Weihnachten- Fest der Geburt Christi

 

Tropar im 4. Ton: Deine Geburt, Christus unser Gott, ließ erstrahlen der Welt das Licht der Erkenntnis. Denn es wurden die Verehrer der Gestirne von einem Sterne belehrt, Dich anzubeten als die Sonne der Gerechtigkeit und Dich zu erkennen als den Auf gang aus der Höhe. Herr, Ehre Dir.

 

Kondak im 3. Ton: Die Jungfrau gebiert heute den, der über allem Sein ist, und die Erde bietet eine Höhle dem Unfaßbaren. Die Engel lobpreisen mit den Hirten; die Weisen wandern dem Sterne nach. Denn für uns ist geboren das kleine Kind, der urewige Gott.

 

 

Über das Weihnachtsfest

 

Eine Predigt von Metropolit Anthonij (Bloom) von Suroš

 

Gott ist Mensch geworden, damit nicht ein einziger Mensch, der die Achtung vor sich selbst verloren hat, meinen könnte, dass auch Gott aufgehört habe, ihn zu achten, dass Gott nichts mehr in ihm fände, was Seiner Liebe würdig sei. Christus ist Mensch geworden, damit alle, die an sich jeglichen Glauben verloren haben, wissen mögen, dass Gott an uns glaubt, dass Er auch dann an uns glaubt, wenn wir uns verstrickt haben in unseren Lastern, in unserer Niedrigkeit. Gott glaubt an uns und steht als Hüter unsere Menschenwürde da.


Die Geburt Christi, die wir heute mit solcher Leichtigkeit im Herzen, mit solcher Dankbarkeit und Freude feiern, ist es wert nicht nur von uns Menschen, sondern auch von der gesamten Schöpfung insgesamt vernommen zu werden, denn die Geburt Christi, die Menschwerdung des Gottessohnes eröffnete uns etwas noch nie da gewesenes, etwas unfassbar Neues sowohl über Gott als auch über den Menschen und über die Schöpfung im Ganzen.


Gott ist uns in Christus in einer noch nie da gewesenen und unfasslichen Weise erschienen. Die heidnischen Völker konnten sich Gott immer nur als einen Großen, als Einen vom Himmel vorstellen, Der quasi alles Große, Majestätische und Göttliche, wovon Menschen hier auf der Erde nur so träumen, in Sich vereinigt. Und nur Gott konnte sich so dem Menschen offenbaren, wie Er es in der Menschwerdung Christi getan hat: Gott wurde einer von uns. Und eben nicht in Ruhm und Ehre, sondern in Schwachheit, Hilflosigkeit und Heimatlosigkeit, verletzlich und scheinbar besiegt, verachtet von all denen, die nur an Stärke und irdische Größe glauben. In der ersten Nacht, als Gott Mensch wurde, als der Lebende Gott selbst im Fleisch unter uns auf der Erde zu leben begann, war Er selbst ein Heimatloser, ein Mensch ohne Obdach. Niemand nahm Seine Mutter ins Haus auf. Alle hielten Ihn für einen Fremden. Alle schickten Ihn fort auf den weiten, endlosen Weg, der sich vor jedem Heimatlosen, vor jedem, der kein Obdach hat, auftut, ein Weg ohne ein einziges freundliches Wort. Und so sind sie immer wieder fortgezogen - und in dieser ersten Nacht ist Christus allen denen gleich geworden, die über die Jahrhunderte hindurch durchs Leben irren, körperlich und geistlich verstoßen, verachtet, unerwünscht, aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Von solchen Menschen ist die Geschichte der Menschheit voll. Und wie viele solcher Menschen leben bis heute - und das ist erschreckend - in unseren großen Städten und in den Weiten der Erde, die keinen Ort haben, den sie aufsuchen können, auf die niemand wartet, wegen derer niemand einen Seufzer ausstößt, denen niemand bereit ist, seine Tür zu öffnen, weil sie fremd sind oder aber weil es unangenehm ist, am Schicksal derer Anteil zu nehmen, die ausgestoßen sind. Nicht nur weil sie von Unglück gepeinigt sind, sondern auch weil sie durch menschliche Verachtung zu Fremden geworden sind, weil Menschen, andere Menschen, sie aus ihren Herzen, aus ihren Lebensbahnen verstoßen haben. Einsamkeit - furchtbare, quälende, menschentötende Einsamkeit, die das Herz von so vielen Menschen zerfrisst, war das Los der Heiligen Jungfrau und Gottesgebärerin zusammen mit ihrem Angetrauten Joseph und des gerade neu geborenen Christus. Er war ein Fremder, ein Unerwünschter, Ausgestoßener und Verworfener. So beginnt Sein Weg und auf diesem Weg ist er allen gleich geworden. Und so lebt auch heute in unserer Zeit weiter: als Fremder unter uns Menschen, die wir jenen Brüder sein sollten, die aus Schlechtigkeit, Feigheit und Hass verachtet und zertreten sind. Sie sind verletzlich in ihrer Zerbrechlichkeit und wegen ihrer Schutzlosigkeit. Es ist an uns Christen in jenen das Abbild des Gottes zu erkennen, Den wir heute in voller Ehrfurcht verherrlichen und jene so bei uns aufzunehmen, wie wir jetzt Christus willkommen heißen würden, wenn Er heute vor uns als Unglücklicher, Verletzbarer, Hilfloser, Verachteter, Gehasster und Vertriebener treten würde.


Schaut, wie Gott vor uns erschienen ist, um Einer von uns zu sein, damit keiner hier auf Erden sich seines Gottes schämen müsste, weil Er angeblich so groß und so fern und völlig unzugänglich sei. Er wurde Einer von uns in unserer Erniedrigung, in unserem Desaster. Er hat sich nicht für uns geschämt und wurde Einer wie wir alle. Nicht nur in unserer materiellen, irdischen und physischen Tragik, nicht nur in unserer seelischen Verlassenheit, von menschlicher Liebe vergessen. Er wurde ganz einer von uns aus Liebe, aus Verständnis, aus Verzeihen und Mitgefühl. Er empfindet auch mit denen, die, weil sie Sünder sind, von anderen verstoßen wurden. Er ist nicht gekommen um sich Gerechten, sondern um sich Sündern zuzuwenden und nach ihnen auf die Suche zu gehen. Er ist gekommen, damit nicht ein einziger Mensch, der die Achtung vor sich selbst verloren hat, meint, dass auch Gott aufgehört habe, ihn zu achten, dass Gott nichts mehr in ihm fände, was Seiner Liebe würdig sei. Christus ist Mensch geworden, damit wir alle - alle ohne Ausnahme, auch die mit eingeschlossen, die an sich jeglichen Glauben verloren haben - wissen mögen, dass Gott an uns glaubt, dass Er auch an uns glaubt, wenn wir uns vergangen haben, dass Er ebenso an uns glaubt, wenn wir einander und uns selbst schon nicht mehr glauben, dass Er so fest an uns glaubt, dass Er sich nicht scheut, einer von uns zu werden. Gott glaubt an uns und steht als Wächter unsere Menschenwürde da. Gott bewahrt unsere Ehre und deshalb, damit wir es auch glauben und mit eigenen Augen sehen können, wird unser Gott ein verlassener und hilfloser Mensch. Nur die, die allein an Macht und Stärke glauben und an nichts anderes, die, die von ihrer eigene Rechtschaffenheit so sehr überzeugt sind, finden so lange zu Ihm keinen Zugang bis sie es endlich einsehen, Reue empfinden und verstehen, dass Demut, Liebe, Mitgefühl und Mildtätigkeit das Maß des Lebens sind.


In Christus ist uns nicht nur Gott in Seiner Liebe, mit Seinem Glauben an uns, als Hüter unserer Menschenwürde, als Hirt unserer Wahrhaftigkeit erschienen; Er hat uns ebenfalls die Großartigkeit des Menschseins aufgezeigt. Wenn Gott dem Wesen nach Mensch werden konnte, wie können wir dann nicht verstehen, wie bedeutsam es ist, Mensch zu sein? Warum begreifen wir es nicht? Ein Mensch ist jemand so bedeutsames, dass Gott Mensch wurde und den Menschen dabei gleichzeitig Mensch sein und bleiben lässt. Die gesamte Schöpfung, wie sie Gott aus dem Nichts ins Sein berufen hat, ist so großartig, dass der Mensch in sich Gott aufnehmen kann. Dieses Geschaffene ist unser Fleisch, unser Blut, unsere Knochen. Unser gesamter Körper, wir sind befähigt Gott zu beherbergen, Gottesträger zu sein, sich mit Gott zu verbinden und dabei wir selbst zu sein und zu bleiben. Wir sind berufen in einer Herrlichkeit und Größe zu erstrahlen, die wir nicht sehen, die jedoch Gott sieht und um derer willen Er uns und alles geschaffen hat.


Schauen wir auf das Bild der Fleischwerdung: Christus hat uns die Demut und die Liebe Gottes aufgezeigt. Ebenso den Glauben Gottes an die gesamte Schöpfung, an uns Sünder und Gefallene. Und gleichzeitig hat Er uns aufgezeigt, wie großartig und tiefgründig wir und unsere Existenz sein können, welch eine Tiefe der gesamten Schöpfung des Herrn innewohnt. Ja, mit einem solchen Glauben können wir leben, können wir uns aufmachen Mensch zu werden im wahrsten Sinne des Menschwerdung Christi und die Welt, in der wir leben, nicht nur als totes Material zu betrachten, sondern als etwas, was am Ende der Zeit sichtbares Kleid Gottes werden wird, wenn Gott alles in allem sein wird.


Was für eine Pracht, was für eine Freude, was für eine Hoffnung. Lasst uns mit Ehrfurcht, Liebe und Ergebenheit die Menschwerdung Christi preisen. Sie bedeutet für uns das ewige Leben bereits hier auf der Erde. Sie ist die Würdigung alles Geschaffenen in der Ewigkeit der Himmel. Amen.

 

 

Über die Menschwerdung Christi

 

Metropolit Anthonij von Suroš

 

Wenn wir der Menschwerdung Christi gedenken, dann bedeutet dies für uns Freude: Der Heiligen Jungfrau, der Gottesgebärerin, ist ein Kind geboren worden. Dabei vergessen wir jedoch, dass Er dazu geboren wurde, um uns von der Macht der Sünde zu erlösen und dass Er dafür mit Seinem Leben bezahlt hat.

 

Heute besingen wir für den gesamten Kosmos, für die ganze Natur das Wunder der Ankunft des Lebendigen Gottes in dieser Welt. Ob die Menschen nun darum wissen oder nicht, wir preisen es in Hymnen.

 

Seit dem Kommen unseres Herrn Jesu Christi auf diese Welt durchdringt die Gegenwart Gottes alles. Wenn wir die Taufe annehmen, wenn wir mit Myron gesalbt werden, wenn wir die Heiligen Gaben in uns aufnehmen, vergegenwärtigen wir den Mensch gewordenen Christus in dieser Welt. Und welch ein Freude ist es, zu wissen, dass unser Gott nun ein lebendiger Teil unserer geschaffenen Welt geworden ist.

 

Es gibt eine alte Weihnachtsikone, auf der der Heiland nicht in einer Krippe liegend dargestellt ist, sondern auf einem Opfertisch. Denn Er wurde dazu geboren, um für uns zu sterben, um Sein Leben für uns hinzugeben, damit wir am Ewigen Leben teilhaben können, ... am wahrhaft Göttlichen Leben. Mit welch einer Dankbarkeit, aber auch mit welch einem Bewusstsein für unsere tiefe Verantwortung sollten wir deshalb dieses Weihnachtsfest begehen.

 

Wir können dem nicht leicht und unbeschwert gegenüber stehen. Wenn Gott Mensch geworden ist und dies mit Seinem Leben und mit dem Tod bezahlt hat, weil Er uns so liebt, weil Er so an uns glaubt, dann sollten wir Seinem Glauben an uns mit schöpferischer Hingabe beantworten.

 

Deshalb lasst uns heute, auch wenn dies nicht das erste Mal ist, ein neues Leben beginnen, welches jener Liebe würdig ist, die Gott uns in Seiner Menschwerdung, durch Sein Leben, mit Seinem Tod und in Seiner Auferstehung, ja durch die Tatsache, dass Er einer von uns geworden ist, damit wir zu Kindern Gottes werden können, offenbart hat. Amen.

 

 

Weihnachten nach den alten und dem neuen Kalender

 

Diakon Thomas Zmija

 

Nicht nur in Deutschland feiern die orthodoxen Christen das Weihnachtsfest scheinbar an zwei unterschiedlichen Terminen. Dies hat mit dem unterschiedlichen Kalender in den verschiedenen orthodoxen Kirchen zu tun. Während die dem sogenannten Neuen Kalender folgenden Kirchen das Weihnachten am gleichen Tag wie die katholischen und evangelischen Christen feiern, stimmt der 25. Dezember des alten Kalenders mit dem 07. Januar des bürgerlichen Kalender überein. Also auch die orthodoxen Christen in Russland feiern Weihnachten nicht am 07. Januar, sondern am 25. Dezember des alten Kalenders.

 

Die griechischen Kirchen Konstantinopel, Antiochien und Hellas und die orthodoxen Kirchen in Rumänien und Bulgarien folgen dem "neuen Kalender", während die Kirchen Jerusalem, Alexandrien, Russland, Serbien, Georgien, Polen, Tschechien und Slowakei dem "alten Kalender" folgen.

 

Während die Hauptfeier des Weihnachtsfestes in den westlichen Kirchen heute mit Christmette und anschließender familiärer Feier heute am Abend des 24. Dezember (Heiliger Abend) stattfindet, ist der Vorabend des orthodoxen Weihnachtsfestes  bis heute ein von Gottesdiensten (Königliche Stunden) erfüllter Vorbereitungstag mit strenger Fastenpraxis geblieben.

 

 

Über das Weihnachtsfest

 

Das Weihnachtsfest wird am 25. Dezember gefeiert, neun Monate nach Mariä Verkündigung. Christi Geburt oder Weihnachten ist nach Ostern das fröhlichste und feierlichste Fest im Jahr.

Weihnachten geht die Weihnachtsfastenzeit, auch Fastenzeit des hl. Philippus genannt, voran, welche 40 Tage dauert. Der Vortag von Weihnachten ist ein strenger Fasttag und heißt sočel’nik (Heiliger Abend). Diese Namensbezeichnung kommt vom Namen einer Speise – sočivo, die aus gekochtem Getreide und Beeren besteht. Der Tradition nach ist dies die einzige Speise, die man am Vortag von Weihnachten zu sich nehmen darf. Gewöhnlich isst man bis zum Erscheinen des ersten Sterns nichts. Unter dem ersten Stern versteht man den Stern, der sich nach der Abenddämmerung als erster am Himmel zeigt. In der kirchlichen Praxis jedoch bedeutet der Stern bisweilen den Zeitpunkt des Anbrechens des Festtags, und zwar wenn am Vortag von Weihnachten nach der Liturgie das Troparion “Deine Geburt, Christus, unser Gott...” zum ersten Mal gesungen wird. In diesem Moment gehen alle Geistlichen zur Weihnachtsikone in die Mitte der Kirche. Ihnen wird eine große Kerze vorangetragen, die den Stern von Betlehem symbolisiert, der den Magiern das Gotteskind gezeigt hat. Eben bis zum Erscheinen dieses “Sterns” isst man nichts.

Die Geburt Christi geschah nach der Verlobung der heiligen Jungfrau Maria mit Josef, einem alten und gerechten Mann: er war schon achtzig Jahre alt.

Josef stammte aus königlichem Geschlecht, aus dem Hause der Könige David und Salomo. Aus erster Ehe hatte er vier Söhne – Jakobus, Simon, Judas und Joses – und zwei Töchter. Nachdem seine Frau Salome gestorben war, lebte Josef ziemlich lange als Witwer und verbrachte seine Tage makellos. Er war Zimmermann und ein sehr armer Mensch.

Die Jungfrau Maria wurde ihm anvertraut, damit er sich um sie kümmere und ihre Jungfräulichkeit bewahre. Ihre Ehe war also keine echte Ehe, sondern nur eine vermeintliche. Schon bald stellte sich heraus, dass Maria ein Kind vom Heiligen Geist in sich trug. Josef war Zeuge des makellosen Lebens der Jungfrau Maria und, obwohl er ihr Mann genannt wurde, war er nur ihr Beschützer. Der Herr wollte dem Teufel das Geheimnis der Geburt Seines Sohnes verbergen, und deshalb wurde die Heilige Jungfrau dem gerechten Josef zur Frau gegeben, damit der Feind nicht wisse, dass es ebendiese Jungfrau ist, über die der Prophet Jesaja gesagt hatte, dass sie den Erlöser gebären werde. Josef wusste am Anfang selbst nichts davon, dass Maria bald ein Kind gebären sollte. Nachdem Maria drei Monate bei Elisabet, ihrer Verwandten, gewesen war, wurde ihre Schwangerschaft offensichtlich, und Josef war sehr bestürzt und betrübt, als er davon erfuhr. Er dachte, dass Maria das Gelübde der Jungfräulichkeit gebrochen habe.

Er selbst war ein gerechter Mann, und wollte, dass das, was geschehen war, nicht überall bekannt wurde, und beschloss deshalb, Maria entweder heimlich fortzuschicken oder selbst zu gehen. Da aber erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte:

– Fürchte dich nicht, Josef, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen. Sie ist deine Frau, weil sie dir angetraut ist, aber auch Jungfrau, weil sie Gott ein Gelübde abgelegt hat. Fürchte dich nicht. Ihr Kind ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären, und du als Vater wirst ihm einen Namen geben, obwohl du nur sein vermeintlicher Vater bist. Du wirst das Kind Jesus nennen. Er ist der Erlöser und wird Sein Volk von seinen Sünden befreien. Als Josef erwachte, tat er alles so, wie es ihm der Engel gesagt hatte, und nahm Maria zu sich und diente ihr in Frömmigkeit und Furcht, weil er jetzt wusste, dass sie die Mutter des Erlösers sein wird. Vor der Geburt Christi und auch nach der Geburt wagte es der alte Mann nicht, Maria zu berühren, weil er sie so tief verehrte, wie ein Diener seine Herrin. Vor und nach der Geburt blieb Maria Jungfrau. So lehrt es die heilige Kirche, so sagen es einstimmig die Heiligen Väter.

In jener Zeit befahl der römische Kaiser Augustus, in allen Rom damals bekannten und unterstehenden Ländern eine Volkszählung durchzuführen. Augustus war der Neffe des Julius Caesar. Nachdem er alle Rivalen besiegt hatte, errang er die volle Macht und wurde zum einzigen Herrscher über das riesige Römische Reich.

Jetzt wollte er alle seine Untertanen zählen, darunter auch all jene, die in den Randgebieten und Provinzen lebten, deren eine Israel war. Alle mussten in die Stadt gehen, aus der sie stammten und sich dort bei den Volkszählern melden.

Josef lebte mit Maria in Galiläa in der Stadt Nazaret, aber sie stammten aus dem Geschlecht des Königs David, und mussten deshalb nach Betlehem gehen. Betlehem ist eine kleine Stadt unweit von Jerusalem, in südlicher Richtung. Es lag auf dem Weg nach Hebron, der Stadt der Priester, wo Maria unlängst bei ihrer Verwandten Elisabet und ihrem Mann, dem Priester Zacharias, den Eltern Johannes des Täufers, zu Gast gewesen war. Betlehem liegt etwa auf halbem Weg von Jerusalem nach Hebron. Von Nazaret bis nach Betlehem dauerte die Reise ungefähr drei Tage oder etwas länger. Der Vorfahre Josefs, der Prophet und Psalmensänger David, war in Betlehem geboren und hier auch zum König gesalbt worden. Östlich der Stadt befand sich der Brunnen Davids und ihm gegenüber eine Höhle in einem felsigen Berg, auf dem die Stadt Betlehem lag. Neben der Höhle war ein Feld, das Salome, einer Verwandten Marias und Josefs, gehörte. Als sich die heiligen Wanderer der Stadt näherten, kam die Zeit, da Maria gebären sollte. Josef suchte einen dafür geeigneten Ort, fand aber keinen. Auf Grund der Volkszählung waren sehr viele Menschen nach Betlehem gekommen. Die Herberge war überfüllt, und in allen Häusern waren Gäste untergebracht. Maria und Josef kehrten zu der Höhle zurück, da sie nirgends Platz gefunden hatten und der Tag zur Neige ging.

Diese Höhle war ein Ort, an dem man das Vieh für die Nacht unterstellte, und hier sollte der Erlöser der Welt geboren werden. Hier gebar die Jungfrau Maria, während sie zu Gott betete, in der Nacht schmerzlos unseren Herrn Jesus Christus. Niemand half ihr; es war auch nicht nötig. Maria wickelte den Neugeborenen selbst in Windeln.

Der Überlieferung nach erfolgte die Geburt Christi um Mitternacht von Samstag auf Sonntag. In der Welt geschahen während der Geburt Christi große Wunder. Zum Zeitpunkt der Geburt des Erlösers tat sich in der Höhle eine Quelle auf, die aus einem Stein sprudelte; weit davon entfernt, in Rom, entsprang eine Quelle wohlriechenden Öls und floss in den Fluss Tiber. Der heidnische Tempel, der Ewiger Tempel genannt wurde, stürzte ein, die Götzenbilder in ihm fielen zu Boden, und am Himmel erschienen drei Sonnen. In Spanien erschien in dieser Nacht eine Wolke, die in blendendem Licht erstrahlte, in Israel erblühten die Weingärten, obwohl es Winter war.

Besonders wunderbar war die Erscheinung der Engel, über die im Evangelium berichtet wird: Engel stiegen singend vom Himmel herab, und die Menschen konnten sie klar sehen. Es geschah so: Gegenüber der Höhle, in der Christus geboren wurde, war ein großer Turm, der Ader genannt wurde; in ihm lebten Hirten. Drei von ihnen schliefen in dieser Nacht nicht, sondern bewachten die Herde, und ihnen erschien in großem Glanz der Erzengel Gabriel, der in himmlischer Herrlichkeit erstrahlte. Als ihn die Hirten sahen, erschraken sie sehr. Aber Gabriel sprach zu ihnen: “Fürchtet euch nicht!” Er erzählte von der Freude, die mit der Geburt des Erlösers in die Welt gekommen war. Er sagte ihnen, wo sie das Kind finden konnten, das gewickelt in einer Krippe lag. In der Zeit, als Gabriel ihnen alles erzählte, hörte man plötzlich vom Himmel den Gesang vieler Engel, die Gott mit folgenden Worten priesen: “Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden, den Menschen ein Wohlgefallen.”

Nachdem sie sich beraten hatten, beschlossen die Hirten, zum Geburtsort des Kindes zu eilen und zu sehen, ob es wahr sei, was ihnen der Erzengel Gabriel erzählt hatte. Als sie dort angekommen waren, sahen sie alles so, wie es ihnen gesagt worden war: die Allreine Gottesmutter, den heiligen Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Die Hirten glaubten, dass Er Christus, der Herr und Erlöser, ist, den sie erwartet hatten und der nun endlich gekommen war, um die ganze Menschheit zu retten. Sie erzählten über die Erscheinung der Engel und verneigten sich vor dem Kind. Josef, Salome und alle, die zu der Höhle gekommen waren, wunderten sich über die Erzählung der Hirten. Maria aber hörte still zu und bewahrte diese Worte in ihrem Herzen. Etwas später kehrten die Hirten, Gott lobend und preisend, zu ihren Herden zurück.

Einige Monate vor der Geburt Christi war am Himmel ein seltsamer Stern erschienen. Die östlichen Gelehrten und Philosophen bemerkten ihn und begannen zu rätseln, warum er erschienen war. Wie die Heiligen Väter berichteten, begann der Weihnachtsstern genau in dem Augenblick am Himmel zu leuchten, als der Erzengel Gabriel der Jungfrau Maria verkündete, dass sie den Erlöser der Welt gebären werde. Die Weisen wussten dies nicht, wunderten sich sehr über die Erscheinung des Sterns und fragten sich, was sie zu bedeuten habe. Drei von ihnen, einer aus Persien, der zweite aus Äthiopien und der dritte aus Arabien, wurden von Gott auf wundersame Weise belehrt, dass der neue Stern die Geburt des Messias, Christi, des Königs des Himmels und der Erde, anzeige. Und als nur noch wenig Zeit bis zur Geburt Christi verblieb, brachen die Weisen eilig auf und gingen dem Stern nach, jeder aus seinem Land. Unterwegs trafen sie zusammen, und nachdem sie erfahren hatten, dass sie dasselbe Ziel hatten, glaubten sie noch mehr an die Wahrheit dessen, was ihnen durch Gott geoffenbart worden war. Die Weisen erreichten Palästina und kamen schließlich am Tag der Geburt Christi in die Hauptstadt Judäas, Jerusalem. Die Nachricht darüber, dass in die Stadt Weise aus dem Osten gekommen seien, die noch dazu in ihren Ländern angesehene Menschen und Herrscher waren und nach dem neuen König fragten, wurde Herodes hinterbracht, der zu jener Zeit über das Land herrschte. Der König Herodes erschrak sehr. Er ließ Priester und besonders gesetzeskundige Schriftgelehrte zu sich kommen und fragte sie, wo der Messias geboren werden sollte.

Die Berater des Herodes antworteten: Es soll in Betlehem in Judäa geschehen. Darauf schickte Herodes nach den Weisen, empfing sie mit Ehren und fragte sie nach der Zeit der Erscheinung des Sterns; schließlich sprach er zu ihnen, wobei er seine böse Absicht verheimlichte: “Geht, macht den neugeborenen König ausfindig. Wenn ihr ihn gefunden habt, sagt es mir, damit auch ich kommen und ihn verehren kann.”

Als die Weisen Jerusalem verlassen hatten, erschien ihnen sogleich wieder der wegweisende Stern. Sie freuten sich sehr und folgten ihm. Dieser Stern war ungewöhnlich, weil er der Erde sehr nahe gekommen war, und schließlich blieb er über der Höhle stehen, wo das Kind war. Als die östlichen Weisen und Herrscher die armselige Umgebung sahen, verstanden sie, dass das Reich des Neugeborenen nicht in Pracht und herrlichen Gemächern bestehe, sondern in Armut, Demut und Verachtung der weltlichen Ehren. Die heidnischen Weisen verloren jedoch den Glauben nicht, der sie hierher geführt hatte, selbst als sie ein für sie so unerwartetes Bild erblickten. Im Gegenteil, ohne jede Verwirrung und ohne Murren betraten sie den Viehstall. Sie gingen sofort zur Krippe, fielen auf die Erde nieder und beteten das Kind an. Sie verneigten sich vor ihm nicht nur als König, sondern auch als Gott.

Die Weisen hatten Gaben mitgebracht: einer Gold, der andere Weihrauch, der dritte ein wohlriechendes Öl (Myrrhe). Das Gold wurde Christus als König dargebracht, der Weihrauch Christus als Gott und die Myrrhe Christus als Menschen, weil man mit Myrrhe den Leichnam der Toten einbalsamierte.

Als die Weisen Betlehem verlassen hatten, erschien ein Engel des Herrn Josef im Traum und sagte ihm, dass er mit dem neugeborenen Kind Jesus Christus und mit Seiner Mutter, der Allreinen Jungfrau Maria, nach Ägypten fliehen und dort so lange bleiben solle, bis ihm der Engel befehlen werde zurückzukehren. Herodes trachte nach dem Leben des Kindes. Josef erwachte, stand sogleich auf, nahm das Kind und Seine Mutter und brach noch in der Nacht nach Ägypten auf.

Es begleitete sie der älteste Sohn Josefs, Jakobus, der später Bruder des Herrn genannt wurde. Er half unterwegs dem betagten Josef und Maria mit dem Kind.

Es ist nicht bekannt, wie lange Zeit der Herr in Ägypten verbrachte. Einige sagen, es seien zwei Jahre gewesen, andere meinen fünf Jahre, wieder andere nennen die Zahl sieben. Eines ist aber sicher: Die Heilige Familie lebte dort, bis Herodes starb. Nach seinem Tod erschien der Engel des Herrn Josef wieder im Traum und befahl ihm, in seine Heimat zurückzukehren.

Zuerst wollte Josef nach Judäa gehen, aber als er erfuhr, dass dort an Stelle des Herodes sein Sohn Archelaus regierte, überlegte er es sich anders. Archelaus war der grausamste der drei Söhne des Herodes. Er begann seine Herrschaft damit, dass er dreitausend Menschen töten ließ, viele ließ er an Festen mitten im Tempel martern, und er war deshalb bei seinem Volk verhasst.

Die Söhne des Herodes hatten das Reich in vier Teile geteilt. In Galiläa herrschte Herodes Antipas, der sanfter als sein Bruder Archelaus war, und deshalb beschloss Josef, nach Galiläa zu ziehen. Ebendas hatte der Engel gesagt, als er Josef abermals erschien. Die Heilige Familie zog in das Haus, wo sie auch früher gewohnt hatte.


Die Gottesdienste des Weihnachtsfestes sind feierlich und erhaben. Viele Gesänge sind speziell für dieses Fest geschrieben worden. Die Farbe der liturgischen Kleidung ist Gold.


Troparion im 4. Ton

Deine Geburt, Christus, unser Gott, ließ erstrahlen der Welt das Licht der Erkenntnis; denn in ihm wurden die Anbeter der Gestirne von einem Stern belehrt, Dich anzubeten als die Sonne der Gerechtigkeit und Dich zu erkennen als den Aufgang aus der Höhe. Herr, Ehre sei Dir!


Kontakion im 3. Ton

Die Jungfrau gebiert heute den, der vor allem Sein ist, und die Erde bietet eine Höhle dar dem Unfassbaren; die Engel lobpreisen mit den Hirten; die Magier wandern dem Sterne nach; denn für uns ist geboren worden als kleines Kind der urewige Gott!

Die Kirchen und die Häuser werden für dieses Fest mit Weihnachtsbäumen geschmückt. Zu Hause wird auf den Baum außer dem üblichen Schmuck ein achtzackiger Stern angebracht als Symbol des Sterns von Betlehem, der die Weisen zum Gotteskind geführt hat.

Die dem Weihnachtsfest folgenden zehn Tage werden auch "Heilige Tage" genannt. An diesen Tagen gibt es kein Fasten. Es sind Tage der Freude.

 

Quelle: Orthodoxes Glaubensbuch;

Einführung in das Glaubens- und Gebetsleben

der russischen orthodoxen Kirche.

 

Lobpreis auf die Menschwerdung Gottes

 

Kind, älter als der Himmel! O dreimal gesegneter Sohn, der auf seinen Schultern seine Herrschaft trägt und nicht nach Würde aus fremder Hand zu trachten braucht. Denn von Natur ist dem göttlichen WORT als dem Sohn Gottes die Herrschaft über das All eigen; nichts ist ihm gegeben worden, wie es einem Geschöpf zukommt. Es heißt: »Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter« (Jesaja 9:5). O allmächtige Gewalt! »Wunderbarer Ratgeber und Friedensfürst ist er« (Jes 9,5). Wie sollen wir das heutige Fest ruhmvoll feiern? Wie sollen wir die gegenwärtige mystische Feier herrlich begehen? Wer kann den unvergänglichen Reichtum dieses Tages ausschöpfen? Mit welchen klangvollen und machtvollen Worten sollen wir das hochgepriesene und siegreiche Mysterium der Unvergänglichkeit verkünden? O Tag, unzähliger Gesänge wert, an dem für uns der Stern aus Jakob aufging und der himmlische Mensch aus Israel erstrahlte und der gewaltige Gott unter uns Wohnung nahm! »Die Sonne der Gerechtigkeit« (Malachias 3:20) vertrieb die Dunkelheit; der Schatz göttlicher Tugenden wurde aufgeschlossen; der Baum des ewigen Lebens hat für uns zu sprossen begonnen und die aufgehende Sonne leuchtete aus der Höhe. Der Herr des Himmels und der Erde kam aus jungfräulichem Schoß in die vergängliche Welt, um sie zu erlösen. Denn »heute wurde uns der Retter geboren, der Messias, der Herr« (Lukas 2:11), »das Licht für die Heiden« (Lukas 2:32) und die Rettung des Hauses Israel. O Wunder! Als Kind in der Krippe liegt der, den die Himmel nicht fassen können, und in den Armen einer Frau ruht der, der durch kurzen Befehl das All erschaffen hat. Von den makellosen Brüsten der heiligen Jungfrau wird genährt, der allen himmlischen Mächten das Dasein geschenkt hat. ... Durch eine Jungfrau wird die Welt befreit, die einst durch eine Jungfrau der Sünde unterlegen war. Durch die Geburt aus der Jungfrau sind die unsichtbaren Dämonen jeder Zahl und jeder Art in die Unterwelt gebannt worden. Der Herr nahm die Gestalt der Knechte an, damit die Knechte Gottes Gestalt erlangen können. ... O Bethlehem, geheiligte Stadt, aller Menschen gemeinsames Erbe! O Krippe, Gefährtin der Cherubim, gleicher Ehren wert wie die Seraphim! Denn der auf jenen in göttlicher Ewigkeit thront, ist nun dem Leib nach in dir eingeschlossen. O Maria, o Maria, die du den Schöpfer des Alls als deinen Erstgeborenen geboren hast. O Menschennatur, dem WORT Gottes schenkst du leibliches Sein. Mehr Ehre verdienst du deshalb in dieser Hinsicht als die himmlischen und geistigen Kräfte. Denn nicht die Gestalt der Erzengel wollte Christus annehmen, noch der Herrschaften, Mächte und Gewalten unwandelbare Erscheinungen, sondern die deine hat er angenommen, die dem Untergang unterworfen und unvernünftigen Wesen gleichgestaltet ist. Doch bedürfen nicht die Gesunden des Arztes (vgl. Matthäus 9:12); deshalb hat die von großer Krankheit befallene Menschheit einen solchen Arzt erhalten, damit sie, von der Krankheit geheilt, das Glück der größeren Gesundung genieße. ... Brüder, seliger himmlischer Berufung teilhaftig, zu Söhnen und Brüdern Gottes seid ihr berufen! Darum ist es unsere Pflicht, dankbar Den zu preisen, der uns berufen hat.

 

Quelle: Amphilochios von Ikonium, Predigt zur Geburt Christi.

 

 

Die Ikone der Allheiligen Gottesgebärerin vom Zeichen - Ein Lobpreis auf die Menschwerdung Gottes

 

Diakon Thomas Zmija

 

Die Ikone der Allheiligen Gottesgebärerin „vom Zeichen“ (russ. Знамение) ist eine orthodoxe Ikone, deren Ikonographie auf drei wundertätige byzantinische Marienikonen zurückgeht, die ursprünglich in der Blachernenkirche in Konstantinopel aufbewahrt wurden.

 

Auf der Snamenskaja Muttergottesikone sehen wir die Allheilige Gottesgebärerin mit zum Gebet erhobenen Armen dargestellt. Sie trägt über ihrem Untergewand einen weiten Mantel oder Schleier, das Omophorion. Auf dem Schleier sind drei Sterne zu sehen, die auf die Immerjungfräulichkeit (vor dem Gebären, im Gebären und nach dem Gebären) der Allheiligen Gottesgebärerin und Jungfrau hinweist. Wir sehen auf der heiligen Ikone die Gottesgebärerin geehrt durch einen sechsflügeligen Cherubim (blau) und einen sechsflügeligen Seraphim (rot). Vor ihrer Brust schwebt eine Mandorla (Clipeus), ein in blauer Farbe gehaltener Heiligenschein als Symbol der Himmel und der Ewigkeit, mit einer Darstellung des Christus Emanuel, des vorgeburtlichen Christus in seiner Mitte. Christus Emanuel; Christus, der Eingeborene Sohn Gottes und zugleich als Allherrscher (Pantokrator), als König des Kosmos und der Zeiten, wird segnend inmitten der himmlischen Sphären dargestellt. Die griechische Bezeichnung dieses Ikonentypus der Allheiligen Gottesgebärerin als „Platytera“ (Umfassende) verweist auf den Marienhymnus aus der Basiliusliturgie: „Über Dich freut sich, ´Du Begnadete, alle Schöpfung, die Schar der Engel und das Geschlecht der Menschen, o geheiligter Tempel und geistiges Paradies, du jungfräulicher Ruhm, aus welcher Gott Fleisch annahm, und ein Kindlein ward, der unser Gottvor  aller  Zeit  ist.  Denn Deinen Schoß hat Er zum Thron gemacht und Deinen Mutterleib schuf Er weiter als die Himmel. Über Dich freut sich, Du Begnadete, alle Schöpfung, Ehre sei Dir!“

 

„…denn Deinen Schoß hat Er zum Thron gemacht und Deinen Mutterleib schuf Er weiter als die Himmel...“, aber auch die Vorherverkündigung des heiligen Propheten Jesaja: „…die Jungfrau wird eine empfangen und einen Sohn gebären…“ (Jesaja 7,11) werden durch diesen Ikonentypus dargestellt.

 

Die Ikone der Allheiligen Muttergottes vom Zeichen fand eine besondere Verehrung in Russland. Mehrere wundertätige Ikonen dieses Typus wurden der Russischen Orthodoxen Kirche im Laufe der Jahrhunderte von Gott geschenkt. Der Ruf dieser heiligen Ikone verbreitete sich in alle Gegenden Russlands  Viele davon sind Kopien des heiligen Bildes und sie alle künden uns von den großen Wundern des barmherzigen Gottes auf die Fürsprache der allheiligen Gottesgebärerin hin.

 

 

Im Besonderen möchten ich hier noch von dem Wunder erzählen, das der Ikone "vom Zeichen" von der Wurzel aus Kursk widerfuhr. Es geschah im Jahre 1898. Böswillige Menschen, die als marxistische Materialisten den Eingebungen des Teufels folgten, wollten den Glauben im russischen Volk an die wundertätige Kraft der heiligen Ikone erschüttern und das Bild zerstören. Während der Nachtwache legten sie einen Sprengsatz mit einem Zeitmechanismus zur Ikone. In der Nacht hörte man eine furchtbare Explosion, die so stark war, dass die gusseiserne vergoldete Umkleidung der Ikone zersprang, der schwere marmorne Ständer weggeschleudert wurde und in Stücke zerbarst, die Tür, die sich unweit der Ikone befand, total beschädigt wurde, die Wand Sprünge bekam und alles Glas in der Kirche zerbrach. Aber inmitten all dieser Zerstörung blieb die heilige Ikone auf wundersame Weise durch die Fügung Gottes unversehrt bewahrt. Sogar die Glasplatte an ihrem Schrein vor der heiligen Ikone blieb unbeschädigt. Das böse Vorhaben, das wundertätige Bild zu zerstören, führte dann nur noch zu seiner noch größeren Verehrung.

 

Im April 1918 wurde die heilige Ikone dann aus der Kirche des Znamenskij-Klosters gestohlen, und aber am 2. Mai wurde sie wiedergefunden und an ihren Aufbewahrungsort im Kloster zurückgebracht. Während des Bürgerkriegs wurde sie dann im Jahre 1919 von russischen Flüchtlingen nach Jugoslawien gebracht. Im Jahr 1944 wurde sie vor den anrückenden Tito-Kommunisten nach München in Sicherheit gebracht. Sie übersiedelte dann im Jahre 1951 zusammen mit Metropolit Anastasij nach Amerika. Seit 1957 wird sie in der ihr geweihten Hauptkirche des Bischofssynods der Russischen Auslandskirche in New York aufbewahrt. Von dort aus reist die heilige Ikone von Zeit zu Zeit zu den orthodoxen Gläubigen in der ganzen Welt. Seit dem Sturz des Kommunismus besucht sie auch regelmäßig die Gläubigen in Russland. Allen orthodoxen Christen in der Heimat und in der Zerstreuung bitten dann vor der heiligen Ikone unsere wunderbare Beschützerin, die Allheilige Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria, um ihre Fürbitte, um Hilfe und Segen.

 

Allheilige Gottesgebärerin, rette uns!

Пресвятая Богородице, спаси нас!

 

 

Über das Weihnachtsfest

- Schein und Wahrheit

 

Erzpriester Dr. Georgios Metallinos

 

Mit Seiner Menschwerdung und Geburt hat der Gottmensch Jesus Christus das Ziel der Schöpfung des Menschen vollendet, nämlich das Erscheinen des Gottmenschen in der Geschichte. Es geschieht die Vereinigung des Geschöpfs mit seinem unerschaffenen Schöpfer. Der Zweck der Menschwerdung ist die Vergöttlichung des Menschen. „Gott wird Mensch, damit Adam zum Gott erschaffen wird“ (Troparion von Weihnachten). „Er wurde Mensch, damit wir vergöttlicht werden“(Hl. Athanasius der Große). „Denn Gott wurde Mensch und der Mensch Gott.“ (Hl. Johannes Chrysostomos). In der Logik eines Moralisten ist der Ausdruck „damit wir vergöttlicht werden“, den die Kirchenväter wie der Heilige Athanasius der Große verwenden, ein Skandal. Deshalb spricht man öfters von einer „ethischen Vergöttlichung“. Denn man fürchtet sich davor zu akzeptieren, dass sich das mit der Vergöttlichung „durch die Gnade Gottes“ verwandelt, was der Dreieinige Gott gemäß „seinem Dasein“ tatsächlich ist (nämlich unerschaffen, anfangslos, unsterblich). Daher ist Weihnachten unmittelbar mit der Kreuzigung und der Auferstehung, aber auch mit der Himmelfahrt und mit Pfingsten verbunden. Der Gottmensch Jesus Christus öffnet den Pfad, dem jeder zu erlösende Mensch berufen ist zu folgen, indem er mit Ihm vereint ist. Das Fest der Verkündigung der Jungfrau Maria und Weihnachten führen uns zu Pfingsten, dem Ereignis der Vergöttlichung des Menschen in Christus, mittels des Leibes Christi. Wenn Weihnachten die Geburt Gottes als Mensch ist, ist Pfingsten die Vollendung des Menschen als Gott durch die Gnade Gottes. Durch unsere Taufe nehmen wir Anteil an der Fleischwerdung Christi, an seinem Tod und an seiner Auferstehung, auch wir erleben „unser Weihnachten“, unsere abermalige Schöpfung. Die Heiligen, die die Vereinigung mit Christus erlangen, also die Vergöttlichung, nehmen Anteil an Pfingsten und erreichen dadurch die Vollendung und Vervollständigung des in Christus wiedergeborenen Menschen. Dies bedeutet aus kirchlicher Sicht die Verwirklichung des Menschen, also die Erfüllung des Zweckes seines Daseins.

 

Auch wenn dieses theologische Wort ermüdend ist, besonders für den zeitgenössischen, theologisch nicht eingeweihten Menschen, drückt es nichts anderes als die Wirklichkeit der Erfahrung unserer Heiligen aus. Allein durch diese Erfahrung ist es möglich, Weihnachten aus kirchlicher Sicht, das heißt auf Christus zentriert, zu begreifen. Im Gegensatz dazu hat das Unvermögen des nicht in Christus wiedergeborenen Menschen, Weihnachten sinngemäß zu deuten, zu manchen Mythen bezüglich des Weihnachtsfestes geführt. Die über das geistige Leben keine Kenntnis besitzenden Menschen erschaffen Mythen über Weihnachten im Rahmen der eigenen Fantasie und Mythenbildung, weil sie Weihnachten nicht leben können und dessen wahrhaftigen Sinn verloren haben. Wie wir noch sehen werden, ist diese Orientierungslosigkeit nicht immer mit der Ablehnung des Mysteriums verbunden, sondern mit dem Unvermögen, das Mysterium zu leben und zu erleben, was unvermeidlich zu dessen falscher Auslegung führt.

 

Eine erste mythologische Antwort zur Frage über Weihnachten findet man bei den Häretikern, bei einer stochastischen und unangemessenen, d. h. unerfahrenen, theologischen Abhandlung. Der Doketismus, eine der schlimmsten Häresien aller Zeiten, nahm auf der Basis einer Fantasie den Tod des Logos Gottes an. Es wurde also behauptet, dass es sich um eine scheinbare Existenz Gottes in der irdischen Realität handelte. Aus welchem Grund könnte man nun fragen. Die Doketen jedweder Epoche können im Rahmen ihrer begrenzten Logik die Fleischwerdung und die Geburt Gottes als Mensch nicht akzeptieren. Sie erklären sich zu selbstberufenen Verteidigern der Glaubwürdigkeit Gottes und schämen sich, etwas anzunehmen, was Gott selbst für unsere Rettung ausgewählt hat, nämlich den Weg der Mutterschaft. Dass also Jesus Christus als Gottessohn von einer Mutter geboren wurde, selbst wenn diese nicht weniger als eines der allreinsten Geschöpfe der gesamten Menschheitsgeschichte ist, die allheilige Jungfrau. All diese Menschen halten sich oft für „überaus“ Orthodox (gemäß dem Heiligen Gregor von Nazianz). Denn der Doketismus führte zum Monophysitismus, zur Verneinung der menschlichen Natur Jesu Chrisi. Es handelt sich um die Konservativen, die Formalisten, die Skandalisierten. Für all diese sind die Wahrheit, die Realität und die Geschichte ein Skandal. Während andere die Göttlichkeit Christi verneinen, lehnen diese Seine menschliche Natur ab. Aber die Orthodoxie und das Christentum in seiner authentischen Art ist die „historischste Religion“ wie der unvergesslichen Vater Georg Florovsky sagt. Sie lebt in der Realität der göttlichen Energien zu unserer Rettung und zeigt sich im Realismus der Gottesgebärerin: „Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Wort!“ (Lk 1,38). „Auch noch Pilatus im Glaubensbekenntnis“ sagt ein serbisches Sprichwort. Denn Pilatus, der willensschwächste Offizier der Geschichte, bestätigt als reale historische Person die geschichtliche Zuverlässigkeit des Evangeliums. Den Doketen zum Trotz ist doch „das Wort Gottes Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben Seine Herrlichkeit gesehen (das unerschaffene Licht Seiner Göttlichkeit)“ (Joh 1,14). „Denn in Ihm allein wohnt wirklich die ganze Fülle Gottes“ (Kol 2,9), d. h. er ist ganz Gott und ganz Mensch.

 

Die Fleischwerdung und die Geburt des Gottmenschen ist ein Skandal für die menschliche Weisheit, welche sie sich selbst abschafft und widerlegt, indem sie versucht, das Mysterium Christi als „Torheit“ zu bezeichnen, welche durch den Tod am Kreuz vollendet wird (1 Kor 1,23). Ist es möglich, dass Gott jenen Bereich der Kenosis (Entäußerung) erreicht, dass Er am Kreuz als Gottmensch stirbt? Dies ist der Skandal für die Weisen dieser Welt. Ihrer Ansicht nach opfern die „Götter“ dieser Welt üblicherweise die Menschen für sich selbst und opfern nicht sich für die Menschen. Wie könnten sie also diese göttliche Uneigennützigkeit und Selbstlosigkeit annehmen? „Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, […] damit die Welt durch ihn gerettet wird“ (Joh 3,16. 17). Im Rahmen einer „logischen“ oder „naturgemäßen“ theologischen Abhandlung verliert sich das Göttliche in der Person Christi und es bleibt das Menschliche, und auch dieses missverstanden und verfälscht, weil es historisch keinen Menschen Christus gibt, sondern den Gottmenschen. Die Vereinigung Gottes und des Menschen in der Person des Göttlichen Logos ist „unvermischt“, aber auch „ungeteilt“. Die „logischen“ Auslegungen der Person Christi erweisen sich als unvernünftig, weil sie nicht imstande sind, mit der Logik zu begreifen, was über der Logik steht.

 

Auch das juristische Bewusstsein ist Teil des Skandals um Jesus Christus. Es sucht eine soziale Ursache in der Fleischwerdung und endet ebenfalls in einem Mythos, wenn es sich nicht auf das göttliche Wort verlässt. Die Franken entwickelten mittels des bekannten Scholastikers Anselm (11. Jh.) den Mythosder „Genugtuung dergöttlichenGerechtigkeit.“Der Göttliche Logos nahm Fleisch an, um gekreuzigt und geopfert zu werden und so eine Genugtuung für die Lästerung zu geben, die die menschliche Sünde Gott zugefügt hat. Die vorherrschende mythologische Meinung in der damaligen fränkischen Feudalgesellschaft über Gott zeigt sich darin, dass Er in der fränkisch-deutschen Vorstellung die Position eines über allem stehenden Allherrschers einnimmt. Auch wenn Johannes rief: „Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab“ (3,16), oder auch Paulus: „Gott aber beweist seine Liebe zu uns dadurch, dass Christus für uns starb, als wir noch Sünder waren“ (Römer 5,8). Vergebens! „Damit er für sich Rache nimmt“ und damit er „Genugtuung fordert“ wird der westliche oder verwestlichte Mensch lernen zu rufen.

 

Dadurch wurde ein „Christentum“ in einer anderen Gestalt erschaffen, welches sich nicht von der Mythologie unterscheidet und abgrenzt, sondern auf Gott unsere Fantasien und unsere Aberglauben projiziert. Die Rationalisierung und Vergesetzlichung des Mysteriums des Gottmenschen stellt die größte Gefahr für das Christentum in der Geschichte dar.

 

Das religiöse (formalistische) Bewusstsein erlebt einen „Skandal“ der Menschwerdung, indem es in die Erschaffung des Glaubens flüchtet. Es verlässt den Sinn von Weihnachten zugunsten von Feierlichkeiten und verliert den wahren Zweck, welcher die „Adoption“ (Vergöttlichung) ist: „Damit wir an Kindes statt angenommen würden“ (Gal. 4,5). Sonst handelt es sich um den Skandal des Pharisäertums, auch wenn man es Christentum nennt.

 

Es sind jedoch die Feinde des „Kindes“, die den Skandal der Macht leben. Der Herodismus! Die Herrschenden, oder besser gesagt diejenige, „die behaupteten, dass sie herrschen“ (Mk 10,42; glauben, dass sie herrschen), wie Herodes, sehen im neugeborenen Jesus Christus eine Konkurrenz und eine Gefahr ihrer Interessen. Deswegenhabensie „demKindnachdemLebengetrachtet“ (Mt 2,20). Sie missverstehen auf diese Weise den wahren Charakter der Herrlichkeit Christi, die „kein Ende hat“. Christus als der König der Schöpfung ist deren einziger wahrhafter Herr, deren Schöpfer und Retter, und nicht die Heroden dieser Welt, die entschlossen morden, um ihre Herrschaft beizubehalten.

 

Der Heilige Gregor von Nazianz (E.P 36,516) bietet uns die Möglichkeit, einer richtigen Annäherung an Weihnachten, also eine mit dem Heiligen Geist erfüllte: „Denn wir feiern nicht festlich, sondern göttlich; nicht weltlich, sondern himmlisch; nicht unseretwegen sondern wegen des unseren (d. h. wegen Christus). Allerdings wegen unsers Herrn. Nicht wegen der Schwächen, sondern wegen der Heilung; nicht wegen der Schöpfung, sondern wegen der Wiedererschöpfung“.

 

 

Kommt, ihr Gläubigen, lasset uns sehen, wo Christus geboren ward. Lasset uns weiter mit den Magiern, den Königen des Ostens, dorthin folgen, wohin der Stern zieht. Engel lobpreisen dort unaufhörlich in Hymnen. Die Hirten weilen auf den Felde und singen das würdige Lied: Ehre in den Höhen dem, der heute in der Höhle geboren wurde von der Jungfrau und Gottesgebärerin zu Bethlehem in Judäa.

 

Christus wird geboren, rühmt Ihn! Christus kommt vom Himmel, eilt Ihm entgegen! Christus ist auf Erden, erhebt euch! Die ganze Erde singe dem Herrn, in Fröhlichkeit lobsingt Ihm, ihr Völker, denn Er wurde verherrlicht!

 

Zweig aus der Wurzel Jesse und Blume aus ihr, Christus, aus der Jungfrau bist Du aufgeblüht; aus dem vom Dickicht beschatteten Berg, Gepriesener, bist Du gekommen und hast Fleisch angenommen aus der des Mannes Unkundigen, Unstofflicher und Gott. Ehre sei Deiner Macht, o Herr!

 

Aus den Texten der Weihnachtsgottesdienste

 

 

The Orthodox Symbolism of the  Icon of the Nativity

 

1. The Cave

 

Due to sin, many of us struggle with doubt or disbelief. This cave represents our struggle. The Cave represents the world, dark with sin through man’s fault. It is now illuminated by the Light of the Incarnation. Within this cave, Christ, “the Sun of Truth”, enters into the world He created for us, clothed in the flesh of Mary’s body through natural birth, the same way all of His children are born. “The light shines in the darkness and the darkness cannot overcome it”. (Saint John the Evangelist).

 

2. The Ox and the Ass

 

The ox and the ass fulfill the prophecy of Isaiah. “The ox knows its owner, and the donkey its master’s crib; but Israel does not know, my people do not understand”. Isaiah 1:3

 

3. The Most Holy Mother of God and Evervirgin Mary

 

The main focus of this icon is the Christ-child and His mother, the Theotokos and Mother of Light. Archangel Gabriel told her that she will bear the Son of God. He then led her to Bethlehem. The Virgin Mary is seen resting on a red blanket that symbolizes the color of life. The Virgin Mary is also seen not only looking at her Son, but at her beloved husband Saint Joseph. She is praying to the Lord so his struggles of disbelief and temptation will pass. She relies on the Lord, her Son, through prayer that her husband will overcome his doubt and the temptations of Satan.

 

4. Christ the newborn Child

 

Our Lord and Savior Jesus Christ is seen wrapped in swaddling cloths. This not only represents His total submission to the human flesh, but also foreshadows His death and resurrection. “wrapped in bands of cloth”. Luke 2:7,12. He is lying on an altar which symbolizes He is the bread of life. The manger represents His crib, His church, and His tomb, all in one. “I am the living bread which came down from heaven; if any man eat of this bread, he shall live forever, and the bread that I will give is my flesh, which I will give for the life of the world.” John 6:51

 

5. The Angels

 

The angles brought the “good news of great joy” to shepherds tending their flocks. “And the angel said unto them, fear not: for, behold, I bring you good tidings of great joy, which shall be to all people. For unto you is born this day in the city of David a Savior, which is Christ the Lord. And this shall be a sign unto you; ye shall find the babe wrapped in swaddling clothes, lying in a manger. And suddenly there was with the angel a multitude of the heavenly host praising God, and saying, “Glory to God in the highest, and on earth peace, good will toward men”. Luke 2:10-14

 

6. The Magoi

 

Bring gold, frankincense and myrrh the three magi (wise men) were led by the heavenly star to the manger in which our Lord resided. “Where is he that is born King of the Jews? For we have seen his star in the east, and are come to worship him”. Matthew 2:2 “And when they were come into the house, they saw the young child with Mary his mother, and fell down, and worshiped him: and when they had opened their treasures, they presented unto him gifts; gold, and frankincense and myrrh.” Matthew 2:11

 

7. The Shepherds

 

The Jewish shepherds were among the first to worship the Lord and Savior Jesus Christ. This symbolizes that Christ is the Good Shepherd.

 

8. Saint Joseph and the elderly man

 

A widower before he had wed Mary, Saint Joseph the Betrothed is seen as an elderly man. With gray hair and hunched over, he is in doubt of this miraculous birth. Struggling within himself, he wonders if this was by another man or if it was indeed true. To the right of Saint Joseph is Satan. Satan appears in the form of an elderly man as well, yet he is shown in rags and with a cane. Saint Joseph is being tempted by Satan with doubt. Saint Joseph loves the Virgin Mary and through her prayers he overcomes this struggle. He is the protector of the Virgin Mary and guardian of Jesus Christ the Savior.

 

9. The Star

 

The star which is shown in this icon represents the heavens and the Trinity rejoicing the glorious birth of our Lord Jesus Christ. Shining brighter that any other star, it is what guided the magi to the new-born King. Some icons are written with three lines coming from the heavens which represent the Trinity.

 

 

Die Geburt Christi

 

zum Fest am 25. Dezember

 

„Er neigte die Himmel und stieg hernieder...“

 

Als der Schöpfer den Menschen, das Werk Seiner eigenen Hände, auf dem Wege der Verderbnis sah, neigte er die Himmel und stieg hernieder. Aus der göttlich reinen Jungfrau nahm Er die Natur des Menschen an und wahrhaft das Fleisch auf sich, denn er ist verherrlicht.

 

Troparion der 1. Ode des Weihnachtskanons im Morgengottesdienst

 

Es gibt kein größeres Mysterium als die Fleischwerdung Gottes. Mit der ruhigen Majestät der Begrüßung durch einen Erzengel begann ein unbeschreibliches Wunder. Und jetzt, in dieser Nacht, wird dieses Wunder wirklich. Das große Mysterium, das die heilige Jungfrau, nun heilige Mutter, unter ihrem Herzen für viele Tage bewahrt hatte, eine verborgene Wirklichkeit, nur einigen Auserwählten offenbar, wird nun erstrahlen mit dem ganzen Glanz eines himmlischen Sterns. Weise werden die Welt bereisen es zu sehen, Hirten werden es lärmend zu sehen begehren, ein König wird heucheln, um es zu verhindern. Aber nichts wird diese große erlösende Tat des Einen, der „den Menschen, das Werk Seiner eigenen Hände, auf dem Wege der Verderbnis sah“, vereiteln. In der Qual einer überraschenden Geburt, im Schmutz eines Stalles, findet das Wunder statt, das die Basis des christlichen Lebens ist. Hier neigte Gott die Himmel und stieg hernieder in die volle Realität Seiner Schöpfung. Doch, trotz unserer Lieder, gab es keine Krippe in Bethlehem. Die Nacht mag heilig gewesen sein, aber sie war nicht still. Soldaten jagten nach dem geheimnisvollen „neugeborenen König“, während sich Reisende in die überfüllten Herbergen drängten, um die Vorschriften der Volkszählung wegen einer neuen Steuererhebung zu erfüllen. Das wird wohl eine sehr laute Nacht gewesen sein. Und im Stall: Schmutz, Unrat, Gestank. Nirgends die heitere Harmonie unserer gewöhnlichen Vision der Geburt des Kindes. Auch war es nicht bloß ein Kind. Der ganze Schauplatz für dieses Mysterium erzählt uns von etwas Fremdartigem, nicht Normalem, Unmöglichem.

 

Die Jungfrau gebiert heute den, der über allem Sein und die Erde bietet eine Höhle dem Unumfassbaren; die Engel lobpreisen mit den Hirten, die Magier wandern dem Sterne nach, denn für uns ist geboren als kleines Kind, der vor Ewigkeiten Gott!

 

Kontakion des Kanons im Morgengottesdienst

 

Der ganze Lärm der Umgebung, das schreckliche Paradoxon der ‚göttlich reinen’ Jungfrau, untergebracht im schmutzigen Elend des Stalles, zwingt uns dazu, die ganze Wirklichkeit dieses Augenblicks zu überdenken. Einer wird in das Sein der menschlichen Natur gebracht, der über allem Sein, über aller Natur ist. Weise nähern sich Ihm, der unnahbar ist. Hirten blicken auf Ihn, den niemand erblicken und trotzdem weiterleben kann. Gott, der vor aller Zeit Alles geformt hat, schreit und atmet nun als kleines Kind den Hauch, mit dem Er den Menschen zum Leben erweckte.

 

Die Nacht war nicht still, die Hirten sangen nicht nur. Sie sammelten sich zu Füßen der Reinsten (selbst ein Wunder), die menschliche Geburt der Reinheit Selbst zu schauen. Die Hirten kamen zur Gottesmutter, um das Kommen Gottes zu den Menschen zu erspähen.

 

Diese Vorstellung von der Zusammenführung von Gott und Mensch liegt dem gegenwärtigen Mysterium zu Grunde und wird oft in den liturgischen Texten der Kirche zitiert. Wie sich die Hirten, und später, die Weisen aus dem Osten, dem neugeborenen Sohn nähern, so komme auch ich, spricht die Kirche:

 

Ein fremdartiges und unerwartetes Wunder sehe ich: Die Höhle ist der Himmel, die Jungfrau der Thron der Cherubim. Die Krippe, ein Ort, wo der Unumfassbare ruht, Christus, Gott. Lasst uns ihn besingen und verherrlichen!

 

Irmos der 9. Ode des Kanons im Morgengottesdienst

 

In der Herrlichkeit der Inkarnation sind das Göttliche und das Weltliche plötzlich in triumphierender Weise vereint und verwandelt. Die schmutzige Höhle ist nicht mehr nur ein Stall, sondern besteht nun im ganzen Glanz des Himmels selbst. Die Mutter Gottes, so menschlich wie ich, hält in ihren Armen den vorewigen Sohn und ist in ihrer leiblichen Person der Thron, der geehrter ist als die Cherubim. Das Holz des Futtertrogs in all seiner Rauheit ist hier und jetzt das Bett, das den Gott umfasst, den alle Himmel und die Erde nicht umfassen können. Göttliches und Menschliches sind in diesem Augenblick nicht unterscheidbar. Schaue ich Frau oder Thron? Höhle oder Himmel? Mensch oder Gott? Das Irdische wurde zum Göttlichen gebracht, das Göttliche zum Irdischen, und in diesem so ehrfurchtgebietenden Geheimnis schauen wir ein Etwas ‚fremd und herrlich’. Ich komme und bestaune, aber ich bin in Ehrfurcht erstarrt, denn ich erschaue Dinge aus dem Paradies in einer Höhle (vgl. den Ikos des Kanons im Morgengottesdienst).

 

Gerade diese Vermischung des Himmlischen mit dem Irdischen ist der Sinn unseres größten aller Mysterien. In dieser Vereinigung von Himmel und Erde, von Mensch und Gott, so predigt die Kirche, nimmt unsere Erlösung Form an. Deshalb rufen wir zu Christus: 

 

Selbst gleich gestaltet dem aus Lehm gebildeten ärmlichen Geschlecht, o Christus, und durch Teilnahme am Fleische des Geringeren hast Du ihm göttliche Eigenschaften mitgeteilt, der Du Mensch geworden und Gott geblieben und erhöht hast unsere Kraft, heilig bist du, o Herr!

 

Troparion aus der 3. Ode des Weihnachtskanons

 

Christus hat uns ‚göttliche Eigenschaften mitgeteilt’. Wir müssen diese Worte tausend Mal hören und ihr Wunder jedes Mal von Neuem empfangen. Bei diesem Fest, diesem Mysterium jenseits aller Beschreibung, geht es nicht nur darum, dass Gott Mensch wird. Wir sollten nicht von Staunen erfüllt sein, wenn wir in die Krippe blicken und darin die zweite Person der Heiligen Dreiheit, gezeugt vor aller Zeit, schauen – so ehrfurchtgebietend dieses Mysterium auch ist. Wenn ich mich an die Geburtshöhle in dieser Nacht heranwage, trage ich die schrecklichste, wundersamste, erhabenste Ehrfurcht in meinem Herzen, denn ich schaue in der Krippe nicht nur Gott, sondern mich. Es ist meine Natur, die der Sohn für Sich angenommen hat in dieser unsagbaren Liebestat und ich schaue heute, mit meinen Augen, dass dieser Natur die Natur meines Gottes gewährt wird. Ich schaue Adam, den aus Lehm geformten Sterblichen, vollkommen gemacht in der Gnade Christi.

 

Das ist das Wunder der Geburt. Gott kommt zu uns, gibt Sich uns nicht nur durch dieses Ereignis. Unsere Natur selbst wird aufgenommen in die Seine und unserem sterblichen Körper wird ein Stück des göttlichen Lebens zuteil. Dieses Leben, so erinnern wir uns gerne, überwältigt alles – das Böse, die Sünde, das Dunkel, sogar den Tod selbst, wie wir voll Inbrunst im Lichte der Auferstehung an Ostern singen. Dass dieses Leben in der Inkarnation unser Leben geworden ist, ist die Quelle all unserer Hoffnung, unseres Vertrauens und unserer Freude am christlichen Glauben. Sie ist die Motivation für unseren Kampf, unsere Mühe und sie ist das leichte Joch, durch das wir befreit wurden. Unsere Fesseln können jetzt gelöst werden, unsere Sklaverei beendet, unsere lange Knechtschaft unter der Sünde und die Verbannung aus dem Paradies können nun zum Ende kommen. Es ist bezeichnend und passend, dass die Klage der Israeliten in Gefangenschaft in dem Psalm, mit dem wir zu einer anderen Jahreszeit in die reinigende Trauer der Großen Fastenzeit eintreten, uns bewusst in der Hymnographie von Weihnachten in Erinnerung gebracht wird: 

 

Die Trauer ließ die Musikinstrumente sinken, denn die Töchter Zions sangen nicht unter den Fremden; als Christus sich in Bethlehem erhob, setzte er den Irrwegen ein Ende und gab der babylonischen Musik ihre Harmonie wieder. Darum lasst uns diesen Gesang hören: Die ganze Schöpfung preise den Herrn und erhebe ihn in alle Ewigkeiten!

 

Troparion aus der 8. Ode des Weihnachtskanons 

 

Wenn Menschliches und Göttliches in der Inkarnation zusammentreffen ist endlich unsere Gefangenschaft beendet und das Volk von Zion findet wieder seine Stimme für ihren Gesang. Unsere Natur weilt nicht länger im Exil, in einem fremden Land, auf ewig von ihrem Schöpfer getrennt durch die Sünde, durch die Ränke des Bösen, durch welche Macht auch immer. Die tiefsitzende Sorge des Exils ohne Hoffnung ist gebannt, wenn Christus den ‚Irrwegen ein Ende’ setzt und in Seiner Person vereint, was in meiner gefallen ist und vollkommen in Seiner. Es gibt keinen besseren Ausdruck der Ehrfurcht vor diesem Mysterium als die Worte, die zur Vesper am Heiligen Abend gesungen werden:

 

Kommet, lasset uns jubeln dem Herrn, wenn wir das gegenwärtige Geheimnis erzählen. Die Trennwand wird niedergerissen, das flammende Schwert zeigt den stumpfen Rücken und der Cherub gibt den Baum des Lebens frei. Auch ich werde teilhaft der Wonnen des Paradieses, aus welchem ich vertrieben wegen des Ungehorsams. Denn das unveränderliche Abbild des Vaters, der Ausdruck Seiner Ewigkeit, nimmt Knechtsgestalt an, aus der vom Gatten unberührten Mutter hervorkommend, ohne Veränderung erfahren zu haben, denn Er blieb, was Er war, der ewig Seiende, wahrhafte Gott; und was Er nicht war, nahm Er an, Mensch geworden aus Menschenliebe. Zu Ihm wollen wir rufen: Der Du bist geboren aus der Jungfrau, Gott, erbarme Dich unser!

 

Sticheron im 2. Ton aus der Vesper am Heiligen Abend

 

Quelle: Andreasbote

 

Die Feier der Geburt Christi

 

von Philip Kariatlis 

 

Jedes Jahr beginnen die Orthodoxen Kirchen am 15. November mit dem Weihnachtsfasten. Diese Fastenzeit ist auch als Philippus-Fasten bekannt, weil das Fest dieses Apostels unmittelbar davor liegt. Diese Zeit der Vorbereitung entspricht dem römischen Advent. Wir wissen nicht, wann genau dieses Fasten in der Kirche eingeführt wurde. Frühe christliche Dokumente aber bezeugen, dass die Geburt Christi erst gegen Ende des 4. Jh. am 25. Dezember gefeiert wurde, und das nur von einigen Kirchen, denn andere feierten Weihnachten am 6. Januar. 

 

Das erste Anzeichen einer Feier der Geburt Christi kommt aus Ägypten. Klement von Alexandria (ca. 200) erwähnt, dass gewisse Ägypter die Geburt Christi am 20. Mai feiern. In der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts legen die Satzungen der Kirche von Alexandria fest, dass die Feste der Geburt und der Epiphanie Christi beide am 6. Januar gefeiert werden. Deshalb wissen wir sicher, dass in den frühen christlichen Jahrhunderten Weihnachten und Theophanie (das heute am 6. Januar gefeiert wird und die Taufe Christi festlegt) zusammen gefeiert wurden. Deshalb wird, liturgisch gesprochen, die Zeitspanne von Weihnachten bis Theophanie als ein fortwährender Feiertag betrachtet, der das Kommen Christi in die Welt bezeugt. 

 

Aus den Predigten des Heilige Gregor von Nyssa wissen wir, dass im Jahre 380 die Gläubigen in Kappadokien Weihnachten am 25. Dezember feierten. Man weiß auch, dass die Kirche von Jerusalem, entgegen diesem Brauch, bis zum 6. Jh. nicht am 25. Dezember feierte. Wir wissen genau, dass im Jahre 385, als Aetheria die Stadt Jerusalem besuchte, das Weihnachtsfest dort noch nicht in den liturgischen Kalender aufgenommen worden war. In Antiochien wurde die Feier der Christgeburt ca. 386 vom Hl. Johannes Chrysostomos eingeführt. Die neuere Forschung behauptet, dass in Konstantinopel Weihnachten vom Hl. Johannes Chrysostomos zwischen 398 und 402 eingeführt wurde. Ab dem Jahre 354 begann man in Rom Weihnachten zu feiern. Aber das Konzil von Saragossa in Spanien kannte 380 das Fest noch nicht und der Heilige Augustinus erwähnt es im 5. Jahrhundert nicht in seiner Liste der großen Feste. Trotzdem wurde Weihnachten bald im liturgischen Kalender der Weltkirche anerkannt. 

 

Wenn man über die Einführung des Geburtsfestes in den liturgischen Kalender nachdenkt, würde man erst einmal nicht vermuten, dass der Grund, warum der 25. Dezember für die Feier der Geburt Christi gewählt wurde, darin liegt, dass dies der tatsächliche Tag Seiner Geburt wäre. Es gibt vielmehr zwei Gründe, die für diesen Tag sprechen. Der erste Grund ist, dass die Kirche gewisse heidnische Feste, die um dieses Datum gefeiert wurden, wie die Geburt des Dionysos in Delphi, die Saturnalien (1. bis 23. Dezember) und vor allem das Natalis Invicti (das Fest der unbesiegbaren Sonne) am 25. Dezember selbst, adaptieren und christianisieren wollte. Viele Kirchenväter, besonders der Hl. Kyprian von Karthago, verkündeten, dass die ‚Wiederkehr des Unbesiegbaren’ in der Geburt Jesu verwirklicht wurde, des einzig Unbesiegbaren und Sonne der Gerechtigkeit. Christus war die einzig Unbesiegbare Sonne, der durch Seine Geburt die Welt und den Morgen eines neuen Zeitalters erleuchtete. Deshalb bezeichnet das Apolytikion Christus als „Sonne der Gerechtigkeit“, denn Er ist die wahre Sonne, die die Welt erleuchtet. Der 25. Dezember wurde also gewählt, um ein heidnisches Fest in ein christliches zu verwandeln.

 

Der zweite Grund für den 25. Dezember war, dass man den Tag der Geburt Christi vom Tag der Empfängnis Jesu, die am 25. März (Mariae Verkündigung) gefeiert wird, abhängig machen wollte. Der Grund wiederum, warum man meinte, dass das Datum der Verkündigung der 25. März war, ist, dass Jesus Christus nach der Schrift sechs Monate nach dem Hl. Johannes dem Täufer empfangen wurde. Aus dem Neuen Testament können wir entnehmen, dass der Hl. Johannes im September empfangen wurde. Das ergibt sich aus der Ankündigung der Geburt Johanni an Zacharias, seinen Vater, der als der Hohepriester am Versöhnungsfest das Allerheiligste betrat. Man meinte, dass das im September stattfand. Obwohl die o.g. Berechnungen logisch klingen, muss man doch sagen, dass sie historisch nicht belegbar sind und wir das tatsächliche Datum der Geburt des Messias nicht kennen. 

 

Sogar das Jahr der Geburt ist ungewiss. Einige Gelehrte versuchten das Datum durch das Studium alter Aufzeichnungen von Astronomen zu finden, durch Belege für die Erscheinung des hellleuchtenden Sterns, den die Weisen sahen und dem sie gefolgt waren. In bezug darauf wurden drei Theorien aufgestellt. Die erste ist, dass man glaubt Christus sei ca. 11 vor unserer Zeitrechnung geboren, denn es gibt Anzeichen dafür, dass der Halley’sche Komet in diesem Jahr erschienen war. Die zweite Theorie nimmt ungefähr das Jahr 7 v.u.Z. an. Die Wissenschaftler argumentieren, dass damals die Konjunktion von Saturn und Jupiter hell am Himmel leuchtete. Die Nähe dieser beiden Planeten wäre als hellleuchtender Stern erschienen, den die Weisen gesehen haben könnten. Die letzte, und vielleicht plausibelste Erklärung ist, dass die Geburt Christi zwischen den Jahren 5 und 2 v.u.Z. stattgefunden habe. In jenen Jahren, am ersten Tag des ägyptischen Monats Mesori, stieg der Stern Sirius am Morgen wie die Sonne auf und leuchtete mit außergewöhnlichem Glanz. Mesori bedeutet ‚Geburt eines Prinzen’, und so ein Stern würde zweifellos als die Geburt eines großen Königs interpretiert. 

 

Was vom oben beschriebenen wirklich bleibt, ist, dass die Feier der Geburt Christi im 3. Jh. – einem relativ späten Datum – in den Kirchenkalender aufgenommen wurde. In den ersten Jahrhunderten konzentrierte sich die Kirche auf Epiphanie, da sie die glorreiche Erscheinung des Herrn und Seine Geburt feierte. Im 5. Jh. wurden Weihnachten und Epiphanie getrennt. Im Osten haben nur die Armenier das Fest am 25. Dezember nie akzeptiert und feiern noch Epiphanie als die Geburt des Herrn.

 

Was von all dem wirklich wichtig ist, ist nicht die Kenntnis des exakten Datums der Geburt Christi sondern letztlich die Bedeutung dieses Ereignisses. Alle, ob sie nun die Wichtigkeit der christlichen Bedeutung von Weihnachten anerkennen oder nicht, sind sich einig, dass es ein Ereignis ist, das gefeiert wird. Die Tatsache, dass Weihnachten ungeachtet ihres religiösen Hintergrundes von allen gefeiert wird, ist ein Anzeichen für seine festliche und frohe Bedeutung. Alle sind sich einig, dass in der Weihnachtszeit eine andere Stimmung und eine ganz andere Beziehung zwischen den Menschen herrscht. Sogar die, die nicht wissen, was an Weihnachten gefeiert wird, empfinden es als eine frohe Zeit des Jahres. In dieser Zeit scheinen die meisten ihre Schranken und Masken, die ihnen die Sorgen des täglichen Lebens aufgezwungen haben, fallen zu lassen und sie zeigen wieder eine fast kindliche Natürlichkeit. Allein dadurch müssten wir akzeptieren, dass vor ca. 2.000 Jahren etwas Bedeutendes stattgefunden haben muss, an das man sich immer noch erinnert und das noch heute gefeiert wird. Wie alle Staaten ihren Nationalfeiertag haben, an dem an ein wichtiges Ereignis erinnert wird, so gedenkt die Kirche des ungewöhnlichsten Ereignisses in der Geschichte der Menschheit und feiert es – die Geburt Gottes in die Welt. 

 

Die Bedeutung von Weihnachten wird in einem einzigen Vers der Bibel zusammengefasst: „Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen“ (Matthäus 1: 21).

 

Im Hebräischen ist der Name Jesu „Jeschua“ und bedeutet „Gott rettet“ oder „Gott ist Rettung“. Deshalb gedenkt die Geburt Christi nicht einfach der Geburt eines genialen religiösen Menschen oder inspirierten Propheten, sondern des Herrn und Heilands des Lebens. Die Bedeutung der Geburt Christi ist zusammengefasst im Kommen Christi in die Welt als Gott, der unsere menschliche Natur angenommen hat, damit wir vergöttlicht werden. Christus kam, und als der zweite Adam versöhnte er das Leben und die Geschichte zu einer innigen Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf, zwischen Ewigkeit und Zeit. Christus nahm unseren Leib an, der verfällt und Tag für Tag älter wird, und bezwang den Tod durch den Leib. Deshalb ist letztendlich Weihnachten die Botschaft von Gottes Sieg über den Tod und Seines Geschenks des ewigen Lebens für die gesamte geschaffene Ordnung.

 

Dr. Philip Kariatlis ist Dozent (Academic Director, Senior Lecturer in Systematic Theology am Saint Andrew’s Greek Orthodox Theological College in  Sydney, New South Wales, Australia.

 

 

Die Ikone von der Geburt Christi

 

Die Weihnachtsikone erzählt die Geschichte von Christi Geburt, wie sie in den Evangelien steht. Sie zeigt auch, dass die ganze Schöpfung an dieser Geburt teilnimmt. Die Engel danken mit ihrem Lied; die Himmel spenden den Stern; die Weisen legen ihre Gaben von Gold, Weihrauch und Myrrhe vor. Die armen, einfachen Hirten spenden ihr Loblied und ihr Erstaunen; die Erde bietet die Höhle und die Menschheit schenkt die Jungfrau. 

 

 

Es ist eine Ikone mit vielen Szenen. Zuerst betont sie die Wichtigkeit der Theotokos, der Mutter Jesu. Sie ist in den Mittelpunkt gestellt und die größte Figur auf der Ikone. Die drei Sterne auf ihrem Gewand deuten ihre Jungfräulichkeit vor, während und nach der Geburt an. Das Christuskind genau in der Mitte der Ikone liegt in Windeln gewickelt in der Krippe. Im Hintergrund sieht man die dunkle Höhle, in dem es geboren wurde. In der Höhle sind ein Ochse und ein Esel, die das Neugeborene beschützen. Wenn auch die Evangelien nicht von der Höhle berichten, ist das doch Teil der heiligen Tradition. Die Evangelien sprechen auch nicht von Ochs und Esel, aber alle Weihnachtsikonen stellen diese Tiere dar. Sie mit aufzunehmen erfüllt die Prophezeiung des Jesaias 1: 3 „der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keine Einsicht.“ Der lange Lichtstrahl aus dem Stern deutet direkt auf die Höhle. Der Strahl kommt vom Stern und findet zu allen Teilen der Welt. Er lehrt, dass dieser glänzende Stern ein Himmelsbote ist, der die Geburt Jesu verkündet. 

 

 

Auf der linken Seite der Ikone ist eine andere Szene dargestellt. Die Drei Weisen, geführt vom Stern, reiten herbei ihre Gaben von Gold, Weihrauch und Myrrhe zu Jesus zu bringen. Die Weisen sind unterschiedlich alt. Einer ist bartlos. In jenen Tagen trugen die jungen Männer keinen Bart. Der Andere hat langes Haar und einen langen Bart, was andeutet, dass er viel älter ist. Diese Details lehren, dass die Gute Nachricht zu jedem kommt, ungeachtet des Alters und der persönlichen Erscheinung. 

 

 

Gegenüber den Weisen ist die Szene mit den einfachen Schäfern. Ein Engel verkündet die frohe Nachricht. Ein junger Hirte spielt ein Blasinstrument. Diese Szene offenbart, dass die Musik der Menschen dem himmlischen Chor der Engel zugesellt wurde. Gegenüber der Hirtenszene sieht man den Engelschor. Sie verherrlichen Gott. Die Engel dienen zwei Zwecken bei der Geburt Christi. Sie verherrlichen Gott und verkünden allen Menschen die gute Nachricht. 

 

 

Der Hintergrund zeigt eine sehr zerklüftete Landschaft. Das gibt nicht die tatsächliche Form dieser Gegend wieder. Josef konnte in Bethlehem keine Bleibe finden, deshalb ging er außerhalb Bethlehems in eine Höhle. Die felsige Gebirgslandschaft dient nur als Hintergrund für das Ereignis.

 

Im unteren Teil der Ikone sind noch zwei Szenen. In der rechten Ecke sind die beiden Frauen, die Josef mitgebracht hatte, um sich um das Kind zu kümmern. Sie baden Ihn wie ein Kind eben gebadet wird. Die menschliche Natur Jesu wird hier klar gezeigt. 

 

Gegenüber der Badeszene sitzt ein trauriger und bestürzter Josef. Er ist nicht Teil der zentralen Gruppe Christuskind und Gottesgebärerin. Josef ist nicht der natürliche Vater. Josef ist besorgt und verzagt. Ein alter Mann spricht mit ihm. Der alte Mann ist Satan. Satan kann in vielen Formen auftreten. Hier ist er ein alter Mann, der Josef in Versuchung führen und verwirren will. Satan sagt zu Josef, dass eine jungfräuliche Geburt nicht möglich ist. Er sagt zu Josef, dass er ein Narr sei, wenn er das glaube. Diese Erklärung kommt zu uns durch die heilige Tradition. Der traurige Josef zeigt uns nicht nur seine persönliche „Klemme“ sondern das Dilemma der ganzen Menschheit in der Schwierigkeit anzunehmen, was „jenseits von Logik und Vernunft“ ist. 

 

Der Baum in der Mitte des unteren Teils der Ikone ist ein Symbol für die Wurzel Jesse. Der Baum bezieht sich auf Jesaia 11,1-2, „doch aus dem Baumstumpf Jesse wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht. Der Geist des Herrn läßt sich nieder auf ihm.“ König David wurde oft als der Sohn Jesse bezeichnet und Jesus war aus dem Hause Davids. 

 

Die Ikone der Geburt mahnt uns die Geburt Christi zu lobpreisen und zu verherrlichen. Die Feier des Weihnachtsfestes jedes Jahr dient dazu, alle und jeden daran zu erinnern, dass Christus für dich und für mich gekommen ist. 

 

Quelle: Internet-Seite der Griechischen Orthodoxen Erzdiözese in Australien

 

 

 

Die orthodoxe Vorbereitung auf das Weihnachtsfest

 

Thomas Zmija

 

Mit großer Freude feiert die Heilige Kirche das Fest der Geburt Christi. Um dasselbe würdig zu begehen, bereiten sich die Gläubigen auf die Feier des Christfestes durch Fasten vor. Vom 15. November bis zum 24. Dezember dauert diese vorweihnachtliche Vorbereitungszeit. Schon mit dem Festtag der Einführung der Allheiligen Gottesgebärerin in den Tempel am 21. November erklingen im Morgengottesdienst bereits die Irmen aus dem Kanon zum Fest der Geburt des Erlösers: "Christus wird geboren, rühmet IHN...".

Die Adventszeit ist in der orthodoxen Tradition als eine Zeit der Besinnung und der Umkehr, also als eine  Fastenzeit gestaltet. Jedoch sind die vier Fastenzeiten des Kirchenjahres keine Zwangsjacke, mit der die Kirche uns knebeln oder einschränken möchte, sondern eine Einladung zur Freiheit der Kinder Gottes. Wie der einzelne Gläubige sich angemessen und würdig auf die Feier des Weihnachtsfestes vorbereiten kann, sollte er mit seinem geistlichen Vater im Rahmen der Beichte besprechen.

Das Fasten vor Weihnachten beginnt in der Orthodoxen Kirche am 15. November. Es wird auch "Philippus-Fasten" genannt, weil am 14. November das Gedächtnis des heiligen Apostels Philippus gefeiert wird. Die Weihnachtsfastenzeit ist nach dem Typikon weniger streng gestaltet als die vorösterliche Fastenzeit: So darf zu den Mahlzeiten pflanzliches Öl und Fisch gereicht werden. Einige Tage vor Weihnachten wird das Fasten dann strenger, und schließlich am Vortag des Festes, den letzten Tag vor Weihnachten, wird bis zum ersten Stern am Abend nicht gegessen. Dieses strenge Fasten ist sowohl ein eucharistisches Fasten, das uns auf den Empfang der Allheiligen Gaben in der mit der Feier der Vesper verbundenen Basilius-Liturgie vorbereitet, als auch eine Erinnerung an den Stern, der bei der Geburt des Erlösers über Betlehem erschien.

Während der Fastenzeit wird kein Fleisch oder Fett, keine Eier, Milch, Butter und alles, was aus diesen Lebensmitteln bestehen, gegessen. Aber auch hier sind die Regeln des Typikons nicht fanatisch, sondern auf das Heil der Menschen hin orientiert: Alte und Schwache, Kranke und Schwangere und ganz kleine Kinder sind vom strengen Gebrauch des asketischen Hilfsmittels der Fasten ausdrücklich ausgenommen. Während der vier Fastenzeiten müssen die orthodoxen Gläubigen auf die Feier von Hochzeiten verzichten. Auch sollen sie sich auf das Gebet und das geistliche Leben konzentrieren und deshalb auf weltliche Vergnügungen (Konzerte, Theater- und Kinobesuche, allzu ausgelassene und exzessive Feiern etc.) verzichten. Das Wichtigste während der Fastenzeiten ist, das wir den Kompass unseres Lebens wieder auf Gott ausrichten. Das beste Mittel dafür ist das Gebet. Denn: "Gebet ist die Nahrung für die Seele", wie uns der heilige Theophan der Klausner sagt.

 

 

 

Sonntag der Heiligen Vorväter

 

S. E. Metropolit Anthony von  Sourozh über Matthäus 1: 1-25

 

Im Vorfeld der Weihnacht, wenn wir voller Erwartung der Menschwerdung des Gottessohnes entgegen schauen, erinnert uns die Kirche in sehr anrührender Weise an all jene, die ihr Leben, ihren Leib dafür hingaben, dass der Heiland geboren werden konnte. Heute begehen wir das Fest der Vorfahren Christi. Jeder von uns trägt in sich, in seinem Leib, in seiner Seele die gesamte Geschichte der Menschheit. Christus, der die menschliche Natur angenommen hatte, erschien nicht als ein ganz neuer Mensch, den Gott ja auch neu erschaffen hätte können. Christus nahm die menschliche Natur an von einer Menschheit, die bereits eine vieltausendjährige, vielleicht sogar millionenjährige Geschichte hinter sich hatte. In Seinem Leib, in Seiner menschlichen Natur lebten all jene, die irgendwann vor Ihm einmal auf der Erde gelebt hatten.

 

Auch in unserem Körper und in unserer Seele lebt die gesamte vergangene Menschheit. Christus vereinigte sich mit der Menschheit. Dabei erwählte Er in ihr nicht nur die sogenannten Gerechten oder Heiligen, das heißt all jene, die würdig gewesen wären für eine Begegnung mit Gott, welche selbst so wunderbar ist und jegliche menschliche Phantasie übersteigt, dass man sie mit keinerlei Worten auszudrücken vermag: In Ihm lebt die gesamte Menschheit, sowohl die Gerechten als auch die Sünder. 

 

In der Reihe der Namen, die wir heute gehört haben und unter denen wir einige als Heilige verehren, gibt es einige, von denen das Alte Testament als Sünder spricht. Alle jedoch waren Menschen, die sich durch die Sünde hindurchgerungen haben, die sich mit menschlicher Schwäche, dunklen Gedanken und fleischlicher Erregung herumgeschlagen haben, die sich durch das Toben der Geschichte und ihres Alltag hindurch durchgeschlagen haben zu Gott, die auf der Suche waren nach dem Licht, nach der Wahrheit, die nach Heiligkeit strebten, auch wenn ihnen oft die Kräfte dazu nicht ausreichten ihren Traum zu verwirklichen. 

 

Auch mit ihnen war Gott, ja, Er war wirklich auch mit ihnen, denn Gott überlässt keinen einzigen Sünder sich selbst. Ihn erschreckt keinerlei Unrecht. Er erscheint uns nur dann als fern, wenn wir selbst Ihn wegen unserer eigenen eiskalten Gleichgültigkeit nicht kennen wollen. Aber auch dann überlässt Er uns nicht uns selbst. Er bleibt uns gleichsam nahe, wenn auch voller Kummer und vom Kreuz her auf uns blickend.

 

Wenn wir nun heute der gesamten vergangenen Menschheit gedenken, all diese Menschen, die durch die Jahrtausende hindurch den Leib und die menschliche Natur Christi gewebt haben, dann lasst uns ihrer voller Ehrfurcht und Dankbarkeit gedenken. Lasst uns an all unsere Vorfahren denken, an die, die wir kennen und an die, die wir vergessen haben, an die, derer sich das Herz freut und auch an die, wegen derer unser Stolz Scham empfindet. Lasst uns aller gedenken! 

 

Durch seine menschliche Heiligkeit hat Christus alle gerechtfertigt, die Seines Leibes und Seines Blutes sind. Und jeder von uns ist durch tatkräftiges Leben dazu berufen, mit Schöpferkraft und Ringen, durch Siege und Niederlagen hindurch, auf dem Wege zur völligen Selbsthingabe zu Gott, auf dem Wege zur Heiligkeit nicht nur für sich selbst das Heil zu erlangen und somit sein zeitliches Verweilen auf der Erde zu rechtfertigen, sondern ebenso auch dem gesamten Leben der Jahrtausende, die in unserem Leib und unserer Seele lebendig sind, einen Sinn zu geben. 

 

Jeder, der sich bis zur Heiligkeit durchschlägt, jeder, der zum Gefäß des Heiligen Geistes wird, der sich wirklich so mit Christus vereinigt, dass er eine Zelle Seines Allerreinsten und Allerheiligsten Leibes wird, jeder, der zu einem Kind Gottes wird, führt all jene zum Heil, rechtfertigt, verherrlicht und gibt dem Leben und dem Schicksal aller jener einen Sinn, deren Erbe er in seinem Menschsein ist.

 

Lasst uns deshalb gedanklich eindringen in diese Aufzählung der Generationen der Vorfahren Christi. Lasst uns ihre Namen anschauen. Alle sie waren lebendige Menschen, Menschen aus Fleisch und Blut, die Ehrfurcht vor dem Leben hatten, die zum Teil geplagt waren, zum Teil jedoch auch voller Freude triumphierten. Alle sie haben Anteil und leben weiter in dem Wunder der Menschlichkeit Christi ebenso wie an Seiner menschlichen Natur. 

 

Auch in uns lebt die Vergangenheit weiter. Christus hat die gesamte Vergangenheit Seiner Vorfahren so geheiligt, dass alle ohne Ausnahme heute Kinder Gottes sind, zu Gott gehören im wahrsten Sinne dieses Wortes. Auch wir können durch unser Leben, durch unser Mühen und Ringen, durch unser Streben zu Gott hin, durch unsere Sehnsucht nach Ihm, durch unsere Entschlossenheit für Ihn, durch jeden Sieg, den wir Ihn in uns erringen lassen, der gesamten Vergangenheit unseres Geschlechts einen Sinn geben und es rechtfertigen, es Gott als Gabe darbringen. Indem wir selbst zu Gottes Kinder werden, lassen wir auch all unsere Vorfahren zu Kindern Gottes werden, obwohl der eine oder andere von ihnen Gott vielleicht gar nicht gekannt hat oder Ihn, wenn auch gekannt, durch Sünde und Untreue im Herzen und im Leben von sich gestoßen hat. 

 

Wie wunderbar ist all dies! Wie kann all dies uns eine neue Lust zum Leben verleihen! Wir leben nicht für uns selbst, nicht einmal nur für unsere Mitmenschen oder für unsere Liebsten. Ja, selbst nicht einmal für unsere Feinde. Wir leben für die gesamte Menschheit und dahinter steht gleichsam das Schicksal des gesamten Kosmos. Gott sei ewig Dank, dass Er so an uns glaubt und uns ein solch großes und wunderbares Schicksal anvertraut. Amen.

 

 

Zur Genealogie Christi

 

Predigt von Metropolit Anthony von Sourozh 

 

Jedes Jahr lesen wir vor Weihnachten die Genealogie Christi im Matthäus-Evangelium (1: 1-17) und jahrelang habe ich mich gefragt, warum? Warum müssen wir denn alle diese Namen lesen, die uns so wenig, wenn überhaupt etwas, bedeuten? Doch dann wurde ich aufmerksamer für das, was sie uns sagen wollen. 

 

Erst einmal sind es die Menschen, zu deren Familie der Herr Jesus Christus durch Seine Menschlichkeit gehört. Es sind Seine Verwandten, und das allein sollte uns genügen, dass wir ihre Namen rührend finden: Christus ist von ihrem Blut, Christus ist aus ihrer Familie. Jeder von ihnen kann von der Gottesmutter sagen: ‚Sie ist ein Kind unserer Familie’, und dasselbe von Christus: ‚Auch Er ist ein Kind unserer Familie, obwohl Er unser Gott ist, unser Retter, die wahrhafte Göttliche Gegenwart in unserer Mitte’. Zudem gibt es einige hervorragende Namen: Namen von Heiligen, Heroen des Geistes und Namen von Sündern. 

 

Die Heiligen unter ihnen könnten uns wirklich lehren, was es heißt zu glauben; nicht einfach einen intellektuellen Glauben zu haben, eine Weltsicht, die, soweit als es ihr möglich ist, mit der Sicht Gottes übereinstimmt, sondern einen Glauben, der völliges Vertrauen in Gott bedeutet, eine unbegrenzte Treue zu Ihm, die Bereitschaft unser Leben zu geben für das, wofür Er steht, was Er ist, begründet in dem, was wir von Ihm wissen. In diesem Zusammenhang können wir uns an Abraham erinnern, dessen Glaube bis zum Äußersten geprüft wurde. Wie schwierig finden wir es Gott etwas von uns zu geben: aber von Abraham wurde verlangt seinen eigenen Sohn als Blutopfer zu bringen – und er zweifelte nicht an Gott. Und Isaak? Er gab sich ohne Widerstand hin, in völligem Gehorsam zu seinem Vater, und durch ihn – zu Gott. 

 

Denken wir an den Kampf Jakobs in der Finsternis mit dem Engel, wie auch wir manchmal um unseren Glauben kämpfen, um unsere Rechtschaffenheit, um unsere Treue, in der Dunkelheit der Nacht oder des Zweifels, in der Dunkelheit, die uns manchmal von allen Seiten einschließt.

 

Aber wir können auch etwas von denen lernen, die uns in der Geschichte, in der Bibel als Sünder erscheinen. Sie waren schwach, diese Schwäche besiegte sie, sie hatten nicht die Kraft den Forderungen ihres Leibes und ihrer Seele zu widerstehen, den vielfältigen Leidenschaften des Menschen. Und doch – und doch glaubten sie mit Leidenschaft an Gott. Einer von ihnen war David, einer seiner Psalmen (Ps 129 LXX) drückt das so gut aus: „Aus der Tiefe rufe ich zu Dir...“ Aus der Tiefe der Verzweiflung, der Schande, aus der Tiefe seines Falls, aus der Tiefe seiner Entfremdung von Gott, aus der dunkelsten Tiefe seiner Seele ruft er immer noch nach Gott. Er versteckt sich nicht vor Ihm, er läuft nicht weg von Ihm, er kommt zu Ihm mit dem verzweifelten Schrei eines hoffnungslosen Menschen. Und auch andere, Männer wie Frauen, sind gleich wirklich, wie Rahab, die Hure – und so viele andere.

 

Wenn wir am dunkelsten Punkt unseres Lebens stehen, wenn wir eingehüllt sind in die Dunkelheit in uns – wenden wir uns Gott zu und sagen: Zu Dir rufe ich, o Gott! Ja – ich bin im Dunkel, aber Du bist mein Gott. Du bist der Gott, der das Licht geschaffen hat und die Dunkelheit, und Du bist in der Dunkelheit wie Du auch im blendendhellen Licht bist; Du bist im Tod wie Du im Leben bist; Du bist im Hades, wie Du auch auf dem Throne sitzt; und wo ich auch immer bin, ich kann zu Dir rufen. 

 

Und dann möchte ich, dass ihr zuletzt noch daran denkt. Für uns sind diese Personen nur Namen; von einigen wissen wir etwas aus der Bibel, über andere wissen wir nichts. Aber alle waren wirkliche menschliche Wesen, Männer und Frauen wie wir, mit all unserer Schwachheit und all unseren Hoffnungen, mit aller Unentschlossenheit und Zögerlichkeit, mit all der beginnenden Liebe, die so oft gestört wird, und doch Licht und Feuer bleibt. Sie sind konkret und real und wir können ihre Namen voll Mitgefühl lesen: Ja – ich kenne dich nicht, aber du bist einer aus der Familie Gottes, wirklich, real, der durch die inneren und äußeren Wechselfälle des Lebens zu Gott gehört. Und wir selbst können versuchen in der Realität unseres Lebens, ob wir nun zu einem gegebenen Augenblick schwach oder stark sind, Gott zu eigen zu sein. 

 

Denken wir nach über diese Genealogie, hören wir sie doch das nächste Mal mit einem Funkeln in unseren Augen, mit einem warmen Gefühl in unserem Herzen. Aber das wird nur möglich sein in dem Maß, in dem Christus immer realer wird für uns und wenn wir sie alle in Ihm und durch Ihn entdecken als wirklich und lebendig und als uns und Gott zu eigen. Amen.

 

Im Mittelpunkt des Weihnachtsfestes

 

von Erzpriester Andrew Demotses

 

Die Weihnachtszeit gibt uns allen die Gelegenheit über die wahre Bedeutung dieser wunderbaren Feier nachzudenken. Es würde uns dabei sehr helfen, wenn wir uns die Ikone der Geburt Christi genau anschauen. Diese Ikone stellt die Ereignisse der Geburt Christi dar, wie sie im Lukas-Evangelium aufgeschrieben sind. Wenn man die Ikone anschaut, sieht man die Schäfer auf dem Feld, man sieht die drei Weisen auf ihrem Weg und man sieht die Tiere im Stall. Der Ikonenmaler aber versuchte unsere Aufmerksamkeit auf das kleine Kind in der Krippe zu lenken. Dafür malte er die Engel so, dass sie genau auf das Christuskind zeigen, das zusammen mit Seiner Mutter, die beiden weitaus größten Figuren in der ganzen Bildkomposition darstellen. 

 

Das Lukas-Evangelium gibt uns einen ähnlichen Bericht von der Geburt Jesu und die damit zusammenhängenden Ereignisse. Der Retter bleibt im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit eines jeden. Die Hirten, die zuerst die frohe Botschaft gehört hatten, erblickten das neugeborene Kind, kehrten wieder heim und „und rühmten Gott und priesen Ihn“ (2: 20). Der fromme Priester Simeon nahm das Kind in seine Arme und verkündete es als „ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel“ (2: 32). Die Prophetin Hanna „sprach über das Kind zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten“ (2: 38). Die drei Weisen, die später kamen, sagten „Wir haben Seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um Ihm zu huldigen“ (Matthäus 2: 2). 

 

Man kann sehen, dass dieser große Prozess der geistigen Entdeckung von denen, die Teil davon waren, zwei Dinge verlangte. Erstens, dass sie, wenn auch nur für kurze Zeit, die Sorgen und Wirren ihres täglichen Lebens beiseite lassen. Die Schäfer verließen ihre Felder und die Schafe und kamen zum Heiligen, der als ein kleines Kind in der kargen Krippe lag. Die Heiligen Simeon und Hanna lösten sich aus der Routine ihres Alltags, fanden sich im Tempel wieder und erblickten Ihn, als Er von Seinen Eltern zur Weihefeier am vierzigsten Tages nach Seiner Geburt gebracht wurde. Die drei Weisen verließen Haus und Hof und machten sich auf die lange und schwierige Reise, um ihre Gaben zu bringen. Und zweitens, dass jeder von ihnen, je nach Stellung und Umständen in seinem Leben, Christus zum Mittelpunkt seiner ganzen Aufmerksamkeit machte. 

 

Wenn wir nun Weihnachten, die Geburt Jesu, feiern, gibt es auch für uns nur eine passende Antwort: Weg von den hirnlosen Ablenkungen und der schamlosen krassen Geschäftemacherei dieser Monate und Ihn in den Mittelpunkt stellen, Ihn preisen und anbeten, Der Jesus Christus der Herr ist.

 

Die Gottesdienste an Weihnachten

 

von Vater Alexander Schmemann

 

Als orthodoxe Christen beginnen wir die Feier der Geburt Christi am 25. Dezember mit einer Vorbereitungszeit. Vierzig Tage vor dem Fest treten wir in die Zeit des Weihnachtsfastens ein: um Seele und Leib zu reinigen, damit sie angemessen in die große geistige Wirklichkeit des Kommens Christi eintreten und an ihr teilhaben können. Diese Fastenzeit ist nicht so intensiv liturgisch, wie es für die Große Fastenzeit typisch ist. Das Weihnachtsfasten ist mehr „asketischer“ als „liturgischer“ Natur. Trotzdem spiegelt sich die weihnachtliche Fastenzeit im Leben der Kirche in einer Reihe liturgischer Zeichen, die das kommende Fest ankündigen.

 

Während der 40 Tage der Vorbereitung wird das Thema der kommenden Geburt allmählich in die Gottesdienste und liturgischen Feiern eingeführt. Wenn auch der Beginn der Fastenzeit am 15. November liturgisch nicht durch einen Hymnus gekennzeichnet wird, so hören wir doch fünf Tage später, am Vorabend des Festes des Einzugs Mariae in den Tempel, die erste Ankündigung aus den neun Irmen des Weihnachtskanons: „Christus ist geboren, verherrlicht Ihn!“ Bei diesen Worten verändert sich etwas in unserem Leben, in der Luft, die wir atmen, in der ganzen Stimmung des Lebens der Kirche. Es ist, als ob wir ganz weit weg das erste Licht der größtmöglichen Freude wahrnehmen würden – die Ankunft Christi in Seiner Welt! So kündigt die Kirche das Kommen Christi an, die Fleischwerdung Gottes, Seinen Eintritt in die Welt zu ihrer Erlösung. Dann, an den beiden Sonntagen vor Weihnachten gedenkt die Kirche der Vorväter und Väter: der Propheten und Heiligen des Alten Testaments, die dieses Kommen vorbereiteten, die die Geschichte selbst zur Erwartung machten, zum Warten auf die Erlösung und auf die Versöhnung der Menschheit mit Gott. Schließlich beginnt die Kirche am 20. Dezember die Vorfeier zur Geburt, deren liturgische Struktur ähnlich ist der Großen Woche vor Ostern – denn die Geburt des Sohnes Gottes als Kind ist der Anfang Seines Erlösungsdienstes, der Ihn zu unserem Heil zum höchsten Opfer am Kreuz führen wird.

 

Heiliger Abend

 

Die Gottesdienste am 24. Dezember, dem Vorabend von Weihnachten:

 

1. Stunden (Horen)

2. Vesper,

3. Göttliche Liturgie des Hl. Basilius.

 

Am Ende der Vorfeier und damit des Advents, fassen die Stunden die ganze Thematik des Festes zusammen und machen sie zu einer letzten feierlichen Ankündigung. In den besonderen Psalmen, Hymnen und Schriftlesungen, die für jede Stunde bestimmt sind, wird die Freude und die Macht des Kommens Christi kund - die entscheidende und drastische Änderung in der ganzen Schöpfung.

 

Die Vesper, die meist auf die Stunden folgt, eröffnet die eigentliche Feier des Festes – denn wir wissen ja, dass der liturgische Tag am Abend davor beginnt. Die Atmosphäre des Festes wird durch die fünf Stichera zum Psalm 140 „Herr, ich rufe zu Dir ...“ vorgegeben. Sie sind ein Ausbruch der Freude über das Geschenk der Menschwerdung Christi, die nunmehr erfüllt ist!

 

Kommt, lasst uns jubeln im Herrn, auslegen das heutige Geheimnis. Die Scheidewand ist niedergerissen, das Flammenschwert wendet sich ab, die Cherubim weichen vom Baum des Lebens, und ich habe teil an des Paradieses Köstlichkeit, von der mich der Ungehorsam früher vertrieben. Denn des Vaters gleiches Bild, die Prägung Seiner Ewigkeit, nimmt Knechtsgestalt an, tritt hervor aus der Mutter, die vom Manne nichts weiß, und erleidet doch keine Veränderung. Denn Er blieb, was er war: der wahre Gott – und nahm an, was Er nicht war: Mensch geworden aus Menschenliebe. Ihm rufen wir zu: Aus der Jungfrau geborener Gott, erbarme Dich unser.

 

Acht Schriftlesungen zeigen, dass Christus die Erfüllung aller Prophezeiungen ist, dass Sein Königreich das Reich „auf ewig“ ist, dass die menschliche Geschichte darin ihren Sinn findet und das gesamte Weltall seinen Mittelpunkt. Die Liturgie des heiligen Basileius, nach der Vesper, war in der Vergangenheit die Taufliturgie, bei der die Katechumenen getauft, gesalbt und in die Kirche – den Leib Christi – aufgenommen wurden. Die doppelte Freude des Festes für die neugetauften und die anderen Mitglieder der Kirche spiegelt sich im Prokeimenon des Tages:

 

Der Herr sagte zu mir: Du bist Mein Sohn, heute habe ich Dich gezeugt. Fordere von mir, und ich gebe Dir die Völker zum Erbe, die Enden der Erde zum Eigentum.

 

Am Ende der Liturgie nimmt dann der Zelebrant eine brennende Kerze, geht in die Mitte der Kirche und singt, umringt von der ganzen Gemeinde, das Troparion und das Kontakion des Festes:

 

Deine Geburt, o Christus, unser Gott,ließ erstrahlen der Welt das Licht der Erkenntnis; in ihr wurden, die die Sterne verehren, von einem Stern belehrt, Dich zu verehren, die Sonne der Gerechtigkeit und Dich zu erkennen als den Aufgang der Sonne. Herr, Ehre Dir!

 

Vigil und Liturgie

 

Da die Vesper des Festes bereits gefeiert wurde, beginnt die Vigil mit der Großen Komplet und der freudigen Verkündigung aus Jesaja „Gott ist mit uns!“ Die Ordnung der Morgenfeier (griechisch des Orthros, slavisch Utrenja) ist die eines großen Festes. Nun wird, zum ersten Mal der ganze Kanon „Christ ist geboren ...“ gesungen, einer der schönsten Kanones des orthodoxen Gottesdienstes, während die Gläubigen die Ikone von der Geburt Christi verehren. Die Lobpsalmen folgen und fassen die Freude und die Thematik des ganzen Festes zusammen:

 

Freut euch, ihr Gerechten, ihr Himmel jauchzet! Neigt euch, ihr Berge, Christus ist geboren; die Jungfrau thront den Cherubim gleich, tragend in ihrem Schoße das fleischgewordene Wort. Die Hirten bestaunen den Neugeborenen. Die Magier bringen dem Herrn ihre Gaben dar. Die Engel singen, rufend: Unvergleichlicher Herr, Ehre sei dir!

 

Die Liturgie des Tages beschließt die Feier der Geburt Christi mit ihren Festantiphonen, die verkünden:

 

Das Szepter Deiner Macht wird der Herr ausgehen lassen aus Zion, herrsche inmitten Deiner Feinde!

 

Bei Dir ist die Herrschaft am Tage Deiner Kraft im Glanze der Heiligen.

 

Die Nachfeier

 

Am 2. Tag des Festes wird die Synaxis der Gottesmutter gefeiert. Die Kirche verbindet die Hymnen der Geburt mit denen, die die Gottesmutter preisen und deutet damit auf Maria als die Eine, durch die die Fleischwerdung Christi möglich wurde. Sein Mensch- Sein – greifbar und historisch – ist das Mensch- Sein, das Er von Maria empfing. Sein Leib ist zuallererst ihr Leib; Sein Leben ist ihr Leben. Dieses Fest der Versammlung zu Ehren der Gottesgebärerin (Theotokos), ist wahrscheinlich das älteste Marienfest der christlichen Tradition, der Anfang ihrer Verehrung durch die Kirche. Sechs Tage Nachfeier bringen das Weihnachtsfest am 31. Dezember zum Abschluss.

 

In allen Gottesdiensten dieser Tage wiederholt die Kirche die Hymnen und Lieder, die die Menschwerdung Christi verherrlichen und erinnern uns daran, dass die Quelle und das Fundament unserer Erlösung nur in Dem gefunden werden kann, Der als Gott vor aller Zeit in die Welt kam und um unsertwillen „als kleines Kind geboren“ wurde.

 

Quelle: Father Alexander Schmemann in: The Services of Christmas: The Nativity of Our Lord Jesus Christ, New York 1981. 

 

 

Lobpreis auf die Menschwerdung

 

Gottes Kind, älter als der Himmel! O dreimal gesegneter Sohn, der auf Seinen Schultern seine Herrschaft trägt und nicht nach Würde aus fremder Hand zu trachten braucht. Denn von Natur ist dem göttlichen WORT als dem Sohn Gottes die Herrschaft über das All eigen; nichts ist ihm gegeben worden, wie es einem Geschöpf zukommt. Es heißt: »Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter« (Jesaja 9: 5). O allmächtige Gewalt! »Wunderbarer Ratgeber und Friedensfürst ist ER« (Jesaja 9: 5). Wie sollen wir das heutige Fest ruhmvoll feiern? Wie sollen wir die gegenwärtige mystische Feier herrlich begehen? Wer kann den unvergänglichen Reichtum dieses Tages ausschöpfen? Mit welchen klangvollen und machtvollen Worten sollen wir das hochgepriesene und siegreiche Mysterium der Unvergänglichkeit verkünden? O Tag, unzähliger Gesänge wert, an dem für uns der Stern aus Jakob aufging und der himmlische Mensch aus Israel erstrahlte und der gewaltige Gott unter uns Wohnung nahm! »Die Sonne der Gerechtigkeit« (Malachias 3: 20) vertrieb die Dunkelheit; der Schatz göttlicher Tugenden wurde aufgeschlossen; der Baum des ewigen Lebens hat für uns zu sprossen begonnen und die aufgehende Sonne leuchtete aus der Höhe. Der Herr des Himmels und der Erde kam aus jungfräulichem Schoß in die vergängliche Welt, um sie zu erlösen. Denn »heute wurde uns der RETTER geboren, der MESSIAS, der HERR« (Lukas 2: 11), »das LICHT für die Heiden« (Lukas 2: 32) und die RETTUNG des Hauses Israel. O Wunder! Als Kind in der Krippe liegt der, den die Himmel nicht fassen können, und in den Armen einer Frau ruht der, der durch kurzen Befehl das All erschaffen hat. Von den makellosen Brüsten der heiligen Jungfrau wird genährt, der allen himmlischen Mächten das Dasein geschenkt hat. ... Durch eine Jungfrau wird die Welt befreit, die einst durch eine Jungfrau der Sünde unterlegen war. Durch die Geburt aus der Jungfrau sind die unsichtbaren Dämonen jeder Zahl und jeder Art in die Unterwelt gebannt worden. Der Herr nahm die Gestalt der Knechte an, damit die Knechte Gottes Gestalt erlangen können. ... O Bethlehem, geheiligte Stadt, aller Menschen gemeinsames Erbe! O Krippe, Gefährtin der Cherubim, gleicher Ehren wert wie die Seraphim! Denn der auf jenen in göttlicher Ewigkeit thront, ist nun dem Leib nach in dir eingeschlossen. O Maria, o Maria, die du den Schöpfer des Alls als deinen Erstgeborenen geboren hast. O Menschennatur, dem WORT Gottes schenkst du leibliches Sein. Mehr Ehre verdienst du deshalb in dieser Hinsicht als die himmlischen und geistigen Kräfte. Denn nicht die Gestalt der Erzengel wollte Christus annehmen, noch der Herrschaften, Mächte und Gewalten unwandelbare Erscheinungen, sondern die deine hat er angenommen, die dem Untergang unterworfen und unvernünftigen Wesen gleichgestaltet ist. Doch bedürfen nicht die Gesunden des Arztes (vgl. Matthäus 9: 12); deshalb hat die von großer Krankheit befallene Menschheit einen solchen ARZT erhalten, damit sie, von der Krankheit geheilt, das Glück der größeren Gesundung genieße. ... Brüder, seliger himmlischer Berufung teilhaftig, zu Söhnen und Brüdern Gottes seid ihr berufen! Darum ist es unsere Pflicht, dankbar Den zu preisen, der uns berufen hat.

 

Quelle: Amphilochios von Ikonium; Predigt zur Geburt Christi.

 

 

 

Eine Betrachtung über Weihnachtsevangelium

 

Heute wollen wir über einige Worte aus den Evangelien nachdenken, auf die uns die Kirche an den Festtagen aufmerksam machen will.  

 

Die Hirten sagten zueinander: "Kommt, wir gehen nach Bethlehem, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr verkünden ließ“ (Lukas 2: 15). Daher sollten auch wir nach Bethlehem gehen. Steigen wir, im Geiste, den Hügel hinauf, „zu den Bergen, woher kommt mir Hilfe?“ (Psalm 121: 1). Nach Bethlehem hinaufsteigen bedeutet Anstrengung, aber sollten wir eine so günstige Gelegenheit ungenutzt verstreichen lassen? 

 

„So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Bethlehem heißt ... Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete“ (Lukas 2: 4-5). Nicht der Kaiser Augustus, sondern der König der Könige verordnet, „alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen ... jeder in seiner Stadt“ (Lukas 2: 1-3). Jeder muss sich für eine Stadt entscheiden und für die Gruppe, der er sich zugehörig fühlt. Einige werden Rom wählen, andere Athen. Soll ich mich für Reichtum oder Macht oder Intelligenz entscheiden? Nein, diese Städte sind nicht meine Städte. Ich werde nicht einmal Jerusalem wählen, den Ort an dem Gott seine Herrlichkeit beweist. In meinem irdischen Leben will ich ein Bürger Bethlehems sein und teilhaben an der Bescheidenheit und Armut. Mit Maria, mit Josef und mit Jesus hätte ich gerne meinen Namen aufgeschrieben in der kleinen Stadt, die von den Menschen verachtet oder vergessen wird, aber so groß ist vor Gott. 

 

„Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude ... heute ist euch ... der Retter geboren“ (Lukas 2: 10-11). Die Geburt Jesu in Bethlehem ist nicht das lange zurückliegende geschichtliche Ereignis, das mich nichts mehr angeht. Aber wenn es mich etwas angeht, ist es nicht nur weil ich ein Mitglied der großen menschlichen Gemeinschaft bin. Die Botschaft von Weihnachten ist nicht nur an die Menschheit im Allgemeinen gerichtet, sie ist an jede einzelne Person im Besonderen gerichtet. Sie erreicht jede Seele in einzigartiger und außergewöhnlicher Weise. Diese Freude ist mir auf andere Weise als jedem Anderen verkündet. Der Retter ist mir und für mich geboren. Wir sollten die Geburt Christi als sehr persönliches Geschenk erkennen. Nehmen wir dieses Geschenk im Glauben und mit Dankbarkeit an. 

 

„Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen“ (Matthäus 2: 9). Die Drei Weisen folgten gläubig dem Licht, das ihnen gegeben war: dem Licht gehorsam, wurden sie von ihm zum Kinde geführt. Wenn ich versuche der Fülle des Licht, das Gott mir gegeben hat, treu zu folgen, wenn ich den Mut habe alles zu verlassen um dem Stern zu folgen, wenn ich entscheide, meinem Gewissen treu und gehorsam zu sein (was immer auch geschehen möge) und bereit bin Zeugnis abzulegen für das Licht ... das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet“ (Johannes 1: 7.9), dann wird das göttliche Licht nicht zögern mich trotz meiner Unwissenheit – nicht in abstrakter Weise, sondern durch all die konkreten Umstände des Lebens und wo auch immer es gebraucht wird – zum Kinde zu führen, in das ich alle meine Hoffnung gesetzt habe.

 

"Und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war“(Lukas 2: 7). Die Geburt in der Futterkrippe zeigt, dass Jesus unter die Ärmsten gezählt werden will, unter die Demütigsten. Er ist unter den Enterbten, den Kranken, den Gefangenen, den Sündern zu finden. Ich wollte lieber arm mit Jesus sein als reich ohne Jesus. Ich wollte lieber mit Jesus, Maria und Josef in einer Höhle sein, als in der Herberge, in der kein Platz für sie ist. Dann müssen wir aber auch hinnehmen, dass es für die, die Jesus lieben keinen Platz in dieser Welt gibt. Der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann“ (Lukas 9: 58).

 

 

„Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt“ (Lukas 2: 12). Ich suche einen Gott undHerrn und finde ein kleines Kind. Die Botschaft von Weihnachten ist eine Botschaft der Kindheit: „Amen, das sage ich euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen“ (Lukas 18: 17). Gott verlangt von uns nicht, dass wir unserem Wissen und unserer Besonnenheit als Erwachsener, die wir zur Erfüllung unseren irdischen Aufgaben brauchen, entsagen, aber in unserer Beziehung zu ihm möchte er, dass wir zum einfachen kindlichen Vertrauen zurückfinden. Das Kind vertraut seinem Vater; es geht Hand in Hand mit ihm; es weiß, dass sein Vater es dahin führen wird, wohin es gehen muss; es weiß, dass es sein Vater immer beschützen, ernähren und beherbergen wird; es läßt sich führen von seinem Vater mit geschlossenen Augen, ohne die geringste Furcht. Wenn es zu seinem Vater spricht, gebraucht es keine schwierigen Formulierungen, sondern sagt es einfach und liebevoll. Das bedeutet das kleine Kind von Bethlehem. Mehr noch, die Kindheit Jesu ist mehr als ein zu imitierendes Vorbild. Es ist eines dieser Mysterien im Leben des Heilandes, die, obschon historisch und vergänglich, auch eine ewige Wirklichkeit haben. Weihnachten ist eine günstige Zeit das Mysterium der Kindheit Jesu zu ehren. 

 

„Sie ... sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar“ (Matthäus 2:11). Wie die Drei Weisen bieten wir holen wir unsere Schätze hervor und bringen ihm die wertvollsten Sachen, die wir haben. Im Geiste geben wir Gold, das Zeichen der Macht Jesu über allen Reichtum und alles Geschaffene, ein Zeichen auch unserer eigenen inneren Freiheit von irdischen Gütern. Im Geiste geben wir Weihrauch, das Zeichen der Anbetung, denn Jesus ist nicht nur der König des Alls, er uns unser Gott. Im Geiste geben wir Myrrhe, das Gewürz, mit dem wir vorab den Tod und das Begräbnis Jesu ehren und durch das auch unsere eigene Absage an irdische Vergnügungen vergegenwärtigt wird. Herr Jesus, nimm meine Gaben an.

 

„Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten“ (Lukas 2: 20). Herr Jesus, bevor wir Bethlehem verlassen, oder zum Ende des Festes Deiner Geburt kommen, erlaube uns etwas davon zu sehen, was die Hirten sahen, davon zu hören, was sie hörten und in unserem Herz die Botschaft zu empfangen, die uns aus der Krippe verkündet wird. 

 

Ihr aber seid der Leib Christi, und jeder einzelne ist ein Glied an Ihm“ (1. Korinther 12: 27). Das Weihnachtsfest ist das Fest des mystischen Leibes Christi, denn durch die Inkarnation wurden die Menschen Glieder des Leibes Christi. Was auch immer die theologische Erklärung ist, die wir der Teilhabe am Leibe Christi geben – großartig bestätigt in den Schriften und bei den Kirchenvätern – müssen wir glauben, dass mit der Inkarnation eine nicht in Worten auszudrückende Vereinigung zwischen Jesus Christus und dem Menschen begann, die alles Verstehen übersteigt. Jenseits des besonderen historischen Ereignisses, das in Bethlehen stattfand und wodurch der Sohn Gottes Seinen sichtbaren menschlichen Leib annahm, fand noch ein anderes Ereignis statt, das die ganze Menschheit betrifft: Indem Er Fleisch annahm, nahm Er in gewisser Weise auch die menschliche Natur an, an der wir alle teilhaben und schafft zwischen Sich und uns eine Beziehung, die der zwischen dem Leib und seinen Gliedern entspricht, auch wenn sie nie aufhört nur die Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf zu sein. Es ist eine Vereinigung ohne Vermischung. Christus lässt uns unserer wahren menschlichen Natur – erneuert durch Jesus Christus – gewahr werden. 

 

„Und das Wort ist Fleisch geworden“ (Johannes 1:14). Diese Worte fassen das Weihnachtsfest perfekt zusammen. Wenn wir sie in ihrer ganzen Bedeutung erfassen, verstehen wir, dass sie nicht nur das Mysterium betreffen, durch das der Sohn und das Wort des Vaters Mensch wurde, diese Worte haben auch Konsequenzen im moralischen und praktischen Sinne. Unser Fleisch ist oft eine Quelle der Versuchung und der Sünde. Möge das Wort Gottes daher in uns Fleisch werden, möge es in unseren Leib eindringen. Möge die Macht des Wortes vom Äußeren ins Innere dringen und damit in unsere Körper. Dann wird das Gesetz des Geistes über das Gesetz des Fleisches obsiegen. Weihnachten wird nur dann eine wahre Bedeutung für uns haben, wenn unser Fleisch verändert und geleitet wird vom fleischgewordenen Wort. 

 

Quelle: A Monk of the Eastern Church,

The Year of Grace of the Lord,

A Spiritual and Liturgicaler of the Orthodox Church.

 

 

Die Predigt unseres Vaters unter den Heiligen Johannes Chrysotomus zur Geburt unseres Erlösers Jesus Christus

 

Ein seltsames und paradoxes Mysterium sehe ich. Stimmen von Hirten dringen an mein Ohr. Sie spielen heute nicht irgendeine Melodie auf ihren Flöten, sondern ein himmlisches Lied erklingt von ihren Lippen. Engel singen, Erzengel lobpreisen, die Cherubim verkünden Ruhm, die Seraphim verherrlichen. Alle frohlocken, da sie Gott auf Erden sehen und den Menschen in den Himmeln - den Hohen unten, der Heilsökonomie wegen, den Niedrigen oben, der Liebe zum Menschen wegen.

 

Heute ahmt Bethlehem den Himmel nach. Statt Sternen empfängt es Engel, statt der natürlichen Sonne nimmt es unbeschreibbar die Sonne der Gerechtigkeit auf. Frag nicht nach dem Wie. Denn wo Gott will, wird die natürliche Ordnung besiegt. Er wollte es, Er vermochte es, kam herab und erlöste. Alle Dinge wirkten zusammen mit Gott. Heute wird der Seiende geboren. Er, Der von jeher ist, wird das, was Er nie war. Er ist Gott und wird Mensch, doch ohne aufzuhören, Gott zu sein. Denn nicht durch Ablegen der Göttlichkeit wurde Er Mensch, noch auch wurde Er Gott wie ein Mensch, der durch geistigen Fortschritt die Vergöttlichung erlangt. Sondern Er Selbst, der Logos Gottes, wurde Fleisch, ohne dadurch irgendeine Veränderung zu erleiden. Seine göttliche Natur blieb unverändert.

 

Als Er geboren wurde, bestritten die Juden die seltsame Geburt. Die Pharisäer verdrehten die göttlichen Schriften, und die Schriftgelehrten redeten in Widerspruch zum Gesetz. Herodes suchte nach dem Neugeborenen, nicht etwa um Ihn zu ehren, sondern um Ihn zu töten (Matthäus 2:13). Heute sehen sie, dass alles ihnen widerspricht. Denn es blieb nicht verborgen vor ihren Kindern in einer anderen Generation, wie der Psalmist sagt (Psalm 77:4). Könige kamen, um dem himmlischen König zu huldigen, voller Verwunderung darüber, wie Er auf die Erde kam, ohne die Hilfe von Engeln, Erzengeln, Thronen, Herrschaften, Mächten oder Gewalten. Denn auf einem seltsamen und unbegangenen Weg kam Er herab, aus einem unbesamten Schoß ging Er hervor, und dies, ohne dass die Engel deswegen Seiner Lenkung entbehrten, ohne dass durch die Menschwerdung Seine Göttlichkeit eine Minderung erlitt.

 

Deshalb also kamen Könige, um den himmlischen König der Herrlichkeit anzubeten. Krieger kamen, um dem Obersten Heerführer der himmlischen Scharen zu dienen. Die Frauen kamen, um dem aus der Frau Geborenen zu huldigen, damit Er die Betrübnis der Frau in Freude verwandle.

 

Die Jungfrauen kamen, um den aus der Jungfrau Geborenen zu verehren, und bewunderten, wie der Schöpfer der Milch und der Brust, Der aus dieser wie aus Quellen Ströme fließen läßt, von einer jungfräulichen Mutter die Nahrung eines Kindes empfing. 

 

Die Säuglinge kamen, um Den zu preisen, Der zum Säugling wurde, damit Er aus dem Mund von Kindern und Säuglingen Lobpreis empfange (Psalm 8:3).

 

Die kleinen Kinder kamen, um das kleine Kind anzubeten, um Dessentwillen sie durch die Raserei des Herodes zu Martyrern wurden.

 

Die Männer kamen, um den Menschgewordenen anzubeten, Der die Übel Seiner Knechte heilt.

 

Die Hirten kamen, um den Guten Hirten anzubeten, Der Sein Leben hingab für die Schafe.

 

Die Priester kamen, um Den anzubeten, Der Hohepriester wurde nach der Ordnung des Melchisedek (Hebräer 5:10).

 

Die Knechte kamen, um Ihn anzubeten, Der Knechtsgestalt annahm, damit Er uns ehre mit der Freiheit von Knechtschaft.

 

Die Fischer kamen, um Ihn anzubeten, Der sie zu Menschenfischern machte (Matthäus 4:19).

 

Die Zöllner kamen, um Ihn anzubeten, Der den Zöllner als Evangelisten erwies. Die Dirnen kamen, um Den anzubeten, Der Seine Füße den Tränen der Dirne überließ.

 

Um es kurz zu fassen - alle Sünder kamen, um das Lamm Gottes zu sehen, Das die Sünde der Welt wegnimmt:

 

die Magier, um ihre Geschenke zu bringen,

die Hirten, um Ihn zu lobpreisen,

die Zöllner, um die frohe Botschaft von Ihm zu verkünden,

die Dirnen, um ihm kostbares Salböl darzubringen,

die Samariterin im Dürsten nach dem Wasser des Lebens,

die Kanaaniterin mit unerschütterlichem Glauben. 

 

Alle hüpfen vor Freude, und auch ich will hüpfen, ja, tanzen will ich, feiern und frohlocken. Tanzen nicht indem ich die Saiten der Zither zupfe, nicht indem ich den Thyrsos Stab schwenke, nicht mit Flöten und Zimbeln, sondern indem ich anstelle von Musikinstrumenten die Wickelbinden Christi in meinen Händen halte. Diese sind mir Hoffnung, sind mir Leben und Erlösung. Diese sind mir Flöte und Zither. Deshalb komme ich und bringe sie her, damit ich daraus Kraft schöpfe zum Reden und zusammen mit den Engeln sage: Ehre sei Gott in den Höhen. Mit den Hirten aber: Und Friede auf Erden und Wohlwollen unter den Menschen (Lukas 2,14). 

 

Heute wird Derjenige, Der auf unsagbare Weise geboren wurde aus dem Vater, um meinetwillen geboren auf übernatürliche Art aus der Jungfrau. So wie Er vor aller Zeit der göttlichen Natur gemäß aus dem Vater geboren wurde, auf eine Art, die der Gebärende weiß, so wurde Er auch heute geboren auf eine Art, die über den Naturgesetzen und dem menschlichen Begreifen ist, doch bekannt der Gnade des Heiligen Geistes. Seine himmlische Geburt ist wahr, und ebenso unzweifelhaft ist Seine Geburt auf Erden. Er wurde wahrhaftig als Gott aus Gott geboren, und ebenso wahrhaftig wurde Derselbe als Mensch aus der Jungfrau geboren. In den Himmeln oben als der Einziggeborene aus dem Einzigen allein, auf Erden unten Derselbe als Einziggeborener aus der Jungfrau allein. Denn ebenso pietätlos und blasphemisch wie die Beigesellung einer Mutter bei Seiner himmlischen Geburt ist auch die Beigesellung eines Vaters bei Seiner irdischen Geburt.

 

Der Vater gebar, ohne eine Veränderung zu erleiden, und die Jungfrau gebar, ohne ihre Jungfräulichkeit zu verlieren. Gott erlitt keinerlei Veränderung, indem Er gebar, denn Er gebar auf die Gott gebührende Weise. Ebensowenig verlor die Jungfrau ihre Jungfräulichkeit, indem sie gebar, denn sie gebar auf geistige Art. Deshalb gibt es weder für die himmlische Geburt vor aller Zeit eine Erklärung, noch auch kann der Hervorgang in diesen letzten Zeiten ergründet werden. Dass die Jungfrau Ihn heute geboren hat, das sehe ich, und dass Gott Ihn zeitlos geboren hat, das glaube ich, doch die Art des Gebärens habe ich nicht mit Worten neugierig zu durchstochern, sondern im Schweigen zu ehren gelernt. Denn in dem, was Gott betrifft, ist nicht das Untersuchen der Natur der Dinge am Platz, sondern der Glaube an die Macht Dessen, Der alles wirkt. Wenn eine Frau, die sich verehelicht hat, ein Kind gebiert, so geschieht das gemäß den Gesetzen der Natur, doch wenn eine Jungfrau, die keinen Mann gekannt hat, ein Kind gebiert und auch danach Jungfrau bleibt, so ist das eine Sache über der Natur. Was gemäß den Naturgesetzen geschieht, darüber kann man diskutieren, doch was über der Natur ist, das ehre man im Schweigen, nicht als etwas Unmögliches, sondern als etwas, das unbegreiflich und des ehrfürchtigen Schweigens würdig ist.

 

Vergebt mir, ich bitte euch, wenn ich schon am Anfang die Rede beenden möchte. Doch Furcht ergreift mich vor dem Erforschen der göttlichen Dinge, und ich weiß nicht, wie und wohin ich das Steuerruder meiner Worte wenden soll. 

 

Was sagen, wie es zum Ausdruck bringen? 

 

Ich sehe jene, die geboren hat, ich sehe den Geborenen, doch die Art des Gebärens vermag ich nicht zu begreifen. Wo Gott will, wird die Natur besiegt, das Gesetz der Natur außer Kraft gesetzt. Denn nicht der Natur gemäß geschah diese Geburt, sondern sie ist ein Wunder über der Natur. Die Natur setzte aus, und es wirkte der Wille des Gebieters. O unaussprechliche Gnade! Der Einziggeborene vor aller Zeit, der Unberührbare, Einfache, Körperlose, kam hinab in meinen sterblichen, sichtbaren Leib. Wozu? Damit Er uns als sichtbar Gewordener lehre und uns nach der Belehrung hinführe zum Unsichtbaren. Denn wir Menschen vertrauen mehr dem, was wir sehen, als dem, was wir hören. Was wir nicht sehen, bezweifeln wir. Deshalb ließ Er Sich herab, einen menschlichen Leib anzunehmen, damit wir Ihn durch diesen mit unseren Augen sehen können und der Zweifel verschwinde. 

 

Geschehen, noch beitrug zu dem, was gewirkt ward, sondern bloßes Instrument Seiner unaussprechlichen Kraft war. Sie wußte nur das, was Gabriel ihr sagte als Antwort auf ihre Frage: Wie wird mir dies geschehen, da ich doch einen Mann nicht kenne? Er sagte nämlich zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten (Lukas 1:34-35). 

 

Wie aber fand Er Sich in ihr und wie ging Er aus ihr hervor? So wie ein Kunsthandwerker, der vortreffliches Material findet, ein wunderbares Gefäß daraus fertigt, so auch bereitete Sich Christus, da Er die Jungfrau heilig fand an Leib und Seele, einen beseelten Tempel, indem Er in der Jungfrau den Menschen in der Weise formte, wie Er wollte. Und nachdem Er denselben angezogen hatte, kam Er am heutigen Tag hervor, ohne Sich der Unansehnlichkeit der menschlichen Natur zu schämen. Denn für Ihn war es nicht ein Schimpf, die Gestalt Seines eigenen Geschöpfs zu tragen. Das Geschöpf aber gewann größte Ehre daraus, zum Gewand seines Schöpfers geworden zu sein. Geradeso nämlich wie es bei der ersten Schöpfung unmöglich war, den Menschen zu formen, ohne dass der Schöpfer zuvor den Lehm in Seine Hände nahm, so auch war es unmöglich, das verdorbene Gefäß umzugestalten, ohne dass es zum Gewand seines Gestalters wurde.

 

Doch was sagen, wie es zum Ausdruck bringen? Mit Staunen betrachte ich das Wunder. 

 

Der Alte der Tage (Daniel 7:13 ff) ist zum Kind geworden.

Der auf dem hohen und erhabenen Throne sitzt, wird in die Krippe gelegt.

Der Unberührbare, der Einfache und Nicht-zusammen-gesetzte,

der Körperlose wird von Menschenhänden umfangen.

Der die Bande der Sünde zerreißt, wird in Windeln gebunden, weil Er es so will.

Denn Er will die Unehre in Ehre verwandeln,

die Ruhmlosigkeit in Herrlichkeit gewanden,

die Sündhaftigkeit umformen zu einem Leben der Tugend.

Deshalb nimmt Er meinen Leib auf Sich - damit ich fähig werde, Seinen Logos, zu fassen.

Er nimmt mein Fleisch und gibt mir Seinen Geist, damit ich durch dies Nehmen und Geben das ewige Leben erlange.

Er nimmt mein Fleisch, um mich zu heiligen. Er gibt mir Seinen Geist, um mich zu beleben. 

 

Doch was sagen, wie es zum Ausdruck bringen?

 

Siehe, die Jungfrau wird in ihrem Schoß empfangen (Isaias 7:14). Nun sagt man es nicht mehr als etwas, das in Zukunft geschehen wird, sondern bewundert es als das, was geschehen ist. Es ist geschehen bei den Juden, denen es auch angekündet worden war, doch geglaubt wird es von uns, denen es nicht angesagt worden war.

 

Siehe, die Jungfrau wird in ihrem Schoß empfangen.

Der Buchstabe gehört der Synagoge, die Wirklichkeit der Kirche.

Jene hatte die Schriftrolle, in der es geschrieben war,

diese fand die Perle, die darin verborgen war.

Jene färbte die Wolle, diese legte den Purpur an.

Judäa hat Ihn geboren, doch angenommen hat Ihn die übrige Welt.

Die Synagoge hat Ihn gesäugt und ernährt,

doch die Kirche hat Ihn zu eigen und trägt Frucht in Ihm.

In jener sproß der Weinstock,

wir aber genießen die Trauben der Wahrheit.

Jene schnitt die Trauben, d

en mystischen Trank aber trinken die Völker.

Jene säte das Weizenkorn in Judäa,

die Völker aber ernteten mit der Sichel des Glaubens die Ähren.

Die Völker schnitten mit Gottesfurcht die Rose,

den Judäern verblieb der Dorn des Unglaubens.

Der junge Vogel ist entflogen,

die Toren aber verharren beim leeren Nest.

Die Blätter des Buchstabens studieren die Judäer,

die Frucht des Heiligen Geistes aber ernten die Völker. 

 

Siehe, die Jungfrau wird in ihrem Schoß empfangen.

 

Sag mir, o Judäer, sag mir doch, Wen hat sie geboren? Sprich freimütig zu mir, so wie du es vor Herodes tatst. Doch du willst nicht, und ich weiß warum - der Hinterlist wegen. Vor jenem hast du geredet, damit er Ihn beiseite schaffe. Doch mir antwortest du nicht, weil du nicht willst, dass ich Ihn anbete. Wen also hat sie geboren? Wen? Den Gebieter der Natur. Selbst wenn du schweigst, ruft es doch die Natur selbst mit lauter Stimme. Sie gebar Ihn so, wie der Geborene geboren werden wollte. Zwar gibt es in der Natur keine Möglichkeit einer solchen Geburt, doch als Gebieter der Natur brachte Er eine seltsame Art der Geburt zum Vollzug, um zu zeigen, dass Er wohl als Mensch geboren wurde, doch nicht auf dieselbe Art wie ein Mensch, sondern auf Gottes Art.

 

Aus der Jungfrau mithin ist Er heute hervorgegangen, auf eine Art, die die Natur besiegt, die der ehelichen Zeugung überlegen ist. Denn es geziemte sich für das Haupt aller Heiligkeit, durch ein reines und heiliges Gebären geboren zu werden, ist Er doch Derjenige, Der vormals Adam aus jungfräulicher Erde formte und aus Adam ohne Frau die Frau erschuf (Genesis 2:21 ff). So wie Adam einst ohne Frau die Frau hervorbrachte, so auch gebar die Jungfrau heute ohne Mann den Mann. Denn ein Mann ist Er, heißt es, und wer wird Ihn erkennen? Da das weibliche Geschlecht dem männlichen Dank schuldete dafür, dass die Frau ohne Frau aus Adam entsproß, gebar die Jungfrau heute ohne Mann, womit sie an Evas Stelle jene Schuld gegenüber den Männern beglich. 

 

Damit Adam sich nicht für groß halte, weil er ohne Frau die Frau hervorbrachte, gebar die Jungfrau ohne Mann den Mann, sodass durch das beiden gemeinsame Wunder die Gleichwertigkeit der Natur erzeigt wurde. So wie Adam keine Verminderung erlitt durch die Wegnahme der Rippe (Genesis 2:21), so verlor die Jungfrau, als in ihr der beseelte Tempel geformt wurde, nicht ihre Jungfräulichkeit. Adam blieb lebendig auch nach der Entnahme der Rippe, und die Jungfrau blieb Jungfrau auch nach der Geburt des Kindes. 

 

Aus diesem Grund bereitete der Herr Seinen Tempel nicht anderswoher, schuf Sich nicht irgendeinen anderen Leib, um auf Erden zu erscheinen, sondern den Leib des Menschen nahm Er an, damit es nicht scheine, als ob Er die Materie verachte, aus welcher Er Adam erschuf. Nachdem der Mensch vom Teufel getäuscht worden war, wurde er dessen Werkzeug. Deshalb nahm der Herr eben jenen selben beseelten Tempel an, der zu Fall gekommen war, um ihn durch die enge Verbindung mit seinem Bildner zu lösen vom Umgang mit dem Teufel. 

 

Doch obwohl Er Mensch wurde, wurde Er doch nicht geboren wie ein Mensch, sondern wie Gott. Wäre Er nämlich auf gewöhnliche Art geboren worden, aus ehelicher Zeugung wie ich, würden die Vielen Seine Herabkunft für unglaubhaft halten. Deshalb wurde Er aus der Jungfrau geboren und bewahrte zudem ihren Schoß unberührt und ihre Jungfräulichkeit unversehrt, auch nachdem Er geboren worden war, damit die Seltsamkeit der Empfängnis und der Geburt für mich zur Ursache unerschütterlichen Glaubens werde. 

 

Fragt mich deshalb einer, sei er Hellene oder Jude, ob Christus, Der Gott ist gemäß Seiner Natur, auf übernatürliche Weise Mensch geworden sei, so antworte ich: "Ja", und rufe als Zeuge für mein Wort das unversehrte Siegel der Jungfräulichkeit an. Dazu nämlich besiegte Gott die Ordnung der Natur, dazu formte Er den Mutterschoß und erdachte die Jungfräulichkeit, damit Er auf unbefleckte Weise geboren werde und Sich auf unsagbare Weise einen Tempel erbaue, so wie Er es wollte.

 

Sag mir deshalb, o Jude, hat die Jungfrau geboren oder nicht? Wenn sie geboren hat, dann bekenne die seltsame Geburt. Hat sie aber nicht geboren, warum hast du Herodes getäuscht? Denn als du von diesem gefragt wurdest: Wo wird der Messias geboren? da antwortetest du: In Bethlehem in Judäa (Matthäus 2:4). Wußte vielleicht ich den Ort und das Land? Oder schaute vielleicht ich die Hoheit Dessen, Der geboren werden sollte? Hat nicht Isaias Ihn als Gott bezeichnet? Sie wird einen Sohn gebären, sagt er doch, und man wird Ihn benennen mit dem Namen Immanuel (Isaias 7:14). Habt nicht ihr selbst, ihr trotzigen Widersacher, die Wahrheit vorgebracht? Habt nicht ihr selbst, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, die ihr das Gesetz mit Genauigkeit einhaltet, uns alles gelehrt, was Ihn betrifft? Sind wir denn der Sprache der Hebräer mächtig? Wart nicht ihr selbst es, die die Schriften auslegtet? Nachdem die Jungfrau geboren hatte und noch bevor sie gebar, habt ihr nicht, um zu verbergen, dass das Geschriebene als auf Gott bezogen ausgelegt wird, zur Beantwortung der Frage des Herodes den Propheten Micha herangezogen, um eure Worte zu beglaubigen? Denn er sagt: Und du Bethlehem, Haus des Ephratha, du bist nicht der geringste unter den Führern Judas. Denn aus dir wird hervorgehen ein Führer, Der Mein Volk Israel weiden wird (Micha 5:1).

 

 Zu Recht sagte der Prophet: aus Dir, denn aus euch ist Er hervorgegangen, und danach zeigte Er Sich der ganzen Welt. Denn der Seiende kommt hervor, der Nichtseiende aber wird erschaffen oder entsteht. Der Seiende ist und war von jeher und wird immerdar sein. Er ist immerdar als Gott und lenkt die Welt, doch heute kam Er hervor - als Mensch, um das Volk zu weiden, und als Gott, um die ganze Welt zu retten. 

 

O ihr nützlichen Gegner! O ihr menschenfreundlichen Ankläger! die ihr aus Irrtum den in Bethlehem Geborenen als Gott aufgezeigt, den in der Krippe Liegenden als Gebieter verkündet und den in der Höhle Verborgenen unfreiwillig bekannt gemacht habt! Ohne es zu wollen, erwiesen sie Ihm einen großen Dienst, indem sie offenbarten, was sie verbergen wollten. Siehst du die unwissenden Lehrer? Was sie lehren, wissen sie selbst nicht. Sie hungern und ernähren andere. Sie dürsten und tränken andere. Sie darben und machen andere reich. 

 

Kommt mithin und laßt uns feiern! Kommt, laßt uns in Freude dies Fest begehen. Seltsam in der Tat ist die Art dieses Festes, so wie auch die Art dieser Geburt eine seltsame ist. 

 

Heute wird die Fessel langer Jahre gelöst,

der Teufel beschämt.

die Dämonenschar in die Flucht getrieben,

der Tod abgeschafft, das Paradies geöffnet,

der Fluch gelöscht,

die Sünde verjagt, die Verirrung entlassen.

Die Wahrheit ist zurückgekehrt,

das Wort des wahren Glaubens wird ausgesät und überall verbreitet,

die Lebensweise der Himmlischen eingepflanzt auf Erden.

Die Engel kommunizieren mit den Menschen,

die Menschen halten furchtlos Zwiesprache mit den Engeln.

 

Warum?

 

Weil Gott herabgekommen ist auf die Erde,

und der Mensch emporgehoben wurde in den Himmel.

Alles ist eins geworden.

Gott ist herabgekommen auf die Erde,

und ist zugleich zur Gänze in den Himmeln.

Während Er zur Gänze in den Himmeln ist,

ist Er zugleich auch zur Gänze auf Erden.

Er ist Gott und wurde Mensch,

ohne aufzuhören, Gott zu sein.

Er ist der wandellose, unveränderliche Logos

und wurde Fleisch,

um in uns Wohnung zu nehmen.

Er ist nicht Gott geworden,

sondern Er ist Gott.

Er wurde Fleisch,

damit Er, Den die Himmel nicht fassen,

Platz finde in der Krippe.

Er wurde in die Krippe gelegt,

damit der Ernährer des Alls

die Nahrung eines Kindes empfange

von einer jungfräulichen Mutter.

Er, der Vater der künftigen Äonen,

läßt Sich als Säugling umfangen von jungfräulichen Armen,

um Sich auch Magiern zugänglich zu machen.

 

Denn heute sind selbst Magier gekommen und haben angefangen mit der Verleugnung des Tyrannen. Es frohlockt der Himmel, denn ein Stern hat seinen Gebieter verkündet (Matthäus 2:1 ff). Danach zieht der Herr, leiblich auf einer leichten Wolke sitzend, nach Ägypten (Mt 2:13 ff), dem Anschein nach, um den Nachstellungen des Herodes zu entgehen, in Wirklichkeit aber um zu erfüllen, was Isaias weissagte: An jenem Tag wird Israel Dritter sein nach den Assyrern und den Ägyptern. Gesegnet wird mein Volk sein im Land, das der Herr Sabaoth gesegnet hat, als Er sagte: Gesegnet ist Mein Volk, das in Ägypten ist und in Assyrien und in Israel (Isaias 19:24). Was sagst du, o Jude? Du warst erster und bist dritter geworden? Die Ägypter und die Assyrer sind vorangestellt und das erstgeborene Israel folgt hintan? Ja, zu Recht wurden die Assyrer an die erste Stelle gesetzt, denn sie waren auch die ersten, die, durch die Magier, dem Herrn gehuldigt haben. Nach den Assyrern kommen die Ägypter, denn als Er vor den Nachstellungen des Herodes floh, nahmen sie Ihn auf. An letzter Stelle wird Israel genannt, weil es, durch die Apostel, den Herrn anerkannte, nachdem Er vom Jordan heraufgekommen war. 

 

Als Er nach Ägypten kam, erzitterten die Götzen Ägyptens, und das nicht von ungefähr, sondern weil Er durch die Vernichtung der Erstgeburt (Ex 11: 1 ff) die Tore Ägyptens verschloß. Deshalb ist Er heute gekommen als Erstgeborener, um die Trauer über jenes Unheil der alten Zeit hinwegzunehmen. Dass Christus der Erstgeborene genannt wird, bezeugt heute der Evangelist Lukas, da er sagt: Und sie gebar ihren erstgeborenen Sohn und wickelte Ihn in Windeln und legte Ihn in die Krippe, denn es gab keinen Platz in der Herberge für sie (Lukas 2:7).

 

Er kam also nach Ägypten, um die Trauer jenes Unheils der alten Zeit hinwegzunehmen, um anstelle der Plagen die Freude zu bringen, anstelle der Nacht und der Finsternis das Licht des Heils. Damals war das Wasser des Stroms ungenießbar geworden wegen der Tötung jener kleinen Kinder (Exodus 12:29 ff). Nun aber, als Derjenige, Der einst das Wasser rötete, nach Ägypten kam, machte Er jene Wasser zu Quellen des Heils, indem Er sie von der Verunreinigung reinigte durch den Heiligen Geist. Damals wüteten die Ägypter, taten Böses und verleugneten Gott. Nun aber, als der Herr nach Ägypten kam, erfüllte Er die gottesfürchtigen Seelen mit der Erkenntnis Gottes, und dem Strom verlieh Er, reichere Ernte an Martyrern hervorzubringen als an Ähren.

 

Doch da die Zeit begrenzt ist, will ich hier meine Rede beenden mit der Darlegung, wie der wandellose Logos Fleisch wurde, ohne in Seiner Natur irgendeine Wandlung zu erfahren.

 

Wie aber kann ich es sagen, wie es zum Ausdruck bringen?

 

Ich sehe den Schöpfer und die Krippe,

das neugeborene Kind, die Wickelbinden,

die jungfräuliche Wöchnerin,

das Fehlen des Lebensnotwendigen,

Armut überall,

alles voll Entbehrung.

Siehst du den Reichtum in dieser großen Not?

Wie Er, Der reich ist, arm wurde um unsertwillen?

Wie Er nicht einmal ein Bett noch Bettzeug hatte,

sondern in eine bare Krippe gelegt wurde?

O Armut, du Quelle des Reichtums!

O grenzenloser Reichtum, verborgen unter dem Mantel der Armut!

Er liegt in der Krippe und bewegt die ganze Welt.

Er wird in Windeln gewickelt und löst die Bande der Sünde.

Noch bevor Er ein Wort geäußert hat, belehrt Er die Magier und bringt sie zur Umkehr.

 

Was kann ich sagen, wie es zum Ausdruck bringen?

 

Siehe ein Kind, in Windeln gewickelt und in der Krippe liegend. Maria ist bei ihm, Jungfrau und Mutter zugleich. Auch Joseph ist da, bezeichnet als der Vater. Man nennt ihn ihren Mann, und sie seine Frau. Benennung dem Gesetz gemäß, doch ohne Vollzug der Ehe. Begreife, dass die Sache nur bis zum Namen geht, nicht bis zum Geschehen. Dies nur geschah: Er wurde ihr anverlobt, und der Heilige Geist überschattete sie. Deshalb war Joseph ratlos und wußte nicht, wie er das Kind nennen sollte. Es als Frucht des Ehebruchs zu bezeichnen, wagte er nicht, denn er konnte kein blasphemisches Wort gegen die Jungfrau sagen. Das Kind als sein eigenes bezeichnen konnte er ebensowenig. Er sah klar, dass er nicht wußte, wie und woher das Kind gekommen war. Und während er in dieser Ratlosigkeit war wegen der Sache, wurde vom Himmel her durch die Stimme des Engels die Botschaft zu ihm getragen: Fürchte dich nicht, Joseph, denn was aus ihr geboren werden soll, stammt vom Heiligen Geist (siehe Matthäus 1:20). Denn der Heilige Geist hatte die Jungfrau überschattet.

 

Doch warum wird Er aus einer Jungfrau geboren und bewahrt ihre Jungfräulichkeit unversehrt? Als Jungfrau wurde Eva vormals vom Teufel getäuscht, und deshalb wurde auch Maria als Jungfrau die frohe Botschaft verkündet durch den Engel Gabriel. Während Eva, getäuscht vom Widersacher, ein Wort hervorbrachte (Genesis 3:2 ff), das zur Ursache des Todes wurde, gebar Maria auf die Verkündigung des Engels hin das fleischgewordene Wort Gottes, Das uns zum ewigen Leben verholfen hat. Evas Wort zeigte den Baum, dessentwegen Adam aus dem Paradies vertrieben wurde, doch das Wort Gottes, das aus der Jungfrau geboren wurde, zeigte das Kreuz, durch welches Er Adam in der Person des Schächers wieder ins Paradies einziehen ließ.

 

Weil aber weder die Hellenen, noch die Juden, noch die Söhne der Häretiker glauben wollen, dass Gott Seinen Sohn ohne irgendeine Veränderung oder Versehrung geboren hat, kam Er heute hervor aus einem der Versehrung unterworfenen Leib, indem Er denselben unversehrt bewahrte, um zu zeigen, dass auch Er als Gott auf eine Gottes würdige Weise Gott geboren hat, ohne irgendeine Veränderung oder Versehrung des göttlichen Wesens zu bewirken, geradeso wie Er bei Seiner Geburt aus der Jungfrau deren Jungfräulichkeit unversehrt bewahrte.

 

Weil die Menschen Gott verlassen hatten und sich Götzen in Menschengestalt meißelten, die sie auch anbeteten, womit sie den Schöpfer verhöhnten, ist der Logos Gottes, Der Gott ist, heute in Menschengestalt erschienen, damit Er zugleich die Lüge abschaffe und auf verhüllte Art die Anbetung auf Sich Selbst zurückführe. Ihn mithin, Christus, Der uns den Weg hinaus aus dem Weglosen geöffnet hat, verherrlichen wir, zusammen mit dem Vater und dem Heiligen Geist, jetzt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit. Amen.

 

 

Synaxis der Allheiligen Gottesgebärerin

- Zweiter Festtag von Weihnachten

 

26. Dezember

 

Diakon Thomas Zmija

 

Wie jedes der großen Hochfeste wird auch das Hochfest der Geburt unseres Herrn und Erlösers und Gottes Jesus Christus im Fleische aus der allheiligen Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria von einem Mitfest, von einer sogenannten Synaxis, begleitet.

 

Die gesamte Nachfeier von Weihnachten dauert sechs Tage und umfasst insbesondere das Fest der Synaxis der Allheiligen Gottesgebärerin am 26. Dezember, das Fest des heiligen Erstmärtyrers Protodiakon Stephanus am 27. Dezember, den Herrentag (Sonntag) nach Weihnachten und den Festabschluss von Weihnachten am 31. Dezember. 

 

Der zweite Tag des Weihnachtsfestes feiert die heilige Gottesgebärerin Maria, die durch ihre Erwählung, Hingabe und Indienstnahme zur hervorragendsten Zeugin und Teilhaberin am Mysterium unserer Erlösung geworden ist. Sie ist die „Immerjungfrau“ (Jes 7,14; vgl. Mt 1,23) und die „verschlossene Pforte“ (Ez 44,2), durch die der göttliche Logos (Gott, daas Wort) in die Welt eingetreten ist und Fleisch angenommen hat.

 

Der Herrentag nach Weihnachten dehnt das Thema der Zeugenschaft auf drei nahe Verwandte des Herrn aus, die in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft das in der Menschwerdung Gottes vermittelte Heil bezeugen.

 

An erster Stelle wird des heiligen gerechten Josef gedacht, der als Bräutigam der Allheiligen Immerjungfrau Maria und als Pflegevater Christi unmittelbarer Zeuge des Mensch gewordenen Gottessohnes ist. Es folgt der heilige König und Prophet David, der als Ahne unseres Herrn seine Geburt schon Jahrhunderte vor der Menschwerdung in prophetischer Schau voraussieht. Die Frühzeit der Kirche vertritt schließlich der heilige Herrenbruder Jakobus, ein Verwandter unseres Erlösers, der als erster Bischof von Jerusalem den künftigen Gläubigen das Geheimnis der Menschwerdung Gottes überliefert.

 

In gewisser Weise gehört auch das Fest der Beschneidung des Herrn am 01. Januar zum Weihnachjtsfest dazu, weil es die Unwiderruflichkeit der Menschwerdung Gottes, den ewigen Bund Gottes mit der Menschheit bekräftigt.

 

Dieses Fest wird zwar vom Fest des heiligen Basilius des Großen überstrahlt, da sein Gedächtnis ebenfalls auf diesen Tag fällt und die Festtagshymnen dominiert. Dennoch ist es in erster Linie die Beschneidung Jesu am achten Tag, die den 01. Januar zu einem bedeutenden Fest des weihnachtlichen Zyklus macht. Seine Bedeutung besteht darin, dass der aus der Jungfrau geborene Sohn Gottes als wahrer Mensch in seiner Beschneidung das jüdische Gesetz vollendet und so unser Herz und unseren Geist von der „Hülle unserer Leidenschaften“ (Troparion des Festes) befreit und für den Heiligen Geist öffnet. In ihm haben die Getauften „eine Beschneidung empfangen, die man nicht mit Händen vornimmt“ (Kol 2,11): die Öffnung ihrer geistigen Sinne, mit denen sie Gottes Wort empfangen und Christus erkennen können. Gläubig bekennen sie im ersten Stichiron der Festtagsvesper seinen heilbringenden Abstieg und bitten ihn um sein Erbarmen:

 

Da der Erlöser zum Menschengeschlecht hinabgestiegen ist, hat Er in Windeln gewickelt zu werden sich gewürdigt. Nicht verschmähte des Fleisches Beschneidung, der acht Tage alt war als Sohn seiner Mutter, anfangslos aber als Sohn seines Vaters. Ihm lasset, Gläubige, uns rufen: Du bist unser Gott, erbarme Dich unser!

 

Die Reliquien der heiligen drei Magier

aus dem Morgenland

 

Thomas Zmija

 

Die Magier (griech. Μάγοι), Weise aus dem Morgenland (oder in Deutschland die „Heiligen Drei Könige“ genannt) sind die im Matthäus-Evangeliums (Matthäus 2) erwähnten „Sterndeuter“, die durch den Stern zum neugeborenen Herrn Jesus Christus nach Bethlehem geführt wurden. In einer Mosaik-Ikone aus dem 6. Jahrhundert in der Geburtsbasilika in Bethlehem sind sie mit persischen oder syrischen Kopfbedeckungen dargestellt. Diese Basilika wurde deshalb, im Gegensatz zu anderen Kirchen, von den Persern im Jahre 614 nicht zerstört. Auch in der Basilika Sant’Apollinare Nuovo in Ravenna findet sich ein Mosaik mit der Darstellung der drei Weisen mit phrygischen Mützen, wie sie Perser in dieser Zeit trugen. Die sich schließlich durchsetzende Dreizahl wird mit den drei Geschenken Gold, Weihrauch und Myrrhe in Verbindung gebracht.

 

Die in der Westkirche verbreiteten Namen Caspar, Melchior und Balthasar werden erstmals im 6. Jahrhundert erwähnt. Diese Namen entstammen verschiedenen Sprachen: Caspar ist möglicherweise einem persisches Wort für „Schatzmeister“, Melchior ist wohl vom hebräischen Wort Melech „König des Lichts“ und Balthasar ist offensichtlich eine Ableitung von Belsazar, einem babylonisch-aramäischen Namen mit der Bedeutung „Gott schütze sein Leben“. Bei den syrisch-aramäischen Christen heißen sie Larvandad, Hormisdas und Gushnasaph; bei den armenischen Christen werden sie Kagda und Badadilma genannt; bei den äthiopischen Christe tragen sie die Namen Tanisuram, Mika, Sisisba und Awnison, Libtar, Kasäd.

 

Den Bezug der drei Weisen auf die Erdteile kennt bereits schon Beda Venerabilis im 7. Jahrhundert,. In seiner Auslegung des Matthäus-Evangeliums heißt es: „Im mystischen (= geistlichen) Schriftsinn bezeichnen die drei Magier die drei Teile der Welt – Asien, Afrika und Europa – oder aber auch das Menschengeschlecht, das bei den drei Söhnen Noahs seinen Anfang genommen hat.“

 

Nach einer syrisch-aramäischen Legende waren es zwölf Magier die nach zunächst von Persien nach Hah, der damaligen Metropole Tur Abdins im Südosten der Türkei in der Provinz Mardin. Von hier aus sind aber nur drei der zwölf Magier nach Jerusalem weitergezogen. Vor ihrer Rückkehr nach Hause erhielten sie als Gegengeschenk ein Kleid des Christusknaben. Jedoch wollte jeder zwölf Magier wollte jedoch einen Teil als Segen besitzen. So entschlossen sie sich, das Kleid auf einem Feld zu verbrennen, das heute noch zur Mutter-Gottes-Kirche in Hah gehört, damit jeder von ihnen von der geweihten Asche etwas als Segen mitnehmen könnte. In der Asche fanden sie dann zwölf goldene Ikonen-Medaillons, auf denen die Allheilige Gottesgebärerin Maria mit dem Christusknaben zu sehen war. Aus Anlass dieses Wunders erbauten die Magier daraufhin die noch heute noch bestehende Mutter-Gottes-Kirche in Hah.

 

In der orthodoxen Kirche wird ihrer am Fest der Christgeburt am 25. Dezember in etlichen Hymnen gedacht. Nach der Überlieferung hat die heilige apostelgleiche Kaiserin Helena, die Mutter des heiligen apostelgleichen Kaisers Konstantin, auf einer Pilgerfahrt in Palästina um das Jahr 326 die Gebeine der drei Magier gefunden und mit sich genommen.

 

Bischof Eustorgius von Mailand († um 350) hat dann einige Jahre später die Reliquien als Geschenk des Kaisers erhalten und persönlich nach Mailand überführt.

 

In der Cappella dei Magi der seit frühchristlicher Zeit bestehenden Kirche Sant'Eustorgio im Süden der Mailänder Altstadt befindet sich noch immer jener Giebelsarkophag aus spätrömischer Zeit, in dem die Reliquien in Mailand aufbewahrt worden sind. Er zeigt auf dem Giebeldach des Deckels den Stern von Bethlehem und darunter die lateinische Inschrift „Sepulcrum trium Magiorum“ (Grab der drei Weisen).

 

Nach der Eroberung Mailands durch den römisch-deutschen Kaiser Friedrich I. Barbarossa im Jahre 1162 wurden die Reliquien aus ihrem Sarkophag entnommen und nach Deutschland überführt. Dort erhielt der kaiserliche Kanzler und Kölner Erzbischof Rainald von Dassel die Reliquien im Jahre 1164 zum Geschenk durch Kaiser Friedrich Barbarossa. Am 23. Juli 1164 gelangten die Gebeine der Heiligen dann nach Köln, wo sie bis heute in der Kathedrale (heute Kölner Dom) verehrt werden.

 

Für die Reliquien wurde dann zwischen 1190 und 1225 durch den Goldschmied Nikolaus von Verdun der „Dreikönigenschrein“, angefertigt. Er ist das größte und künstlerisch anspruchsvollste Reliquiar, das aus dem deutschen Mittelalter bis heute erhalten blieb.

 

Im Schrein ruhen auch noch Gebeine dreier weiterer Heiliger. Es handelt sich bei diesen Reliquien um Märtyrer-Reliquien aus der diokletianischen Verfolgung. Der erste von ihnen ist der Priester Gregor von Spoleto in Umbrien. Der kirchlichen Überlieferung nach ist er um das Jahr 304 für sein Festhalten am christlichen Glauben gefoltert und am Ende enthauptet worden. Schon im 10. Jahrhundert zur Zeit des heiligen Erzbischofs Bruno (925-965) gelangten die Gebeine dieses Heiligen in den Kölner Dom.

 

Die beiden anderen Martyrer im Schrein sind der heilige Soldaten-Märtyrer Nabor und sein Gefährte der heilige Felix. Beide waren in Köln stationierte römische Legionäre, die ursprünglich aus Nordafrika stammten. Sie wurden um das Jahr 304 – ebenfalls unter Kaiser Diokletian - zusammen in Lodi bei Mailand enthauptet. 1164 kamen einige Reliquien der Beiden zusammen mit den Gebeinen der Magier nach Köln.

 

 

 Heiliger Erstmärtyrer und Erzdiakon Stephanus

 

27. Dezember

 

Diakon Thomas Zmija

 

In der Apostelgeschichte des heiligen Apostel und Evangelisten Lukas wird uns vom Martyrium  des heiligen Erstmärtyrers Stephanus erzählt. Der heilige Stephanus war der erste von sieben Diakonen in der Kirche von Jerusalem. Er war ein Mann "voll Gnade und Kraft, tat große Wunder und Zeichen unter dem Volke" (Apostelgeschichte 6: 8).

 

Durch seine Predigten geriet der heilige Diakon Stephanus mit den Juden vor allem den Proselyten und hellenistischen Juden, die griechisch sprachen, in Konflikt. Sie schleppten ihn unter dem Vorwurf "Reden wider die heiligen Stätten und das Gesetz" zu halten vor den Hohen Rat (Apostelgeschichte 6; 9 - 15). Dort traten falsche Zeugen wider ihn auf. Als er den Herrn Jesus Christus als Messias und Sohn Gottes bekannte, durfte er seine Verteidigungsrede, nicht zu Ende führen. Die ungerechten Richter sahen sein Antlitz wie das eines Engels strahlen, hielten sich aber denoch die Ohren zu wegen seiner flammenden Rede, mit der er sein christliches Bekenntnis ablegte.

 

Unter dem Vorwurf der Gotteslästerung wurde der heilie Erstmärtyrer und Erz-Diakon Stephanus vor den Toren Jerusalems um 40 nach Christus gesteinigt. Wie sein Herr und Meister Jesus Christus, der Gott Vater am Kreuz bat: "Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!", bat Stephanus: "Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!"

 

In der Apostelgeschichte ist nur zu lesen, dass die Steinigung vor der Stadt geschah. Die orthodoxe Tradition hat bis heute den genauen Ort überliefert: Sie fand im Osten, vor dem Löwentor im Kidrontal, statt, wo heute noch eine orthodoxe Kirche den durch sein Blutopfer geheiligten Platz markiert. Als erster christlicher Märtyrer wurde der Erste in einer unendlichen Folge der Blutzeugen für ihren Glauben an unseren Herrn Jesus Christus, dem bis heute Millionen bekannter und unbekannter Christen gefolgt sind.

 

Vom heiligen Nikodemus und dem gerechten Gamaliel, der sich im Hohen Rat der ungerechten Verurteilung Christi widersetzt hatte, wurde der Leib des heiligen Stephanus nach der kirchlichen Überlieferung in einem neuen Grab auf dem Acker des Gamaliel begraben. Im Jahre 415, zur Zeit des Kaisers Honorius, erschien dann Gamaliel als würdiger Greis in einem weißen, und goldbestickten Gewand im Traum dem Priester Lucianus. Gamaliel forderte darin den Priester auf, die heiligen Gebeine aus den verwahrlosten Gräbern in Kaphar-Gamala nahe beim heutigen Kloster Beit-Gemal zu überführen. Als Erkennungszeichen nannte Gamaliel dem Priester Lucianus vier Körbe, an denen die Überreste idenifizieren und zuordnen könne. Ein goldenen Korb mit roten Rosen für das Grab des heiligen Erstmärtyrers Stephanus, an zwei weiteren goldenen Körben mit weißen Rosen die Gräber des heiligen Nikodemus und des gerechten Gamaliel und an einem silbernen Korb mit Safran schließlich das Grab von Gamaliels Sohn. Der Priester Lucianus und der Bischof von Jerusalem fanden die Gräber und legten daraufhin die Reliquien des heiligen Erzmärtyrers Stephanus in der Zionskirche in Jerusalem nieder. So lagen die Reliquien des heiligen Stephanus in der Jerusalemer Zionskirche bis sie der heilige Bischof Juvenal im Jahre 439 in die neue Stephanuskirche am Platz seines Martyriums überführte, Die Kaiserin Eudokia ließ bald darauf an dieser Stelle eine grosse Basilika erbauen. Sie wurde im Jahre 484 geweiht, aber bereits im Jahre 614 von den Persern zerstört.


Schon der heilige Märtyrer Irenäus von Lyon und christlich-antike Philosoph Tertullian erwähnten das Martyrium des heiligen Stephanus.  Der selige Bischof Augustinus von Hippo pries seine geistliche Kraft, seinen Mördern zu vergeben. Der heilige Stephanus wurde im Osten ab dem 4. Jahrhundert, im Westen seit dem 6. Jahrhundert verehrt. Teile seiner Reliquien kamen im Jahre 428 nach Konstantinopel. Die Kaiserin Pulcheria ließ dafür eine Kapelle innerhalb des Kaiserpalastes erbauen. Als Eudoxia, die Tochter des Kaisers Theodosius, schwer von Dämonen heimgesucht  wurde, ließ ihr kaiserlicher Vater Eudoxia nach Konstantinopel kommen. Dort forderte der böse Geist die Überführung der Gebeine des heiligen Stephanus nach Rom, was im Jahre 425 ausgeführt wurde, worauf ihre Heilung erfolgte.

 

Troparion im 4. Ton: Mit einem königlichen Diadem ward deine Stirne gekrönt; wegen des Kampfes, den du für Christus, Gott, geführt hast, bist du zum Vorkämpfer der Märtyrer geworden. Du bezeugtest deinen Gegnern ihren eitlen Wahn, und schautest deinen Erlöser zur Rechten des Vaters. Zu Ihm flehe unablässig für unsere Seelen.

 

 

Die Flucht nach Ägypten

 

29. Dezember

 

Diakon Thomas Zmija

 

Die Flucht nach Ägypten zählt zu den Kindheitsgeschichten Jesu. Der heilige Apostel und Evangelist Matthäus berichtet, dass ein Engel Joseph im Traum auftrug, mit Maria und Jesus vor König Herodes von Betlehem nach Ägypten zu fliehen; denn dieser wollte das Jesuskind töten. Erst nach dem Tod des Königs kehrte die Familie zurück und ließ sich in der Stadt Nazareth nieder (Matthäus 2:13-23).

 

Entlang der Pilgerroute befinden sich noch heute zahlreiche Kirchen und Klöster, die Wegpunkte der Reise des Christuskindes im Lande am Nil gewesen sind. Dieser Aufenthalt des Christusknaben, der Allheiligen Gottesgebärerin und des Bräutigams Joseph spielt im religiösen Leben der alt-orientalischen und orthodoxen Christen Ägyptens eine herausragende. Die ägyptischen Christen begreifen die historische Tatsache dieser Reise als einen unverzichtbaren Bestandteil ihres genuin apostolischen Erbes, ja durch sie ist für sie Ägypten ebenfalls Teil des Heiligen Landes geworden.  Ägypten war das einzige Land, das Christus, der Allheiligen Gottesgebärerin und den heiligen Joseph dem Bräutigam dreieinhalb Jahre lang Schutz vor Verfolgung gewährte. Nur dank ihrer Flucht konnten die allheilige Immerjungfrau Maria und ihr Verlobter und Bräutigam Joseph, unseren Herrn und Erlöser Jesus Christus vor dem Mordanschlag des Herodes bewahren. Alle anderen Knaben unter zwei Jahren ließ Herodes in Bethlehem und Umgebung töten (siehe Matthäus 2. Kapitel). Sie wurden so zu den ersten heiligen Märtyrern der Kirche, da sie ihr Leben anstelle des Christusknaben hingaben.

 

 

Die Flüchtenden wanderten von Osten nach Westen und von Norden nach Süden bis nach Assiut, wo das heutige Kloster der Gottesmutter Maria (Deir El Mohrak) ist. Das Fest der Ankunft des Christuskindes in Ägypten wird in der alt-orientalischen koptischen Kirche am 01. Juni jeden Jahres mit einer großen Prozession gefeiert. Auch an den verschiedenen einzelnen Aufenthaltsorten und Stationen ihrer Reise wurden koptische und orthodoxe Kirchen, Klöster und Kapellen errichtet. Die einstige Reiseroute ist heute als Pilgerweg wieder reaktiviert worden, um christlichen Pilgern aus der ganzen Welt die Möglichkeit zu bieten, auf den Spuren des Erlösers im Ägyptenlande zu wandeln.  Viele ägyptische Christen begeben sich alljährlich zu großen Wallfahrtsfesten, den Mulids (von arabisch: ‏مولد‎, Mūlid, „Geburtsfest“) zu den Wallfahrsorten an dieser Pilgerroute.

 

Bereits in der Spätantike gab es eine interessante Debatte zwischen den Juden und den Christen über die Flucht des Christuskindes. Der Kern dieser Debatte ist: Wenn Jesus wirklich Gottes Sohn gewesen ist, wie hätte Er denn ein Flüchtling sein können? Die Juden behaupteten, dass Gott als der Allmächtige einer Flucht zu Seiner Sicherheit nicht brauchen Würde. Von den christlichen Apologeten ist dann gesagt worden: Nein, denn in unserem Herr Jesus Christus ist der eingeborene Gottessohn wahrhaft und wollkommen Mensch geworden. Christi wahre und vollkommene menschliche Natur zeigt sich gerade darin, dass der Christusknabe auf menschliche Art gefährdet worden ist und auf menschliche Art gerettet worden.

 

Und warum flieht der Herr ausgerechnet nach Ägypten? Das Matthäus-Evangelium gibt uns auf diese Frage einen ganz konkreten Verweis. Wir finden ihn in einer Schriftstelle aus dem Buch des heiligen Propheten Hosea. Da steht: „Denn es sollte sich erfüllen, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“

 

 

Wie wird es wohl der allheiligen Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria gegangen sein, als sie der heilige Joseph ihr sagt: „Ein Engel ist mir im Traum erschienen und hat mich gewarnt. Pack alles zusammen, wir müssen fliehen!“ Voller Angst und Zweifel wird die Allheilige gewesen sein: „Das schaffe ich nicht. Das Kind ist doch gerade erst geboren worden. Und dann so eine lange beschwerliche Reise, in ein fremdes Land, wo wir niemanden kennen, wo uns niemand helfen wird.“ Christus, die Allheilige Gottesgebärerin und der heilige Joseph waren nicht die ersten und auch nicht die letzten, die aus ihrer Heimat vor Gewalt und Todesdrohung fliehen mussten. Unter uns leben inzwischen viele christliche Flüchtlinge aus den Ländern des Nahen Osten, aber auch sehr viel mehr andersgläubige Flüchtlinge aus allen Weltgegenden. Sie alle bitten uns um unsere Hilfe, unser Mitgefühl und unsere Solidarität. Das Evangelium Christi, die Lehre der Kirche und das Vorbild unserer Heiligen sprechen eine eindeutige Sprache: Sie rufen uns auf zur Gottes- und Nächstenliebe. So lesen wir auch im Matthäusevangelium über die Urteilskriterien Gottes beim Jüngsten Gericht: „…Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeist; ich bin durstig gewesen, und ihr habt mich getränkt; ich bin ein Fremdling gewesen, und ihr habt mich beherbergt…“(Matthäus 25: 35). Gott hat die menschliche Arbeit und das politische Wollen in unseren Ländern in den vergangenen 80 Jahren so sichtbar gesegnet. Wir leben heute in der längsten Friedensphase, die Europa jemals erlebt hat und dadurch in reichen und wohlhabenden Gesellschaften. Der heilige Johannes Chrysostomus ermahnt uns eindeutig, dass wir dieses gute Leben und den uns von Gott geschenkten Reichtum nicht zur Befriedigung unseres Hedonismus, Konsumismus und Egoismus bekommen haben, sondern damit wir gute Werke tun und dadurch Gott Lob und Dank sagen können. Gerade der heilige Johannes Chrysostomus wird nicht müde, uns Christgläubige auf die unbedingte Heilsnotwendigkeit der guten Werke aus Barmherzigkeit und Nächstenliebe hinzuweisen. Wer sie aus Egoismus und Habsuscht verweigert, dessen Kommunion mit Gott sieht der heilige Johannes Chrysostomus als nahezu unmöglich an.

 

Auch viele Angehörige meiner eigenen Familie flohen Anfang des 20. Jahrhunderts aus Russland vor der dort herrschenden gottlosen menschenmordenden kommunistischen Gewaltherrschaft. Sie fanden christliche Solidarität und mitmenschliche Unterstützung in den Ländern des Westens, so dass sie heute dort eine neue Heimat gefunden haben. Mit sich brachten sie ihren orthodoxen Glauben und ihre russischen Traditionen, mit den sie sich hierzulande beheimateten. Sie wurden Teil der westeuropäischen Gesellschaften, gerade weil sie ihr russisches Erbe nicht verleugneten, sondern diese reiche Erbe zu einem Teil der hiesigen Gesellschaften machten. Also nicht erst mit der südosteuropäischen Arbeitsmigration der griechischen und serbischen Gastarbeiter in den 1960-er Jahren begann der Prozess, der die orthodoxen Kirchen und zu einem festen Bestandteil der westeuropäischen Religions- und Kulturlandschaften machte. Aber auch diese Arbeitsmigranten verließen ihre Heimatländer und kamen nach Deutschland auf der Flucht vor Armut und Perspektivlosigkeit. Heute sind sie, genau wie die vielen Rumänen, die in den letzten Jahrzehnten als Arbeitskräfte zu uns gekommen sind, wichtige Bestandteile des Wirtschaftslebens und der hiesigen Gesellschaft geworden.

 

Insofern denke ich, dass der Gedenktag an die Flucht des Christuskindes nach Ägypten für uns orthodoxe Migranten und deren Nachlommen ein besonderer Tag des Gebetes und tätigen Dankes sein sollte, an dem wir Gott mit den guten Werken der mitmenschlichen Hilfe und Solidarität für seine uns gewährten unverdienten Wohltaten danken können.

 

CHRISTUS ist geboren! Verherrlicht IHN!

 

 

Sonntag nach Weihnachten


Gedächtnis des heiligen Jakobus des Gottesbruders

 

29. Dezember

 

Diakon Thomas Zmija

 

Jakobus, der "Bruder" des Herrn war das bischöfliche Oberhaupt der ersten christlichen Gemeinde in Jerusalem. In der Aufzählung der "Herrenbrüder" wird er an erster Stelle genannt (Markusevangelium 6: 3; Galaterbrief 1: 19). Dabei handelt es sich nicht um leibliche Brüder unseres Herrn und Erlösers Jesu Christi, sondern um die Kinder des Heiligen Joseph, des Bräutigams aus einer früheren Ehe. Als sich der heilige Joseph mit der Allheiligen Immerjungfrau Maria verlobt wurde, war er bereits ein älterer Wittwer und hatte meherer Kinder aus dieser früheren Ehe.

 

Der heilige Jakobus mit dem Beinamen "der Gerechte" war neben den heiligen Aposteln Petrus und Johannes einer der führenden Personen in der ersten Christengemeinde in Jerusalem (Apostelgeschichte 12, 17; 15, 13; Galaterbrief 2, 9). Alle drei werden vom heiligen  Apostel Paulus als "die Säulen" bezeichnet (Galaterbrief 2: 6). Die besondere Autorität des heiligen Jakobus beruhte auf seiner Verwandtschaft mit unserem Herrn Jesus Christus, die ihn zu einem besonderen Zeugen ( = Apostel) für die frühen Jahre im Leben des Herrn machte. Darüber hinaus beruhte seine besondere Bedeutung im Kreise der heiligen Apostel und Jünger auf einer Erscheinung Christi (1. Korintherbrief 15: 7).Während sich die Apostel vor allem der Verkündigung und dem Zeugnis Christi widmeten, wurde der heilige Apostel Jakobus der Herrenbruder zum ersten Bischof der Kirche von Jerusalem. Mit ihm beginnt die Reihe der Bischöfe und Patrarchen auf dem Bischofssstuhl des heiligen Zion. Eine Bestätigung seiner ehrenvollen Stellung im antiken Jerusalem gibt auch der jüdische Priester und Geschichtsschreiber Josephus. Er berichtet, wie die Steinigung "den Bruder Jesu, des so genannten Christus, Jakobus mit Namen", zu Tode bringt.

 

In der Frage der Beschneidung der neugewonnen Christen aus dem Heidentum - und damit auch ihrer Eingliederung in die noch jüdisch geprägte Gemeinde von Jerusalem - vertrat der heilige Apostel Jakobus eine gemäßigte Position, die nicht die Beschneidung, sondern nur die grundlegende Reinheitsgesetze, vor allem aber das ethische Gesetz und die darauf fußende Lehre der heiligen Propheten als verbindlich ansah. Seine Position wurde dann auf dem Apostelkonzil als verbindlich angenommen. Das Apostelkonzil war die erste heilige Snaxis in der Geschichte der orthodoxen Kirche. Nicht die heiligen Apostel Petrus, Johannes oder Paulus bestimmten für sich allein aus einer Vorrragstellung heraus, was in der Gemeinschaft der heiligen Kirche gelten sollte, sondern die vom Heiligen Geist geführte Synaxis aller heiligen Apostel und Jünger taten dies gemeinsam und in vollkommener Einmütigkeit. Das Apostelkonzil fand zwischen den Jahren 44 und 49 in Jerusalem statt. Auf ihm wurde die für das Christentum zentrale Entscheidungen für die Heidenmission getroffen. Es wurde als kirchlich verbindlich anerkannt, dass die Gläubigen aud den Völkern (den Heiden) sich nicht erst beschneiden lassen müssen, um Christen werden zu können. Zugleich aber wurden  bestimmte Reinheitsgesetze und das gesamte ethische Gesetz sowie die Lehre der heiligen Propheten übernommen, die bis heute Bestandteil der orthodoxen kirchlichen Praxis und Glaubenslehre geblieben sind. Der heilige Apostel Jakobus der Herrenbruder, der in ganz Jerusalem als frommer und gottesfürchtiger Mann geachtet war und der täglich im Tempel betete, ermöglichte mit seiner Haltung diese Einigung auf dem Apostelkonzil und so damit die Fortsetzung der Missionsarbeit des heiligen Apostels Paulus im Rahmen der einen Christenheit aus Judenchristen und Heidenchristen (Apostelgeschichte 15: 13 - 21). Jahre später bewog der heiligen Apostel Jakobus den heiligen Apostel Paulus  Paulus zum öffentlichen Bekenntnis zum jüdischen Zermonialgesetz. Aber auch dadurch konnte er einen Aufruhr fundamentalistischer Juden gegen den heiligen Apostel Paulus in Jerusalem nicht vermeiden. Der heilige Apostel Paulus musste daraufhin von den römischen Behörden in Sicherheit gebracht werden (Apostelgeschichte 21: 15 - 34; Galaterbrief 2: 1 - 5). Er wurde verhaftet, vor den Statthalter gebraucht und von diesem nach Rom geschickt(vgl.: Apostelgeschichte).

 

Der heilige Apostel Jakobus der Herrenbruder erlitt nach Zeugnissen auch nichtchristlicher Schriftsteller wie des jüdischen Priesters und Geschichtsschreiber Josephus den Märtyrertod durch Steinigung, Der antike Kirchenhistoriker  Eusebius berichtet uns, wie der jüdische Hohepriester Hannas II. die Gunst der Stunde des Machtvakuums nach dem Tod des römischen Statthalters Festus nutze, um zum Schlag gegen den Bischof der Jerusalemer Kirche auszuholen. Der heilige Jakobus wurde unter dem Auftreten falscher Zeugen durch den Sanhedrin verurteilt und der Steinigung durch den neuen Prokurator Lucceius Albinus überantwortet. Nachfolger des heiligen Jakobus des Herrenbruders aud der Kathedra des heiligen Zion wurde dessen Bruder der heilige Simon der Herrenbruder.

 

Der heilige Apostel Jakobus wird in der orthodoxen Tradition als der Verfasser des Jakobusbriefes angesehen. In diesem vertritt der heilige Jakobus die der orthodoxen Kirche eigene Sicht einer notwendigen Symphonia aus göttlicher Gnade und den guten Werken des Gläubigen. Hierin stimmt er nach der orthodoxen Auffassung vollkommen mit den heiligen Apostel Paulus überein. Erst die protestantische Exegese der Reformation versuchte die beiden Apostel und ihre Schriften in einen Gegensatz zu bringen, der aber mehr den theologischen Vorannahmen der Reformatoren wie Luther und Calvin als der wirklichen Gegebenheiten entspringt. Vor allem des Satz in Jakobusbrief: „Denn wie der Körper ohne den Geist tot ist, so ist auch der Glaube tot ohne Werke“ (Jakobus 2: 26) ließ sich mit der lutherischen Interprätation des Römerbriefes nicht vereinbaren. Dabei muss aber festgehalten werden, dass Luther die griechische Sprache wie fast alle westlichen Theologen seiner Zeit nicht wirklich beherrschte, sondern für seine Übersetzungen auf die Mithilfe des Wittberger Humanisten Meanchton massgeblich angewiesen war. Eine weitaus überragendere Auslegung des Römerbriefes finden wir deshalb in den Predigten des heiligen Johannes Chrysostomus, der im übrigen auch keinen Gegensatz zwischen dem Römer und des Jakobusbriefes verkündet.

 

Auch das apokryphe "Evangelium des Jakobus" geht im Kern wohl auf Berichte des heiligen Apostel Jakobus  zurück. Jedoch wurde der Text diese Protoevangelums in der frühchristlichen Zeit stark erweitert, so dass der Text nicht unter die kanonischen Evangelien aufgenommen wurde. Jedoch gehören seine Berichte über das Leben der Gottesmutter und über die heiligen Gottesahnen Joachim und Anna zum unsere Festinhalte prägenden Glaubens- und Traditionsgut.

 

Bereits von heiligen Märtyrer-Bischof Clemens von Alt-Rom wird der heilige Apostel Jakobus der Herrenbruder wegen seines leuchtenden Vorbildes erzhirtlicher Frömmigkeit mit dem Ehrentitel "Bischof der Bischöfe" geehrt. Sein heiliges Gedächtnis erinnert uns an das apostolische Band, das uns mit der Kirche von Jerusalem verbindet. Die Kathedra des heiligen Sion erstahlte schon in Gottesfurcht und Frömmigkeit, als es weder in Rom, noch in Konstantinopel überhaupt Bischofsssitze gab. Rom, Konstantinopel, Alexandrien und Antiochien sind große und ehrwürdige Patriarchenstühle in der christlich-orthodoxen Kirche, aber sie stammen zuallererst von Jerusalem, der Mutter der Kirchen  ab.

 

 

Über die Göttliche Liturgie des heiligen und ruhmreichen Apostels Jakobus, des Herrenbruders und ersten Bischofs der heiligen Stadt  Jerusalem

 

Diakon Thomas Zmija

 

Auf die Zeit des heiligen Apostels Jakobus und der übrigen heiligen Apostel geht das altehrwürdige Formular der Feier der Heiligen Liturgie zurück, das uns unter dem Namen Jakobus-Liturgie überliefert worden ist. Ihre besonders altehrwürdige urkirchliche Struktur aber vor allem ihr Darbringungsgebet (Jakobus-Anaphora) gehen auf die Zeit der heiligen Apostel zurück, wurden jedoch erst vom 4. Jahrhundert an schriftlich fixiert.

 

In der Orthodoxen Kirche ist die Ordnung der Liturgiefeier nicht einfach geschichtlich gewachsenes Menschenwerk, dass an den Zeitgeist anpasst und beliebig verändert werden könnte, sondern überliefertes, geuin apostolisches Traditions- und Glaubensgut. Es ist geistgewirkte Glaubensäußerung, dass heißt, die Texte der Hymnen und Gebete und die Traditionen und Gebräuche im Vollzug der Göttlichen Liturgie sind eine kirchlich-geistliche, von den heiligen Aposteln in der mündlichen und schriftlichen Tradition überlieferte apostolische Norm, die deshalb von allen orthodoxen Kirchen rezipiert worden ist da sie klar das Siegel apostolischen liturgischen Tuns trägt. Dieser apostolische Ursprung drückt sich in der Jakobusliturgie zum Beispiel bis heute darin aus, dass die Jakobusliturgie normalerweise vom Bischof gemeinsam mit zwölf Priestern gefeiert wird. Hierin bildet sie bis heute die ehrwürdige Synaxis der heiligen Apostel in Jerusalem liturgisch ab.

 

Der heilige Basilius der Grosse bezeichnet die ungeschriebene Tradition, zu der auch die Feier der Göttlichen Liturgie gehört, als »Dogma« und die geschriebene als »Kerygma«. Dieses Kerygma ist uns in den Heiligen Schriften und in den Werken der heiligen Väter überliefert worden. Dem Dogma, also der Feier der Göttlichen Liturgie kommt es nun zu, das Kerygma, die Heiligen Schriften und die Lehre der Kirche auszulegen und zu vertiefen.

 

Dies geschieht nicht nur mit Worten, sondern vor allem im Vollzug der heiligen Mysteria (Sakramente), im  geistlichen Leben der Orthodoxen Kirche und im Frömmigkeitsleben der orthodoxen Christen. Das Kerygma wird verkündet, das Dogma aber bleibt »verschwiegen«, wie uns der heilige Basilius sagt. Dem Schweigen wiederum ist die menschlich-gläubige Haltung die Betrachtung und vor allem die Anbetung angemessen. Der heilige Basilius sagt uns, dass sich nur im Schweigen die Würde der Mysteria, der Geheimnisse, bewahren und vor aller Gewohnheit und Gewöhnlichkeit geschützen werden kann.

 

Beide, das Kerygma und das Dogma, bilden die Heilige Apostolische Tradition. Nach den Worten des heiligen Basilius des Großen geht es in der Feier der Göttlichen Liturgie und der übrigen Mysteria (Sakramente) sowie anderen orthodoxen Gottesdienste nicht bloß um eine Frage des »Ritus«, der »Form« oder der »Zelebrationsweise«. Vielmehr geht es darum, durch die rechtgläubige Feier der Göttlichen Liturgie das in apostolischer Weise gefeiertes Dogma gegenwärtig werden zu lassen.

 

In der Orthodoxen Kirche gibt es heute noch vier Formen der Feier der Göttlichen Liturgie: die Basilius-Liturgie, die Chrysostomus-Liturgie, die Liturgie der vorgeweihten Gaben und die Jakobus-Liturgie. Die Jakobus-Liturgie wird aber heutzutage selten gefeiert, meist nur am Fest des heiligen Apostels Jakobus und am Sonntag vor Weihnachten.

 

Die einzelnen Gebete im heutigen Textformular der Jakobusliturgie überliefern uns zwar nicht den genauen Wortlaut der Gebete aus der Zeit der heiligen Apostel, wohl aber deren Inhalt, also wie in apostolischer Weise zu beten ist. Bis zur Zeit der Heiligen Johannes Chrysostomos und Basilius des Großen hielt sich der Zelebrant nur an das geistliche Vorbild, war aber in der einzelnen Formulierung noch frei. Erst mit den Liturgieformularen dieser beiden grossen Heiligen begann die genaue Festlegung des Wortlautes der einzelnen Gebete.

 

Die Jakobus-Liturgie wurde ebenfalls im Patriarchat Antiochien übernommen. Sie beeinflusste ebenfalls die Liturgie in Kappadokien, wo der heilige Basilius Bischof in der Stadt Caesarea gewesen ist. Auch der heilige Johannes Chrysostomus war zutiefst vom Geist dieser altehrwürdigen Liturgiefeier geprägt, die er aus seiner Heimatstadt Antiochia her kannte. Die Jakobusliturgie war die übliche Form der Feier der Göttlichen Liturgie in den Patriarchaten Jerusalem uns Antiochien, bis dort zwischen dem achten und elften Jahrhundert die liturgischen Bräuche und Bücher der byzantinischen Kirche aus Konstantinopel übernommen wurden.

 

Bis zu dieser Zeit (seit der Mitte des 4. Jahrhunderts) war das Liturgieformular der heiligen Stadt Jerusalem die Jakobus-Liturgie. Die heute vorliegende Form der Jakobus-Liturgie stammt zwar nicht nicht wortwörtlich vom heiligen Apostel dem Herrenbruder, ist aber durch spätantike Handschriften aus dem aus dem vierten und fünften Jahrhundert gut belegt. Im Vergleich dazu sind uns die Liturgie-Formulare der römischen Gregorius-Liturgie (lateinische Messe) oder der Chrysosomus- und Basilius-Liturgie erst in Handschriften aus dem 10. und 11. Jahrhundert überliefert.

 

Die heute erhaltenen Handschriften der Jakobus-Liturgie sind Redaktionen einer älteren mündlichen Form, von deren genauen Wortlaut wir aber kein schriftliches Zeugnis besitzen.  Nach der kirchlichen Überlieferung hatte der heilige Apostel Jakobus die nach ihm benannte Liturgie damals im Abendmahlssaal »aus dem Mund des Herrn selber gehört und gelernt«. Ein wichtiger Zeitzeuge für die Feier der Jakobus-Liturgie in der Spätantike ist das Reisetagebuch der gallisch-römischen Pilgerin Etheria, die uns viele Einzelheiten des damaligen liturgischen Lebens in der heiligen Stadt Jerusalem und damit auch über die Jakobus-Liturgie berichtet.

 

Die ersten überlieferten Handschriften der Jakobus-Liturgie wurden auf griechisch abgefaßt. Daneben gab es im vierten Jahrhundert laut den Berichten der Etheria ebenfalls eine syrisch-aramäische (syro-palästinensische) Version, da die Jerusalemer Kirche damals zweisprachig war. Erhalten geblieben sind uns ebenfalls Übersetzungen in die armenische, georgische, slawische, arabische und koptische Sprache. Sogar im Abendland, wo eigentlich westliche Liturgien dominierten, gab es Orte, wo die Jakobus-Liturgie zelebriert wurde (in Spanien, Gallien und Italien). An der Verbreitung der Jakobus-Liturgie zeigt sich die geistliche Bedeutung, die die heilige Stadt Jerusalem für die gesamte orthodoxe Christenheit hat.

 

 

Der Stern von Bethlehem

 

In der Zeit vor Weihnachten erscheinen jedes Jahr Berichte in den Zeitungen oder im Fernsehen, die behaupten, eine wissenschaftliche Erklärung für den Stern von Bethlehem zu haben. Als orthodoxe Christen können wir diese Erklärungen getrost ad acta legen. Denn bereits der hl. Johannes Chrysostomus erklärt uns in seiner Predigt über diese das Weihnachtsevangelium bei Matthäus, warum der Stern von Bethlehem kein natürliches Phänomen gewesen sein konnte, sondern eine „engelsgleiche“ Erscheinung, also ein Wunder, wie die Wolkensäule im Alten Testament.

 

Denn die wahre Quelle für den Stern ist nicht ein astronomisches Ereignis, sondern das Sichtbarwerden eines Glaubenszeichens. Im Alten Testament, in Numeri  24: 17, lesen wir, wie der Seher  Bileam,  der  aus  einer  Stadt  am  Ufer  des Flusses Euphrats kam, seine große Prophetie auf das Kommen Christi ausspricht: „Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich erblicke ihn, aber nicht in der Nähe: ‚Ein Stern geht in Jakob auf, ein Mensch erhebt sich in Israel’.“ So lesen wir es in der griechischen Septuaginta, die der von der orthodoxen Kirche gebrauchte Text des Alten Testamentes ist.

 

Der hl. Justin der Märtyrer zitiert in seinem Dialog mit Tryphon zitiert den Vers, wenn er auch statt ‚Mensch’ das Wort ‚Fürst’ benutzt, das in Matthäus 2: 6 als Zitat aus dem Propheten Micha übernommen wird. Der hl. Gregor von Nyssa verbindet die Weisen aus dem Morgenland, die hl. Drei „Könige“ mit der Prophezeiung des Bileam. Er zeigt uns, dass der wahre Stern von Bethlehem Christus Selbst ist, wie uns auch der hl. Amphilochios in einer Predigt über das Weihnachtsfest erklärt.

 

Der hl. Roman  der  Melode  nimmt  dies  in  seinem  Kontakion  zur  Geburt Christi im 5. Oikos auf- Hier sprechen die die Weisen: „Ganz genau erklärte uns ja Bileam den Sinn der Worte, die er prophezeite, als er sagte, dass ein Stern aufgehen wird; ein Stern, der alle Weissagungen und Vogelzeichen auslöscht; ein Stern, der die Parabeln und Reden der Weisen erklärt und ihre Rätsel löst; ein Stern, viel heller als der nun strahlende Stern strahlend,  der Schöpfer aller Gestirne, über den prophezeit wurde:  Von Jakob geht es auf, ein kleines Kind, vor allen Zeiten Gott!

 

Und der hl. Johannes Chrysostomus sagt zum Stern: „Denn wenn wir einmal wissen, was das für ein Stern war, woher er kam, ob er nur ein gewöhnlicher Stern war, oder verschieden von den andern, ob es ein wirklicher oder nur ein scheinbarer Stern war, dann werden wir auch alles andere leicht verstehen. Wer soll uns also das beantworten? Nun: Die Hl. Schrift selbst. Dass nämlich dies kein gewöhnlicher Stern war, ja, wie mir scheint, überhaupt kein Stern, sondern eine unsichtbare Macht, die diese Gestalt angenommen hatte, das scheint mir zu allererst aus dem Wege hervorzugehen, den er genommen hatte. Es gibt nämlich keinen einzigen Stern, der in dieser Richtung wandelte. Die Sonne, der Mond, und alle anderen Gestirne wandeln, wie der Augenschein lehrt, von Osten nach Westen; der aber kam von Norden nach Süden; denn das ist die Richtung von Persien nach Palästina.

 

Zweitens kann man dies auch aus der Zeit seines Erscheinens schließen. Denn nicht bei Nacht leuchtete er, sondern am hellen Tage, während die Sonne schien. Das geht über die Kraft eines Sternes, ja selbst über die des Mondes; denn obgleich dieser weit heller scheint als alle Sterne, so verschwindet er doch und wird unsichtbar, sobald der erste Sonnenstrahl erscheint.  Dieser Stern jedoch hat durch die Macht seines eigenen Glanzes selbst die Strahlen der Sonne übertroffen, hat heller geschienen als sie, und trotz solcher Lichtfülle noch mächtiger geleuchtet. 

 

Drittens kann man dies daran erkennen, dass er zuerst erscheint und dann wieder verschwindet. Auf dem Wege bis Palästina hat er den Weisen geleuchtet und sie geführt, nachdem sie aber in die Nähe von Jerusalem gekommen waren, verbarg er sich. Als sie dann aber den Herodes über den Zweck ihrer Reise unterrichtet und von ihm fortgegangen waren, da erschien der Stern von neuem.

 

So bewegen sich aber Sterne nicht; das kann nur eine mit großer Einsicht begabte Kraft. Der Stern hatte ja nicht einmal seine eigene Wegrichtung, sondern jedesmal, wenn die Magier sich in Marsch setzen mussten, bewegte auch er sich vorwärts; wenn sie aber stille standen, stand auch er still und richtete sich ganz nach dem, wie sie es brauchten; gerade so wie die Wolkensäule, die dem jüdischen Volk zeigte, wann es rasten und wann es aufbrechen sollte.

 

Viertens kann man dies deutlich erkennen an der Art und Weise, wie der Stern sich zeigte. Er blieb nicht in der Höhe und zeigte von da aus den Ort, sonst hätten ihn ja die Magier auch gar nicht erkennen können; nein, er kam zu diesem Zweck herab in die Tiefe. Ihr wisst ja, dass ein Stern einen Ort nicht anzeigen kann, der so klein ist, dass gerade noch eine Hütte auf ihm Platz hat, oder vielmehr, dass er eben noch den Leib eines kleinen Kindes aufnehmen kann. Da er so unermesslich hoch oben ist, ist er nicht geeignet, einen so eng begrenzten Ort zu bezeichnen und für die kenntlich zu machen, die ihn suchten. Das kann man ja auch beim Monde beobachten; obwohl er alle Sterne an Größe überragt, scheint er doch allen Bewohnern der Welt nahe zu sein, obwohl sie über einen so großen Teil der Erdoberfläche zerstreut leben. Wie hätte also unser Stern den schmalen Raum andeuten können, den die Krippe und die Hütte einnahmen, wenn er nicht von der Höhe herabgekommen und über dem Haupte des Kindes stehen geblieben wäre? Das wollte denn auch der Evangelist andeuten, da er sagte: „Siehe, der Stern ging ihnen voran, bis er an dem Ort stille stand, an dem das Kind sich befand.“

 

Siehst du, mit wie viele Gründen man beweisen kann, dass dies kein gewöhnlicher Stern war, und dass er sich nicht den Gesetzen der sichtbaren Schöpfung unterworfen zeigte? (6. Predigt des hl. Johannes Chrysostomus auf das Mt-Ev. Kap. II V.2-3)     

 

 

Gold, Weihrauch und Myrrhe

 

Die heiligen drei Magier bringen Gold, Weihrauch und Myrrhe den neugeborenen Christuskind dar. Gold gebührt dem König, Weihrauch gehört zum Opfer, das man Gott darbringt und mit Myrrhe wird der Leib der Toten gesalbt. Mit ihren geheimnisvollen Gaben verkünden die Magier den, den sie anbeten: Mit dem Gold verkünden sie ihn als himmlischen König, mit dem Weihrauch verkünden sie IHM als wahren Gott und mit der Myrrhe als wahren Menschen....

 

Man kann Gold, Weihrauch und Myrrhe aber auch anders deuten: Das Gold ist ein Bild für die Weisheit, und als Tugend des Gebets kann man den Weihrauch verstehen, den man für Gott entzündet. Das bezeugt der Psalmist mit den Worten: «Wie Weihrauch steige mein Gebet vor deinem Angesicht auf.» Mit der Myrrhe wird die Askese bildlich dargestellt.

 

Wir bringen also dem neugeborenen König Gold dar, wenn wir im Glanz himmlischer Weisheit vor seinem Angesicht strahlen. Wir bringen Weihrauch dar, wenn wir die Gedanken, die uns an die Erde binden, durch den heiligen Eifer der Gebete auf dem Altar unsres Herzens verbrennen und mit unsrer Sehnsucht nach dem Himmel einen angenehmen Duft für Gott verbreiten. Wir bringen Myrrhe dar, wenn wir uns bemühen, unser moralisches Versagen durch Selbstbeherrschung auszutilgen.

 

Aus einer Predigt des heiligen Gregor Dialogos, Erzbischof von Alt-Rom (um 540-604)

 

 

Die Entstehung des Weihnachtskondakions

 

von Iwan Tschetwerikow (♱ um 1960)

 

Wir sind in der riesigen Kirche der Hl. Sophia in Konstantinopel. Viele Lichter brennen und beleuchten die Ikonen, die Mosaiken, die Bilder der Heiligen und der Gottesmutter an ihren Wänder. In der Kirche wird der Abendgottesdienst gehalten. Der Kaiser, der Patriarch, der ganze Hof sind zugegen und hören aufmerksam den lieblichen Gesang der Knabenchöre. Dort unter den Sängern und Lesern steht demütig ein junger Lektor, unansehnlich, verfolgt von allen Höflingen des Heiligsten Patriarchen, ausgesetzt dem Spott und ständigen Tadel seiner gegen ihn verbitterten Kollegen. Und ihn, der nicht singen kann, drängen sie, um ihn vor allen zu beschämen, in die Mitte des Ambons und zwingen ihn, vor allen Versammelten und vor dem Kaiser allein zu singen. In der Kirche der Hl. Sophia herrscht eine erdrückende Stille. Der bescheidene und demütige Romanos, Liebling des Patriarchen Euthymios, beschämt und verhöhnt von allen, verbirgt sein Gesicht mit den Händen und versucht, unter einem Hagel von Spott, so schnell wie möglich auf den Chor zu kommen unter seine missgünstigen Kollegen. Und dann steht der junge Romanos die ganze Nacht in seiner Zelle in der beklemmenden und schwülen Stille des Patriarchenpalastes vor der Ikone der Allreinen und in heißen Gebeten fleht er zu seiner Herrin und schüttet ihr all seinen Kummer über die unverdiente Kränkung und seinen Schmerz über die ihm zugefügte Schande aus.

 

Dann erscheint dem erschöpften und in den Schlaf gesunkenen Romanos die Allreine Jungfrau, die in ihrer Hand eine lange, mit Worten Gottes beschriebene Schriftrolle hält und sie dem jungen Lektor in den Mund legt. Romanos verschluckt die lange Rolle, die in seiner griechischen Lebensbeschreibung to kontakion genannt wird, und wird von wunderbarer Kraft erfüllt.

 

Wiederum am folgenden Tag wird in der großartigen Sophienkirche der Morgengottesdienst gehalten, wiederum sind Senat und Priesterschaft zugegen und lauschen aufmerksam auf den Gesang der Chöre des Patriarchen. Und wiederum steigt unter einem Hagel von Spott und schadenfrohen Bemerkungen, gezwungen von seinen Kollegen, der junge Romanos vom Chor herab. Wiederum - Stille unter der gewaltigen Kuppel der Kirche; und, o Wunder! … eine wunderbare Bruststimme beginnt eine göttliche Melodie zu singen und die Worte, die sich mit dem Klang silberner Glöckchen ergießen, verklingen im Halbdunkel des gewaltigen Gotteshauses:

 

Die Jungfrau gebiert heute den Überseienden und die Erde bietet eine Höhle dem Unzugänglichen; Engel lobsingen mit Hirten und Weise wandern mit einem Stern; denn unseretwegen ward geboren ein kleines Knäblein, der urewige Gott.

 

 

 

 

Predigt am Sonntag nach Weihnachten

 

Metropolit Antony von Surosh

 

Im Namen des Vaters, und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

 

In der Vorstellung denken wir uns 2000 Jahre zurück. Welches Wunder sollte uns erfüllen: eine Woche, und die Welt ist

anders geworden. Die Welt, die seit Tausenden von Jahren wie ein verlorenes Schaf war, wurde nun gefunden, und vom Sohn Gottes auf seine Schultern genommen zum Menschensohn. Die unüberbrückbare Kluft, die die Sünde zwischen Gott und dem Menschen geschaffen hatte, war jetzt schlußendlich überbrückt; Gott war in die Geschichte eingegangen, Gott selbst war Mensch geworden. Gott hatte Fleisch angenommen und alle sichtbaren Dinge, die wir in unserer Blindheit als tote, träge Materie wahrnehmen, konnten sich in seinem Körper in Herrlichkeit wiederentdecken. Es war etwas absolut Neues geschehen; Die Welt war nicht mehr dieselbe.

 

Darüber hinaus gibt es einen weiteren Aspekt der Menschwerdung. Gott war Mensch geworden, aber Gott hatte durch Christus Worte der Wahrheit gesprochen, dies war entscheidend, denn wie die Hefe, allmählich im Teig aufgeht, sollte die Welt verändert werden; Gott hatte uns die Größe des Menschen offenbart. Christus, der Mensch wurde, war, ist und bleibt für immer ein Beweis dafür, dass der Mensch so groß, so tief, so geheimnisvoll tief ist, dass er nicht nur die göttliche Gegenwart wie in einem Tempel in sich aufnehmen kann, sondern sich selbst mit Gott vereinen kann, um Teil der Göttlichen Natur zu werden - wie der heilige Petrus es in seinem Brief ausdrückt. Und wieder ist der Mensch großartig, und wann immer wir von unserer Berufung abfallen, so unwürdig wir auch sein mögen, wird Gott niemals eine andere Beziehung mit uns wiederherstellen, die geringer ist als die seiner Vaterschaft und unser Zustand als Söhne und Töchter des Höchsten. Der verlorene Sohn bat seinen Vater, ihn als Tagelöhner aufzunehmen, da er es nicht wert war, Sohn genannt zu werden. aber der Vater akzeptierte es nicht. Als der Sohn sein Geständnis ablegte, stoppte ihn der Vater, bevor er diese Worte überhaupt aussprechen konnte, denn Gott akzeptiert unsere Erniedrigung nicht, wir sind keine Sklaven und keine Tagelöhner. Hat Christus nicht zu seinen Jüngern gesagt: "Ich nenne dich nicht länger Diener, weil ein Diener den Willen seines Herrn nicht kennt, und siehe, ich habe dir alles erzählt."

 

Wiederum ist die Verkündigung in Christus und durch Ihn, dass es auf jeden Menschen ankommt, dass Er für jeden von uns lebt und stirbt, dass es nicht auf ein kollektives Ganzes ankommt, sondern auf jeden von uns. Jeder von uns, sagt uns das Buch der Offenbarung, besitzt bei Gott einen Namen, einen Namen, der uns am Ende der Zeit offenbart wird, aber zugleich einen Namen, den niemand außer Gott kennt und dem, der ihn empfängt, denn dieser Namen ist unsere Beziehung zu Gott, einzigartig, unwiederholbar. Jeder von uns ist einzigartig für Ihn. Was für ein Wunder! Die antike Welt kannte Nationen und Rassen, sie kannte Sklaven und Besitzer, sie kannte Kategorien von Menschen, genauso wie die moderne Welt, die allmählich nicht nur weltlich, sondern heidnisch wird, Kategorien, Typen und Gruppen unterscheidet; Gott kennt nur lebendige Männer und Frauen.

 

Und dann wurde eine neue Gerechtigkeit eingeführt oder vielmehr von Ihm verkündet, nicht die Verteilungs- und Vergeltungsgerechtigkeit des Gesetzes, sondern eine andere Gerechtigkeit. Wenn Christus zu uns sagt: "Stell deine Gerechtigkeit über die der Schriftgelehrten und Pharisäer", spricht er von der Art und Weise, wie Gott jeden von uns behandelt. Er akzeptiert jeden von uns so wie wir sind. Er nimmt Gut und Böse an, Er freut sich über das Gute und Er stirbt wegen und um des Bösen willen. Und so ruft Gott uns dazu auf, uns zu erinnern und wie er uns auch ruft, zu sein und zu handeln - nicht nur innerhalb unseres christlichen Umkreises, sondern auf der ganzen Welt, um jeden Menschen mit dieser Art von Gerechtigkeit anzuschauen; nicht richten und verurteilen, sondern in jedem Menschen die Schönheit sehen, die Gott ihm eingeprägt hat und die wir "das Bild Gottes im Menschen" nennen. Verehre diese Schönheit, arbeite daran, dass diese Schönheit in aller Herrlichkeit erstrahlt, was böse und dunkel ist, verdränge und mache es möglich, dass diese Schönheit durch die Entdeckung der Schönheit in jedem anderem Wirklichkeit wird und siegt.

 

Er hat uns auch über die Liebe unterrichtet, die die antike Welt nicht kannte, und vor der die moderne Welt genauso wie die alte solche Angst hat: Eine Liebe, die als verletzlich, hilflos, schenkend, opferbereit anerkannt wurde; eine Liebe, die schenkt, ohne zu zählen, eine Liebe, die nicht nur das gibt, was sie besitzt, sondern sich selbst. Das ist es, was das Evangelium, was die Menschwerdung in die Welt gebracht hat, und das ist in der Welt geblieben. Christus sagte, dass "das Licht in der Dunkelheit scheint und die Dunkelheit kann es nicht aufnehmen", aber es kann es auch nicht löschen. Und dieses Licht scheint und wird scheinen, aber es wird nur siegen, wenn wir uns verpflichten, seine Vorboten und die Vollbringer dieser Gebote der Gerechtigkeit und der Liebe zu sein, wenn wir Gottes Vision der Welt annehmen und ihm unseren Glauben bringen, das heißt unsere Gewissheit und unsere Hoffnung, die die einzige Kraft ist, die anderen helfen kann, neu anzufangen; aber um neu fangen zu können, müssen sie das Neue in uns erkennen. Die Welt ist durch die Vereinigung Gottes mit dem Menschen neu geworden, als das Wort Fleisch wurde; Es ist unsere Aufgabe, eine Offenbarung dieses Neuen, dieser Pracht und dieses Scheinen Gottes in der Dunkelheit oder der Dämmerung dieser Welt zu sein.

Möge Gott uns Mut und Liebe und Herzensgröße gewähren, um Seine Botschafter und Seine Zeugen zu sein, Und möge der Segen des Herrn auf Euch herabkommen durch Seine Gnade und Menschenliebe, alle Tage, jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit. Amen.

(gehalten 1985)