die uns gar sehr getroffen haben. Deshalb werden wir uns nicht fürchten, wenn die Erde erschüttert wird und Berge versetzt werden in die Herzen der Meere. Ihre Wasser tosten und wurden erschüttert, die Berge wurden erschüttert durch seine Gewaltigkeit. Des Flusses wuchtige Strömungen erfreuen die Stadt Gottes; geheiligt hat sein Zelt der Höchste. Gott ist in ihrer Mitte, sie wird nicht wanken; helfen wird ihr Gott früh am Morgen. Völkerschaften wurden erschüttert, Königreiche gingen unter; er ließ seine Stimme erschallen, die Erde erbebte. Der Herr der Heerscharen ist mit uns, unser Beistand ist der Gott Jakobs. Kommt her, seht die Werke des Herrn, die er getan hat als Wunder auf der Erde! Wenn er die Kriege hinweg nimmt bis zu den Enden der Erde, wird er den Bogen zerschmettern und die Waffe zerbrechen, und die Schilde wird er verbrennen mit Feuer. Nehmt euch Muße und erkennt: Ich bin Gott! Ich werde erhöht werden hei den Völkerschaften, ich werde erhöht werden auf der Erde. Der Herr der Heerscharen ist mit uns, unser Beistand ist der Gott Jakobs.

 

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit. Amen.

 

Alleluja, Alleluja, Alleluja, Ehre sei Dir, o Gott!

 

Herr, erbarme Dich. Herr, erbarme Dich. Herr, erbarme Dich.

 

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist. Und das Troparion.

 

Um sich eintragen zu lassen mit dem verehrungswürdigen Josef aus dem Geschlechte Davids, machte sich auf nach Bethlehem Maria, in ihrem Schoße tragend die ohne Samen gewordene Frucht. Es kam die Zeit, da sie gebären sollte und es war kein Raum in der Herberge, doch als genehmen Palast wies man eine Höhle der Königin. Christus wurde geboren, um aufzurichten das gefallene Bild.

 

Jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit. Amen. Und das Theotokion.

 

Wie sollen wir dich nennen, o Gnadenreiche? Himmel? Denn du hast leuchten lassen die Sonne der Gerechtigkeit. Paradies? Denn du hast hervorgebracht die Blume der Unsterblichkeit. Jungfrau? Denn du bliebst unversehrt. Reine Mutter? Denn du hast in deinen heiligen Armen getragen den Sohn, den Gott aller. Ihn flehe an, zu retten unsere Seelen.

 

Dann singen wir die folgenden Idiomela im 8. Ton Gedicht des Sophronios, Patriarchen von Jerusalem. 

 

Bethlehem, rüste dich, bereite die Krippe, die Höhle empfange, die Wahrheit ist gekommen, der Schatten gewichen und Gott ist den Menschen aus der Jungfrau erschienen. Er wurde uns gleich und vergöttlichte so den Leib. Deshalb ist Adam erneuert mit Eva und sie rufen: Auf Erden ist erschienen Dein Wohlgefallen, zu erretten unser Geschlecht.

 

Zweimal ohne Stichos und dann.

 

Vers: Gott wird von Thaiman kommen, und der Heilige aus dem Gebirge, dem schattigen und dicht bewaldeten (Habakuk 3: 3).

 

im 3. Ton.

 

Jetzt vollzieht sich geheimnisvoll das Prophetenwort: “Und du, Bethlehem, im Lande Juda bist mitnichten die geringste unter den Städten Judas, du, die du im voraus bereitest jene Höhle, denn von dir wird kommen im Fleische der Herr der Völker, geboren aus einer Jungfrau: Christus, Gott, der sein Volk weidet, das neue Israel. Ihn lasst uns verherrlichen. Vers: Herr, gehört habe ich Deine Kunde und bin in Furcht geraten, ich betrachtete Deine Werke (Habakuk 3: 2).

 

Noch mal das Gleiche.

 

Dann ...Ehre ... 8. Ton.

 

So spricht Josef zur Jungfrau: „Maria, welch’ ein Drama sehe ich an dir? Ich verzage und erschauere und mein Geist ist bestürzt. Geh heimlich weg, aber bald. Welch’ ein Drama sehe ich an dir? Anstelle der Ehre hast du mir Schande gebracht, anstelle der Freude – Qual; anstelle des Lobes – Schmach. Nicht länger vermag ich die Schmähung der Menschen zu ertragen, denn ich habe dich von den Priestern des Tempels empfangen als eine, die vor dem Herrn ohne Tadel ist. Was seh’ ich nun?”

 

 Jetzt ... das Gleiche nochmal. 

 

Dann sogleich das Prokimenon der prophetischen Lesungen im 4. Ton.

 

Der Herr sprach zu mir: Mein Sohn bist du, ich habe dich heute gezeugt.

Vers: Erbitte es von mir, und will ich Dir die Völkerschaften zu Deinem Erbe geben. (Psalm 2: 7b-8) 

 

Lesung aus dem Buch des Propheten Micha (5: 1-3)

 

So spricht der Herr: Und du Bethlehem, Haus von Ephratha, nicht die kleinste bist du, um unter den Tausenden Judas zu sein. Aus dir wird mir (einer) hervorgehen, um Herrscher in Israel zu sein. Seine Ursprünge sind vom Anfang her, aus Tagen der Vorzeit. Deshalb wird er sie preisgeben bis zur Zeit der Niederkunft für die Gebärende. Sie wird gebären und dann wird der Rest seiner Brüder zurückkehren zu den Söhnen Israels. Und es wird dastehen und schauen und weiden seine Herde in der Kraft der Herr, und in der Herrlichkeit des Namens des Herrn, seines Gottes, wird er wohnen. Denn jetzt wird er groß sein bis zu den Enden der Erde. 

 

Lesung aus dem Brief des heiligen Apostels Paulus an die Hebräer (1: 1–12)

 

Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben des Alls eingesetzt und durch den er auch die Welt erschaffen hat; er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Abbild seines Wesens; er trägt das All durch sein machtvolles Wort, hat die Reinigung von den Sünden bewirkt und sich dann zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt; er ist um so viel erhabener geworden als die Engel, wie der Name, den er geerbt hat, ihren Namen überragt. Denn zu welchem Engel hat er jemals gesagt: Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt, und weiter: Ich will für ihn Vater sein, und er wird für mich Sohn sein? Wenn er aber den Erstgeborenen wieder in die Welt einführt, sagt er: Alle Engel Gottes sollen sich vor ihm niederwerfen. Und von den Engeln sagt er: Er macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen; von dem Sohn aber: Dein Thron, o Gott, steht für immer und ewig, und: Das Zepter seiner Herrschaft ist ein gerechtes Zepter. Du liebst das Recht und hasst das Unrecht, darum, o Gott, hat dein Gott dich gesalbt mit dem Öl der Freude wie keinen deiner Gefährten. Und: Du, Herr, hast vorzeiten der Erde Grund gelegt, die Himmel sind das Werk deiner Hände. Sie werden vergehen, du aber bleibst; sie alle veralten wie ein Gewand; du rollst sie zusammen wie einen Mantel, und wie ein Gewand werden sie gewechselt. Du aber bleibst, der du bist, und deine Jahre enden nie.

 

Lesung aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus (1: 18–25)

 

Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes. Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen. Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott ist mit uns. Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich. Er erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar. Und er gab ihm den Namen Jesus.

 

Danach liest der Vorleser.

 

- Meine Schritte lenke nach deinem Worte; und keine Gesetzlosigkeit soll mich beherrschen (Psalm 118: 133-135).

 

- Erlöse mich von der Verleumdung der Menschen, und ich werde Deine Gebote bewahren.

 

- Dein Angesicht lasse über Deinem Knecht leuchten; und lehre mich Deine Rechtsbestimmungen.

 

- Mein Mund soll von Lob erfüllt sein, damit ich deine Herrlichkeit lobpreise, den ganzen Tag deine Hoheit (Psalm 70: 8).

 

Heiliger Gott, Heiliger Starker, Heiliger Unsterblicher, erbarme Dich unser! dreimal

 

Allheilige Dreieinheit, erbarme Dich unser. Herr, verzeih unsere Sünden. Gebieter, vergib uns unsere Frevel. Heiliger, sieh an und heile unsere Krankheiten um Deines Namens willen. Herr, erbarme Dich! dreimal

 

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit. Amen.

 

Vater unser Du in den Himmeln, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.

 

Priester: Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit. Amen.

 

Dann das Kontakion.

 

Die Jungfrau heute erscheint um das urewige Wort in einer Höhle auf unfassbare Art zu gebären. Tanze, Erdkreis, im Reigen, wenn du es vernimmst. Lobpreis Ihm, mit den Engeln und auch den Hirten, der sich uns wollte offenbaren, neu als kleines Kind, Ihm, vor allen Zeiten Gott.

 

Herr, erbarme Dich! Vierzigmal

 

Du zu jeder Zeit und zu jeder Stunde im Himmel und auf Erden angebetet und verherrlicht, Christus, Gott; Du Langmütiger, Du Vielerbarmender, Du Barmherziger, der Du die Gerechten liebst und Dich der Sünder erbarmst, der Du alle zum Heil rufst durch die Verheißung der zukünftigen Güter; Du Selbst, Herr, nimm auch unser Gebet in dieser Stunde an und richte unser Leben nach Deinen Geboten aus. Heile unsere Seelen, reinige unsere Leiber, lenke unsere Gedanken, läutere unser Sinnen und bewahre uns vor jeder Trübsal, vor Übel und Schmerz. Beschütze uns durch Deine heiligen Engel, damit wir durch ihre Schutzwehr bewacht und geführt, zur Einheit des Glaubens und zur Erkenntnis Deiner unfassbaren Herrlichkeit gelangen; denn Du bist gepriesen in alle Ewigkeit. Amin.

 

Herr, erbarme Dich! dreimal

 

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit. Amen.

 

Die Du ehrwürdiger bist als die Cherubim und unvergleichlich herrlicher als die Seraphim. Unversehrt hast Du Gott, den Logos, geboren. Wahrhaft Gottesgebärerin, Dich preisen wir hoch.

 

Im Namen des Herr, gib den Segen, Vater.

 

Gott sei barmherzig mit uns und segne uns; Er lasse leuchten Sein Angesicht über uns und erbarme Sich unser!

 

Und das Gebet zur Ersten Stunde

 

Christus, du wahres Licht, erleuchte und heilige alle Menschen, die in die Welt gekommen sind. Lasse leuchten über uns das Licht Deines Angesichtes, denn ihm werden wir das unnahbare Licht schauen. Und richte unsere Schritte zur Erfüllung Deiner Gebote, durch die Bitten Deiner allreinen Mutter und aller Deiner Heiligen. Amen. 

 

Dritte Stunde

 

Das Trisagion. Allheilige Dreieinigkeit ... Vater unser ... Herr, erbarme Dich (12). Kommt, lasst uns anbeten ... (dreimal). Dann die folgenden drei Psalmen.

 

Psalm 66

 

Gott, habe Mitleid mit uns und segne uns, lass dein Angesicht über uns leuchten und erbarme dich unser. Damit man auf der Erde deinen Weg erkennt unter allen Völkerschaften dein Heil. Die Völker sollen dich preisen, Gott, alle Völker sollen dich preisen. Die Heiden sollen sich freuen und jubeln, denn du wirst die Völker richten in Aufrichtigkeit, und die Völkerschaften auf der Erde wirst du führen. Die Völker sollen dich preisen, Gott, alle Völker sollen dich preisen. Die Erde hat ihre Frucht gegeben. Segne uns, Gott, unser Gott. Segne uns, Gott, und alle Enden der Erde sollen ihn fürchten.

 

Psalm 86

 

Seine Fundamente sind in den heiligen Bergen; der Herr liebt die Tore Sions mehr als alle Wohnungen Jakobs. Herrliches ist über dich gesprochen worden, Stadt Gottes. Ich will Raab und Babylon in Erinnerung rufen denen, die mich kennen; und siehe, die Andersstämmigen und Tyros und das Volk der Äthiopier, diese sind dort geboren. Mutter Sion wird ein Mensch sagen, und ein Mensch wurde in ihr geboren, und der Höchste selbst hat ihr Fundament gelegt. Der Herr wird es erzählen in der Niederschrift der Völker und jener Herrscher, die in ihr waren. Wie wenn alle sich freuen, so ist das Wohnen in dir. 

 

Psalm 50

 

Erbarme dich über mich, Gott, nach deinem großen Erbarmen, und nach der Fülle deiner Mitleide wisch ab meine Gesetzesübertretung! Wasche mich weiterhin rein von meiner Gesetzlosigkeit, und von meiner Sünde reinige mich! Denn meine Gesetzlosigkeit erkenne ich, und meine Sünde ist stets vor mir. Gegen dich allein habe ich gesündigt, und ich habe Böses vor dir getan, damit du recht behältst mit deinen Worten, und den Sieg davonträgst, wenn du gerichtet wirst. Denn siehe, in Gesetzlosigkeiten hin ich empfangen worden, und in Sünden wurde schwanger mit mir meine Mutter. Denn siehe, du liebst die Wahrheit, das Geheime und das Verborgene deiner Weisheit hast du mir offenbare. Du wirst mich mit Ysop besprengen, und ich werde rein sein, du wirst mich reinwaschen, und ich werde weißer als Schnee sein. Du wirst mich Jubel und Freude hören lassen, die erniedrigten Gebeine werden jubeln. Wende dein Angesicht von meinen Sünden ab, und alle meine Gesetzlosigkeiten wisch ab. Ein reines Herz schaffe in mir, Gott, und einen aufrichtigen Geist erneuere in meinem Inneren. Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und deinen heiligen Geist nimm nicht hinweg von mir! Gib mir den Jubel über dein Heil zurück, und durch einen Geist, der (mich) leitet, stütze mich! Ich will die Gesetzlosen deine Wege lehren, und die Gottlosen werden zu dir umkehren. Rette mich vor Bluttaten, Gott, Gott meiner Rettung! Meine Zunge wird über deine Gerechtigkeit jubeln. Herr du wirst meine Lippen öffnen, und mein Mund wird dein Lob verkünden. Denn wenn du ein Opfer wolltest, gäbe ich es, an Ganzbrandopfern wirst du kein Wohlgefallen haben. Ein Opfer für Gott ist ein verwundeter Geist, ein verwundetes und erniedrigtes Herz wird Gott nicht verachten. Tue Gutes, Herr, nach deinem Gefallen an Sion, und die Mauern Jerusalems sollen aufgebaut werden. Dann wirst du Gefallen haben am Opfer der Gerechtigkeit, an Dargebrachtem und Ganzbrandopfern. Dann werden sie auf deinem Altar Jungstiere darbringen.

 

Ehre ... jetzt ... Alleluja (dreimal)... Herr, erbarme Dich! (dreimal) Ehre .... und das Troparion. 

 

Um sich eintragen zu lassen mit dem verehrungswürdigen Josef aus dem Geschlechte Davids, machte sich auf nach Bethlehem Maria, in ihrem Schoße tragend die ohne Samen gewordene Frucht. Es kam die Zeit, da sie gebären sollte und es war kein Raum in der Herberge, doch als genehmen Palast wies man eine Höhle der Königin. Christus wurde geboren, um aufzurichten das gefallene Bild.

 

Jetzt... und das Theotokion.

 

Mutter Gottes, Du bist der wahre Weinstock, der hervorgebracht hat die Frucht des Lebens. Wir flehen zu Dir, bitte, Herrin, mit den Aposteln und allen Heiligen, dass errettet werden unsere Seelen.

 

Dann singen wir die folgenden Idiomela im 6. Ton.

 

Er ist unser Gott und es ist kein anderer neben Ihm. Er ist geboren von der Jungfrau und hat unter uns Menschen gelebt. In einer armen Krippe liegend zeigt sich der einziggeborene Sohn, wie ein Sterblicher und der Herr der Herrlichkeit ist eingewickelt in Windeln. Ein Stern gibt den Weisen das Zeichen, hinzugehen und Ihn anzubeten; wir aber singen: Heilige Dreiheit, errette unsere Seelen.

 

Zweimal, ohne Vers; dann.

 

Vers: Gott wird von Thaiman kommen, und der Heilige aus dem Gebirge, dem schattigen und dicht bewaldeten (Habakuk 3: 3).

 

und im 8. Ton.

 

Vor Deiner Geburt, o Herr, waren die geistigen Heere, die mit Zittern dieses Wunder sahen, darob von Bestürzung befallen. Du hast geruht, ein kleines Kind zu werden, Du, der Du den Himmel mit Sternen geschmückt hast. Und Du liegst in der Krippe von Tieren, der Du in Deiner Hand alle Enden der Erde hältst. Hierin offenbart sich Deine Barmherzigkeit, o Christus, Dein großes Erbarmen. Ehre sei Dir.

 

Vers: Herr, gehört habe ich Deine Kunde und bin in Furcht geraten, ich betrachtete Deine Werke (Habakuk 3: 2).

 

Nochmal das Gleiche, dann Ehre .... und im 3. Ton.

 

Sage uns, Josef, warum führst du die Jungfrau, die du an den Pforten des Heiligtums empfangen hast, nach Bethlehem, wo sie doch Mutter werden soll? Ich habe, spricht er, die Propheten erforscht und ward durch einen Engel belehrt, ich glaube, dass Maria auf unerklärliche Weise Gott gebären wird und Weise vom Osten mit Geschenken kommen, Ihn anzubeten. Der Du wegen uns Mensch geworden bist, Herr, Ehre sei Dir.

 

Jetzt ... Wieder das Gleiche.

 

Und sogleich das Prokeimenon der prophetischen Lesungen im 4. Ton.

 

Denn ein Kind wurde uns geboren, ein Sohn wurde uns geschenkt.

Vers: Auf dessen Schulter die Herrschaft (gelegt) wurde (Jesaja 9: 6).

 

Lesung aus dem Buch des heiligen Propheten Jeremia (Baruch 3: 36-4,4)

 

Dieser ist unser Gott. kein anderer wird neben ihm anerkannt werden. Er hat den ganzen Weg des Wissens entdeckt und ihn Jakob, seinem Knecht, und Israel, seinem Liebling, gegeben. Danach erschien sie auf Erden und wandelte unter den Menschen. Sie ist das Buch der Satzungen Gottes und das Gesetz, das in Ewigkeit Bestand hat: alle, die an ihr festhalten, (gewinnen) das Leben, aber die sie im Stich lassen, werden sterben. Kehre um, Jakob, und ergreife sie, geh weiter zu der Helligkeit, die vor ihrem Licht herrscht! Gib keinem anderen deine Ehre, und deinen Vorzug keinem fremden Volk! Selig sind wir, Israel, denn was Gott gefällt, ist uns bekannt!

 

Lesung aus dem Brief des heiligen Apostel  Paulus an die Galater (3:23–29)

 

Brüder, ehe der Glaube kam, waren wir im Gefängnis des Gesetzes, festgehalten bis zu der Zeit, da der Glaube offenbart werden sollte. So hat das Gesetz uns in Zucht gehalten bis zum Kommen Christi, damit wir durch den Glauben gerecht gemacht werden. Nachdem aber der Glaube gekommen ist, stehen wir nicht mehr unter dieser Zucht. Ihr seid alle durch den Glauben Söhne Gottes in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus (als Gewand) angelegt. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid «einer» in Christus Jesus. Wenn ihr aber zu Christus gehört, dann seid ihr Abrahams Nachkommen, Erben kraft der Verheißung.

 

Lesung aus dem heiligen Evangelium nach Lukas (2: 1–20)

 

In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum erstenmal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Bethlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war. In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr, der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade. Als die Engel sie verlassen hatten und in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Kommt, wir gehen nach Bethlehem, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr verkünden ließ. So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Als sie es sahen, erzählten sie, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über die Worte der Hirten. Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach. Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten; denn alles war so gewesen, wie es ihnen gesagt worden war.

 

Danach liest der Vorleser.

 

Gott der Herr sei gepriesen! Gepriesen sei der Herr Tag für Tag! Der Gott unseres Heils lasse uns glücklich voranschreiten. Unser Gott ist ein Gott der Rettung (Psalm 67: 20-21).

 

Trisagion ... Allheilige Dreieinheit ... Vater unser ...

 

Dann das Kontakion

 

Die Jungfrau heute erscheint um das urewige Wort in einer Höhle auf unfassbare Art zu gebären. Tanze, Erdkreis, im Reigen, wenn du es vernimmst. Lobpreis Ihm, mit den Engeln und auch den Hirten, der sich uns wollte offenbaren, neu als kleines Kind, Ihm, vor allen Zeiten Gott.

 

Herr erbarme dich (vierzigmal)... Der du zu allen Zeiten ... Ehre ... jetzt ... Die du ehrwürdiger bist...Im Namen des Herrn... Der Herr erbarme sich... Und das Gebet.

 

Gott, unser Herr, allmächtiger Vater, einziggeborener Sohn, Jesus Christus und Heiliger Geist, eine Gottheit, eine Macht, sei mir Sünder gnädig und errette mich, Deinen unwürdigen Knecht, nach Deinem Dir wohlbekannten Ratschluss, denn hochgelobt bist Du in alle Ewigkeit. Amen.

 

Sechste Stunde

 

Wenn die sechste Stunde angehängt wird, liest man sogleich „Kommt lasst uns anbeten“... Dann die Psalmen.

 

Psalm 71

 

Gott, gib dem König dein Richten und deine Gerechtigkeit dem Königssohn, dein Volk mit Gerechtigkeit zu richten und deine Armen mit Recht. Die Berge sollen Frieden empfangen für dein Volk und die Hügel mit Gerechtigkeit. Er wird die Armen des Volkes richten und die Söhne der Bedürftigen retten und den Verleumder erniedrigen und er wird mit der Sonne überdauern und vor dem Mond für alle Generationen und herabsteigen wie Regen auf die Wolle und wie Tropfen, die auf die Erde tropfen. In seinen Tagen wird Gerechtigkeit aufgehen und Friede in Fülle, bis der Mond vergangen ist. Und er wird herrschen von Meer zu Meer und vom Fluss bis zu den Enden des Erdkreises. Vor ihm werden sich die Äthiopier niederwerfen, und seine Feinde werden Staub lecken; die Könige von Tharsis und die Inseln werden Geschenke herbeitragen, die Könige der Araber und von Saba werden Geschenke herbringen; und niederfallen werden vor ihm alle Könige, alle Völkerschaften werden ihm dienen. Denn er hat den Armen aus der Hand des Herrschers errettet und den Bedürftigen, für den es keinen Helfer gab; er wird den Armen und den Bedürftigen schonen und die Seelen der Bedürftigen retten; aus Zins(wucher) und aus Ungerechtigkeit wird er ihre Seelen erlösen, und angesehen ist sein Name vor ihnen. Und er wird leben, und vom Gold aus Arabien wird ihm gegeben werden, und sie werden stets für ihn beten, den ganzen Tag werden sie ihn preisen. Er wird eine Sicherheit sein im Land auf den Gipfeln der Berge, erheben wird sich über den Libanon seine Frucht, und sie werden aufblühen aus der Stadt wie das Gras der Erde. Sein Name sei gepriesen bis in alle Ewigkeit, vor der Sonne wird sein Name bestehen bleiben; und in ihm gesegnet werden alle Stämme der Erde, alle Völker werden ihn seligpreisen. Gepriesen sei Gott der Herr, der Gott Israels, der allein Wunder tut, und gepriesen sei sein herrlicher Name in Ewigkeit und von Ewigkeit zu Ewigkeit, und die ganze Erde wird von Seiner Herrlichkeit erfüllt sein. So sei es, so sei es!

 

Psalm 131

 

Denke, Herr, an David und an seine ganze Sanftmut, wie der dem Herrn geschworen, dem Gott Jakobs gelobt hat. Ich will nicht in das Zelt meines Hauses eintreten, will nicht auf das Bett meines Lagers steigen, will nicht Schlaf meinen Augen geben und nicht meinen Lidern Schlummer und nicht Ruhe meinen Schläfen, bis ich einen Ort für den Herrn finde, ein Zelt für den Gott Jakobs. Siehe, wir haben von ihr in Ephratha gehört, haben sie in den Ebenen des Waldes gefunden. Wir werden in sein Zelt eintreten, werden an den Ort niederfallen, wo seine Füße standen. Steh auf. Herr, zu deinem Ruheplatz, du und die Lade deiner Heiligkeit. Deine Priester werden sich in Gerechtigkeit kleiden, und deine Heiligen werden jubeln. Um Davids, deines Knechtes, willen wende nicht ab das Angesicht deines Gesalbten. Der Herr hat David Wahrheit geschworen und wird sie nicht aufheben. Aus der Frucht deines Schoßes werde ich jemanden auf deinen Thron setzen, wenn deine Kinder meinen Bund bewahren und diese meine Zeugnisse, die ich sie lehren werde. werden auch ihre Söhne bis in Ewigkeit auf deinem Thron sitzen. Denn der Herr hat Sion auserwählt, hat ihn erwählt zur Wohnung für sich selbst. Dies ist mein Ruheort von Ewigkeit zu Ewigkeit. Hier werde ich wohnen, denn ich habe ihn erwählt. Seine Jagd werde ich reichlich segnen. Seine Armen werde ich mit Nahrung sättigen. Seine Priester werde ich in Rettung kleiden, und seine Heiligen werden begeistert jubeln. Dort werde ich für David ein Horn aufgehen lassen, meinem Gesalbten habe ich eine Lampe bereitet. Seine Feinde werde ich in Schande kleiden, über ihm aber wird meine Heiligkeit blühen.

 

Psalm 91

 

Gut ist es, den Herrn zu preisen und deinem Namen zu lobsingen, Höchster, um am Morgen dein Erbarmen zu verkünden und deine Wahrheit jede Nacht, auf der zehnsaitigen Harfe samt einem Lied auf der Leier. Denn du hast mich erfreut, Herr, durch dein Tun, und über die Werke deiner Hände will ich jubeln. Wie groß sind deine Werke, Herr; sehr tief sind deine Gedanken! Ein unverständiger Mann wird das nicht erkennen, und ein Uneinsichtiger wird das nicht einsehen. Als die Sünder emporsprossen wie Gras, da guckten auch hervor alle, die die Gesetzlosigkeit verübten, (nur) damit sie ausgerottet würden von Ewigkeit zu Ewigkeit. Du aber bist der Höchste in Ewigkeit, Herr! Denn siehe, deine Feinde, Herr, denn siehe, deine Feinde werden vergehen, und es werden zerstreut werden alle, die die Gesetzlosigkeit verüben; und mein Horn wird erhöht werden wie das eines Einhorns, und mein Greisenalter (wird) mit fettem Öl (ausgestattet sein); und mein Auge hat mit Vergnügen auf meine Feinde gesehen, und auf die Übeltäter, die sich gegen mich erheben, wird mein Ohr hören. Der Gerechte wird wie die Palme blühen, so wie die Zeder auf dem Libanon wird er wachsen. Gepflanzt im Hause des Herrn, werden sie in den Vorhöfen unseres Gottes aufblühen; noch im fetten Alter werden sie wachsen; und sie werden es sich weiterhin wohl sein lassen, um zu verkünden: Aufrichtig ist der Herr, unser Gott, und es gibt kein Unrecht an ihm.

 

Ehre ... jetzt ...Alleluja ...Herr, erbarme Dich... Ehre ... und das Troparion.

 

Um sich eintragen zu lassen mit dem verehrungswürdigen Josef aus dem Geschlechte Davids, machte sich auf nach Bethlehem Maria, in ihrem Schoße tragend die ohne Samen gewordene Frucht. Es kam die Zeit, da sie gebären sollte und es war kein Raum in der Herberge, doch als genehmen Palast wies man eine Höhle der Königin. Christus wurde geboren, um aufzurichten das gefallene Bild.

 

 jetzt... Theotokion.

 

Wir wagen nicht, vor Gott zu treten wegen unserer zahllosen Sünden. Du aber bitte zu dem, den du geboren hast, Jungfrau, Gottesmutter, denn viel vermag das Gebet Seiner Mutter bei dem gütigen Herrn. Verschmähe nicht der Sünder Flehen, Allerreinste, denn barmherzig ist Er und kann uns retten, Er der für uns gelitten hat und herabgestiegen ist.

 

Dann singen wir die folgenden Idiomela im 1. Ton.

 

Kommt, ihr Gläubigen, lasst gottbegeistert uns zusammenstehen und betrachten die göttliche Herabkunft von oben, die uns in Bethlehem offenbart wurde. Mit reinem Herzen lasst uns im Leben Tugenden darbringen statt des Myron, und gläubig schmücken die Tore des Geburtsfestes an den seelischen Schatzkammern, und rufen: Ehre sei in den Höhen Gott in der Dreieinigkeit, durch welchen unter den Menschen das Wohlgefallen erschien, um den Adam zu befreien von dem urzeitlichen Fluche, Ihm, als dem Menschenliebenden.

 

Zweimal, ohne Stichos und dann.

 

Vers: Gott wird von Thaiman kommen, und der Heilige aus dem Gebirge, dem schattigen und dicht bewaldeten (Habakuk 3: 3).

 

im 4. Ton.

 

Höre, o Himmel und merke auf, Erde. Erbebt ihr Grundfesten, und Zittern ergreife die Unterwelt. Denn der Gott und Schöpfer, bekleidet sich mit geschaffenem Fleisch und der mit starker Hand die Schöpfung schuf, wird gesehen im Schoß eines Geschöpfs. O Tiefe des Reichtums und der Weisheit und der Erkenntnis Gottes. Wie unbegreiflich sind Seine Gerichte und unerforschlich Seine Wege!

 

Vers: Herr, gehört habe ich Deine Kunde und bin in Furcht geraten, ich betrachtete Deine Werke (Habakuk 3: 2).

 

Noch einmal das Gleiche, d dann, Ehre... und im 5. Ton. 

 

Kommet, ihr Christus tragenden Völker, lasset uns schauen das Wunder, welches alle Vernunft in Staunen setzt und gefangen hält, und fromm anbetend lasset uns gläubig singen! Heut‘ kommt nach Bethlehem die im Schoße tragende Jungfrau, um den Herrn zu gebären; Scharen der Engel eilen voraus. Als Josef, der Verlobte, dies sieht, ruft er: Was für ein seltsames Geheimnis ist in dir, o Jungfrau, wie kannst du gebären, die du bist wie eine Färse, die noch kein Joch getragen?

 

Jetzt ... und noch einmal das Gleiche.

 

Und sofort das Prokeimenon der prophetischen Lesungen im 8. Ton

 

Der Herr sprach zu mir: Mein Sohn bist du, ich habe dich heute gezeugt.

Vers: Erbitte es von mir, und will ich Dir die Völkerschaften zu Deinem Erbe geben. (Psalm 2:7b-8)

 

Lesung aus dem Buch des heiligen Propheten Isaia (7: 10–16.8: 1-4.8-10)

 

Und der Herr fuhr fort, mit Achaz zu sprechen, und sagte: Erbitte dir ein Zeichen vom Herrn, deinem Gott, in der Tiefe oder in der Höhe! Und Achaz sagte: Ich will gewiss den Herrn nicht bitten und auch nicht versuchen! Und er sagte: Hört doch, ihr vom Haus Davids! Ist es etwa ein Kleines für euch, mit Menschen einen Kampf zu führen? Wie führt ihr dann einen Kampf mit dem Herrn? Darum wird der Herr selbst euch ein Zeichen geben; siehe, die Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen »Emmanuel« geben; Butter und Honig wird er essen; bevor er Böses erkennt oder sich dafür entscheidet, wird er das Gute erwählen; »denn bevor das Kind Gut oder Schlecht erkennt, sagt es dem Bösen ab, um das Gute zu erwählen. Und der Herr sagte zu mir: »Nimm dir ein neues großes Blatt und schreib darauf mit einem Menschen-Stift: >Rasch Beute machen am Raubgut; denn es ist nahe!< Und mache mir zuverlässige Menschen zu Zeugen, Urias und Sacharja, den Sohn von Barachias!« Und ich ging zur Prophetin, und sie wurde schwanger und gebar einen Sohn. Und der Herr sagte mir: »Gib ihm den Namen >Raube schnell, plündere rasch<; denn bevor das Kind lernt, Vater oder Mutter zu rufen, wird man das Vermögen von Damaskos und das Raubgut von Samarien in Besitz nehmen vor dem König der Assyrer.« Mit uns ist Gott»! Erkennt das, Völkerschaften, und gebt euch überwunden, hört das bis ans Ende des Erde, auch wenn ihr mächtig seid, gebt euch überwunden! Denn wenn ihr wieder mächtig werdet, werdet ihr erneut überwunden werden. Und welchen Ratschluss ihr auch fasst, der Herr wird ihn vereiteln, und welches Wort ihr auch sprecht, es wird für euch gewiss keinen Bestand haben, weil der Herr, Gott, mit uns ist.

 

Lesung aus dem Brief des heiligen Apostel Paulus an die Hebräer (1: 10–2,3)

 

Du, Herr, hast vorzeiten der Erde Grund gelegt, die Himmel sind das Werk deiner Hände. Sie werden vergehen, du aber bleibst; sie alle veralten wie ein Gewand; du rollst sie zusammen wie einen Mantel, und wie ein Gewand werden sie gewechselt. Du aber bleibst, der du bist, und deine Jahre enden nie. Zu welchem Engel hat er jemals gesagt: Setze dich mir zur Rechten, und ich lege dir deine Feinde als Schemel unter die Füße? Sind sie nicht alle nur dienende Geister, ausgesandt, um denen zu helfen, die das Heil erben sollen? Darum müssen wir um so aufmerksamer auf das achten, was wir gehört haben, damit wir nicht vom Weg abkommen. Denn wenn schon das durch Engel verkündete Wort rechtskräftig war und jede Übertretung und jeder Ungehorsam die gerechte Vergeltung fand, wie sollen dann wir entrinnen, wenn wir uns um ein so erhabenes Heil nicht kümmern, das zuerst durch den Herrn verkündet und uns von den Ohrenzeugen bestätigt wurde?

 

Lesung aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus (Matthäus 2: 1–12)

 

Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Bethlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen. Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem. Er ließ alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes zusammenkommen und erkundigte sich bei ihnen, wo der Messias geboren werden solle. Sie antworteten ihm: In Bethlehem in Judäa; denn so steht es bei dem Propheten: Du, Bethlehem im Gebiet von Juda, bist keineswegs die unbedeutendste unter den führenden Städten von Juda; denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt meines Volkes Israel. Danach rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich und ließ sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war. Dann schickte er sie nach Bethlehem und sagte: Geht und forscht sorgfältig nach, wo das Kind ist; und wenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige. Nach diesen Worten des Königs machten sie sich auf den Weg. Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen. Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt. Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar. Weil ihnen aber im Traum geboten wurde, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land.

 

Dann liest der Vorleser

 

Lass’ Deine Huld uns bald erscheinen, da wir arm geworden sind. Hilf uns, o Gott, ob der Herrlichkeit Deines Namens willen, erlöse uns und reinige uns von unseren Sünden.

 

Trisagion ... Allheilige Dreieinheit... Vater unser ... Dann das Kontakion.

 

Die Jungfrau heute erscheint um das urewige Wort in einer Höhle auf unfassbare Art zu gebären. Tanze, Erdkreis, im Reigen, wenn du es vernimmst. Lobpreis Ihm, mit den Engeln und auch den Hirten, der sich uns wollte offenbaren, neu als kleines Kind, Ihm, vor allen Zeiten Gott.

 

Herr erbarme dich (vierzigmal)... Der du zu allen Zeiten ... Ehre ... Jetzt ...Die Du ehrwürdiger bist als die Cherubim ...Im Namen des Herrn, segne, Vater. Der Herr erbarme sich über uns... und dieses Gebet.

 

Gott, Herr der Mächte und Schöpfer aller Kreatur, der Du aus unvergleichlicher Huld Deinen Sohn, unsern Herrn Jesus Christus zu unserem Heile hernieder gesandt hast, der Du durch dein heiliges Leiden das Schuldbuch unserer Sünden zerrissen und damit die Gewalten der Finsternis besiegt hast, Du selbst, menschenliebender Herr, nimm auf das Flehen und die Dankgebete, die wir Sünder Dir emporsenden und bewahre uns vor jeder verderblichen und argen Sünde, sowie vor den sichtbaren und unsichtbaren Feinden, die Böses wider uns sinnen. Bewahre unsere Leiber in deiner Furcht und lasse uns nicht über hinterlistige Worte und Gedanken fallen, sondern entflamme unsere Seelen in Deiner Liebe, auf dass wir immer zu Dir aufschauen, durch Dein Licht erleuchtet werden und einst Dein unnahbares Licht schauen dürfen und Dir ohne Ende Dank und Lobpreisung darbringen, dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geiste, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amin.

 

Neunte Stunde

 

Trisagion .... Allheilige Dreieinheit; Vater unser; Herr, erbarme Dich (zwölfmal)... Kommt, lasst uns anbeten ... und die Psalmen.

 

Psalm 109

 

Es sprach der Herr zu meinem Herrn: Setze dicht zu meiner Rechten bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache. Den Stab deiner Macht wird der Herr von Sion dir aussenden, und so herrsche inmitten deiner Feinde. Mit dir ist die Herrschaft am Tag deiner Macht im Glanz deiner Heiligen: aus dem Leib habe ich dich hervorgebracht noch vor dem Morgenstern Der Herr hat es geschworen und wird es nicht bereuen: Du bist Priester bis in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks. Der Herr zu deiner Rechten hat am Tag seines Zorns Könige zermalmt. Er wird unter den Völkern richten und sie mit Leichnamen anfüllen: er wird die Häupter vieler auf dem Land zermalmen. Aus dem Bach am Weg wird er trinken. Deshalb wird er das Haupt erheben.

 

Psalm 110

 

Ich will dich preisen, Herr, mit meinem ganzen Herzen im Rat der Aufrichtigen und in der Versammlung. Groß sind die Werke des Herrn, eifrig gesucht hinsichtlich aller seiner Wünschen. Lobpreis und Hoheit sind sein Werk! Und seine Gerechtigkeit bleibt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Ein Gedenken stiftete er seinen Wundertaten, barmherzig und mitleidig ist der Herr. Speise gab er denen, die ihn fürchten, er wird sich bis in Ewigkeit an seinen Bund erinnern. Die Macht seiner Werke verkündete er seinem Volk, um ihnen das Erbe der Völkerschaften zu geben. Die Werke seiner Hände sind Wahrheit und Recht; zuverlässig sind alle seine Gebote, sie haben festen Bestand von Ewigkeit zu Ewigkeit, sind geschaffen in Wahrheit und Aufrichtigkeit. Erlösung sandte er seinem Volk, er ordnete seinen Bund an bis in Ewigkeit. Heilig und furchtbar ist sein Name. Der Anfang der Weisheit ist die Furcht des Herrn, gute Einsicht gewährt sie allen, die sie üben. Sein Lob bleibt von Ewigkeit zu Ewigkeit. 

 

wird in Kürze fortgesetzt....

 

 

Die Christi-Geburts-Kirche in Bethlehem

 

Thomas Zmija

 

Geburtskirche (arabisch كنيسة المهد, griechisch ο ναός της γεννήσεως βηθλεέμ) ist die Kirche in Bethlehem, die über der Geburtsstätte unseres Herrn Jesus Christus errichtet wurde. Die Geburtskirche gehört zu den wenigen Beispielen vollkommen erhaltener Baukunst aus frühchristlicher Zeit.

 

Die Höhle in der unser Herr und Erlöser Jesus Christus dem Fleische nach vor über 2000 Jahren in Bethlehem geboren wurde wird schon seit dem zweiten Jahrhundert verehrt. Der heidnische Kaiser Hadrian lies deshalb im Jahre 135 einen Adonis-Tempel über dem den Christen heiligen Ort errichten, um die dortige Verehrung Christi wieder zu unterbinden. Der heilige apostelgleiche Kaiser Konstantin der Große und seine Mutter, die heilige Kaiserin Helena ließen an der Geburtsstätte Christi eine Memorialkirche mit reichen Mosaikschmuck errichten. Dieses Gotteshaus wurde der Erinnerung an die heilbringende Geburt unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus gewidmet. Der Bau wurde vor dem Jahre 335 geweiht. Er war damals eine fünfschiffige, 27 Meter lange Basilika mit einem im Westen vorgelagerten Atrium und einer polygonalen Apsis im Osten. Die Apsis war 17 Meter breit und hatte in der Mitte eine vier Meter breite Öffnung, durch die man in die Geburtsgrotte hinab sehen konnte.

 

Diese konstantinische Basilika wurde in der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts mit einem westlichen Narthex vollständig neu erbaut. Der Grund dafür war möglicherweise ein Brand oder ein Erdbeben. Die Quellen überliefern uns dazu keine Informationen. Wesentliche Änderungen beim Neubau waren das Abdecken des Mosaikfussbodens mit Steinplatten, die Vergrößerung des Ostabschlusses mit drei Apsiden und ein doppelter Treppenabgang zur Geburtsgrotte, so dass die Pilger nun bis unmittelbar an die Geburtsstätte gelangen konnten.

 

Während andere Kirchen im Heiligen Land im Jahre 614 von den gegen das oströmische Reich vorrückenden Persern beschädigt oder zerstört wurden, blieb diese Christi-Geburts-Kirche in Bethlehem erhalten. Sie ist deshalb die älteste erhalten gebliebene und ununterbrochen als Gotteshaus genutzte Kirche der gesamten Christenheit.

 

Es wird vermutet, dass eine Relief-Ikone über dem Eingangstor, das die heiligen Drei Magier bei der Anbetung des Christus-Knaben in orientalisch-persischer (sassanidischer) Kleidung zeigen, ein Grund dafür war, dass die Perser die Kirche nicht zerstörten. Die lateinischen Kreuzfahrer erneuerten die Kirche in den Jahreng 1161 bis 1169. Auch die ägyptischen Mamluken, die im 13. Jahrhundert das Heilige Land eroberten, ließen die Kirche unbeschädigt stehen. Unter den osmanischen Herrschaft, als die Türken die Marmorverkleidung abmontierten, verfiel die Kirche zunehmend. Im Jahre 1670 gelang es dem ökumenischen Patriarch die notwendige Sondererlaubnis der osmanischen Regierung zu erhalten, so dass die orthodoxe Kirche damit beginnen konnte, das Gotteshaus zu renovieren. Am Geburtsort Christi in der Geburtsgrotte wurde exakt auf der Mittelachse der Basilika im Jahre 1717 von der römisch-katholischen Kirche ein silberner Stern mit der Inschrift "Hic de virgine Maria Jesus Christus natus est" = „Hier wurde Jesus Christus von der Jungfrau Maria geboren“ angebracht. Seine 14 Zacken symbolisieren die 14 Geschlechter im Stammbaum Jesu Christi.

 

Wie in der Anastasis-Kirche in Jerusalem kam es auch in Bethlehem zu Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Konfessionen über die Nutzung und Rechte der Geburtskirche, die das Verhältnis der Christen vor Ort für die nächsten Jahrhunderte belastete. Ein Hauptgrund waren der lateinische Prosylitismus, der die orthodoxen Christen im Heiligen Land wie im ganzen Orient zum Übertritt zur lateinischen oder unierten Kirche bewegen sollte. Dehalb erließ die osmanische Regierung im Jahre 1757  eine bis heute noch geltende Regelung, die die Gottesdienste in der Geburtskirche regelt. Der zufolge gehört der Hauptaltar und die rechten Seitenaltäre den Griechen, zwei Seitenaltäre links den Armeniern. Den Lateinern (römischen Katholiken) blieben neben dem Dreikönigsaltar und dem Stern unter dem Geburtsaltar nur die Hieronymus-Grotten und der Platz links von der Kirche, wo sie sich jedoch eine eigene Kirche erbauen durften.

 

 

 

Das orthodoxe Patriarchat von Jerusalem

 

Die Geschichte des Orthodoxen Patriarchates von Jerusalem, das auch als das „Römisch-Byzantinische Patriarchat“ (Deir Rum) bekannt ist, ist eine Geschichte der Heiligkeit, des Martyriums und des fortwährenden Kampfes der Kirche Christi und seiner christlichen Herde.

Die Gründung der Kirche von Jerusalem erfolgte am Pfingsttag mit der Herabkunft des Heiligen Geistes, unter dessen Beistand die heiligen Apostel auf Befehl des auferstandenen Herrn Jesus Christus das Heilige Evangelium in der ganzen Welt verkündeten. Der erste Bischof der Kirche von Jerusalem war der heilige Apostel Jakobus, der Bruder des Herrn, einer der ersten Märtyrer der Kirche (+ 62 nach Christus).

Nach der ersten Christenverfolgung durch den pharisäische Judentum und der Zerstörung Jerusalems durch den römischen General Titus (70 nach Christus), wurde der Bischofssitz der Kirche von Jerusalem in die Stadt Pella am östlichen Ufer des Jordan verlegt. In dieser Zeit nahm die Kirche des Heiligen Landes viele griechisch sprechende Heiden auf, während die Zahl der Christen jüdischer Herkunft abnahm. Die Kirche wurde mehr und mehr "griechisch" und breitete sich in ganz Palästina aus. Ein Teil der Gläubigen kehrte nach dem Wiederaufbau Jerusalems durch die Römer dorthin zurück und ließ sich in Colonia Aelia Capitolina, wie Jerusalem nun hieß, nieder.

Die am Jordan verbliebenen Gläubigen der Kirche kamen nach dem Bar-Kochba-Aufstand (135 nach Christus) aus Pella nach Jerusalem zurück und ließen sich dort nieder. Die Stadt wurde damals von den Heiden der „Aelische Kapitol“ genannt. Denn nach der Zerstörung der Stadt im Jahre 70 hatten die Römer über den Heiligen Stätten sowohl der Juden, als auch der Christen Götzentempel errrichtet.

Während dieser Zeit war der Jerusalemer Bischofssitz in die damalige Hauptstadt der Provinz Palästina nach Caesaräa Maritima verlegt worden. Dort befand sich nun die Metropolis des Heiligen Landes, zu der auch der Bischofsitz von Aelia Capitolina, also Jerusalem, gehörte. Die Christen des Heiligen Landes erlitten schwere Verfolgungen. Viele von ihnen erlitten das Martyrium unter den heidnischen Kaisern Hadrian, Decius, Diokletian und Maximian.

Nachdem der heilige apostelgleichen Kaiser Konstantin des Großen die Kirche von der Verfolgung befreit hatte, erlebte auch die Kirche Jerusalem vom vierten bis zum siebten Jahrhundert eine Blütezeit. Mit der Hilfe des heiligen Konstantin und der Kaiserinmutter, der heiligen Helena, wurden sowohl das Heilige Kreuz als auch das leere Grab der Auferstehung Christi aufgefunden. Auch viele der anderen heiligen Stätten des irdischen Heilshandelns Christi, wurden durch den Einsatz der heiligen Helena wieder aufgefunden und mit ungefähr 25 wunderschönen heiligen Kirchen geschmückt.

Die Bischöfe von Jerusalem erwiesen sich jetzt als wichtige Personen im Kampf gegen die Häresien. Das Mönchtum entfaltete sich zu Beginn des vierten Jahrhunderts auch im Heiligen Land immer weiter.

Zu Beginn des 5. Jahrhunderts entwickelte sich der Bischofsitz von Jerusalem, der zum Hüter der Heiligtümer aller Christen geworden war, zur Metropolis der drei Verwaltungsbezirke Palästinas. War der Gottesdienst in den Städten Cäsaräa  und Jerusalem mehrheitlich griechisch-sprachig, so wurde auf dem Lande die Göttliche Liturgie meist in der Muttersprache Jesu, in aramäisch gefeiert.

Schließlich erhob die Vierte Ökumenische Synode von Chalzedon (451) die Kirche von Jerusalem zum Patriarchat, also zu einem der fünf großen kirchlichen Zentren der damaligen griechisch-römischen Welt.

Bevor Jerusalem im Mai des Jahres 614 in die Hände der Perser fiel, war das kirchliche Leben der Kirche von Jerusalem und im ganzen Heiligen Land wohlgeordnet: Die Kirche war in vier Metropolien gegliedert (Cäsaräa, Skythoupolis, Petra und Vostron und es gab rund 365 Klöster.

Die Zerstörung durch die Perser war ein trauriger Abschnitt in der Geschichte der Jerusalemer Kirche. Neben unzähligen Toten unter den Gläubigen wurden so gut wie alle Heiligen Stätten und Klöster dem Erdboden gleich gemacht. Das Heilige Kreuz, der Patriarch Zacharias, die anderen Bischöfe aber auch viele Gläubige wurden nach Persien in die Gefangenschaft weggeführt. Zwar konnten unter dem heiligen Patriarchen Modestus die meisten Heiligen Stätten wieder hergestellt werden und durch den Sieg des Kaiser Heraklius im Jahre 627 auch das Heilige Kreuz und die christlichen Gefangenen befreit und triumphal nach Jerusalem zurückgebracht werden, jedoch reichten die finanziellen und militärischen Kräfte des Reiches nicht mehr aus, um die Flut der einige Jahre später vorrückenden Araber aufhalten. Im Jahre 638 fiel Jerusalem in die Hände der Araber. Für die Orthodoxen begann nun ein Leben unter muslimischer Herrschaft. Diese Periode dauerte für die Christen des Orients mehr als tausend Jahre an. Die christliche Gemeinde begann unter den andauernden Islamisierungsversuchen zu leiden. War die Kultur des Landes bisher griechisch-aramäisch geprägt, so übernahmen nun auch die Christen rasch die arabische Sprache, Kultur und Lebensweise. Trotz widrigen äußeren Umstände, die sich aus der alltäglichen Diskriminierung der Christen durch das islamische Recht (Scharia) ergaben, wurde das geistliche Leben von den unterdrückten Christen weiter gepflegt.

Waren unter der Herrschaft der Muslime ab dem siebten Jahrhundert zahlreiche altorientalische Christen (Kopten, Syrer, Armenier und Äthiopier) ins Heilige Land gekommen, um sich dort anzusiedeln und Klöster zu gründen, spielte das abendländische Christentum erst ab dem 12. Jahrhundert eine bedeutende Rolle. Als im Jahre 1099 Jerusalem durch die lateinischen Kreuzfahrer erobert wurde, wurde das „Königreich von Jerusalem“ gegründet. Der orthodoxe Patriarch von Jerusalem musste ins Exil nach Konstantinopel fliehen und an seiner Stelle wurde in Jerusalem ein lateinischer Bischof als Titularpatriarch eingesetzt.

Im Jahre 1187 ging diese Ära zu Ende, als die Seldschuken unter Sultan Saladin das Kreuzfahrerheer bei Hattin in Galiläa vernichtend schlugen. Der orthodoxe Patriarch konnte nach Jerusalem zurück kehren. Schon bald darauf geriet Jerusalem unter die Herrschaft der ägyptischen Mameluken. Diese Zeit war, bedingt durch den ausgesprochenen Christenhass der Mameluken, eine besonders schwierige und tragische Zeiten für Christen des Heiligen Landes.

Von 1516 an war das Patriarchat für 400 Jahre Teil des osmanischen Reiches. Bedingt durch das osmanische Millet-System wurden die orthodoxen Christen des Heiligen Landes nun dem Ökumenischen Patriarchen in Konstantinopel als dem politischen Ethnarchen der orthodoxen Rum-Milet staatsrechtlich unterstellt. Der orthodoxe Patriarch von Jerusalem nahm zu dieser Zeit seinen Sitz in Konstantinopel.

Im Jahre 1604 wurde eine Vereinbarung zwischen Frankreich und dem osmanischen Reich unterzeichnet, die die Rechte der lateinischen Christen im Heiligen Land anerkannte und schützte. Bereits im darauf folgenden Jahr zogen die lateinischen Christen in der Anastasis-Kirche (Grabeskirche) und in der Christi-Geburts-Kirche in Bethlehem ein. Neben den für die Betreuung der westchristlichen Pilger traditionell zuständigen Franziskanern erschienen nun auch andere katholische Ordensgemeinschaften im Heiligen Land. Außer sich um den Aufbau von seelsorgerischen Strukturen für die römisch-katholischen Pilger zu kümmern, begannen nun die Lateiner verstärkt und planmäßig, die autochthonen orthodoxen Christen zur römische Kirche hin abzuwerben. Ein wichtiger Anreiz für den Konfessionswechsel war auch der dadurch ermöglichte Zugang zu den katholischen Schulen. Sie ermöglichten auch den arabisch-sprachigen Christen im Heiligen Land den Erwerb von Bildung und den damit verbundenen sozialen und wirtschaftlichen Aufstieg. So entstanden den folgenden 200 Jahren bis zur (Wieder-)Errichtung des heutigen lateinischen Patriarchates in Jerusalem im  Jahre 1847 die beiden großen katholischen Gemeinschaften der lateinischen und melkitischen (griechisch-katholischen) Christen im Heiligen Land.

Zu weiteren Umbrüchen im kirchlichen Lebens des Heiligen Landes kam es ab den 40-er Jahren des 19. Jahrhunderts als die Engländer (als Schutzmacht der Anglikaner) und die Preußen (als Schutzmacht der Protestanten) das Heilige Land auch als "Missionsgebiet" für protestantischen Glaubensvorstellungen zu entdecken begannen. Es wurde ein anglo-preußisches Bistum für die Protestanten errichtet, dem zeitweilig alle Anglikaner und Lutheraner im Heiligen Land unterstanden. Daneben erschienen eine Vielzahl protestantischer Missionsgesellschaften meist amerikanischer Provenienz im heiligen Land. Theoretisch für die Mission unter den Muslimen geplant, wandten sich auch diese Gruppen schnell der "Betreuung" der einheimischen orthodoxen Christen zu. Dies ging selbstverständlich auch mit einer Proselytenwerbung unter den Betroffenen einher. 

Aus diesen Zeiten des kirchlich-politischen Machtkampfes im Heiligen Land rühren auch die immer wieder auftretenden Auseinandersetzungen um den „Status quo“, also die Besitzverhältnisse und Nutzungsrechte der einzelnen christlichen Konfessionen an den Heiligen Stätten her. Auch wenn heute gerade Pilger aus der westlichen Christenheit darauf mit Unverständnis reagieren, so sollten sie jedoch nicht vergessen und deshalb mit bedenken, dass das dieses System aus zwischenkirchlichen "Check and Balances" durch das Handeln westlicher Kirchen auf dem Boden des Heiligen Landes in den vergangen Jahrhunderten maßgeblich mit verursacht wurde, auch wenn es dem heutigen Verständnis eines ökumenisch geprägten Miteinanders der Christen absolut nicht mehr entsprechen mag.

Die Gründung des Staates Israels im Jahre 1948 stellte das Orthodoxe Patriarchat von Jerusalem vor vielfältige Herausforderungen. Die etwa 120.000 Gläubigen leben heute in Israel, den palästinensischen Autonomiegebieten und in Jordanien. Die Liturgie-Sprachen im Jerusalemer Patriarchat sind griechisch und arabisch. Die Kirche folgt dem julianischen Kalender. Die geistliche Leitung des Patriarchats hat seit 2005 der Patriarch Theophilus IIi. (Jannopulos, geboren 1952) , der 141. Nachfolger der heiligen Apostels Jakobus. 

Die Orthodoxe Kirche ist immer noch die größte christliche Kirche im Heiligen Land, auch wenn sich die Zahl ihrer einheimischen Gläubigen zugunsten der anderen christlichen Gemeinschaften, besonders der Griechisch-Katholischen Kirche („Melkiten“), der Römisch-Katholischen Kirche („Lateiner“), der Anglikaner und der Lutheraner im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts verringert hat. Dies ist auch der Grund, warum das Orthodoxe Patriarchat von Jerusalem der Ökumene zunächst mit großer Reserviertheit begegnet ist. Gleichwohl ist das Jerusalemer Patriarchat Mitglied im Ökumenischen Rat der Kirchen und arbeitet aktiv im regionalen Kirchenrat mit.

 

 

Über die Geschichte des Festes der Geburt

unseres Herrn und Gottes und Erlösers  Jesus Christus

dem Fleische nach

 

Während die übrigen großen Feste der Christenheit zunächst im Osten, zumeist in Jerusalem, gefeiert wurden und von dort aus dann über Konstantinopel in den Westen der Christenheit gelangten, hat das Weihnachtsfest seinen Weg von Rom aus in den Orient genommen. Vor der Einführung eines besonderen Festtages, der speziell des Mysterium der Geburt unseres Herrn und Gottes und Erlösers  Jesus Christus dem Fleische nach gedenkt, feierte die Christen im Orient am 06. Januar das Fest der „Erscheinungen Gottes“, das auf griechisch Theophanien genannt wird. An diesem Festtag wurden gemeinsam der Mysterien der Geburt Christi, Seiner Anbetung durch die drei Magier, Seiner Taufe und Offenbarwerdung im Jordan und des ersten Seiner Wunder bei der Hochzeit zu Kanaan gedachte. 

 

Das Theophaniefest ist wahrscheinlich zu Beginn des 4. Jahrhunderts in Alexandrien entstanden. Damals begingen die Heiden das Fest der Geburt des griechischen Abgottes Aion, der mytologischen Verkörperung von Zeit und Ewigkeit. Im Hellenismus wurde er mit dem altägyptischen Osiris gleichgesetzt. Diese Geburtstagsfeier fand in der Nacht zum 06. Januar statt. Das heidnische Fest war auch mit einer Segnung der steigenden Nilfluten verbunden, dessen Wassern die Heiden in dieser Nacht wunderwirkende Kräfte zuschrieben. Mancherorts feierte man in der Nacht zum 6. Januar auch die Erscheinung des griechischen Abgottes Dionysus auf Erden, der dann für seine bachatintischen Anhänger Wasser in Wein verwandeln sollte. Als sich dann der christliche Glaube unter den Ägyptern mehr und mehr durchsetzte, wurde die heidnischen Festinhalte durch die christlichen Glaubensgeheimnisse ersetzt und damit geheiligt und geistlich überwunden. Denn die alexandrinische Christen waren mit den alten mythologischen Geschichten vertraut und setzten den bekannten heidnischen Mythen den in der Fülle der Zeiten menschgewordenen Sohn Gottes  und Sein Heilswirken entgegen. Deshalb feierten sie am 06. Januar die Geburt Christi, die Heiligung der Wasser des Jordan durch seine das ewige Leben spendende Taufe und die Gedächtnisfeier des Weinwunders auf der Hochzeit zu Kanaan.

 

In Rom hatte etwa zur gleichen Zeit das Geburtsfest Christi den heidnischen Gedenktag der mytologisch als Abgott personifizierten Sonne, den „Dies Natalis Solis Invicti“, abgelöst. Der Kaiser Aurelian hatte im Jahr 274 diesen personifizierten Sonnenkult, der im syrischen Emesa seine heidnisch-kultische Heimat hatte, als römischen Staatskult eingeführt, um damit alle Völker des römischen Reiches untereinander zu verbinden. Dabei war dieser Feiertag auf den Tag der Wintersonnenwende am 25. Dezember festgelegt worden.

 

Die römischen Christen gaben diesem Festtag einen neuen Sinn und haben den Völkern des Römischen Imperiums anstelle des ungeschichtlichen Sonnengottes den geschichtlichen Christus, „die Sonne der Gerechtigkeit“ (Malachia 3: 20) und „das Licht zur Erleuchtung der Heiden“ (Lukas 2: 32), vor Augen gestellt. Für die römische Stadtliturgie lässt sich das Weihnachtsfest am 25. Dezember erstmals für das Jahr 336 nachweisen, wenngleich es auch schon früher gefeiert sein mag.

 

Mit der Absicht, den heidnischen Sonnenkult zu überwinden, dürfte auch der Versuch unternommen worden sein, den Geburtstag Christi zeitlich gesichert zu berechnen. Da die Empfängnis des Johannes nach Auskunft des Lukas-Evangeliums (1, 8-13) zur Zeit des Versöhnungsfestes der Juden im September als gewiss galt, so dass seine Geburt am 24. Juni gefeiert wurde, gedachte man nach der Angabe des gleichen Evangelisten (1: 36) sechs Monate später der Empfängnis Jesu am 25. März und feierte seine Geburt am 25. Dezember. 

 

Von Rom aus erreichte die Feier des Weihnachsfestes zunächst die anderen Kirchen des lateinischen Abendlandes und erreichte ein halbes Jahrhundert später auch den griechischen Orient, wo bereits das Epiphaniefest mit dem Festgedächtnis an die Geburt und Taufe Jesu Christi bereits am 06. Januar gefeiert wurde. 

 

In Konstantinopel wurde das Weihnachtsfest von heiligen Gregor von Nazianz eingeführt, der von 379 bis 381 Erzbischof des Neuen Rom war. Um das Jahr 386 hat der heilige Johannes Chrysostomos das Weihnachtsfest im syrischen Antiochien eingeführt.

 

Zur schnellen Verbreitung des Weihnachtsfestes hat auch die dogmatische Entscheidung des Konzils von Nizäa beigetragen haben. Gegen die Behauptung des Häretikers Arius, dass Christus nicht wesensgleich mit dem Vater sei, bekennt das Erste Ökumenische Konzil für die ganze Christenheit, daß ER „GOTT von GOTT und LICHT vom LICHT, RINES WESENS MIT DEM VATER. ... Er HAT FLEISCH ANGENOMMEN durch den HEILIGEN GEIST von der JUNGFRAU MARIA und IST MENSCH GEWORDEN“ ist. Damit legte es die Aussagen des heiligen Evangelisten und Apostels Johannes am Beginn seines Evangeliums aus: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. ... Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Johannes1:1.14).

 

Zusammengestellt von Thomas Zmija v. Gojan.

 

 

Gedächtnis der Hirten, die den Herrn schauten

 

25. Dezember

 

Unweit der Höhle, in welcher sich das staunenswerte Wunder vollzog, am Rand der Wüste Juda, hüteten in jener Nacht Hirten ihre Herde (Lukas 2:8), einfache, arme, gering geachtete Menschen. Da erschien ihnen ein Engel, und die Herrlichkeit Gottes umstrahlte sie, sodass sie erschraken. Doch der himmlische Bote beruhigt sie und kündet ihnen an, dass der zarte Säugling, den sie in der Krippe ruhend finden werden, der Messias ist, der Gute Hirte, Der gekommen ist, Seine versprengte Herde zu sammeln, dass der Herr der Herrlichkeit herabgekommen ist auf die Erde, um das verlorene Schaf zu suchen (Matthäus 18:12). Er heißt sie hingehen und Ihm huldigen und gibt ihnen das Zeichen, an dem sie Ihn erkennen werden. Dann erscheint eine große Engelschar und preist Gott und lädt alle Geschöpfe ein zur Freude: Ehre sei Gott in den Höhen, Friede auf Erden und Wohlwollen unter den Menschen (Lukas 2:14). Mit den Engeln zusammen singt heute in der Tat die ganze Schöpfung ein einziges Freudenlied, und beim Namen Jesus beugen sich alle Wesen in Anbetung - die in den Höhen sind (d.h. die Engel), die auf Erden und die Entschlafenen unter der Erde. Jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zum Lobpreis Gottes des Vaters (Philemon 2:10). Sogleich machten sich die Hirten auf und brachten dem Herrn im Stall ihre einfache Gabe von ganzem Herzen dar. Dann kehrten sie zurück und verkündeten unterwegs, als Vorläufer der Apostel, die wunderbaren Dinge, deren Zeugen sie geworden waren.

 

Quelle: Synaxarion, Die Leben der Heiligen der Orthodoxen Kirche, Band 1.

 

 

Gedächtnis der Huldigung der drei Magier,

der Sterndeuter und Weisen aus dem Morgenland

 

25. Dezember

 

Nach alledem kamen drei Magier aus Persien nach Jerusalem und verlangten den König zu sehen, der eben geboren worden war. Sie hatten nämlich einen Stern gesehen, der unvermittelt am Himmel erschienen war und so hell leuchtete, dass er selbst am Tag sichtbar war. Vertraut mit den Voraussagen der alten Propheten, erinnerten sich die Magier an die Prophezeiung des Sehers Balaam (Bileam) über das Volk Israel (Numeri 24:17). Daraus schlossen sie, dass der Stern die Ankunft des Messias verkündete, und machten sich auf, um Ihm zu huldigen. Jener seltsame und paradoxe Stern war nicht ein natürliches Gestirn, sondern eine göttliche Kraft, ein Engel, der die Gestalt eines Sterns angenommen hatte, um sich den Verständnismöglichkeiten der Magier anzupassen und sie so in dem zu berühren, was ihnen am Vertrautesten war. Er strahlte heller als die Sonne. Zuweilen bewegte er sich, zuweilen stand er still, und statt wie natürliche Sterne von Osten nach Westen zu wandern, bewegte er sich von Norden (Persien) nach Süden (Jerusalem). Diese ungewöhnlichen Dinge, die den Sternkundigen unbekannt waren, bewogen die Magier, sich abzuwenden vom Sternenkult und sich hinzuwenden zur Sonne der Gerechtigkeit, die in diese Welt gekommen ist, um unter den Menschen das Licht der wahren Erkenntnis Gottes zu verbreiten (s. Malachias 4:2 und das Troparion des Festes).

 

In Jerusalem verschwand der Stern plötzlich. Die Magier begaben sich zu König Herodes von Juda, einem grausamen und zügellosen Mann. Als dieser vernahm, wozu die Magier hergekommen waren, sandte er sie nach Bethlehem, wo der Messias nach der Schrift erscheinen sollte. Und da er fürchtete um seinen Thron und im Sinn hatte, diesen „Rivalen" umzubringen, empfahl er den Magiern, ihn auf dem Rückweg wiederum zu besuchen, und ihm zu sagen, wo der neugeborene König Israels zu finden war, damit auch er ihm huldige, wie er sagte. Kaum hatten sie Jerusalem verlassen, erschien der Stern von neuem und führte sie bis zur Höhle, wo der Herr ruhte. Voller Freude und heiliger Ehrfurcht huldigten sie dem Kind, das in der Krippe ruhte wie auf einem Thron, und brachten Ihm die Schätze ihrer Herzen dar: Gold, um Ihn zu ehren als König; Weihrauch, um ihm zu huldigen als Gott, und Myrrhe zum Zeichen dafür, dass Er, der Unsterbliche, bald den Tod erleiden würde für unser Heil. Nachdem ihnen ein Traumgesicht die bösen Absichten des Herodes offenbart hatte, kehrten sie über einen anderen Weg in ihr Land zurück, womit sie jene, die sich Christus geweiht haben, lehren, nicht zurückzukehren zu den Wegen der Gottlosigkeit. 

 

Quelle: Synaxarion, Die Leben der Heiligen der Orthodoxen Kirche, Band 1.

 

 

Die Sterndeuter und das Kind Jesus

 

Mönch Themistokles Adamopoulos 

 

In der Geburtserzählung im dem Evangelium nach Matthäus lesen wir, dass ein astronomisches Ereignis stattfand als Jesus geboren wurde – die Erscheinung eines einzigartigen Sterns im Osten! Als Folge kamen aus dem Osten Sterndeuter im Jerusalem des Herodes an und fragten nach einem „neugeborenen König“, den sie gekommen waren anzubeten. Für ihn waren sie dem Stern nach Bethlehem gefolgt und wollten ihm, dem Kinde Jesus, wertvolle Geschenke aus Gold, Weihrauch und Myrrhe darbringen:

 

Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen“ (Matthäus 2:1-2). „Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen“ (Matthäus 2:9).

 

Wer waren diese Sterndeuter?

 

Allein das Matthäus-Evangelium unter den vier Evangelien bezieht sich auf diese Sterndeuter. Wer also waren diese „Sterndeuter“, die dem Stern im Osten den ganzen langen Weg nach Jerusalem gefolgt waren? Sind sie nur eine literarische oder poetische Schöpfung des Evangelisten Matthäus, um der Geburtserzählung Farbe zu verleihen oder gab es diese Sterndeuter wirklich in der antiken Welt? Tatsächlich waren die „Sterndeuter“ echte historische Gestalten der babylonischen Antike. Ihre Taten, Funktionen und Lehren sind durch antike Geschichtsschreiber gut belegt.

 

Herodot, der berühmte Vater der Geschichtsschreibung und Chronist der Perserkriege, lebte im 5. Jahrhundert vor Christus und versorgt uns mit sehr wertvollem historischem Material über diese Gruppe von Menschen der Antike, die als Sterndeuter bekannt waren. Das erklärt, dass schon zur Zeit Christi die Sterndeuter eine eingeführte und alte Kaste waren. Es ist überliefert, dass die „mágoi“ (altpersisch ‚magu’), aus Medes, dem heutigen Nord-Iran, stammten und eine Elitegruppe oder Kaste im persischen Reich waren. Nach einem erfolglosen Versuch der Meder politische Macht über das Reich zu gewinnen, wandten sie sich von der Politik ab und der Frömmigkeit zu und wurden Lehrer und Erleuchter der Perser, die sich hauptsächlich mit der Traumdeutung befassten. Herodot sagt uns, dass die „mágoi“ auch priesterliche Funktionen in der persischen Gesellschaft übernahmen. Das bedeutet, dass die „mágoi“ zoroastrische Priester waren, denn zu jener Zeit war der Zoroastrismus des Religionsstifters Zarathustra, die in Persien herrschende Religion. Ohne die „mágoi“ konnte kein offizielles Opfer in Persien dargebracht werden.

 

Zudem waren die persischen Sterndeuter geehrte und ehr- und tugendhafte Weise. In Philosophie, Medizin und Naturwissenschaft beschlagen, wurden sie die Wissenschaftler der persischen Gesellschaft. Philo von Alexandria lobt die „mágoi“ wegen ihrer Erforschung der Natur: „Und im Lande der Barbaren ... gibt es viele Gruppen berühmter, tugendhafter und ehrenwerter Männer. Unter den Persern gibt es eine Gruppe, die Mágoi, die Vorgänge in der Natur erforscht, um die Wahrheit zu erkennen ... andere in den göttlichen Tugenden zu belehren durch ganz genaue Erklärungen“.

 

Astrologie war jedoch ihr Spezialgebiet. Folglich glaubten sie, wie die meisten Menschen in der Antike, dass der Himmel seine Wünsche und Absichten durch Zeichen, Kometen, Sterne und Himmelerscheinungen mitteilt. Sogar das Schicksal eines Menschen sollte durch die Sterne, unter denen er geboren war, bestimmt sein.

 

Also braucht man nicht meinen, dass die Erzählung von Matthäus über die Sterndeuter, die dem Stern nach Bethlehem folgten, nur eine nette Geschichte für Kinder sei. Im Gegenteil, die Erscheinung eines außergewöhnlichen Sterns über Persien würde zu jener Zeit mit Sicherheit die Neugier einiger persischer Sterndeuter erregen, die ihn als die Botschaft des Himmels werten würden, dass ein von Gott berufener König geboren wurde.

 

Was wissen wir nun wirklich über die Sterndeuter, die Matthäus beschreibt? Jedenfalls sieht es so aus, dass sie sogar in Jerusalem als hochstehende Persönlichkeiten angesehen wurden. Das wird dadurch bezeugt, dass sie sofort Zugang zum Hof des Königs Herodes hatten. Ihre Geschenke legen nahe, dass sie Leute von einigem Reichtum waren. Wie kamen sie aus Persien nach Judäa? Da die Reise sie durch Wüstengebiete führte, scheint es möglich, dass sie sich der Kamele als Reit- und Lasttiere bedienten. Wie viele Sterndeuter kamen um Jesus zu verehren? Matthäus gibt uns keine genaue Zahl an, er spricht nur von Sterndeutern im Plural. Aber im Hinblick auf die Anzahl der Geschenke, die sie Jesus darbrachten, nämlich drei, nimmt die Tradition an, dass das auch ihrer Zahl entspricht.

 

„Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar“ (Matthäus 2:11).

 

Quelle: Andreasbote Dezember 2003.

 

 

Der Stern von Bethlehem

 

Jedes Jahr um Weihnachten erscheinen Berichte in den Zeitungen oder im Fernsehen, die behaupten eine astronomische Erklärung für den Stern von Bethlehem zu haben. Das ist alles Blödsinn. Der Heilige Johannes Chrysostomos erklärt in seiner Predigt über diese Perikope aus dem Matthäus-Evangelium ganz klar, warum der Stern kein natürliches Phänomen gewesen sein konnte, sondern eine „engelsgleiche“ Erscheinung, wie die Wolkensäule im Alten Testament. 

 

Die wahre Quelle für den Stern ist im Alten Testament, in Numeri 24: 17, wo der Seher Bileam, der aus einer Stadt an den Ufern des Euphrats kam, seine große Prophetie ausspricht: „Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich erblicke ihn, aber nicht in der Nähe: ‚Ein Stern geht in Jakob auf, ein Mensch erhebt sich in Israel’.“ So lesen wir es in der griechischen Septuaginta, die der von der orthodoxen Kirche gebrauchte Text ist. Das Hebräische gibt statt dessen „ein Szepter erhebt sich in Israel“. Der Heilige Justin, in seinem Dialog mit Tryphon  zitiert den Vers, wenn er auch statt ‚Mensch’ das Wort ‚Fürst’ benutzt, das in Matthäus 2: 6 als Zitat des Propheten Micha übernommen wird. Origenes verknüpft die Drei Weisen mit der Prophetie des Bileam und fügt hinzu, dass die Prophezeiung des Bileam ohne Zweifel im Osten bewahrt geblieben sei. Eusebius tut das Gleiche. Der Heilige Gregor von Nyssa verbindet ebenfalls die Weisen mit der Prophezeiung des Bileam. 

 

Der wahre Stern von Bethlehem ist Christus Selbst, wie der Heilige Amphilochius in einer Predigt über Weihnachten erklärt. Der Heilige Roman der Melode nimmt dies in seinem Kontakion zur Geburt Christi im 5. Oikos auf (die Weisen sprechen):

 

„Ganz genau erklärte uns ja Bileam den Sinn der Worte, die er prophezeite, als er sagte, dass ein Stern aufgehen wird, ein Stern, der alle Weissagungen und Vogelzeichen auslöscht, ein Stern, der die Parabeln und Reden der Weisen erklärt und ihre Rätsel löst, ein Stern, viel heller als der nun strahlende Stern strahlend, der Schöpfer aller Gestirne, über den prophezeit wurde: Von Jakob geht es auf, ein kleines Kind, vor allen Zeiten Gott.“

 

Die Worte des Heiligen Johannes Chrysostomus sind: Denn wenn wir einmal wissen, was das für ein Stern war, woher er kam, ob er nur ein gewöhnlicher Stern war, oder verschieden von den andern, ob es ein wirklicher oder nur ein scheinbarer Stern war, dann werden wir auch alles andere leicht verstehen. Wer soll uns also das beantworten? Die Heilige Schrift selber. Dass nämlich dies kein gewöhnlicher Stern war, ja, wie mir scheint, überhaupt kein Stern, sondern eine unsichtbare Macht, die diese Gestalt angenommen hatte, das scheint mir zu allernächst aus dem Wege hervorzugehen, den er genommen hatte. Es gibt nämlich keinen einzigen Stern, der in dieser Richtung wandelte. Die Sonne, der Mond, und alle anderen Gestirne wandeln, wie der Augenschein lehrt, von Osten nach Westen; der aber kam von Norden nach Süden; denn das ist die Richtung von Persien nach Palästina.

 

Zweitens kann man dies auch aus der Zeit seines Erscheinens schließen. Denn nicht bei Nacht leuchtete er, sondern am hellen Tage, während die Sonne schien. Das geht über die Kraft eines Sternes, ja selbst über die des Mondes; denn obgleich dieser weit heller scheint als alle Sterne, so verschwindet er doch und wird unsichtbar, sobald der erste Sonnenstrahl erscheint. Dieser Stern jedoch hat durch die Macht seines eigenen Glanzes selbst die Strahlen der Sonne übertroffen, hat heller geschienen als sie, und trotz solcher Lichtfülle noch mächtiger geleuchtet.

 

Drittens kann man dies daran erkennen, dass er zuerst erscheint und dann wieder verschwindet. Auf dem Wege bis Palästina hat er den Magiern geleuchtet und sie geführt, nachdem sie aber in die Nähe von Jerusalem gekommen waren, verbarg er sich. Als sie dann aber den Herodes über den Zweck ihrer Reise unterrichtet und von ihm fortgegangen waren, da erschien der Stern von neuem. So bewegen sich aber Sterne nicht; das kann nur eine mit großer Einsicht begabte Kraft. Der Stern hatte ja nicht einmal seine eigene Wegrichtung, sondern jedes mal, wenn die Magier sich in Marsch setzen mussten, bewegte auch er sich vorwärts; wenn sie aber stille standen, stand auch er still und richtete sich ganz nach dem, wie sie es brauchten; gerade so wie die Wolkensäule, die dem jüdischen Heere zeigte, wann es rasten und wann es aufbrechen sollte. 

 

Viertens kann man dies deutlich erkennen an der Art und Weise, wie der Stern sich zeigte. Er blieb nicht in der Höhe und zeigte von da aus den Ort, sonst hätten ihn ja die Magier auch gar nicht erkennen können; nein, er kam zu diesem Zweck herab in die Tiefe. Ihr wisst ja, dass ein Stern einen Ort nicht anzeigen kann, der so klein ist, dass gerade noch eine Hütte auf ihm Platz hat, oder vielmehr, dass er eben noch den Leib eines kleinen Kindes aufnehmen kann. Da er so unermesslich hoch oben ist, ist er nicht geeignet, einen so eng begrenzten Ort zu bezeichnen und für die kenntlich zu machen, die ihn suchten. Das kann man ja auch beim Monde beobachten; obwohl er alle Sterne an Größe überragt, scheint er doch allen Bewohnern der Welt nahe zu sein, obwohl sie über einen so großen Teil der Erdoberfläche zerstreut leben. Wie hätte also unser Stern den schmalen Raum andeuten können, den die Krippe und die Hütte einnahmen, wenn er nicht von der Höhe herabgekommen und über dem Haupte des Kindes stehen geblieben wäre? Das wollte denn auch der Evangelist andeuten, da er sagte: „Siehe, der Stern ging ihnen voran, bis er an dem Ort stille stand, an dem das Kind sich befand.“ Siehst du, mit wie vielen Gründen man beweisen kann, dass dies kein gewöhnlicher Stern war, und dass er sich nicht den Gesetzen der sichtbaren Schöpfung unterworfen zeigte?

 

Quelle: (6. Homilie des heiligen Johannes Chrysostomus

auf das Matthäus-Evangelium. BKV 23, Kap. II, 5: 2-3)

hier Andreasbote Dezember 2007.

 

 

Die Tage nach Christi Geburt

 

Synaxis der Gottesgebärerin am 26. Dezember

 

Der 26. Dezember wird die ‚Synaxis’ der allheiligen Jungfrau Maria genannt. Dieses Wort hat hier eine doppelte Bedeutung. Einerseits lädt es die Gläubigen ein, sich zu Ehren der Mutter Gottes zu versammeln (gr. Synaxis heißt Versammlung). Andererseits erinnert es daran, dass Maria die Mitte der verherrlichten Heiligen einnimmt; wir verehren sie heute, umgeben von allen Heiligen und Engeln; die himmlische Versammlung entspricht unserer irdischen Versammlung. Es ist deshalb nur recht und billig, wenn unsere Gedanken nach der Feier der Geburt Christi sich nun zuerst Seiner Mutter zuwenden, als der Person, die das Bindeglied zwischen dem Mensch gewordenen Gott und der Menschheit wurde. Nach einer treffenden Analogie des Hl. Bernhard ist Maria der Hals des mystischen Leibes Christi, denn sie war das leibliche Mittel der Inkarnation und durch sie wurden das Haupt und die Glieder vereint. Das ist auch die Basis für die Lehre von Marias ‚allgemeiner Vermittlung zur Erlangung der Gnade. Diese relative Vermittlung, von der Ebene der Inkarnation her gesehen, spricht nicht gegen die Tatsache, dass Jesus Christus der einzige und absolute Mittler zwischen Gott und dem Menschen ist.

 

Die Lesung (Hebr 2,11-18), die wir heute hören, enthält einen Satz, den auch Marias Mund hätte sprechen können: „Ich und die Kinder, die Gott mir geschenkt hat“ (Hebräer 2: 13; Jesaja 8: 18). Hier ist wirklich Maria und hier sind mit ihr wirklich die Kinder, die Gott ihr geschenkt hat, das ist vor allem Jesus und dann alle Menschen – die adoptierten Brüder Jesu.

 

Die Evangeliumsperikope ist die gleiche wie für den Sonntag nach Weihnachten; davon  werden wir anschließend reden. 

 

 

Sonntag nach Christi Geburt: David, Jakobus und Joseph

 

Der Sonntag, der dem 25. Dezember folgt, ist dem Gedenken dreier Mitglieder von Jesu irdischer Familie gewidmet: dem Propheten David, dem Apostel Jakobus, dem ‚Bruder’ des Herrn; und dem Heiligen Josef, dem Gatten Marias und Nährvater Jesu.

 

David ist nicht nur ein Vorfahre Christi. Als Hirte ist er Vorausbild für Jesus, den Guten Hirten. Als König kündigt er geheimnisvoll das Königtum Christi an. Als Ehebrecher und Mörder ist er der Typos des reuigen Sünders. Als Verfasser der Psalmen (oder wenigsten einiger von ihnen) hat er der Synagoge und der christlichen Kirche einen Gebetstyp der Verehrung im Geist und in der Wahrheit hinterlassen, den Jesus Selbst verwendete und in dem alle Generationen Ausdruck für die tiefsten Sehnsüchte ihrer Seele fanden.

 

 

Jakobus, der ‚Bruder’ des Herrn war das Oberhaupt der ersten christlichen Gemeinde in Jerusalem. Sein Name erinnert uns an das Band, das uns mit der Kirche von Jerusalem verbindet, mit der des 1. Jahrhunderts wie auch mit der des 21. Jahrhunderts. Antiochien und Alexandrien, Rom und Konstantinopel sind große und ehrwürdige Namen in der Geschichte der christlichen Kirche; aber wir stammen zuallererst von Jerusalem ab.

 

Die Tagesepistel ist ein Ausschnitt aus dem Brief des Heiligen Apostels Paulus an die Galater (1:11-19), der wegen eines Satzes ausgewählt wurde, in dem Paulus erzählt, dass er nach seiner Bekehrung ‚Jakobus den Bruder des Herrn’ in Jerusalem gesehen hat. Aber das Fest sollte uns dazu anregen den ‚katholischen’ (den an die Gläubigen aller Kirchen, nicht an eine bestimmte gerichteten) Brief des Heiligen Jakobus noch einmal zu lesen, in dem wir viele wertvolle Worte finden wie:

 

„Keiner, der in Versuchung gerät, soll sagen: Ich werde von Gott in Versuchung geführt. Denn Gott kann nicht in die Versuchung kommen, Böses zu tun, und er führt auch selbst niemand in Versuchung“ (Jakobus 1: 13).“

 

 „Ein reiner und makelloser Dienst vor Gott, dem Vater, besteht darin: für Waisen und Witwen zu sorgen, wenn sie in Not sind, und sich vor jeder Befleckung durch die Welt zu bewahren“ (Jakobus 1: 27).

 

„Denn wie der Körper ohne den Geist tot ist, so ist auch der Glaube tot ohne Werke“ (Jakobus 2: 26). 

 

„Wer sich in seinen Worten nicht verfehlt, ist ein vollkommener Mann und kann auch seinen Körper völlig im Zaum halten“ (Jakobus 3: 2). 

 

„Ihr aber, ihr Reichen, weint nur und klagt über das Elend, das euch treffen wird“ (Jakobus 5: 1).

 

Die Person des Heilige Josef hat im Osten weniger Aufmerksamkeit und Verehrung erfahren als im römischen Westen. Wir wissen nur sehr wenig über Josef. Aber das Evangelium sagt uns, dass er ein gerechter Mann war, gehorsam den Engelsbotschaften, sorgfältig Jesus und Maria beschützend. Wir könnten ihm, durchaus zu unserem Vorteil, einen besseren Platz in unserer Verehrung zuweisen. Er ist der hervorragendste Vertreter dessen, was man wohl die Heiligkeit des Laien nennen könnte, die weder die Heiligkeit eines Apostels ist, noch die eines Bischofs oder Priesters, noch die eines Mönchs – all’ derer so üppig in Kirchenkalender gedacht wird – aber es ist die eines Familienoberhauptes, eines Mannes, der einen Beruf ausübt und sein tägliches Brot verdient. Der Heilige Josef ist der natürliche Beschützer christlicher Familien, der Arbeiter und jener, deren tägliches Brot nicht sicher ist. Denn er ernährte Jesus und Maria, wie davor der Patriarch Josef in Ägypten seine Brüder und seinen Vater in Zeiten der Hungersnot.

 

Die Tradition verbindet auch den Namen des Hl. Josef mit Ägypten: die Flucht nach Ägypten ist das Thema des heutigen Evangeliums (Mt 2,13-23). Diese Erzählung ist nicht ohne Schwierigkeiten für die historische Exegese, aber wir können darin eine klare geistliche Lehre für uns finden. Der Engel fordert auch uns auf, wie er zu Josef gesagt hat: „Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter, und flieh nach Ägypten“. Das heißt: widersage der Sünde und deiner Trägheit; nimm den Jesus, den du in Bethlehem gesehen hast und Maria, die du nie von ihrem Sohn trennen darfst, in deine Seele auf; fliehe das Böse und die Versuchungen, die dich umgeben; bereite dir ein verstecktes, zurückgezogenes, ruhiges Leben, ein Leben der Vertrautheit mit dem kleinen Kind und seiner Mutter – und auch mit Josef. Möge das Leben der Heiligen Familie, ob in Ägypten oder später in Nazareth, eine Anregung und ein Modell für uns werden.

 

Quelle: A Monk of the Eastern Church, The Year of Grace of the Lord,

A Spiritual and Liturgical Commentary on the Calender of the Orthodox Church,

Crestwood N.Y. 1992, p. 71-73; Übers. G. Wolf, Andreasbote Dezember 2003.

 

 

Die Flucht nach Ägypten

 

26. Dezember

 

Thomas Zmija

 

Die orthodoxen und altorientalischen Christen in Ägypten verehren als ihren Kirchengründer den heiligen Evangelisten Markus. Aber in besonderem Maße verehren sie auch die mit dem Aufenthalt Jesu Christi, der allheiligen Gottesgebärerin und des heiligen Joseph in Ägypten verbundenen heiligen Stätten. Die Flucht nach Ägypten ist ein Ereignis aus der Kindheit des Herrn, das uns im Matthäusevangelium (Matthäus 2: 13-15) überliefert wird. Damit sehen sich die ägyptischen Christen über die Apostolizität ihrer Kirche hinaus unmittelbar mit dem Beginn der christlichen Heilsgeschichte verbunden. Denn schon im Alten Testament sagt der heilige Prophet Hosea: „… aus Ägypten habe ICH Meinen Sohn berufen.“ 

 

Der heilige Evangelist Matthäus berichtet uns in seinem Evangelium, das er nach dem Zeugnis des heiligen Irenäus von Lyon, einen direkten Schüler des heiligen Evangelisten Johannes des Theologen zunächst in aramäischer Sprache, die in der Antike die Umgangssprache der Juden in Palästina war, und dann erst später ins Griechische übersetzt wurde: Nachdem die weisen Sterndeuter aus dem Morgenland abgereist waren, erschien dem heiligen Joseph im Traum ein Engel. Dieser befahl ihm, mit der allheiligen Gottesgebärerin Maria und dem Christuskind nach Ägypten zu fliehen, da der König Herodes das Kind zu töten versuchte. In Ägypten sollte er dann weitere Nachrichten abwarten. Nach dem Tod des Herodes erschien ihm der Engel erneut und befahl dem heiligen Josef wieder ins Heilige Land zurückzukehren. Da aber nun Herodes‘ Sohn Archelaus Herrscher über Judäa geworden war, fürchtete sich der heilige Josef, seinen Wohnsitz wieder in Judäa zu nehmen. Auf eine göttliche Weisung hin, zog er mit Christus und der allheiligen Gottesgebärerin nach Nazareth in Galiläa, wo der Herr dann aufwuchs.

 

 

Der Evangelist Matthäus deutet uns dieses Geschehen in geistlichbildhafter Weise, denn er bringt die Rückkehr Christi in bildhaften (typologischen) Zusammenhang mit dem Auszug der Kinder Israel aus Ägypten. Was sich damals im Alten Testament als geheimnisvoll verborgenes Bild vorabzeichnete, findet nun im Heilswerk des Erlösers Jesus Christus seine letztgültige Deutung und Erfüllung. So spricht der heilige Matthäus zu uns: „… Und ER war dort bis zum Tod des Herodes; damit erfüllt würde, was von dem Herrn geredet ist durch den Propheten, der spricht: „Aus Ägypten habe ICH meinen Sohn gerufen.“ (Matthäus 2: 15). Gemeint ist hier der bereits erwähnte Vers im Buch der Propheten Hosea: „Als Israel jung war, gewann ICH es lieb, und aus Ägypten habe ICH meinen Sohn gerufen." (Hosea 11: 1) Mit „Gottes Sohn“ ist das Kommen Christi, des Heilandes der gesamten Welt, gemeint. Denn der Evangelist Matthäus zeigt uns mit dem Bericht seines ganzen Evangeliums, das er vor allem geschrieben hatte, um seinen jüdischen Stammesbrüdern anhand der Geschichte Jesu Christi und der Auslegung der alttestamentlichen Texte darzulegen, dass Christus der im Alten Testament verheißene Messias ist, der neue und größere Moses, der uns als der menschgewordene Sohn Gottes in einem neuen Exodus aus Schuld und Sünde herausführt. Gleichzeitig verweist uns der Evangelist auf die ecclesiologische Wahrheit, indem er anhand der Schriften der alttestamentlichen Propheten aufweist, dass die christliche Kirche das neue und größere Israel ist. Mit Hilfe vieler solcher Reflexionszitate aus den heiligen Schriften Israels führt uns der Evangelist Matthäus diesen Nachweis deutlich vor Augen: So ist die Geburt Christi in Betlehem die Erfüllung der Prophetie in Micha 5: 1; der Kindermord in Bethlehem ist alttestamentlich sowohl schon vorgezeichnet in den Klagen der Prophetin Rachel über ihre Kinder (Jeremia 31: 15), als auch im Kindermord unter dem Pharao während der ägyptischen Bedrückung des Volkes Israel (Exodus 1: 15 - 22).

 

Und bezog sich im rabbinischen wörtlichen Verständnis die Verheißung in Hosea 11: 1 auf das Volk Israel, so bezieht der Evangelist Matthäus sie geistlich gedeutet auf Christus, dessen mystisch-sakramentaler Leib, das neue Israel, die heilige Kirche, ist. Joseph hat zwei Träume in denen sich bildhaft (typologisch) die Verheißung des alttestamentlichen Joseph in Ägypten (Genesis 37,5-9) erfüllen. Das unmittelbare alttestamentliche Vorabbild für die Flucht nach Ägypten ist die Ägyptenreise des heiligen Propheten Moses (Exodus 4: 20). Und schließlich ist die Szene, in der die allheiligen Gottesgebärerin Maria mit dem Christusknaben auf einem Esel reitet die Erfüllung der alttestamentlichen Prophezeiung in Sachaja 9: 9.

Da uns der heilige Evangelist Matthäus über den eigentlichen Aufenthalt der Heiligen Familie in Ägypten keine Details berichtet, haben bereits die antiken Christen die überlieferten Berichte gesammelt und ausgedeutet. So berichtet das apokryphe Protoevangelium des Matthäus, ein im 8./9. Jahrhundert entstandener, auf Hieronymus zurückgehender spätantiker Text auf Basis des antiken Protoevangeliums des Jakobus, das nicht mit dem in den heiligen Evangelien zu findenden Text verwechselt werden darf, dass der heilige Joseph auf der Flucht von drei Knaben und die allheilige Gottesgebärerin von einem Mädchen begleitet worden seien. Das Christuskind soll nach dem Bericht des Protoevangeliums während und nach der Flucht zahlreiche Wunder vollbracht haben: So fielen Drachen huldigend vor IHM nieder und in Hermopolis beugte sich ein heilkräftiger Baum namens Persidis, eine Dattelpalme, vor der allheiligen Gottesgebärerin und dem Christusknaben und gab danach an ihrem Stamm eine heilkräftige Quelle frei. Als die heilige Familie in der ägyptischen Stadt Sotinen eintraf, wusste sie nicht, wo sie Obdach finden sollte. Als die Gottesgebärerin mit dem Christuskind deshalb einen ägyptischen Tempel betrat, stürzten 365 Götterbilder um. Der Priester und das versammelte Volk der Stadt bekehrten sich nach diesem Zeichen. (Pseudo-Matthäus, Kapitel 17 – 24)

 

 

Das „Pseudo-Matthäus-Evangelium“ bietet uns eine umfangreiche frühchristliche Sammlung von Wunderberichten aus der Kindheit Jesu. Von bleibender religiöser Bedeutung ist für uns orthodoxe Christen nicht die bereits von den heiligen Vätern als legendenhaft ausgeschmückt beurteilte Materialsammlung, sondern das sorgfältig mit Reflexionszitaten aus dem Alten Testament belegte Nachdenken über das sich im Christusknaben offenbarende Messiasgeheimnis. So wird der Schutz der Heiligen Familie mit ihren Viehherden durch Löwen und Leoparden auf die messianische Ankündigung in Jesaja 11,6f. zurückgeführt. Das Eintreffen der Heiligen Familie in Hermopolis und in Sotinen, sowie der anschließende Besuch im Göttertempel „Kapitol Ägyptens“ mit dem Göttersturz wird in Analogie zum Bericht von der Bundeslade im Dagontempel von Aschdod (1 Samuel 5) gedeutet und als Erfüllung der Verheißung von Jesaja 19,1 verstanden. Ziel des Pseudo-Evangeliums ist es also nicht ausschließlich, im Stil antiker Fantasy-Literatur die verborgenen Anteile im Leben Jesu ausschmückend zu berichten, sondern die lokalen Überlieferungen der frühen ägyptischen Christen auf das Erlösungsgeschehen in Jesus Christus, dem menschgewordenen Sohn Gottes, hin zu deuten.

 

Nach dem sogenannten arabischen Kindheitsevangelium (aus dem 5. Jh.) suchte die heilige Familie ein Krankenhaus auf, das dem höchsten ägyptischen Götzen Seraphis geweiht war. Die Erde wankte und der Gott verkündete den erschrockenen Ägyptern, dies geschehe, weil nun der wahre Gott gekommen sei, den nun alle Welt verehren solle. Danach stürzte das sprechende Götterbild in sich zusammen. 

 

Das arabische Kindheitsevangelium mit seinen Zahlreichen Berichten von Heilungs- und, Quellwundern geht auf eine ältere syrische Quelle zurück und berichtet uns unter anderem, dass die Heilige Familie auf dem Weg zur Stadt Bubastis im Nildelta in die Hände von zwei Wegelagerern (Titus und Dumachus) gefallen ist, von denen der eine ihre Verschonung erreichte. Es handelt sich um die beiden späteren Schächer am Kreuz. 

 

 

Auch wenn diese Berichte auf legendenhafte, unseren Märchen ähnelnde Weise, das Heilgeschehen in Christus zu begreifen und zu erzählen suchen, werden die durch den Aufenthalt des Herrn und der allheiligen Gottesgebärerin geheiligten Orte von den Christen in Ägypten bis heute hoch verehrt. Seit der christlichen Antike haben ägyptische, griechisch-byzantinische und vor allem armenische Christen das Informationsdefizit um das Leben des Kindes Jesus in Ägypten ausgefüllt, indem sie die Lokaltraditionen, Ortssagen und Berichte der Überlieferung sammelten. Nach all diesen Quellen lässt sich der Weg der Heiligen Familie nach Ägypten über folgende Zwischenstationen rekonstruieren: Betlehem – Kalamonia – Askalon – Hebron – Gaza – Wadi el-Arish – Tachpanes (Farama) – el Qantara. In Bubastis (heute Zagazig) im Nildelta betrat sie ägyptischen Boden und geriet in Auseinandersetzung mit den Bewohnern und Wegelagerern. Sie gelangten nach Bilbais, wo der Christusknabe einen Toten auferweckte. Die Heilige Familie zog weiter nach Samannûd am Nilarm von Damiette, von dort nach Sakhâ und überquerte den Nilarm von Rosetta und gelangte von dort aus ins Wadi Natrûn. Hier, am Gründungsort des urchristlichen Mönchtums, soll Christus zur allheiligen Gottesgebärerin gesagt haben: „Höre, Mutter, in dieser Wüste werden viele Mönche, Asketen und Kämpfer mit geistlichen Waffen wohnen und sie werden Gott dienen wie die Engel“. Von hier aus zog die Heilige Familie dann nilaufwärts und gelangte nach Leontopolis und Matariyah (heute ein nördlicher Vorort von Kairo). Von dort aus ging es weiter nach Harat Zuweilah in Kairo, nach Giza und nach erneuter Nilquerung nach Ma´adi (heute im südlichen Kairo gelegen). Dort wurde in heutiger Zeit eine im Nil schwimmende Bibel aufgefunden, die in der koptischen Kirche als wundertätig verehrt wird. Die heilige Schrift ist nach orthodoxem Verständnis die Wortikone Christi. Auch hier spielt die Verbindung zur Auffindung des Propheten Mose in einem Schilfkörbchen (Ex 2,5f.) eine Rolle, der dann später zum Künder der alttestamentlichen Schriften wurde, deren prophetische Verheißungen in Jesus Christus ihre Vollendung und Erfüllung fanden.

 

Die weiteren Etappen führen dann nach Oberägypten: nach Ahnassiah el-Medina (bei Beni Suef), Baysus (heute Deir el-Ganûs), Oxyrrhynchos (heute al-Bahnasa). Weiter südlich berufen sich Gebel et-Teir, Samalût, Chmunu (Hermopolis Magna), Dairût, alQusia, Deir al-Muharraq, Assiut, Qusqâm und schließlich das südlich von Assiut gelegene Wadi el-Ein auf die Anwesenheit der Heiligen Familie. Nachdem der Engel dann dem heiligen Joseph erneut erschienen war, berührte die Heilige Familie auf ihrem Heimweg die Orte „Babylon“ (Fustat, Alt-Kairo), Matariyah, Musturud und Bilbais und zog durch das Wadi et-Tumilat über die alte Karawanenstraße nach Palästina zurück. 

 

Alle diese Stationen sind bis heute Orte bedeutender koptischer Marienwallfahrtskirchen und koptischer Klöster, die ihre Gründung auf die Anwesenheit der Heilige Familie an diesem durch sie geheiligten Orten zurückführen. Denn für uns Christen ist Jesus Christus der menschgewordene Sohn Gottes , der Messias und Retter, der den heiligen Propheten Mose übertrifft und in dem sich der Heilsweg Israels vollendet.